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#1
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Hi Parisima,
auch mein Vater ist am Darmkrebs gestorben und der Verlauf gegen Ende war dem Verlauf bei Deinem Vater sehr ähnlich. Er hat sich ebenfalls in die Bewusstlosigkeit verabschiedet und hing zur Versorgung mit Flüssigkeit an der Infusion. Ich weiß nicht, ob er etwas gefühlt hat, ob er noch etwas gehört hat und ob er Schmerzen hatte. Von Koma-Patienten weiß man, dass das EEG bei Reizen von außen mitunter durchaus reagiert, aber wohl mehr auf Ebene des Unterbewusstseins. Ich bin daher immer davon ausgegangen, dass mein Vater Vieles, wenn vielleicht auch nicht bewusst, noch mitbekommt. Auf jeden Fall wird es nicht geschadet haben, dass wir uns in seiner Nähe immer so benommen haben, als sei er bei Bewusstsein. Wir haben viel mit ihm geredet und ihn in diesen Worten an unserem Leben teilhaben lassen. Ich denke nicht, dass er Schmerzen hatte. Der menschliche Körper hat die enorme Fähigkeit zum Selbstschutz. Ich habe die Vermutung, dass die Schmerzsensibilität einfach irgendwann ausgeschaltet wird, wenn es wirklich unerträglich wird. Ich hoffe zumindest, dass es so sein möge... Als es bei meinem Vater so weit war, dass er im Koma lag und parenteral mit Flüssigkeit versorgt wurde, hat es nur noch wenige Tage bis zum Ende gedauert. Er lag nachher - wie in Totenstarre begriffen - mit weit aufgerissenem Mund und gebrochenem Blick da.... alles starr und nichts zuckte mehr. Wir haben ihm rund um die Uhr die Lippen und die Zunge angefeuchtet, falls er doch noch mehr mitbekäme als wir dachten. Nichts fühlt sich so schrecklich an wie eine ausgetrocknete Zunge. Ob das gut so war, was wir gemacht haben, weiß ich nicht. Zumindest hatten wir das Gefühl, noch etwas Sinnvolles für ihn zu tun. Hinübergegangen ist er dann ganz still und leise. Irgendwann hörte das Herz einfach auf zu schlagen. Er ging so leise, dass wir es gar nicht gleich mitbekommen haben. Er starb zu Hause im Kreis seiner Familie, wie er es sich gewünscht hatte.... Liebe Grüße chaosbarthi
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Sigmacarcinom 2005 (T4, G3, alles andere 0, HNPCC), Ileostoma Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen über die Dinge machen uns glücklich oder unglücklich. (Epiktet, griech. Philosoph, 50-138) Geändert von chaosbarthi (05.01.2009 um 00:17 Uhr) |
#2
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Liebe parisima ...... ich weiss es schmerzt und es ist sehr schwer einfach nur dazusein ...... nichts tun zu können .....
aber ich meine wenn dein vater zu hause gehen möchte und du und deine mutter ihm diesen letzten wunsch irgendwie erfüllen könnt ..... dann tut es ..... ihr werdet im nachhinein dankbar dafür sein ........ wie schon chastrobarsti schrieb befeuchtet ihm den mund .... die lippen .... und die zunge mit einem tupfer ..... haltet einfach seine hand und lasst ihn nicht alleine ...... viel mehr könnt ihr nicht tun ....... wünsche euch noch viel kraft daniela |
#3
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Hallo liebe Parisima,
Um in einen komatösen Zustand durch Morphiumpflaster zu kommen, müssen mindestens 600mü gegeben werden, ich denke nicht, dass dein Vater dieses Dosis erhielt. Es ist die Phase in der er sich jetzt befindet, da ist das was um einen herum vor sich geht nicht mehr relevant. Die Patienten befinden sich selten im Koma, außer die Erkrankung war dementsprechend. Wie ich dir schon eingangs beschrieb verlängern die Infusionen nur das Leiden in diesem Stadium, aber viele Ärzte haben Angst keine mehr anzuordnen, man könnte sie dann wegen unterlassener Hilfeleistung anklagen. Warum wird der Körper deines Vaters denn mit diesen Infusionen „aufrecht“ erhalten? Die Organe fahren ihre Funktion herunter, funktionieren, bzw. produzieren nicht mehr wie bei einem gesunden Körper, es ist ein ganz natürlicher Prozeß. Das Rasseln kommt nicht von der Leber, die auf die Lungen drückt, sondern ist ein Vorgang, der in der Sterbephase sehr oft einsetzt. Das heißt nicht, dass der Betroffene erstickt. Holt ihn nach hause, im Krankenhaus wird nicht viel mehr für ihn getan. Ihr schafft das gemeinsam, denn viel „Pflege“ in dem Sinne braucht dein Vater nicht mehr. Lasst ihn spüren, dass er zuhause ist. Dazu braucht es keine großartigen Gesten oder Handreichungen. Dein Vater spürt es sofort, und ihr werdet sehen, dass eine Ruhe über ihn kommen wird. Nachdem die „Unruhe“ vorüber ist. Parisima, er wird alles spüren, fühlen, was um ihn vorgeht, aber meistens keine Reaktion darauf mehr zeigen. Aber eines sei dir gewiss, er spürt es. In dieser Zeit sind die Sinne sehr ausgeprägt, nur nicht wie bei uns im Wachzustand. Die Zuckungen sind die Unruhe vor dem bevorstehenden Abschied, wie ich dir schon schrieb, wird der Körper, der Geist und die Seele dann oft sehr unruhig. Nein, er ist nicht gefangen in seinem Körper, er ist nur gefangen in der Krankheit, die er nicht wollte. Er ist damit beschäftigt, sich auf das Gehen vor zu bereiten, denn in der letzten Phase sind viele Menschen mit einem „Bein“ schon im Jenseits. Jeder von uns, der sich noch nicht intensiv mit dem Sterben beschäftigt hat, hat Angst vor dem Sterben. Nicht so sehr vor dem Gehen, sondern vor dem „WIE“ muß ich einmal gehen? Es kommt aber eine Zeit vor dem Sterben, wo dies alles nicht mehr wichtig ist. Bei vielen kommt schon Wochen zuvor eine innere Ruhe, sie liegen dann nur noch da und warten auf den Tag, an dem sie gehen dürfen. In den vielen Jahren meiner Sterbebegleitung, bei meinen Eltern, Tanten und bester Freundin, sowie als ausgebildete Sterbebegleiterin, verläuft das Gehen fast identisch. Nur Menschen, die nach dem ganzen Weg des Abschiednehmens sich vehement gegen das Sterben wehren, können die Stunden vor dem Tod sehr anstrengend für sie und die Angehörigen sein.
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Jutta _________________________________________ |
#4
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Liebe Jutta,
mein Vater war die ganze Zeit bei uns zuhause und nicht im KH. Während ich gestern meinen letzten Beitrag schrieb, hab ich immerwieder nachgesehen, ob seine Infusion in Ordnung wäre, hab mich dann fertig gemacht und wollte neben ihm sitzen und Wache halten, Da war es leider schon zu spät ![]() Er lag leblos da und ich war nicht bei ihm, als er gegangen ist. Wie kann ich mir das jemals verzeihen? Er hatte Angst vor dem Alleinsein und er ist allein gestorben. Meine arme Mutter, die seit fast zwei Jahren seinen Kopf an ihrer Brust gehalten hatte, war vor Erschöpfung auf dem Sofa eingeschlafen und war auch nicht bei ihm. Ich hoffe vom Herzen, dass du Recht hast und er unsere bedingungslose Liebe und Nähe gespührt hat. Ich habe ihn die ganze Nacht im Arm gehalten bis er am Morgen abgeholt wurde. Zu spät. Es ist unerträglich seinen leeren Platz zu sehen, denn ich habe ihn nicht im Sterben begleitet. Ich hab ihn im Stich gelassen und werde mein Leben nicht mehr froh. Wenn ich doch bloß die Zeit zurückdrehen könnte. Mit seinem Verlust kann ich leben, aber nicht mit der Art, wie er uns verlassen hat ![]() Morgen ist die Beerdigung und ich weiß nicht, woher ich die Kraft nehmen soll. |
#5
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Liebe Parisima,
Ich möchte dir hiermit mein herzlichstes Beileid aussprechen. Gleichzeitig will ich dir sagen, dass du dir keine Selbstvorwürfe machen sollst und darfst. Wie du sicher schon oft gehört hast, gehen unsere Lieben oft, wenn sie meinen allein zu sein. Aber du warst bei ihm,er hat deine Liebe spüren dürfen. Bitte verzage nicht an diesem Gedanken ihn alleine gelassen zu haben. Das würde er bestimmt nicht wollen. Quäle dich nicht damit, der Schmerz ist eh schon groß genug.Sein Leiden hat aber nun ein Ende. Ich wünsche Dir viel Kraft Elli
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Meine Mama ![]() +15.06.2008 Dich zu verlier'n war schwer, Dich zu vermissen noch viel mehr |
#6
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Liebe Parisima!
Voller Mitgefühl habe ich Deine ganzen postings geschrieben und auch nun lese ich traurig, daß Dein Vater gegangen ist. Ich fühle aber beim Lesen, daß er friedlich und sanft eingeschlafen ist. Und Deine Vorwürfe, liebe Parisima, ich wünschte, Du könntest sie ablegen. Sie bringen Dir nichts, nehmen Dir nur Kraft, die nun anderorts brauchst. Weißt Du, Dein Vater wollte vielleicht allein sterben. Vielleicht hat er sich seinen Zeitpunkt genau so ausgesucht? Du hast ihn gehalten bis zum Morgen, das finde ich wunderbar. Das ist ein großer Ehrdienst, den Du ihm geleistet hast! Ich sende Dir ganz viel Kraft, Leena
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am 02.05.2006 Rektum-Ca-Diagnose, Chemo+Bestrahlung, OP im August 2006, danach von 11/06 bis 02/07 adjuvante Chemo, Anlage eines Ileostomas, Rückverlegung in 01/09 ![]() (alle von mir im KK verfaßten Beiträge/Texte und Geschichten dürfen ohne meine Erlaubnis nicht weiterverwendet werden) |
#7
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LIEBE PARISIMA!
ES DARF NICHT WAHR SEIN, WAS ICH HIER LESE.....ALSO IST AUCH DEIN VATER VORAUS GEGANGEN....ES TUT MIR LEID FÜR EUCH....ER HAT NICHT GELITTEN...DAS IST WICHTIG....ich umarme dich "virtuell".Mein BEILEID! lg zlata |
#8
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Liebe Parisima,
mein aufrichtiges Beileid zum Tode deines Vaters. Jetzt werden meine Worte dich nicht erreichen, denn du hast dir nichts mehr gewünscht, als bei deinem Vater bis zum Ende zu sein. Du warst bei ihm, nur er hat den Zeitpunkt des Gehens gewählt. Aber alles was du und deine Familie ihm diese Woche über gaben, das hat er gespürt und nimmt er auch mit. Parisima, da gibt es nichts zu verzeihen, auch wenn es dir heute nicht so vorkommt. Du hast ihn nicht im Stich gelassen. Keiner von uns möchte alleine sterben. Dennoch wählen viele unserer Lieben genau den Zeitpunkt zum Einschlafen, wenn keiner der Angehörigen dabei ist. Sie haben die Zuwendung, die Liebe und Geborgenheit gespürt, haben gefühlt, wie schwer es für die Angehörigen ist. Und möchten dann dieses allerletzte Loslassen vom Leben alleine vollbringen, ihren Lieben nicht "zumuten", ihnen diesen Schmerz und Anblick ersparen. Es wird eine lange Zeit dauern, bis du es dir selbst verzeihen wirst und du vielleicht verstehst warum er so ging. Ich habe es in meinen Begleitungen so oft erlebt, dass die Angehörigen nur einmal kurz raus sind, etwas zu trinken, auf die Toilette zu gehen. Und gerade in diesen Minuten schloß der Sterbende seine Augen. Viele sagten mir genau das auch schon vorher, dass sie es ihren Lieben gerne ersparen würden. Oft schickten sie ihre Angehörigen weg mit den Worten, ich möchte etwas schlafen, oder gebe mir ein paar Minuten alleine, wenn sie noch sprechen konnten. Dir wird es helfen, wenn du darüber sprichst, wenn du hörst, dass es so vielen Hinterbliebenen auch so ging, wird der Schmerz darüber mit der Zeit weniger werden. Für die Beerdigung wünsche ich dir und deiner Familie viel Kraft. Du wirst sie haben um deinen Vater diesen letzten Weg hier zu begleiten.
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Jutta _________________________________________ |
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