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Alt 04.06.2009, 09:52
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ticoba ticoba ist offline
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Standard AW: Herzlich Willkommen:Angehörige,Betroffene und Hinterbliebene

Guten morgen meine Lieben

ich hoffe ihr hattet alle eine gute Nacht, einen erholsamen Schlaf
und wünsche euch einen Tag, der freudige Überraschungen bringt.

Ich habe gestern abend vor dem Bildschirm gesessen und hatte soviele Gedanken in meinem Kopf, die sich auch gerne niedergeschrieben hätten.
Aber ich wußte gar nicht, wie ich diese Gedanken wirklich in Worte fassen hätte können.

Dann las ich deinen langen Brief, lieber Helmut.
Du hast mir aus der Seele gesprochen, hab vielen Dank dafür.

Ich habe vor ein paar Wochen ein Buch von Ken Wilber gelesen. Es heißt Mut und Gnade. Es ist die wahre Lebens-, Leidens- und Sterbensgeschichte seiner krebskranken Frau.
Dieses Buch hat mich sehr tief berührt und heftig gerüttelt.

Das Buch hatte ich auch in Englisch für meinen Mann gekauft.
Es steht noch immer im Regal, ich habe es ihm nicht gegeben und werde es wahrscheinlich auch nicht tun.
Sosehr habe ich mich mit den Erfahrungen dieser Menschen im Buch identifiziert, dass ich nicht wollte und auch immer noch nicht will, dass Tim das auch tut. Ich möchte doch, dass er wieder gesund wird.

Als unser Doc für ihn ein Schreiben ausstellte für eine vorzeitige Pension, stand in diesem Schreiben, dass Tim unheilbaren Lungenkrebs hat. Dieses Schreiben habe ich ihm nicht gezeigt, weil ich nicht wollte, dass er seinen Mut und auch die Hoffnung verliert, wieder gesund zu werden.

Dann hab ich in verschiedenen Schriften gelesen, dass man Krebs durch negatives Denken verstärkt, mit positiven Denken heilen kann. Und ich habe alles dran gesetzt, dass mein Liebster positiv denkt. Das war ein Fehlschlag. Ich hab ihn damit so sehr unter Druck gesetzt, und das tut mir jetzt noch leid. Am liebsten hätte ich ihn zu einem Wunderheiler gebracht, der ihn von dieser Krankheit befreit.

Für ein Wunder bete ich immer noch. Ich habe aber auch erkannt, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg hat, sein eigenes Sterben, seinen eigenen Tod.
Meine Aufgabe ist es, einfach bei ihm zu sein, ihm die Hand zu halten, für ihn da zu sein - und mich dabei nicht zu vergessen. Denn was nutzt es ihm und uns, wenn er neben sich ein kleines trauriges Würmchen sitzen hat.

Auch ich habe keine Angst vor dem Tod. Kurz nachdem meine Mama gestorben war, wünschte ich mir jedoch, dass sie mir und meiner Schwester noch einmal erscheinen würde, damit ich auch wirklich sehe, dass es ihr gut geht. Und sie tat es. Sie kam in unseren Träumen, konnte wieder laufen und war glücklich. Ich vermisse sie immer noch sehr, aber ich weiss auch, dass sie dort, wo sie jetzt ist, glücklich ist und dass nichts verloren geht.

Als ich mit Tim zur Chemotherapie ins Krankenhaus gegangen bin, war ich erstmal erschüttert über die vielen Krebspatienten. Es war für mich schon fast ein Wunder, dass es auch noch gesunde Menschen gibt.
Alle saßen in einem großen gemütlichen Raum auf bequemen Sesseln. Es wurde Tee und leckere Sandwiches angeboten. Im Raum war ein Kommen und Gehen, je nachdem wie lange die Chemobehandlung bei jedem dauerte. Und es wurde gescherzt und gelacht und auch geweint und getröstet. Und ich fühlte mich Geborgen und Sicher. Wir waren nicht allein.

Ich höre jetzt einfach mal auf, mach mir einen zweiten Kaffee, geh eine rauchen und schau mal, was ihr alle so geschrieben habt.

Ich bin unendlich froh, dass es euch alle gibt,
und dass ich euch gefunden habe.

Bis später
und habt eine gute Zeit
und fühlt euch liebevoll umarmt und geherzt

Liebe Grüße
Conny
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