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#1
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Liebe Anju,
ich kann mir Deinen Frust vorstellen. Solch eine Diagnose bringt alles durcheinander. Alles, was vorher "normales Leben" war ist nun in Frage gestellt. Ich habe auch kein Patentrezept - es wird wohl auch keines geben. Wenn, wie Du schreibst, die Freunde Deines Mannes ihn unterstützen, dann solltest Du vielleicht auf das Lob "wie toll Du das machst" mal entgegnen, dass Du Dir auch Unterstützung wünschst, weil Du eben auch nur ein Mensch bist und nicht alles alleine wuppen kannst. Ich habe mit meinem Mann auch die Chemo-Zeiten erlebt; Schwäche, Übelkeit, Leukos extrem niedrig. Da konnte kein Besuch kommen; wir konnten nicht zusammen z.B. einfach so Leute besuchen. Ja...mit den Einschränkungen zu leben, das ist nicht einfach. Beim kleinsten Anzeichen eines Schnupfens habe ich Mundschutz angelegt...nachts durchaus mit Wut, weil ich so schlecht atmen konnte... Ich habe immer wieder mal etwas nur für mich allein unternommen, um Kraft zu tanken, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Ich weiß nicht wie alt eure Kinder sind; doch wenn sie eigene Wege gehen, dann sind sie auch alt genug, Dich zu unterstützen; Dir Wege abzunehmen; Dir im Haushalt zu helfen. Ja, es wird nie wieder sein, wie vorher, ohne Krankheit. Doch auch wo es nun einmal so ist, kann das Leben doch mit Einschränkungen schön sein. Erinnere Dich mal daran, was Ihr vorher zusammen hattet und was vielleicht davon noch geblieben ist, noch machbar ist. Schmerzen sind schlimm für denjenigen, der sie erleidet und für den, der dabei steht und mitleidet.... Schmerzen können behandelt werden und dann ist wieder Luft da, um zu atmen und wieder Freude zu haben. Ich bin sicher, dass sich der Kranke für anderen "Kram" interessieren kann; denn das gehört zum Leben dazu. Teilnahme am Leben anderer - mal mehr, mal weniger, kommt ganz auf das Befinden an. Das "normale" Leben fließt ja weiter. Mein Mann hat wenig geklagt, weil er niemand belasten wollte. Doch ich habe es in seinen Augen gesehen und ihn dann still in den Am genommen. Das Gespräch miteinander suchen, das kann ich Dir raten. Reden...damit sich keine Mißverständnisse und kein Frust aufbaut. "Gehen andere Angehörige auch durch diese Höllen" Ja...jeder auf seine Weise. Ich wünsche Dir Kraft, dass Du an der Seite Deines Mannes wieder glücklich sein kannst! LG Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#2
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Liebe Anju, ich finde es sehr gut, dass es mal jemand "wagt" darüber zu reden, wie es einem Angehörigen des betroffenen Angehörigen geht. Ich habe nämlich den Eindruck, "sowas", wird nicht gerne gehört. Der "gesunde" Angehörige hat immer da zu sein, alles zu machen, alles zu ertragen. Ich kann mich sehr gut in Dich einfühlen, auch wenn ich keine Kinder habe, dafür Schwiegermutter, u. Schwägerin, die einen auch noch "brauchen". Also, ein Patentrezept habe ich auch nicht. Ich verschaffe mir- wenn ich merke, dass meine Grenzen/Belastbarkeit überschritten sind, oder wenn möglich schon vorher- auch einmal lautstark Freiraum. Das heisst, ich sage sehr klar, u. deutlich, "ich kann nicht mehr, Feierabend!" Ich sage dann, dass auch ich mal auftanken muss! "Eine leere Batterie kann nix mehr geben". Aber leicht ist es nicht. Die Krankheit bestimmt das Leben. Mein Mann ist offenbar noch nicht so schlimm dran, wie Deiner. Info: Willi bekam Ende August 2007 die Diagnose tiefsitzendes Rektum-CA T4, G3, N0, M0. War also ziemlich agressiv der Sch....Krebs. Im Dezember2007 OP RO. Lange u. schwere OP. Das Tragen eines Stomas für den Rest des Lebens wurde notwendig. Inzwischen wurde Willi wegen Meta - glücklicherweise kein Tumor-, an der Lunge operiert. Diese Diagnose bekam er 2 Tage bevor er seine neue Arbeitsstelle- er ist seit 2005 arbeitslos- antreten wollte. Wieder wurde uns der Boden unter den Füssen buchstäblich weggerissen. Bei der Erstdiagnose war es ganz arg schlimm. Ich hatte nur noch das Gefühl auf sehr rutschigem sehr dünnem Glatteis runzulaufen, u. jeden Moment einzubrechen. Sogenannte" Freunde"- hatten eh kaum welche-, waren einfach weg. Ich stand ganz plötzlich genau wie Du mit allem allein da. Musste viele Dinge erledigen, auch vieles, was ich vorher nie gemacht habe. Auch wenn es vielleicht blöd klingt, bin ich stolz auf mich, das geschafft zu haben. Es wqar verflixt schwer. Willi brauchte lange, bis es ihm soweit wieder gut ging. Natürlich nicht mehr so gut wie vorher. Aber immerhin. Dann kam die blöde Meta. Tja, kein Job, bald kein Arbeitslosengeld mehr, Krankengeld schon ausgeschöpft. Zu all den Sorgen nun auch noch Existenzängste, die wir Beide haben. Erschwerend kommt hinzu, dass ich sehr kranke Augen habe, habe einen Schwerbehindertenausweis unbegrenzt gültig, GdB 90%, RF-Befreiung, u. auch noch andere gesundheitliche Probleme habe. Am schlimmsten sind die Einengung, die Einsamkeit, die Hilflosigkeit, die Wut. Wut auf die Krankheit, auf Willi, auf mich, auf sogenannte Freunde, die Familie, die es eh für mich nicht gibt. Mir hilft es Infos zu holen, gute Bücher, Filme, Fussball, Musik zu lesen, zu sehen, zu hören. Singen, u. selbst Musik machen hilft auch. Und vor allem mich mit mir selbst zu befassen. Leider gelingt es mir nicht immer, mir die dafür notwendige Zeit zu nehmen. Jetzt wurde es ein Roman. Aber ich finde diesen Austausch enorm wichtig. Man möchte ja dem Kranken helfen/beistehen, aber das kann man nur, wenn man selbst genug Kraft hat! Ob ich Dir weiterhelfen konnte, weiss ich nicht. Aber ich denke Austausch untereinander kann sehr hilfreich sein. Alles Gute, u. Liebe Jogilein. PS: Würde mich freuen, bis bald, von Dir zu lesen.
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#3
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Ach Jogilein...
wer sagt denn, dass Angehörige immer da sein müssen? Auch, wenn Dein Mann angestellt war, als Arzt hat er doch die Möglichkeit sich zwecks Unterstützung an die Ärztekammer zu wenden. Zumindest in NRW weiß ich, dass es dort einen Fond gibt, der in Not geratende Mitglieder und deren Familien unterstützt. Wütend sein, das raubt nur Energie. Dich mit Dir selbst zu beschäftigen....jaa, wenn es Dir Anregungen gibt, Dein Leben zu leben und Dich nicht so verantwortlich für andere zu fühlen... Viel Erfolg! Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#4
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Moin
Ich bin schon lange hier angemeldet, habe aber noch nie hier geschrieben,da die Schicksale mir den Atem geraubt haben.Zb. Loreley 2000, Conny 44, taffissima, Sarah,Stellina,usw. Ich wollte eigentlich hier Kraft weitergeben, und werde es auch versuchen. Ob es mir gelingt? Keine Ahnung, würde mich aber freuen. Mein Mann Darmkrebs, Diagnose Oktober 2007, die Ärzte sagten er hätte höchstens noch 9 Monate .PT4,N2 (7/14)L1 V1M1.Mein Mann hat heut den Garten umgegraben , ja er hat auch gewisse geistige aussetzer,und es ist nicht leicht damit umzugehen,kann ich auch nicht immer aber ich möchte mich gerne Morganer anschließen . wir müssen damit umgehen. Es ist nicht leicht aber noch lebt er.Und damit dankbar sein. Damit haben wir egal wie schwer es ist noch mehr als andere. Wenn Du magst können wir gerne Kontakt aufnehmen.. .Ich möchte an dieser Stelle auch noch Heike-Mike meine Bewunderung ausspechen. Sie ist wirklich tapfer und hat so viel Energie. Scarlett O´Hara sagte im Schluß vom Film völlig verzweifelt: Morgen ist auch noch ein Tag.Das ist auch mein Motto. Und ja wir haben auch ein Kind, zum Glück auch gute Lehrer die das Kind immer wieder auffangen.Der Weg ist nicht einfach,weder für uns noch für die Betroffenen. Wünsch Dir alles Gute ![]() Geändert von blaueelise (29.06.2009 um 00:27 Uhr) Grund: Fehler bei Rechtschreibung |
#5
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Liebe Anju,
ich schließe mich dem Satzt von Morgana an, ja...jeder auf seine Weise. Ich habe auch erst jetzt wieder angefangen zu schreiben weil mich damals diese ganzen schrecklichen Diagnosen und auch das Sterben der Menschen hier sehr erschüttert hat. Dann kam dazu das ich dachte was willst du hier eigendlich uns geht es doch gut,den anderen geht es viel schlechter.Du kannst eh nicht helfen und rumjammern ,ist nicht meine Art. Deine ganzen Gedanken und Gefühle kenne ich, aber heute weiß ich, man kann ,darf und sollte auch darüber sprechen wie man sich selber dabei fühlt ,weil es einem auch persönlich hilft. Ob die anderen perfekt sind? Mal ehrlich kennst du jemanden der es ist. Ich nicht. Patentrezepte wirst du auch keine finden weil ja doch jeder Mensch unterschiedlich mit Krankheit und Schmerz umgeht. Egal ob Betroffen oder Angehörig.
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Liebe Grüße Gabi „Was man tief in seinem Herzen besitzt kann man nicht durch den Tod verlieren.“ 25.04.2011 |
#6
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Liebe Anju,
ich habe am 02. Juni meine Ma verloren. Von der Diagnose "Bronchialcarzinom" bis zu Ihrem Tod vergingen geneau 9 Monate, in denen wir beide ständige auf und ab´s hatten. Immer wenn die Krankheit in eine nächste Stufe ging, wurde ich herausgerissen aus einem gerade scheinbar stabilen Zustand. Nachdem alle Chemos versagt hatten und auch Ma begriff, das wir hier über Palliativmedizin sprechen, haben wir ein sehr offenes Gespräch miteinander geführt und festgestellt, das wir uns über Monate nur gegenseitig geschont haben. Als ich sie dann nach dem Einstellen der Schmerzen ins Hospiz brachte, wurde ihr und mir noch einmal schalgartig klar, das der Tod immer näher kam. Meine Ma kam nicht damit zurecht plötzlich Hilfe zu benötigen bei den einfachsten Dingen und wurde richtig "zickig". "Das kann ich alleine, lasst mich alle in Ruhe"....usw. Ergebnis war, das die Schwestern im Hospiz sie kurz vor einem Treppensturz mit ihrem Rollator im Obergeschoss rumspazieren sahen und schlimmstes verhindert haben. Sie war da gerade so unter Morphium, das sie denen erzählt hat, sie ginge jetzt nach Hause. Als mir die Schwestern das erzählten, platze mir der Kragen und ich habe sie angeschrien, das sie sich bitte helfen lassen muss, wenn sie spazieren will. Sie war eigentlich zu schwach und außerdem hatte sie starke Osteoporose, jeder Sturz hätte ihr sämtliche Knochen gebrochen.... Es war schlimm für sie und ich hatte ein megaschlechtes Gewissen. Am nächsten Tag hat sie mir dann erzählt, das sie sich erstmal bei allen Schwestern entschuldigt hat und das es eigentlich richtig war, was ich gesagt habe und das sie jetzt darauf achtet, wenn sie nicht klarkommt zu klingeln...Ich war beruhigt, das sie nicht böse auf mich war. Das war ihr letzter Tag.... einen Tag später starb sie am Abend... Ich bin froh, das wir uns alles gesagt haben und ich bin froh, das sie nicht mit Groll auf mich gegangen ist. Was ich Dir sagen möchte ist, manchmal ist es gut auch mal zu sagen, wo Deine Grenze ist.... Dein Mann wird das verstehen und vielleicht auch wieder mehr signalisieren, das auch Dein Leben und Dein normaler Alltag wichtig für ihn ist. Vielleicht will er auch garnicht immer über seine Krankheit reden und fühlen, das es so um ihn steht. Meine Ma wollte das auch nicht...sie hat mit mir zum Schluss noch Spiele gespielt, so lange sie konnte gingen wir auch mal spazieren und später im Hospiz bin ich mit ihr und einem Rollstuhl ums Haus spaziert und habe mit ihr auf der Terasse im Garten gesessen. Leider war viel Reden nur noch selten möglich...Nutze die Zeit mit Deinem Mann und nimm Dir den Raum für Dich , in dem Du mit ihm redest und ihm auch sagst, wie Du Dich fühlst. Und selbst wenn Du weinen musst, das ist normal... Tue es einfach! Er hat ein Recht darauf auch Deine Seite zu kennen. Und Du hast ein Recht darauf auch mal sauer zu sein, weil DEIN Leben sich eben auch geändert hat und alle Leute nur noch nach ihm , aber nicht nach Dir fragen. Und so Du kannst, binde Deine Kinder mit ein. Hoffe ich konnte Dir etwas helfen ! LG ULLI
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Meine Mam: * 02.11.1937 - + 02.06.2009 "Wenn Du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein als lachten alle Sterne. Weil ich auf einem von Ihnen wohne, weil ich auf einem von Ihnen lache..." (Der kleine Prinz) Mein Papa: *04.11.1935 - + 11.05.1993 Sorry, das ich Dich allein gelassen habe. Mein Bruder:*02.06.1962 - September 1962 Ich werde Euch nie vergessen ! |
#7
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Hallo liebe Anju,
hallo meine Lieben vom Berliner Zimmer, booh was bin ich froh, dass Ihr hier den ersten Schritt der Antwort an Anju gemacht habt. Ich hatte auch schon ein paar mal den Ansatz gemacht hier zu antworten. Habe dann wieder Angst gehabt, dass ich so vielen auf die "Füße" latsche. Alles ist mir aus der Seele geschrieben. Habe auf der einen Seite auch so eine Dampfwalze von Spontanität neben mir, dass ich auch fast nicht mehr kann. Ich habe auch schon so gedacht, dass soll noch 2 Jahre so weitergehen . . . . und noch schlimmer? Hans beglückt sein Umfeld, was aber meistens auf meine Haut geht. Manchmal komme ich mir vor, wie die Wirtin von der wilden Sau. Ich habe ihm gedroht, dass ich mich ins Auto setze und ihn dann sitzen lasse. "Komm seit wieder lieb, setz Dich her, wir habe es doch schön hier" Gestern für Mittag mal eben Grillen angesagt, 14 Uhr das nächste Date und dann war er Schweine (Mangaliza = Urschwein der Ungarn, schwarze Löckchen) besichtigen und da ein paar selbstgebrannte Schnäpse und ab ins Bett 19 Uhr. Bums, da hatte ich wieder den Verhau. Also so ganz einfach ist das auch nicht. Wir haben nicht unbedingt finanzielle Sorgen, aber ich kann es mitdenken, die damit auch zu tun haben, da wir auch in früheren Jahren das auch hatten. Wir stehen nicht darüber. Dieses Miterleben lassen, Gutes tun, dass ist es was mich "hinterherhächeln" läßt. Für mich bleibt da nicht mehr viel an Eigenleben. Jogilein, dass ist für mich das erste Mal, dass Du Dich so zusammenhängend offenbarst. Das finde ich von Dir ganz toll. Und dass du konfus bei den vielen Sorgen bist, läßt jetzt vieles in einem anderen Licht erscheinen. Also Ihr Lieben, das hier wie es da Leben wirklich schreibt. Toll, dass Ihr Euch sehr offen geäußert habt. Viele liebe Grüße Angelika |
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