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#1
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Clarissa hat ja nicht das Recht ihrer Schwiegermutter auf eine neue Liebe hinterfragt, sondern lediglich den Zeitpunkt. Und ich finde diese Frage durchaus berechtigt, ich würde sie mir selbst als Betroffene auch stellen: werde ich der Erinnerung meines verstorbenen Mannes gerecht, wenn ich ein 3/4 Jahr nach seinem Tode meine neue Verliebtheit offen zur Schau stelle? Meine Antwort wäre: nein. Nach über 30 Jahren des Zusammenlebens ist m.E. eine angemessene Trauerzeit auch als Signal an das soziale Umfeld durchaus angebracht. Mir erschiene es unwirklich, wenn ich mich nach so kurzer Zeit "in den Armen eines neuen Partners" trösten ließe. Ich finde ein Trauerjahr als Signal an das soziale Umfeld -hier hat jemand eine große Lücke hinterlassen - durchaus angemessen. Ist es nicht ein bißchen einfach unter dem hehren Zeichen der unendliche Toleranz jede Gefühlswallung offen zuzulassen? Die Zeit um sich neu zu verlieben läuft einer Witwe/ einem Witwer ja nicht gleich weg, wir sind in den 50er Lebensjahren, nicht in den 80ern. Liebe Grüße Geändert von Geske (26.06.2010 um 09:39 Uhr) |
#2
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Hallo Geske,
mit zwei Dingen gebe ich dir vollkommen recht: die Frage des Zeitpunktes habe ich mir auch schon gestellt und zweitens, dass uns durchaus die Zeit nicht davon läuft mit Mitte 50. Wenn für dich ein Trauerjahr angebracht ist, so finde ich das für dich vollkommen in Ordnung. Doch dieses Trauerjahr muss aus dem Herzen des/der Hinterbliebenen kommen und nicht auf Grund irgendwelcher Konventionen. Eine zur Schau getragene Trauer würde mich jedoch anekeln. Das ist scheinheiliges Getue und wird dem Ansehen des Verstorbenen in keinster Weise gerecht. Ich bin der Meinung, dieses "Trauerjahr" kann bei dem einen 1/2 Jahr dauern und bei dem anderen 3 Jahre und länger. Bei manchen hört es nie auf und auch sie können sich dabei durchaus wohlfühlen. Eine Tante meiner Frau lief genau ein Jahr in Sack und Asche herum. Am 366-sten Tag trug sie helle Kleidung als wär nichts gewesen. Was soll das? Das ist absoluter Unsinn in meinen Augen und eine Erniedrigung der/des Verstorbenen. Wer jedoch das echte Bedürfnis hat, das Trauerjahr ein zu halten, der soll das auch tun und tun dürfen. Zum Zweiten die weisen Haare des Alters. Zumindest meine sind grau. Auch wir haben noch "Zeit" eine/n Partner/in zu finden oder uns finden zu lassen. Mit aller Gewalt da jetzt was ein zu fordern ist ebensolcher Unsinn. Genau das hätte was mit Verzweifelung zu tun welche nicht angebracht ist. Ich gebe dir auch darin Recht, dass ich nicht mit einer neuen Partnerin hausieren ginge, so ich sie denn fände. Erst recht nicht kurz (was heisst kurz eigentlich?) nachdem meine Frau verstorben war. Auf der anderen Seite würde ich sie auch nicht verstecken. Das wäre auch ihr gegenüber unfair. Es ist lediglich eine Frage der Rücksichtnahme auf die anderen Trauernden und vorallem, wie ich das anginge. Doch die "Zeit", welche wir noch haben, und das sogenannte "Trauerjahr", wie ich es verstehe, haben nichts mit dem Zeitpunkt zu tun, zu dem wir eine neue Partnerin oder Partner finden. Clarissa hat die Situation voller Emotionen aus ihrer Sicht, aus ihrer Trauer, beschrieben. Wir kennen jedoch die andere Seite nicht. Also hab ich versucht einfach mal die Angelegenheit von der absolut anderen Seite zu beschreiben. Wobei ich durchaus hinter diesem Beitrag stehe. Ich weiss, dass mein Beitrag sehr hart und direkt geschrieben ist und das war volle Absicht. Die Wahrheit liegt jedoch individuell für jeden Einzelnen irgendwo dazwischen. Es geht doch nicht alleine darum, Clarissa zu sagen, du hast recht oder unrecht, du musst das so oder so machen, sondern es geht darum ihr einen Denkanstoss zu geben. Sie muss für sich das Richtige herausfinden. Sie muss sich hinterfragen können und das geht nur, wenn sie das andere Extrem kennt. Denn nur die Schlüsse, die sie selbst gezogen hat, selbst durchdacht hat, nur mit ihnen kann sie aus innerer Überzeugung leben und danach handeln. Geht es uns nicht allen so? Es ist ja nicht so, als würde ich ihre Trauer, ihre Angst, ihre Probleme nicht verstehen. Schliesslich habe ich zwei erwachsene Töchter und wir reden miteinander. Ich weiss, was sie fühlen und wenn ich merkte, dass sie die gleichen Probleme hätten wie Clarissa, ich würde ihnen meinen obigen Beitrag in gleicher Weise vor die Nase halten ..... und dann mit ihnen darüber reden. Alles Liebe Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. |
#3
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Hallo Ihr Lieben,
danke für Eure tollen Beiträge und Meinungen. Ihr habt mir doch etwas die Augen geöffnet, insbesondere Helmut (ich fand Deinen Beitrag nicht hart, er war sehr ehrlich aus der Sicht eines Betroffenen). Ich muß auch ehrlich sein das ich in Bezug auf Einsamkeit zu Hause und im Alltag wohl doch etwas engstirnig bisher war. Wir versuchen Schwiegermutter so auf wie möglich bei uns zuhaben (Wochenende zum Mittagessen, an dern Nachmittagen, zum Einkaufen usw. Besonders Ihre Töchter kümmern sich sehr um sie. Aber das eben doch wahrscheinlich nicht genug. Trotz alledem ist Die Situation jetzt komisch für uns alle, natürlich für ihre Kinder erst recht. Meine eine Schwägerin kommt gar nicht damit klar, weint jeden Tag am Grab ihres Vaters, kann die Wohnung ihrer Mutter nicht mehr betreten wenn sie weiß der Freund von Schwiegermutter war da. Hat ihr vorgeworfen sie hätte den Vater nie geliebt. Hoffentlich beruhigt sich die Lage wieder, nicht das jetzt noch die ganze Familie zerbricht. LG Clarissa |
#4
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Hallo Clarissa
Ich möchte Dir aus der Sicht einer Betroffende schreiben Als ich damals erfuhr das Ich Krebs habe und das es durchaus möglich wäre an der krankheit sterben habe ich mit mein Mann auch darüber gesprochen wie es dann weiter gehen soll oder besser gesagt wie Ich mir das vorstelle Ich habe nur ein Wunsch geäussert Ich möchte das meine kinder nie vergessen was Ich ihn mit gegeben habe und das iss auch die lust an leben sie sollen nicht in trauer versinken und mich schon garnicht auf ein podest stellen zu mein Mann hab ich gesagt das er sich über das gerede der leute wech setzen sollen wenn er sich eine neue partnerin sucht denn er iss ein schweren weg mit mir gegangen und das hilft mir mehr als nach mein Tod lebenslange Treue Liebe Clarissa vieleicht fanden solche gespräche auch bei dein Schwiegereltern statt? gebt den neuen Partner eine Chance Ich wünsche Dir alles Gute Heike
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Den letzten Weg ,geht man allein |
#5
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Hallo Clarissa,
es freut mich, dass du uns/mich verstanden hast. Es gibt halt immer zu allem auch eine andere Sichtweise. Nur, wie soll man die wissen? Das ist sehr schwer und nur durch Gespräche heraus zu finden. Ich finde es toll, wie ihr euch um sie kümmert. In der Gesellschaft ist es leichter auch mal von der Trauer abzuschalten, ein Stückchen Normalität zu erleben. Für sie und auch für euch. Ich möchte dir noch etwas erzählen und vielleicht einen kleinen Tipp geben. Bei mir war, und ist es auch heute manchmal noch so, dass die Heimkehr in die leere Wohung wie ein Absturz zugeschlagen hat. Zuvor Menschen um mich, mal ein Lachen, Betriebsamkeit, ich fühle mich wohl und dann? Nichts, Stille, Leere. Das schlägt zu wie ein Hammer. Vielleicht geht es ihr auch so? Ihr wisst ja, wann sie ungefähr zu Hause sein wird. Die kurze, telefonische Frage: "Bist du gut zu Hause angekommen?" könnte ihr dabei sicher sehr gut helfen diesen Hammerschlag abzufedern. Meine Töchter hätten bestimmt auch heute noch so ihre Probleme, sollte ich ihnen unvermittelt eine neue Partnerin vorstellen, doch sie kämen damit zurecht. Die Familie sollte da zusammen halten. Alles Liebe Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
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#6
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Hallo Clarissa (und natürlich auch alle anderen hier),
bei uns war es eher anders herum: Mein Vater starb mit 65 Jahren völlig überraschend an Magenkrebs. Meine Mutter (damals auch 65) hat sehr gelitten (sie waren auch 35 Jahre glücklich verheiratet), kam aber alleine relativ gut zurecht. Mein Bruder und ich (und unsere eigenen Familien) besuchten sie regelmäßig (sie lebte in MV in einem kleinen Dorf) und einmal im Monat kam sie zu uns nach Hamburg. Nach 4 Jahren erkrankte sie selbst an Magenkrebs, wurde operiert und fuhr dann zur AHB. Danach gestand sie mir, dass sie dort einen netten Witwer kennengelernt hätte und sich hier in Hamburg gerne mit ihm treffen würde, ob wir was dagegen hätten, unsere Meinung war ihr sehr wichtig. Natürlich waren wir einverstanden. Leider kam es dann nicht mehr zu einer Begegnung, da sich ihr Zustand plötzlich dramatisch verschlechterte und sie verstarb. Kurz vor ihrem Tod teilte sie mir unter Tränen mit, dass ihr ca. ein halbes Jahr nach dem Tod ihres Mannes ein Witwer aus dem Dorf "Avancen" gemacht hatte und sie mit Rücksicht auf die Familie und "weil man sowas doch nicht machen kann" abgelehnt hatte, obwohl sie diesen Mann sehr gerne mochte...... Im Rückblick tut mir das einfach wahnsinnig leid für sie, sie hätte noch 2-3 schöne Jahre eine neue Liebe erleben können und hat das nur aus falscher Rücksicht nicht getan. Ich habe meinen Vater geliebt und auch sie hätte weiter an ihn gedacht , aber wir hätten uns alle mit ihr gefreut, wenn ihr Leben durch eine neue Liebe wieder fröhlicher geworden wäre......... Vielleicht sollte man es auch einmal so betrachten, die tollsten Kinder, Enkel oder andere Verwandte können einen Partner nicht immer ersetzen......wobei ersetzen glaube ich das falsche Wort ist.......der tote Partner soll immer seinen Platz im Herzen behalten, aber auch der Lebende hat doch das Recht wieder zu lieben........jedenfalls, wenn ihm das gut tut und nicht nur Flucht und Verdrängung ist... Liebe grüße Petra |
#7
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Immer wieder ein "spannendes" Thema und so viele wunderbare Antworten
Liebe Clarissa, nur noch eine Kleinigkeit zum Nachdenken: Du sprichst davon, dass es dir wie Verrat vorkommt an deinem verstorbenen Schwiegervater und dass du dir das für dich niemals vorstellen könntest. Zunächst einmal: Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du dir noch lange, lange Zeit nicht vorstellen kannst, was in uns hinterbliebenen Ehepartnern vorgeht. Verrat? Du schreibst, dass sie 35 Jahre verheiratet waren. Hatte sie sich während dieser 35 Jahre in einen anderen verliebt und sich benommen, "als sei sie 25"? Hat sie Kinder und Familie während dieser 35 Jahre im Stich gelassen, um sich einer neuen Beziehung hinzugeben? Wenn sie das getan hätte, könnte ich die Vokabel Verrat verstehen. Aber war es nicht so, dass sie 35 Jahre an seiner Seite war, in Guten und in schlechten Tagen, bis dass der Tod euch scheidet? Sie hat ihr Versprechen gehalten. Nun ist ihr Mann gestorben, der Lebensplan ist weggebrochen, sie muss neu sortieren und hat auch nur dieses eine Leben, das sie hoffentlich noch eine Weile glücklich leben kann. Alles andere wäre Verrat an ihr selbst. Ich bin Hinterbliebene, habe mittlerweile einen liebevollen Partner an meiner Seite, der mit einer Sache klarkommen muss: Dass die Frau in die er sich verliebt hat nicht mehr so unbeschwert glücklich sein kann wie die Frau, die sie in ihrer ersten Ehe gewesen ist. Eben weil man NICHT vergisst, nur weil man wieder liebt. Die erste Liebe lebt mit, sie ist nicht einfach weg. Das zu ertragen ist für viele "neue" Partner bestimmt recht schwierig. Welch großes Glück, wenn deiner Schwiegermutter ein verständnisvoller Mann begegnet ist, der ihr Halt und Zuflucht schenkt. Ich weiß nicht, ob du selbst Mutter bist. Aber vielleicht ist die Entscheidung, die Chance auf ein neues Glück zu nutzen auch nicht so rücksichtslos, wie ihr es auf den ersten Blick empfindet. Ich jedenfalls weiß, dass es für meine Kinder mittlerweile eine große Erleichterung ist zu wissen, dass sie ihr eigenes Leben leben können, in dem Wissen, dass ich glücklich und nicht alleine bin und sie somit die "Verantwortung" für mich getrost abgeben dürfen. Nun Geske, das soziale Umfeld.... das kann ich nun so gar nicht nachempfinden, ich bin aber auch eher der Typ Mensch, der generell nichts auf Äußerlichkeiten und "aber bitte den Schein bewahren" gibt. ICH weiß, wie schmerzhaft meine Trauer um meinen Mann auch heute nach über 5 Jahren ist, ICH alleine weiß es, ICH alleine muss damit weiterleben. Das soziale Umfeld, das sich doch meist nach "angemessener" Zeit aus dem Leben der Hinterbliebenen verabschiedet wenn diese sich erlauben das Trauerjahr mit ihrer Traurigkeit zu überschreiten. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Es gibt keinen. Und das soziale Umfeld wird sich immer das Maul zerreißen, egal wie es kommt. Ein neuer Partner? : Na, die/der hat sich ja mal schnell getröstet.... Nach mehreren Jahren des Alleinlebens: Na, nun sollte es doch langsam mal wieder gut sein. Immer noch alleine? Ich wünsche uns allen den für uns richtigen Weg zurück ins Leben, den können nur wir selbst finden, jeder einzelne auf seine Weise und in seinem Tempo LG Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι και δεν επέστρεψες |
#8
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Hallo
meine Mutter ist 1985 an EK gestorben. Sie war 48 Jahre alt. Mein Vater hat meine Mutter beim Sterben begleitet, ist daran fast zerbrochen. Er hatte danach aber noch für meine kleine Schwester zu sorgen, die war erst 9 Jahre alt und asthmakrank. Auch mein Bruder, damals 16 lebte noch daheim. Als meine Mutter tot war, hat mein Vater auch einige Frauen kennengelernt und 4 Jahre später wieder geheiratet. Er hat dann nochmal mit seiner Frau ein Kind bekommen. Der Grund ist einfach : er heißt LEBEN. Wenn du so intensiv mit Tod zu tun hast, dann wird dir das erstemal WIRKLICH bewusst, das Leben etwas ist, dass auch zuende sein kann. Das Leben etwas ist, was mit lebendig fühlen zu tun hat. Die neue Frau, das war lebendig. Mein Vater wollte nicht auch selbst tot sein, und nach anfänglicher Irritation habe ich darüber nachgedacht und es für gut befunden. Er hat meiner Mutter nichts mehr weggenommen dadurch. Er hat meiner kleinen Schwester und meinem Bruder die Normalität zurückgegeben und sie auch für sich selbst in Anspruch genommen. Ich bin sehr froh darüber. Die "neue Frau" meines Vaters hatte auch zu uns einen netten Kontakt, sprach immer lieb über meine Mutter und pflegte auch das Grab. Unsere Familie war einfach um weitere Personen gewachsen.Wir hatten alle MEHR, nicht Weniger. Er ist inzwischen auch gestorben, hatte aber noch schöne Jahre mit seiner 2. Familie. Seine 2. Frau hat ihn lieb gepflegt und wir verstehen uns auch heute noch gut, obwohl sie auch wieder einen neuen Partner hat. Silverbird Geändert von silverbird (27.06.2010 um 08:30 Uhr) |
#9
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Hallo alle zusammen1
Als mein lieber Freund nach 4,5 Jahren Krebs gegangen ist, habe ich überhaupt nicht mehr weiter gewollt. Endlich hatte ich DEN Freund fürs Leben gefunden...! Wir hatten 3,5 Jahre ohne Krebs. Das Wort "Zukunft" begann langsam und leise im Hintergrund zu sterben seit dem Tag der Diagnose, max. Überlebensdauer 3-5 Jahre! NATÜRLICH würde es bei IHM anders sein, natürlich! Es war "anders", er hat gekämpft, war stark und hat den Schmerzen, den Tortouren widerstanden, wie ich es mir hätte nie vorstellen können. Und doch ahnten wir beide, es ist ein "Spiel" auf Zeit. Wie oft habe ich ihn traurig von der Seite angesehen, mich gefragt wie lange er noch bei mir sein wird, wie lange er noch die Kraft haben wird und was ich dann ohne ihn machen soll, wie es sich wohl anfühlen wird... Es ist furchtbar wenn der geliebte Mensch neben einem sitzt und man versucht sich auf die kommende Zeit "vor zu bereiten". Es fühlt sich dann noch schlimmer an, wenn der unglaubliche Fall eintritt. Sicher ist die Frage nach der Beziehung, wie gut oder schlecht sie war auch legitim. Die Zeit der Krankheit ist auch schon eine Trauerzeit, die wohl meist übersehen wird, man weiß man kommt den Tod täglich näher! In der ersten Zeit war ich körperlich und seelisch fix und fertig, naja die „erste Zeit“ hat sich ganz schön lang hingezogen. Ich habe für mein Leben auch nicht mehr gesehen was das noch werden soll, ich wollte auch nicht mehr, mir kam der Sinn des Ganzen abhanden. Ich verlor mich selbst langsam. Ein neuer Partner - nein, das konnte nicht gehen, nein nicht nach dieser großen Liebe – unmöglich! Und das Gerede der Leute "Die braucht wieder einen Mann!" oder „…es ist doch nun schon sooo lange her, nun muss man sich doch mal wieder fangen!“ (das Gegenteil von „Ach hat die schon wieder einen, na da kann es mit der Liebe nicht weit her gewesen sein!“- als ob das ein Allheilmittel wäre und was soll das heißen, ist man als allein stehende Frau Niemand - unfähig zu leben!? Das wollte ich dann so doch nicht gelten lassen, ich bemühte mich wieder "Sinn und Zukunft" in mein Leben zu bringen, 2-3 Monate lang, dann wurde meine Mutter pflegebedürftig und ich stehe nun mehr schon wieder seit 4 Jahren in der Sorge um einen Menschen. Doch ich habe einen sehr einfühlsamen und standhaften Freund, nicht gesucht, eigentlich aus Empörung über die Welt zusammen gefunden... Wie trostlos wäre mein Leben ohne ihn, ich hätte jetzt mit 45 Jahren keine Zukunft, nur ein jetzt mit meiner kranken Mutter. Zur Zeit habe ich ein gutes "Jetzt" und auch noch einige Zukunftspläne und ich bin sooo froh, dass mein Freund so in mein Leben geknallt ist. Es ist nicht immer leicht und es ist sicher auch nicht das Ende der Trauer um die verlorene Liebe, aber ein Leben allein mit allen erlebten Grausamkeiten, die Erinnerung an jämmerliches Leiden, Blut, Wunden, ungeheuerliche Kämpfe mit Ämtern bzw. deren Amtspersonen die noch Beweise brauchen, wenn der Sarg schon im Wohnzimmer steht. Das alles bringt den Sinn auf dieser Welt zu sein furchtbar durcheinander... Wir sind sehr schnell zusammen gekommen, für meine Kinder sicher überraschend schnell. Nicht nach Monaten, nein ich meine als wir uns das erste Mal trafen, haben wir uns kaum mehr getrennt, trotz der 500 km zwischen uns, die mein Freund durch seinen Umzug ausradierte. Und noch eine Überlegung für Kinder. Es ist für mich als Mutter eine schlimme Vorstellung, wenn ich so geblieben wäre wie ich die ersten Monate war. Ich hatte keinen Antrieb, zu nichts, habe unter lachenden Menschen mit Tränen in den Augen gesessen und fühlte mich allein, abgerissen von meiner Liebe und sinnlos umher treiben, unnütz im Leben... wollte nicht reden und nix. Es ist eine schwere Aufgabe einen solchen verlorenen Menschen täglich aufbauen zu müssen, eine Aufgabe, die ein Partner in der Regel den Kindern abnimmt – das kann auch für die Kinder ein Geschenk sein. Doch vielleicht fühlen sie sich um die gemeinsame Trauer betrogen? Ich glaube da hilft nur reden, ehrliches Interesse an den Gefühlen der Mutter. Es gibt viele Varianten des Umgehens mit diesen "Zuständen", manche flüchten, manche resignieren, manche halten sich an gewohnten Strukturen ihres Lebens fest um sich selbst nicht spüren zu lassen, dass der Boden unter den Füßen weg ist... Keine Variante wird für alle Menschen die richtige sein, es ist immer nur ein Versuch mit dem Unmöglichen um zu gehen. Versucht euch gegenseitig zu verstehen, sonst verlieren alle noch mehr als den Vater/ Schwiegervater. Gruß Petra |
#10
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Hallo Clarissa,
ich erzähl dir auch unsere Geschichte. Meine Mama starb letztes Jahr im Herbst an Darmkrebs mit 57 Jahren. Papa und Mama waren 40 Jahre verheiratet und ich seh sie heute noch händchenhaltend spazieren gehen. Das war eine sehr schwere Zeit für meinen Papa, da er auch schon in Rente war und von da an nur noch zu Hause sitzt Meine Mama war die Aktive, die viel unterwegs war ..Freunde riefen an...das telefon läutet oft...und dann war alles verstummt. Er verfiel in Depressionen und ertränkte seinen Kummer im Alkohol, was für mich auch sehr schlimm war. Wieder einmal stand ich machtlos da und konnte nicht helfen. Und nun hat er eine Frau kennengelernt, die ihm gut tut und mit der er viel unternimmt...die Freude ist wieder zurückgekehrt in sein Leben. Wenn es meinen Papa gut geht geht es mir auch gut und ich freue mich für ihm. Als wir neulich darüber redeten, sagte er mir, das Mama immer in seinem Herzen ist...da musste er weinen. Das mit der neuen Partnerin war gefühlsmässig nicht ganz einfach, weil er das Gefühl hatte das er Mama bedrügt....aber meine Mama hätte nicht gewollt, das er alleine bleibt mit seinem Kummer und dem Alkohol. Ich denke jeder Mensch geht anders mit seinen Trauer um und das sollte man respektieren auch mit der Zeit danach....das soll nicht heißen, das sie ihre Liebe vergessen haben. LG Lily |
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