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#1
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Lieber Matthias!
Erstmal Hochachtung, was Du leistest! Das ist unglaublich. Ich habe meinen Bruder, der vor 10 Monaten starb, begleitet. Als es letztendlich nicht mehr ging, haben meine Geschwister und ich beraten, was zu tun ist: nach Hause holen oder in ein Hospiz oder auf die Palliativstation. Als er von der Normalstation auf die Palliativstation kam, haben wir recht schnell bemerkt, das dies die optimale Lösung war ohne ein schlechtes Gewissen. Das Zimmer war wunderschön und glich nicht einem Krankenzimmer. Wir konnten Tag und Nacht bei ihm sein, haben bei ihm übernachtet, es gab einen Ruheraum und einen Aufenthaltsraum, wir konnten dort essen und uns immer, auch zu mehrt aufhalten. Seine Freunde konnten sogar dort seinen Segelstammtisch abhalten, als mein Bruder nicht mehr in der Lage war aufzustehen. Er war palliativ optimal versorgt, musste wenig bis gar keine Schmerzen leiden. Wir mussten uns um Wäsche, Verpflegung und diese alltäglichen Dinge keine Sorgen machen und konnten uns auf das WEsentliche - das DASEIN - für unseren Bruder beschränken. Als es zu Ende ging, konnten wir alle bei ihm sein und als er starb hatten wir einen ganzen Tag um uns in Ruhe endgültig vom ihm zu verabschieden. Die ÄrtzInnen und PflergerInnen waren einerseits hochkompetent und andereseits von so einer Herzenswärme, dass es fast unglaublich war. Jederzeit wurden unsere Fragen beantwortet und unsere Wünsche und vorallem die Wünsche meines Bruder respektiert. Er konnte in aller menschlichen Würde sterben. ich will Dir damit sagen: hab kein schlechtes Gewissen, du "schiebst" Deine Mum nicht ab, Du gibst ihr nur Lebensqualität auf ihrem letzen Weg und Du gibst Dir selber Lebensqualität. In solch einer Situation ist es manchmal einfach besser, Fachkräfte ans Werk zu lassen und sich selbst einfach die Zeit für die erkrankte und sterbende Person zu nehmen. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und dass Du ein Hospiz oder eine Palliativstation findest, wo Deine Mum in Ruhe und Würde sterben kann und Du sie in Ruhe und Würde begleiten kannst! Liebe Grüße |
#2
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Lieber Matthias,
rede Dir bloß nicht ein das Du versagst, das ist Quatsch. Meine Schwester ist vor fast 2 Jahren an Bauschspeicheldrüsenkrebs verstorben. Wir wollten sie Zuhause pflegen, aber es ging alles nicht. Sie hat sich dann für ein Hospiz entschieden und ich muß heute sagen es war die beste Entscheidung. Sie wurde dort sofort auf Medikamente eingestellt, es wurde was gegen die Atemnot gemacht, sie wurde gepflegt, umsorgt. Wir Angehörigen konnten immer da sein, oder auch mal zum "Luft holen und Kraft sammeln" eine Pause machen. Meine Schwester wurde dort optimal versorgt und gepflegt und auch für uns Angehörigen war immer jemand da. Die Ruhe und Herzlichkeit, die Wärme der Pflegepersonen und Ärzte hat meiner Schwester sehr gut getan. Sie war im Krankenhaus unruhig, hatte Atemnot. Im Hospiz wurden die Medikamente neu verordnet und meine Schwester schlief ruhig, ohne Atemnot. Du schiebst Deine Mutter nicht ab, sondern Du erleichterst ihr ihre Zeit die sie noch hat, es wird ihr dort besser gehen, meine Schwester hat sich dort zufrieden gefühlt. Und auch wir Angehörigen hatte die Gewißheit das sie dort gut umsorgt wird. Viel Kraft, liebe Grüße Daggi ![]() |
#3
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Hallo,
ich muss ehrlich sagen, dass mir gleich die Tränen rausgeschossen sind, als ich Eure Antworten und Eure Anteilnahme gelesen hatte. Dies zeigt mir, dass Ihr da "eigentlich" richtig liegt. Also, ich sage mal: Ganz herzlichen Dank! Ich fühle mich hier mal echt verstanden und komme mir vor wie ein "Jammerlappen". Manchmal wie ein Versager, der dies alles nicht mehr wirklich packt. Ich bin studierter Theologe, zur Zeit arbeitslos, habe zehn Jahre mich um Randgruppen gekümmert (Prostituierte, Drogenabhängige usw.),hatte die letzten drei Jahre einige persönliche Schicksalschläge abbekommen und nun die Krebserkrankung meiner Mum. Sie ist sehr schwach, schläft die meiste Zeit und nimmt kaum noch Nahrung zu sich,hat Schmerzen (wobei diese mehr psychische Verspannungen sind, statt Tumorschmerzen. Sie verkrampft oft wegen psychischer Anspannung die Schulter - und Rückenmuskulatur, ist kaum mobil und die Muskulatur bildet sich stark zurück.Sie nimmt Valeron 32mg am Tag, Tavor 3mg am Tag, Novalminsulfat 2000mg am Tag) und ist völlig durcheinander. Alle zwei Tage bade ich Sie in einen Ölbad, da die Haut von der Chemo völlig ausgetrocknet ist und teilweise aufspringt. Die Lippen waren schon so trocken, dass diese blutig waren. Die Haut wird aber durch die Ölbäder, eincremen, viel besser. Und auch die Lippen heilen gut zu. Zumindestens brennen die Nahrungsmittel nicht mehr an den Lippen. Zur Nacht hin habe ich ihr die Arme eingecremt und dann bandagiert, dass sie diese nicht mehr blutig kratzt. Die sehen nun viel besser aus. Zwei mal klingelte morgens dass Telefon, dass Sie einen Blutsturz hat und sofort ins Krankenhaus gefahren muss, zwecks Bluttransfusion. Ich manage quasi alles: Medikamente, Fahrten zur Chemo, zur Blutentnahme, Haushalt usw. Wenn Sie wach ist, dann zerwühlt sie wieder den halben Haushalt und ich fange von vorne an. Sie ist bei einem guten Onkologen (?) in ambulanter Behandlung. Der sagt mir, ich mache dies alles sehr gut. Die Ärzte im Krankenhaus, sagten mir, dass ich dies alles sehr gut mache. Vielleicht ist dies mein Problem? Dass ich die "Dinge" gut mache? Oder mir zuviel Verantwortung auf die Schultern gelegt habe? Und ich keinen "Rückwärtsgang" finde? Dabei funktioniere ich eigentlich nur noch äußerlich. Gestern Nacht bin ich erst um ca. 3:30 Uhr eingeschlafen. Um 5 Uhr wieder aufgewacht. Knappe 1,5 Stunden Schlaf - toll ist dass nicht. Komme mir da manchmal vor wie ein "Zombie" der funktioniert. Zumindestens äußerlich - noch. Heute geht der gleiche Turn bis um 22 Uhr (Nachtmedikation) und morgen um 7:30 Uhr los zur Blutentnahme, dann Arztgespräch, Medikamente besorgen, Essen kochen, Haushalt, Wäsche machen, der Krankenkasse in den Arsch treten, dass die mal aus dem Knick kommen, meine Angelegenheiten regele ich mehr oder weniger Nachts. Dass Problem ist, dass ihr noch niemand gesagt hat, wie es wirklich um sie steht. Dass sie in wenigen Monaten sterben wird. Vielleicht auch Wochen. Und dass sie im Grunde genommen moralischen Druck ausübt, dass sie zu Hause bleiben will, nicht in ein "Pflegeheim". Ich müsste ihr sagen: "Weißt Du, ich kann nicht mehr Mum." Wer erklärt einem Krebspatienten die Lebenserwartung eigentlich? Bis jetzt hat man mir dies nur erklärt, aber kein Arzt ihr. "Wir können nichts mehr für sie tun, außer ihnen eine Chemo anbieten", war dass direkteste was ihr ein Arzt gesagt hat. Sie setzt da viel Hoffnung in die Chemo, wobei ich persönlich in dem Stadium nichts davon halte. Dass Ganze gleicht mehr einer lebensverlängerndern - oder quälender Maßnahme. Sie bekommt Cisplatin mit Gemzar. Sie klagt über Nierenschmerzen, erbricht fast alles wieder und ich habe den Verdacht, dass die "Nebenwirkungen" vom Cisplatin mir verschwiegen werden. Dies würde die "diffusen" Schmerzen in der Nierengegend erklären und auch ihren rapiden Gewichtsverlust, wobei ich versuche soviel Calcium, Magnesium, Vitamine, Kohlenhydrate und Kalorien wie irgendwie möglich in sie reinzubekommen. Ebenso 2,5 l Wasser, wobei dann wieder die Nahrungsaufnahme darunter leidet. Entschuldigt, wenn ich soviel schreibe. Ich kann einfach nicht mehr. Matthias |
#4
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Hallo Matthias,
wir haben die Diagnose meines Vaters mitte März bekommen. Zuerst sind wir (meine Schwester und ich) und dann in unserem Beisein mein Vater aufgeklärt worden. So hatte er die Möglichkeit sich zu entscheiden, ober er eine palliative Chemo machen will oder nicht. Ich denke mal, wenn ein Mensch gar nicht weiß wie es um ihn steht, nimmt man ihm ja auch die Möglichkeit sich für, oder gegen eine Chemo zu entscheiden. Mein Vater hat sich dagegen entschieden und da bin ich (nachdem ich leider viel zu viele Fälle aus meinem Bekannten- und Verwandtenkreis kenne) sehr froh drum. Ich hätte mir nicht vorstellen können, ihn bei einer Chemo leiden zu sehen und das nur um noch ein wenig Zeit zu schinden. Wir wollen ihn auch zu Hause pflegen wenn es so weit ist, aber ich habe auch Palliativstationen und Hospitze kennen gelernt und kann mir sehr gut vorstellen, deren Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn wir es nicht zu Hause schaffen. Liebe Grüße Aylene |
#5
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Hallo Aylene,
ja, die Entscheidung wurde meiner Mum quasi genommen. Da sie "neben" dem Krebs im Endstadium psychisch krank ist und auch so behandelt wurde. Ich wünsche Euch eine gute Zeit, trotz aller Schwere die dies mit sich bringt, mit eurem Dad. Persönlich lehne ich eine palliative Chemo ab, richte mich aber da nach dem Willen meiner Mum. Auch wenn Ihr die Tragweite dieser entscheidung nicht bewußt ist, so hat sie doch Hoffnung, die in Wirklichkeit keine ist. Aber ein Mensch ohne Hoffnung ist ein hoffnungsloser Mensch. Vielleicht verstehst Du, was ich damit sagen möchte? Ich finde es sehr gut, dass Ihr Euch nach Alternativen zur häuslichen Pflege erkundigt habt. Ich selbst versuche es noch, was es mir schwer macht ist, dass ich da keine familiäre Unterstützung habe (Familie ist sehr zertritten) ich somit 24 Stunden "Dienst" habe, um es mal unschön auszudrücken. Ich hatte diese Zeit nicht mich nach Alternativen der häuslichen Pflege umzusehen.Dies werde ich nun versuchen nachzuholen. Ich wünsche euch als Familie Gottes reichen Segen und Beistand in dieser für euch schweren Zeit. Und vor allem, einen Zusammenhalt, den ihr benötigt. Gruß Matthias |
#6
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Hi,
Gott sei Dank ist der Zusammenhalt bei uns da. Meine Mutter ist vor 6 Jahren plötzlich gestorben und wir sind uns bis jetzt in allem immer einig gewesen. Tut mir leid, daß es bei Dir nicht so ist. Ich habe es bisher immer so gehalten, daß ich alles annehme wie es kommt, habe aber auch manchmal das Gefühl, daß es zuviel wird. Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit und mach Dir nicht so viele Gedanken, Du wirst schon die richtige Lösung finden, hast Du ja bisher auch getan. Es ist nicht wichtig zu Hause zu sein, sondern für denjenigen da zu sein und das gerne und mit voller Kraft. LG |
#7
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Hi,
meine Mum hat einen ICD Schlüssel mit psychischen Diagnosen und Befunden, der zwei ganze Aktenordner umfässt. Ich verstehe ihre psychischen Krankheiten, zumal Psychologie Teil meines Studiums war. Ich glaube, es hat weniger mit etwas unmenschlichem abverlangen zu tun, statt mit diversen postrtraumatischen Erlebnissen. Oftmals sind solche Menschen nicht "Erwachsen" oder "verantwortungsvoll reif" geworden und in manchen Dingen auf einer frühkindlichen Ebene (Trotzverhalten, "Ich-will-aber") stehen geblieben.Ein Teil dieser menschlichen Entwicklungen o. Persönlichkeit ist nicht zu einem erwachsenem Verhalten (realistische Auseindersetzung mit der empirischen Wirklichkeit) durchgedrungen. Wohingegen andere Persönlichkeitsanteile sehr wohl erwachsen und reif sind. Hier gilt es zu akzentuieren. Nur dieser "Rollenwechsel" ist verdammt schwer. Klare Grenzen zu setzen, die Tagesstruktur weitesgehend vorzubestimmen usw.Also was "früher" Deine Eltern für Dich übernahmen, übernimmst Du nun. Von der Körperhygene, Ernährung, der medizinischen Versorgung, den häuslichen psychosozialen Komponenten usw. Gruß Matthias |
#8
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Hey Matthias, bitte hole dir Hilfe. Bei uns kommt seit 4 Tagen ein palliativ Krankenpflegedienst, die nehmen einem auch die Schei.. mit den Krankenkassen ab. Mein Vater wird, ohne das ich hellseherische Fähigkeiten besitze, in den nächsten Tagen den Gang zur Toilette nicht mehr schaffen. Dann müssen diese Schwestern eben öfter kommen. Ich weiß das mein Vater das nicht will (Windeln ect) ICH WILL DAS ALLES NICHT! Aber danach fragt keiner. Und letztendlich: ich möchte meinem Vater den Wunsch erfüllen zu Hause zu bleiben..aber dann muss er bei gewissen Spielregeln mitspielen.
Schlafen tue ich kaum, ich kenne das. Man ist ausgelaugt, kaputt..und das Kopfkino geht spätestens nach 3 Stunden an. Gerade deswegen hole dir Hilfe. Die "Zombiefunktion"funktioniert nicht endlos, glaube mir. Trotz allem eine geruhsame Nacht, lg Irmchen |
#9
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Lieber Matthias!
Deine Geschichte macht mich furchtbar traurig. Sprichst du denn mit Deiner Mutter über die ganze Situation? Oder ist sie nicht mehr wirklich in der Lage, zu begreifen, was du leistest? Ich finde es so toll, dass du dich so aufopferungsvoll um sie kümmerst. Aber du musst an dich denken! Was bringt es Euch beiden, wenn du nicht mehr kannst. Ich denke, so weit es möglich ist, musst du mit ihr sprechen. Sie kann ja auch nichts unmenschliches von dir abverlangen. Alles Liebe ammi |
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