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Mina86 01.07.2011 12:01

Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
Hallo...

ich lese hier schon ein wenig mit, habe mich aber bis jetzt nicht getraut selber zu schreiben...
vielleicht auch weil ich der Meinung war, dass wir einfach demnächst wieder ein „normales“ Leben führen werden.
Nur habe ich festgestellt, dass das nicht so einfach ist, die Normalität lässt leider auf sich warten…
Jedesmal wenn wir dachten es geht aufwärts nun wird es besser kam der nächste Dämpfer…

Aber erstmal zur Diagnose, bei meinem Vater (51) würde vor einem ¾ Jahr schwarzer Hautkrebs festgestellt.
Anfänglich waren wir zwar geschockt aber sehr optimistisch, da der Leberfleck der Ursache war sich in sehr kurzer Zeit verändert hatte und schnell entfernt wurde. Somit war die Wahrscheinlichkeit einer Streuung relativ gering.
Der erste Dämpfer kam, als festgestellt wurde, dass die Lymphknoten schon befallen sind, aber wir blieben optimistisch. Schließlich war es ja früh gemerkt worden. Die Lymphknoten wurden entfernt und wir mußten zur Abwechslung mal wieder warten.
"Warten" ist eine Sache bei der ich gedacht hätte, dass es mit der Zeit einfacher wird, tja falsch gedacht.
Ab da an ging es ständig weiter, erst erneute Entnahme von „vergessenen“ Lymphknötchen, dann Dauer-Kopfschmerzen --> CT, Diagnose Metastasen in Lunge, Milz, Leber und Hirn und das innerhalb von 6 Wochen…
Seit dem hat er zwei Chemos erhalten und ist dann auf ein anders Präparat umgestiegen, dass noch in der Studie ist, aber gut gegen Hirnmetastasen wirken soll, dies erhält er jetzt seit 2 Wochen.
Ergebnisse der ersten Chemo waren, dass zwar neue Metastasen aufgetreten sind aber einige auch geschrumpft sind. Also wiedermal ein Auftrieb, neue Hoffnung!
Nun bekam er letzte Woche Rückenschmerzen und die Untersuchungen ergaben, dass er einen Deckplatteneinbruch eines Lendenwirbelkörpers hat, daraufhin wurde folgten genauere Untersuchungen und es wurde festgestellt, dass alle Lendenwirbelkörper Metastasen enthalten, welche teilweise sogar das Rückenmark infiltrieren.

An dem Punkt stehen wir nun… weitere Behandlung steht noch nicht fest…
So langsam wissen wir nicht mehr was wir denken oder tun sollen…
Es geht einfach immer weiter…
Und man soll versuchen ein normales Leben zu führen, aber wie? Die Welt dreht sich einfach weiter ohne Rücksicht…
Man soll sich die Zeit so schön wie möglich machen, aber wie? So würden wir zum Beispiel gerne in den Urlaub fahren aber aufgrund der Behandlung und vor allem der Schmerzen und Bewegungseingeschränktheit meines Vaters ist dies nicht wirklich möglich.

Auch sind bei ihm leider teilweise Wesensveränderungen aufgetreten, die es uns teilweise schwer machen mit ihm umzugehen

Ich weiß langsam einfach nicht mehr woher wir die Kraft und die Hoffnung nehmen sollen, obwohl ich natürlich weiß, dass das letzte was wir tun sollten ist, die Hoffnung aufzugeben und das haben wir auch nicht vor!!!
Nur ist es manchmal sehr schwer…
Man versucht sein Leben weiterzuleben und fühlt sich dabei schlecht obwohl es natürlich Blödsinn ist…

Sorry für den langen Text, aber vielleicht wird es irgendwie einfacher wenn man es mal aufschreibt…
Liebe Grüße
Mina

umhlaza 03.07.2011 02:30

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
Liebe Mina,

Willkomen im Forum. Es scheint schwer auf Deinen Beitrag zu antworten. Da ich mir aber vorstellen kann, dass es äußerst frustrierend ist gar keine Reaktion zu bekommen, versuche ich es mal.
Du beschreibst für die Forumsmitglieder den ganz normalen Wahnsinn, denn wir mittlerweile Alltag nennen. Natürlich habe ich auch früher von Krankheiten und den Behandlungen gehört, mit Sicherheit auch den einen oder anderen Gedanken daran "verschwendet", aber ernsthaft beschäftigt? Eher nicht. Jetzt bekomme ich das in allen Details und völlig unvorbereitet mit. Was heisst hier aber unvorbereitet? Auch aus heutiger Sicht wüsste ich nicht, wie ich mich auf DAS hätte vorbereiten sollen. Deine Familie wird mit einem Mal mit unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert und auf jedem Gebiet ist man doch nur Laie. Die Diagnose zu verarbeiten ist die erste Hürde, aber gleichzeitig gerät man in der Regel in den Sog des Gesundheitswesens, das aber nicht auf Deine individuellen Probleme zugeschnitten ist. Auf einmal ist die Rede von Fallpauschalen und Standardprozeduren, Gespräche und Erklärungen finden gerne nur auf dem Flur im vorbei gehen statt. Aus medizinischer Sicht ist oftmals ein ambulanter Aufenthalt notwendig, das Leben findet weitgehend zu Hause statt. Das ist auch gut, leider wird die professionelle Unterstützung auch automatisch in den Hintergrund gedrängt. In dieser Situation versucht nun jeder das beste für den Kranken zu tun. Vergessen wird dabei aber oft, dass auch die eigenen Resourcen nur sehr begrenzt sind. Auch Du hast ein Leben, das nach wie vor stattfindet und stattfinden soll. Leider habe ich oftmals erlebt, dass Lachen und sich vergnügen, spielende Kinder als Last für mich empfunden wird und man versucht mich deshalb davor zu verschonen. Bitte nicht! Auch wenn ich vor Schmerzen/Hustenanfällen oft nicht mitlachen kann, findet ich es schöner von normalen Menschen umgeben zu sein, als von Trauerklössen. Niemand sollte von Euch erwarten, Euer Leben anzuhalten bis ..., ja bis wann eigentlich? Die Krankheit bringt Einschränkungen, für jeden, aber das sollte nicht über die Maßen strapziert werden. Ihr möchtet in Urlaub fahren? Warum auch nicht? Möglicherweise kann Dein Vater nicht mehr mit, oder Ihr müsst eventuell ein Ziel in der Nähe suchen. Falls Ihr nicht so weit wegfahren möchtet, versucht es mit Tagesausflügen. Wie auch immer, stell Dein Leben nicht ein, tanke Kraft wann immer es möglich ist.
Je nach Krankheit treten durch den Verlauf oder die Medikation Veränderungen auf, aber alleine das Wissen um die Krankheit kann natürlich zu Wesenveränderungen führen. So ganz spurlos wird das nicht an Deinem Vater vorbeigehen können. Auch er musst damit umzugehen lernen, er muss (wenn es nicht medizinisch notwendig ist) nicht den ganzen Tag bespielt werden. Müdigkeit ist oft eine der ersten Begleiterscheinungen, jede Anstrengung, auch geringe, können ihn an den Rand seiner Kräfte treiben. Und wenn er sich sch...e verhält, muss man ihm auch das mal sagen.
Da nun aber bei Dir die Kräfte schwinden, kann ich Dir nur raten, Dir soweit möglich professionelle Hilfe zu holen. Auch die direkten Angehörigen werden psychologisch betreut, je nach Krankheitsstufe gibt es Hilfe für zu Hause. Aus Deinem Beitrag lese ich auch ein bisschen heraus, dass Ihr Euch nicht ganz mit der Behandlung und dem Ärzteteam einig seid. Da hilft oftmals eine zweite Meinung. Aber auch das ist natürlich eine zusätzliche Belastung für Deinen Vater, die man manchmal abwägen muss. Eventuell ist es ja hilfreich nur mit den Krankenhausunterlagen einen anderen Arzt zu konsultieren. Die Unterlagen müssen ausgehändigt werden.
Ich hoffe ich konnte Dir ein bisschen weiterhelfen. Wenn Du Fragen hast, frage hier oder den Arzt oder wen auch immer. Du musst Dich nicht trauen, es gibt nichts, was man falsch machen kann. Wir stecken alle in einer ähnlichen Situation, sind eben nur ein paar Erfahrungen reicher. Oftmals hilft es auch sich nur mal richtig den Frust von der Seele zu reden oder schreiben.

Liebe Grüße und viel Kraft

Wenn du damit beginnst, dich denen aufzuopfern, die du liebst, wirst du damit enden, die zu hassen, denen du dich aufgeopfert hast.
George Bernard Shaw

Mina86 03.07.2011 19:36

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
Hallo,

ja das mit dem schwerfallen kann ich mir vorstellen, ich war an dem Tag ziemlich überfordert und habe einfach alles runtergeschrieben und ohne fragen zu stellen ist das wohl auch schwierig zu antworten.

daher erstmal danke fürs antworten!
Sicherlich soll jeder von uns sich so normal wie möglich verhalten und sein Leben weiterführen und das versuche ich auch irgendwie, aber das fängt schon mit so Kleinigkeiten an, ich wohne nicht mehr bei meinen Eltern und wenn cih dann zu besuch bin will ich mich eigentlich so verhalten wie früher auch, allerdings kommt mir dann immer der Gedanke, was ist wenn er nicht mehr lange da ist solltest du ihm nicht heute das x-fache an Liebe zeigen/geben?
wahrscheinlich nicht aber, naja aber halt...
ich bin "nur" angehörige nicht betroffene und ich denke die gedankengänge dir er dann hat sind wohl teilweise anders als meine...
ich weiß es halt einfach nicht....

ich weiß das er noch so viel erleben will und ich weiß das ich noch so viel erleben möchte bei dem er dabei ist...
ich überlege mir mittlerweile einige dinge echt ganz anders als noch vor einem jahr...
ich bin 25 also durchaus in einem Alter in dem man Kinder kriegen kann, aber eigentlich ist das momentan nicht in Planung (will erstmal zu ende studieren) nun stellt sich mir aber z.b. die frage ob es nicht vielleicht die letzte Chance ist, dass er ein Enkelkind bekommt und dieses ihn erlebt.

dies ist nur ein beispiel aber sind solche gedanken normal?
wird das irgendwann besser? oder sollte man doch einfach danach handeln?


bei seiner art und weise ist es auch schwierig normalerweise sagen wir ihm das schon wenn er sich falsch bzw anders verhält als früher, aber er kann momentan kritik nicht wirklich gut vertragen und fängt dann an zu streiten, leider meist mit meiner Mutter, die mittlerweise nicht mehr weiß was sie machen soll, sie liebt meinen Vater und die beiden waren immer ein herz und eine Seele aber momentan habe ich echt angst, dass deren Beziehung in die Brüche geht... und ich stehe wie sooft bei dieser Krankheit hilflos daneben...
professionelle Hilfe wehren meine Eltern strikt ab und kommt somit nicht in Frage...

zum Thema nicht zufrieden mit der behandlung, dass ist ein wenig schwierig..
dazu gleich mal eine Frage, ich habe jetzt mehrfach gelesen, dass während einer Chemo Vitamin-Ergänzungspräparate verabreicht werden sollten, da einige vitamine durch die Chemo zerstört werden und eine Zugabe sowohl körperlich als aber auch der Psyche gut tut, da gewisse Wesenszüge damit zusammenhängen können.
Werden diese immer gegeben oder ist das Arzt abhängig?

Bei meinem vater wurde das bis jetzt noch nicht gemacht, und auf nachfrage erklärt, dass das nicht mit der Studie vereinbar ist...
Sowas zum Beispiel sind Kleinigkeiten die mich stören, aber er kann nur in der Klinik an der Studie teilnehmen und da er da sehr viel Hoffnung reinlegt werden wir auch dort bleiben.


oh man enschuldigung, aber wenn man einmal anfängt zu schreiben....
es ist nur soviel durcheinander in mir...
ich habe einfach solche angst meinen vater zu verlieren.... wir brauchen ihn doch.....

success 03.07.2011 20:04

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
Liebe Mina,

ich kann die Gefühle die Du hast nachvollziehen, da ich sie derzeit selbst erlebe. Ich bin 30, mein Pa 56. Er ist auch in kürzester Zeit immer kranker durch den Krebs geworden. Und immer wieder will ich stundenlang bei ihm sein und ihm helfen. Mir ist aufgefallen, dass ihn das teilweise nervt. Und mal ehrlich: Wollen wir nicht auch mal gerne Zeit für uns haben? Ja oder? Und genauso will es die krebskranke Person wohl auch denke ich. Aber man will eben, wie Du schon sagst, noch mal ganz viel Liebe geben, denn man weiß ja nicht wie lange noch. Meinem Vater ist prophezeit worden, er würde dieses Wochenende nicht überleben und noch lebt er. Dass ich so viel an seinem Bett sitze stört ihn teilweise und für mich ist es schwer zu gehen. Denn jeder Abschied kann nun der Abschied für immer sein.

Mein Pa hat keine Vitaminpräparate bekommen. Also bekommt das wohl nicht jeder. Werde aber mal drauf ansprechen.

Solche auf und abs wie Du habe ich auch erlebt. Mein Vater war zwischendurch sogar zuhause, weil seine Werte besser waren und auf einmal: Metas im Gehirn und wieder Krankenhaus.

Das kann lange dauern und für diese Dinge braucht jeder viel Kraft. Und vielleicht müssen wir uns auch klar machen, dass es nicht in unserer Macht steht etwas zu ändern. Wir müssen unser Leben weiterleben und den anderen natürlich besuchen, aber vielleicht nicht ewig lange, damit derjenige auch mal seine Ruhe haben darf. Aber glaube mir, ich weiß sehr genau wie schwer das ist.

Mina86 03.07.2011 20:15

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
hallo success,

zuerstmal wünsche euch euch ganz viel Kraft!!!
Die Diagnose mit dem Wochenende ist hart, aber manchmal irren Ärzte sich auch einfach.
Das ist etwas was ich mir immer versuche vor Augen zu halten auch wenn es schwer fällt
Ich weiß von freunde, dass die einen Bekannten haben, der von den Ärzten im Prinzip zum sterben nach Hause geschickt wurde, dies war vor 15 Jahren!!! er lebt heute noch!
leider weiß cih selbst, dass diese Ausnahmen selten sind...
aber haben wir noch was anderes als unsere Hoffnung?
wohl leider nicht... wir sind wohl einfach machtlos... warum auch immer...

Mina86 04.07.2011 23:07

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
oh man...
wiedermal eine der Situationen, wo ich weiß dass es quatsch ist und blödsinn... und vor allem von meiner Mutter nicht bös gemeint bzw so gemeint wie es rübergekommen ist...
aber ich habe gerade mit ihr telefoniert und nochmal gedrängelt, dass sie bitte bei den Ärzten wegen Vitamingabe nachfragen ich will doch ncihts böses ich will doch nur alles versuchen was geht...das ist doch nicht falsch oder?

naja aufjedenfall meinte sie dann, dass ich doch aufhören soll so damit zu"nerven" schließlich würde ich ihn ja sowieso nicht so häufig so mitbekommen...

ja ich weiß ich wohne nicht mehr zu Hause und ja ich weiß auch, dass ich nicht täglich da bin... aber wer hätte denn was davon?
ich kann doch nicht einfach jetzt wieder bei meinen Eltern einziehen...
oder sollte ich doch?

nein ich weiß sie hat das nciht so gemeint und kann nur einfach nicht mehr... aber es ist halt auch so, dass ich mir eigenltich schon selbst irgendwie Vorwürfe mache, dass ich nicht mehr da wohne und für sie da bin....

Sorry musste das gerade mal loswerden....

carla44 05.07.2011 09:38

AW: Mein Vater, Diagnose Hautkrebs
 
Hallo Mina,

es tut mir sehr leid, dass Dein Vater so krank ist.
Und es ist kein Blödsinn, wenn Du das hier so schreibst, wie Du das gerade empfindest.

Mein Vater hat auch Krebs und wir haben nur noch Tage oder eventuell Wochen. Vor ca. 8 Jahren hatte er auch schwarzen Hautkrebs, allerdings ohne befallene Lymphknoten. Heute hat er Adenokarzinom mit Metas im Gehirn, in den Knochen und im Bauchraum. Hängt vielleicht auch alles mit dem Hautkrebs zusammen, wer weiß das schon.

Dass Deine Mutter so reagiert, das kenne ich auch. Meine Eltern wollten auch beide nicht, dass ich mich einmische. Ich hätte immer gut reden und wüßte ja gar nicht, wie es wirklich zu Hause aussieht - sagten sie.
Ich wollte mich zB um betreutes Wohnen kümmern, war gegen die Strahlentherapie, die meinen Vater jetzt so fertig gemacht hat.

Sag Deiner Mutti einfach, dass Du Dir große Sorgen machst und frage sie, was sie an Hilfe jetzt braucht.
Bei uns kam sehr schnell der Tag, an dem meine Eltern froh waren, dass ich alles organisiert und geregelt habe (Heimaufnahme meines Vaters). Meine Mutter hätte gar nicht die Kraft dazu gehabt.
Zwischendurch habe ich auch einfach mal etwas übers Internet bestell, wenn ich merkte, dass sie das alleine nicht hinkriegen.

Es ist bestimmt sehr schwierig für Euch alle im Moment. Ich mußte auch erst lernen, dass das nicht persönlich gegen mich geht, sondern eben jeder anders mit der Situation umgeht. Auch die Wesensänderungen des Krebspatienten sind wohl normal. Das hat mir jedenfalls der Psychologe so gesagt.

Gibt nicht auf. Ich wünsche Dir viel Kraft.
Grüße
Carla


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