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#1
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Hallo ihr Lieben - und liebe AndreaS vor allem!
Jetzt schleiche ich nach langer Zeit ganz still hier herein und sehe, ich wurde vermisst - welch ein schönes Gefühl ein schlechtes Gewissen sein kann ![]() Ich hatte sehr sehr viel Arbeit, dann Urlaub, dann noch einmal sehr viel Arbeit und wieder ein paar Tage Urlaub. Wenn ich also jammere, dann auf wirklich hohem Niveau. Schwierig ist es für mich zur Zeit, hier zu schreiben - und es scheint, es geht nicht nur mir so. Hier ist so viel Hilfe für mich gewesen, so viel Verständnis, so viel Feinfühligkeit - wie soll ich jetzt über die Banalitäten meines Durchschnittslebens schreiben? Jemand der trauert fokussiert sich sehr auf die wirklich wichtigen Dinge und die Menschen, die ihm wirklich nahestehen. Er ist empfindsam und empfindlich. Irgendwann jedoch, das sehe ich nicht nur bei mir, muss man zurück in das "normale Leben" - und man liest wieder Bücher, die keinen tieferen Sinn als gute Unterhaltung haben und verbringt auch wieder Abende mit Bekannten, die keine Freunde sind, auch wenn sie sich noch so gern den Anschein geben. Und, ja, man weiß, man kann sich nicht auf sie verlassen - aber solange man das weiß, kann man gut über ihre Witze lachen. Bestandsaufnahme - das ist bei mir nebenher auch noch angesagt - ich werde 40 dieses Jahr und ich muss entscheiden, wer denn die Liebsten sind, die ich um mich haben möchte zum Feiern. Wieder werden sie gezählt, die echten Freunde und die Bekannten - aber wieso nicht auch Bekannte einladen, wenn sie einen amüsanten Abend versprechen. Und dann ist er wieder da der Gedanke - was hat meine Mami an ihrem 40sten gemacht? Ich war 14 Jahre alt - aber ich erinnere mich nicht. Vielleicht muss ich doch mal in den alten Fotos stöbern. Liebe Bruni, welch düstere Gedanken über Abschiede und die Vergangenheit. Mir fiel dazu ein: die Vergangenheit ist, was uns zu dem gemacht hat, was wir sind. Die Weggefährten gehen manchmal lange und manchmal nur kurze Stücke des Weges mit uns - aber alle bereichern unser Leben. Liebe AndreaS, wie geht es Dir und Deiner Familie? Ich habe so gerne gelesen, wie das war mit dem Abitur, dem Auslandsaufenthalt - wie geht es allen? Könnt ihr ein bisschen Sonne genießen? Ich wünsche allen, dass es jetzt endlich richtig Sommer wird und die Sonne wieder allen die Herzen wärmt! AndreaM |
#2
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Ich sitze hier an unserem Stammtisch. Vielleicht allein, vielleicht wie so oft zuvor verweilt jemand mit mir hier.
Unser Stammtisch, meist kramen wir ihn aus, wenn wir traurig sind, uns leer fühlen und die Seele Salto schlägt. In der Anfangszeit habe ich hier sämtliche meiner Gedanken und Gefühle auf den imaginären Tisch gelegt, unverhohlen erzählt, so wie es sich angefühlt hat, meist unsortiert, noch nicht abgearbeitet hin und wieder auch ungerecht. Ungerecht, so empfinde ich es nach den vergangenen 8 Wochen, was ich hier oftmals über meinen Vater geschrieben habe. Päckchen, die noch nicht geschnürt waren, Gefühle, die Chaos verursacht hatten, weil die Stärke fehlte mit ihm zu sprechen. Die vergangenen 8 Wochen, die besten und wunderbarsten, die schönsten und lustigsten Wochen, die ich mit meinem Papa in den letzten Jahren verbracht habe. Unendlich dankbar bin ich für diese Zeit, Zeit die geblieben ist. Zeit, die genutzt wurde. Gefühle auf beiden Seiten endlich mal wieder formuliert. Tiefes Bereuen auf seiner Seite, Erkenntnis, die seine Seele so sehr belastet hatte, echtes, aufrichtiges Vergeben auf meiner Seite, und natürlich auch auf meiner Seite Erkenntnis: Was war denn eigentlich? Warum die Sprachlosigkeit. Warum nicht schon früher? Aber wie gut, dass überhaupt! Wie gut, dass wir uns nie ganz verloren haben, dass wir immer wussten, dass wir uns lieben. 8 Wochen Ausnahmezustand, 8 Wochen Zeitreise der schmerzlichsten Art. Wiedererkennen, vor 5 1/2 Jahren schon einmal gesehen, ohne irgendetwas zu begreifen. Diesmal war ich achtsamer, erkannte die Vorzeichen. Drahtseilakt, jedem Gerecht zu werden. Meinem Papa, um ihm die bestmögliche Unterstützung zu geben, aber auch meiner Mama, um ihr die Hoffnung zu lassen, so lange es geht. Ja, manches scheint im Leben doch seinen Sinn zu haben. 8 sehr intensive Wochen blieben uns, lange Stunden in seinem Zimmer, um dann doch zu erleben, was meiner Tochter Selly vor 5 Jahren passiert ist. Gerade einmal 1,5 Stunden "Auszeit" nahm ich mir, obwohl ich ahnte, dass es bald passieren würde, um bei meiner Familie zu sein, um was zu essen und einmal durchzuatmen, als der "Notruf" meiner Mama kam. Als wir bei meinen Eltern ankamen, hatte mein Vater seinen letzten und wohl auch schwersten Kampf beendet. Er sah friedlich aus, starb in seinem Ehezimmer, begleitet von seiner Frau, wie die letzten 62 Jahre. Sprüche, die die Welt nicht braucht... Gelebtes Leben? Macht es das besser? Ist die junge Witwe tatsächlich schlimmer dran als die 80jährige? Ich denke nicht, habe nie so gedacht. Wenn ein geliebter Partner geht, bricht der Lebensplan auseinander, egal wie alt man ist. Die Stütze, die Lebensfreude, der Antrieb. Und was bleibt? Keine Berufstätigkeit mehr, die Anfangs gewiss belastet aber doch im Laufe der Zeit neue Chancen bietet, ein soziales Umfeld z.B., das sich nicht auf Namen in Todesanzeigen beschränkt, die Chance auf einen Neuanfang. Nichts als Leere und Warten. Nein, es macht es nicht besser, seinen Mann nach einem "gelebten Leben " zu verlieren. Der Kopf weiß, dass man dem Schicksal danken kann für die langen, erfüllten Jahre, gewiss ein bißchen Trost, kein Grund sich vom Schicksal betrogen zu fühlen. Und doch ist die geliebte, vertraute Zeit vorbei, das eigene Leben perspektivloser. Der Lebensplan ist weggebrochen, die Hälfte, die ab jetzt fehlt, würfelt auch bei uns das Leben wieder komplett durcheinander, ein Puzzle, das neue Form annehmen muss. @ Andrea: Nun bin ich auch hinterbliebene Tochter, 10 Jahre älter als du, ein altes Mädchen, das die letzten 8 Wochen wieder ganz und gar das Kind war, das Kind, das um seinen Vater bangt, mit ihm hofft , mit ihm weint und mit ihm lacht. Nach meinem Bruder und meinem geliebten Mann ist nun der dritte wichtigste Mann ins Regenbogenland umgezogen, der Mann, der mich am längsten auf meinem Weg begleitet hat, fast 50 Jahre... Tschüss Papa, vergiss die Grüße nicht und bald sehen wir uns wieder und dann machen wir all das besser, was diesmal nicht so geklappt hat, versprochen! http://www.youtube.com/watch?v=aVEgl08v2lE
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι και δεν επέστρεψες Geändert von gitti2002 (23.02.2015 um 23:24 Uhr) |
#3
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Liebe Andrea,
nun ist Dein Papa gestorben und wie immer gibt es dafür keine richtigen Worte. Wenn da etwas tröstend hilft, dann ein Mensch der neben einem sitzt und einfach zuhört während man erzählt. Das hab ich jetzt getan und Du hast schön über Deinen Papa erzählt, liebe Andrea. Er ist tot, er hat es am Ende seines Lebens schwer gehabt. Ihr, vor allem Du und Deine Mama auch, aber für Euch geht es mit dem schwerhaben weiter, es kommen die Trauer und der Verlust dazu. Und da habe ich viel Mitgefühl für Euch. Es ist ein großes Glück, daß Ihr Zeit hattet und daß Ihr sie genützt habt, dazu bereit wart. Das kann einen richtig froh machen, auch wenn man dabei weint. Sicher kann man immer alles noch besser machen, aber das ist schon beeindruckend wie Ihr das hingekriegt habt, Du und Dein Papa. Nein, man kann wahrscheinlich bei Tod und Trauer nichts auf- und gegenrechnen, aber ich denke ein Punkt fällt weg wenn ein älterer Mensch stirbt: das Hadern. Wenn man zu hadern hat, dann ist die Trauer schon noch einmal einen Tick härter. Es wird vermutlich nicht leicht werden für Deine Mama, aber ein großer Trost werden auch für sie die letzten acht Wochen sein, daß sie waren wie sie waren. Und bei so einer Tochter wie Du eine bist, braucht ihr nicht bang sein. Und nun liebe Tochter umarme ich und denke ich fest an Dich. Deine Briele |
#4
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Hallo Andrea,
dir - trotz allem - alles Gute auf deinem Weg. "Gelebtes Leben" - das kann man vielleicht aus der Sicht der Kinder/Enkel oder überhaupt nur von ganz außen sagen. Zwei Menschen, die so lange Jahre "verbandelt" waren, die sind ja so gut wie miteinander verwachsen. Sie kennen sich, wie man sagt "aus dem ff". Da ist der "Übrig gebliebene" ja eigentlich nur ein Fragment - ich weiß das klingt blöd. Ein junger Mensch der seinen Partner verliert ist doch noch flexibler - er hat ja doch noch etwas vor sich. Ich will jetzt nicht sagen: die Zeit heilt alle Wunden - kann sie nicht. Vielleicht ist man als jüngerer Mensch einfach offener gegen über dem, was einem noch so begegnet - vielleicht auch neugieriger. Und, glaube ich, wenn man zusammen (wirklich) alt geworden ist, da hilft man sich auch in den alltäglichen Dingen anders. Man bewältigt den Tagesablauf zusammen, da fehlt ein Teil von einem selbst. Man hat nicht nur seinen Partner verloren. Alles Gute für euch Ireen
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http://www.myvideo.de/watch/4892460/...ume_leben_ewig Wolfgang *03.04.1947 - +18.10.2008 Christel *17.05.1950 - +12.04.2011 |
#5
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Liebe Andrea,
auch wenn der Stammtisch nicht mehr so gefüllt ist wie vorher, so kommt doch immer mal jemand, um nach zu schauen, ob was auf dem Tisch hinterlegt ist. Ich glaube, zu verstehen, was du meinst. Schmerzlich und schön, schön und schmerzlich. Was ist grösser, der Schmerz oder die schönen Stunden, welche ihr euch gegenseitig geschenkt habt? Im Moment vielleicht noch der Schmerz, doch jetzt schon abgemildert. Jemanden zu begleiten, das ist schwer. Immer. Egal, ob beim ersten Mal oder beim wievielten Mal auch immer. Du hast es schmerzlich lernen müssen. Wer will das schon? Doch genau dadurch hast du deinem Vater diese 8 Wochen zur Seite stehen können. Unsagbares aussprechen können, Nichtgesagtes hören können. Das ist ganz gewiss kein grosser Trost, doch vielleicht hilft es ein bisschen. Du hast die Chance gehabt und ergriffen, dich mit deinem Vater auszusprechen, gemeinsam zu weinen, gemeinsam zu lachen. Nicht jedem ist das vergönnt. Mein tiefstes Mitgefühl Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. |
#6
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Hallo liebe Andrea,
auch von mir viele liebe Grüße, mein herzliches Mitgefühl und viel Kraft und Zuversicht für die nächste Zeit. Ja, ich kann mit Dir fühlen, mein Papa ist schon vor 10 Jahren gestorben, aber ich erinnere mich daran, wie weh es tat, obwohl auch er ein "gelebtes Leben" hatte und bei recht guter Gesundheit fast 85 Jahre alt werden durfte. Wie du siehst, sitze auch ich mal wieder am Stammtisch. Meine Besuche sind seltener geworden, aber ich komme immer wieder gerne hierher, an diesen Stammtisch, wo ich in den Zeiten des ganz schlimmem Schmerzes so viel Trost und Mitgefühl gefunden habe. Der Schmerz ist nicht mehr so wild und verzweifelt wie im ersten Jahr, lässt sich besser aushalten. Aber er wird wohl nicht ganz vergehen. Ich wünsche allen meinen Stammtisch-Schwestern und -Brüdern ein gutes Wochenende. Liebe Grüße, Anemone ![]() |
#7
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Liebe Andrea,
ein langes Leben ging zuende. Ein Leben mit sicher viel Kummer und Schmerz. Noch heute sehe ich das Gesicht Deines Vaters. Er wirkte sehr stark und souverän auf mich und er hatte sehr gute Augen. Was hat er nicht alles aushalten müssen. Ein langes Leben mit 80 Jahren, ein gelebtes Leben. Mein Mitgefühl gilt Deiner Mutter, deren Leben in Stücke zerbrochen ist, egal wie alt der Partner geworden ist und natürlich auch Dir. Bruni |
#8
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Liebe Andrea,
ich fühle mit Dir so gut ich kann - es ist immer schwer, egal wie vorbereitet man sich fühlen mag, egal wieviel Leben gelebt wurde - am Ende bleibt immer ein schmerzhafter Verlust. Wie kaltherzig müssten wir sein, wenn wir nicht trauern wollten, egal wie alt ein Mensch wurde, egal welch erfülltes Leben zuende geht. Es ist schön, dass ihr die Zeit hattet, noch ins Reine zu bringen was ungeklärt war. Ein Geschenk für Dich als Tochter, aber auch für Deine Mutter, die sicher weiß, dass es jetzt ein - wie soll ich sagen - vorbehaltloses Andenken geben wird. Für Deine Mutter wird es sicher nicht leicht sein, mit dem Verlust zu leben. Aber, auch wenn ich Dich nur aus der Ferne kenne, glaube ich ganz fest, dass ihr auch diese Prüfung schaffen werdet. Ich denke an Dich und Wünsche Dir alles erdenklich Gute! AndreaM |
#9
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Na, bei der Hitze mag wohl niemand am PC sitzen. Oder nicht am Stammtisch? Ich verbinde den ehrlich gesagt auch mehr mit dem Glühwein und den Plätzchen - es ist dann wohl die dunklere Jahreszeit, die alle mehr zusammenrücken lässt.
Ich hoffe, es geht Euch allen gut und die Sonne wärmt Euch die Seele! Viele Grüße AndreaM |
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