Die dümmsten Sprüche (zum dranhängen)

[Christianchen]

Vor einigen Monaten ist mir ein Spruch einer Ärztin untegekommen, den ich nicht so schnell vergessen werde.
Ich fragte sie, ob sie einen Psychologen kennt, der sich mit Krebserkrankungen auskennt. Ich hatte eine kräftig depressive Phase, mir ging es wirklich nicht gut. Und es dauert auch lange, bis ich etwas sage - sie weiß das. Antwort: Ich würde nicht den Eindruck machen, daß ich Hilfe bräuchte. Da könne man auch noch abwarten. (Beim nächsten Mal werde ich mich vor ein offenes Fenster stellen und mit rausspringen drohen.)

Ich bin nun mal nicht der Typ, der ein großes Geschrei veranstaltet, wenn es mir nicht gutgeht. Irgendetwas mache ich falsch. Da auch von anderen Ärzten, in anderen Zusammenhängen, ähnlich krasse Sprüche kamen und jedes Problem abgewiegelt wird, habe ich es mir abgewöhnt, jemanden um Hilfe zu bitten. Wer krank ist, muß aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommen.

[Eleve]

Hi Christianchen,

Zitat von Christianchen

Ich fragte sie, ob sie einen Psychologen kennt, der sich mit Krebserkrankungen auskennt.
...
(Beim nächsten Mal werde ich mich vor ein offenes Fenster stellen und mit rausspringen drohen.)

Das kenne ich auch Normalerweise ist es echt so, daß man erst dann um psychologische Hilfe bittet, wenn man das Gefühl hat, mit dem einen Fuß schon über dem Abgrund zu schweben. Selbst Psychologen und Psychiater schaffen es aber, einen noch gar runter zu schubsen.

Einen Versuch hab ich mal gemacht, als ich völlig am Boden war. "Herr Psychologe, ich hab keinerlei Motivation und keine Ziele mehr." - "Ja da kann ich Ihnen auch nicht helfen."

Und ansonsten:
Wer stark genug ist, noch um Hilfe zu rufen, braucht sie nicht. ("FrauX, bei Ihnen kann es nicht so schlimm sein mit der Überforderung, Sie machen sich ja Gedanken um ihre Kinder, Sie sind sich der Probleme ja bewußt. Es ist doch ganz normal, mal überfordert zu sein, *blablabla*")

In anderen Worten: die Leute aus der Psychobranche sind so sehr damit beschäftigt, die, die runtergefallen sind, aufzusammeln und die Millionen Scherben zu kitten, daß sie nicht rechtzeitig da sein können um, die, die am Abgrund stehen, zurückzuziehen.

Ich bin jedenfalls wenig motiviert, psychoonkologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn ich erwarte keinerlei Hilfe mehr von Psychologen. ("Probleme? Sie haben doch keine Probleme, ich bitte Sie.")

Denn in einem hatten sie recht: Man kommt aus jedem Sumpf auch ohne diese Seelenklemptner heraus, es braucht nur etwas Geduld (und man sollte etwas Abstand zu den Fenstern halten )

Christianchen, ich wünsche Dir bessere Erfahrungen.

Viele Grüße,
Eleve

[Ullala]

Zitat von Eleve

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Denn in einem hatten sie recht: Man kommt aus jedem Sumpf auch ohne diese Seelenklemptner heraus, es braucht nur etwas Geduld (und man sollte etwas Abstand zu den Fenstern halten )
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Da ist 'ne Menge dran!

Ich bin eigentlich ein Freund von Analyse, Psycho(onko)logie und all diesen Dingen, aber ich bin auch so ein Typ, der, solange er noch "Hilfe" schreien kann, keine braucht.
Wenn es mir richtig beschissen geht, bin ich nicht mehr in der Lage zu schreien.
Und ich bin mir nicht so sicher, ob ich das lernen kann, soll, muss, um mich dann "richtiger" zu fühlen oder benehmen.

[Claudia 44]

Hallo Ihr Lieben,

ich kenne sehr viele gute Psychologen.

Aber 2004 nach einer blöden Fehldiagnose (angeblich Lungenmetas) war ich psychisch angeschlagen und meine Rentenversicherung war der Meinung, mir würde eine Psychosomatische Kur guttun. Was tut man nicht alles, wenn man eine Verlängerung der Rente beantragt.

Ich also ganz brav zur Kur.

Das Kurhaus war spezialisiert auf Angstzustände und Essprobleme.

Naja, ich hatte eine sehr junge Therapeutin, tat mir stellenweise schon richtig leid, dass sie nicht wußte, woran sie an mir arbeiten sollte. Meine Angst, bzw. Panik war ja, an dem Krebs zu sterben.

Sie fragte mich letztendlich: "Frau X haben Sie Angst mit dem Bus zu fahren?" - ich: Nein -
"Frau X haben Sie Höhenangst, vielleicht auf ´ne Leiter steigen, oder einen Berg hochgehen?" - ich: Nein - "Frau X haben Sie vielleicht Angst unter viele Menschen zu gehen?" - ich: Nein eigentlich nicht, auf der Meisterschaftsfeier 1996 in Dortmund oder beim Stoneskonzert wurde mir etwas mulmig, aber sonst eigentlich nicht!

Nunja, kurze Rede, kurzer Sinn - irgendwann wurde dann auch mein Problem gefunden - "Ich bin ein sehr zurückhaltender Mensch, der Probleme hat, sich zu behaupten und durchzusetzen - z.B. ein Zugabteil, mein reservierter Platz ist von jemandem Anderen besetzt und ich würde nicht darauf bestehen, mich dorthin zu setzen, sondern einen anderen Platz zu suchen.

War mir zwar unangenehm, aber haben wir geübt. Trotz Üben würde ich immer wieder wohl einen anderen Platz aufsuchen. Der ganze Stress wäre es mir nicht wert.

Einen Tag vor meiner Abreise habe ich dann erfahren, dass zufälligerweise eine andere Krebspatientin wohl einen Tag vor mir ganz enttäuscht entlassen wurde.

Wobei ich nicht sagen will, dass Psychologen schlecht sind. Mittlerweile hab ich soviel Therapieerfahrung, dass ich mich selbst therapiere.

einen lieben Gruß
Claudi

Ps. nie wieder eine psychosomatische Kur

[Claudia 44]

Hallöchen,

Die Krönung an dummen Sprüchen ist mein Bruder, wenn er mich anruft immer das Gleiche: "Hallo Claudi, wie geht´s Dir, was macht Dein Krebs?" - ich daraufhin "Achja, der krebst so vor Dich hin, was macht denn Deine Psychose?"

Hammer

lieber Gruß
Claudi

[Claudia 44]

Hallöchen,

Ende Oktober 2001. Ich im Krankenhaus, morgen weiß ich, wird meine Brust amputiert.
Anstandshalber ruft meine Mutter jeden Tag im Krankenhaus an, wäre ja auch zu umständlich, mich zu besuchen.

Ich sagte Ihr, dass Morgen meine Brust amputiert wird. Daraufhin meine Mutter - "Ich bete für Dich, aber ich weiß nicht was ich machen soll, Claus (mein jüngerer Bruder) und seine Frau wollen sich scheiden lassen. Oh je, der arme Claus, was soll denn jetzt aus ihm werden?"

"Weiß nicht Mutter, vielleicht solltest Du für ihn etwas mehr beten als für mich"

Claudi

[Claudia 44]

ich nochmal,

Gesten und Augen sagen manchmal mehr als Worte.

Also 2001 nach meiner Amputation im Krankenhaus gebietet es ja der Anstand Besuch abzustatten.

Der Geselle von meinem Mann erschien dann mit seiner Freundin, damals 21 Jahre alt, sie hatte die schönen Blumen für mich in der Hand und gab diese dann so unliebsam in eine Vase. - Sie hätte sie auch auf den Boden werfen können. Wäre das Gleiche gewesen.

Ich konnte nur in ihren Augen lesen. "Ich will doch garnicht hiersein, aber ich mußte mitgehen - Krebs, damit will ich doch garnichts zu tun haben.

Recht hast Du Kleine, wollte ich doch auch nicht, hoffentlich bekommst Du den Scheiß nicht und bekommst dann mal Besuch im Krankenhaus von einer Frau, die Deine Augen hat. Die Kleine hat dann später Sozialarbeit studiert und arbeitet mit Behinderten - ist ja auch was anderes.

Eure Claudi