Mein lieber Andi

[Kristina M.]

Liebe Rena, schön, dass ich wieder von Dir lesen kann!!! Ich komme gerade von einem Abendessen, zu dem mich die Kollegen meines Mannes eingeladen hatten. Sie meinen es wirklich gut, sie kennen meinen Mann fast so lange wie ich, denn alle haben zur gleichen Zeit nach dem Studium an diesem Institut begonnen zu arbeiten. Zwei von ihnen fehlen, beide sind an Hautkrebs gestorben, der andere Kollege sogar nur drei Monate nach der Diagnose, und einer saß am Tisch, der gestern wieder Chemo bekommen hat (Nierenkrebs). Dieser Scheiß Krebs!!!!!!!!!!! Warum steckt man nicht das ganze Forschungspotential in die Bekämpfung dieser Krankheit, statt immer neue Waffen und Überschallflugzeuge zu entwickeln?
Ach, liebste Rena, Du wirst leider merken müssen, dass der Ausnahmezustand immer schlimmer wird. Es braucht scheinbar doch seine Zeit, ein anderes Leben anzunehmen, zumal man sich mit aller Kraft gegen dieses andere Leben wehrt. "Du hast doch so viele Freunde", meinten seine Kollegen. "Aber meinen allerbesten Freund habe ich verloren", musste ich erwidern. Ich weiß auch nicht, wie es weitergehen soll, liebe Rena. Lohnt es sich wirklich für die paar Jahre, die man noch hat, Dinge zu tun, die keinen Spaß machen??? Im Moment trage ich noch die Verantwortung für meine Mama, sie ist 82 und wohnt in meiner Nähe. Aber wenn sie nicht mehr ist?
Du, liebe Rena, bist noch so jung, Dein Andi wird in Deinem Leben immer einen Platz haben, Du kannst viel weiter nach vorn schauen als ich.
Übrigens: Dein Gedicht ist wunderschön und es passt ganz genau. Auch wenn das gefallene Blatt jetzt welken wird, wir heben es auf, für immer!!!
Sei lieb gegrüßt von Deiner Kristina (Tag 82 im Ausnahmezustand)