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  #1  
Alt 10.01.2013, 18:42
Sinneswandel Sinneswandel ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Alwina,

dass Dein Vater Angst hat ist doch verständlich. Wie ich schon mal schrieb....er fühlt das Gleiche wie Du. Nicht immer zeitgleich, aber er hat das selbe Gefühlschaos.

Es ist im Grunde immer so, dass man die Prognose gesagt bekommt, so in etwa, aber am Anfang ist da Hoffnung und die ist ja auch berechtigt. Und der Mensch ist darauf programmiert zu sagen: „Ich schaff das, ich werd wieder gesund.“ Das ist ein Instinkt und oft ist es ja auch so.

Meine Oma hat mir, da war ich so 5 Jahre alt, eine Kette mit einem Anhänger (Kreuz, Herz, Anker) geschenkt und gesagt:“ Glaube, Liebe, Hoffnung, mit diesen 3 Dingen kommst Du sicher durchs Leben und darüber hinaus.“ Ich bin nie religiös erzogen worden, Glaube ist wohl auch so zu sehen: Glaube an Dich selbst, an andere, etc. Da gibt es wohl viele Definitionen. Aber es ist sicher was dran, Glaube, Liebe, Hoffnung...ohne sie geht gar nichts.

Das mit der Palliativstation ist doch mal eine gute Nachricht. Und wie Du siehst sind nicht alle Ärzte gleich. Ist ja auch normal, Menschen sind unterschiedlich. Und da gibt es eben sensible Exemplare und unsensible. In der neuen Palliativstation....frag mal nach, ob es da einen Psychoonkologen gibt (im Normalfall ja). Das wäre toll für Euch, auch für Deinen Vater, denn die haben die entsprechende Ausbildung, Deinem Vater und auch Euch einen Grossteil der Angst zu nehmen. Du selbst kannst der einfachen Regel folgen: Dein Vater hat die selben Ängste wie Du, mach das, was Du Dir für Dich wünschen würdest, wenn Du an seiner Stelle wärst (lauf in seinen Schuhen) und bedenke, dass die Hauptangst die Angst vor dem Unbekannten ist. Und wenn man darüber redet und Meinungen austauscht, ist es gar nicht mehr soooo unbekannt.

Dein Vater ist 55 Jahre alt, das heisst, 55 Jahre lang wusste er nicht, was am nächsten Tag kommen würde oder die nächsten 5 Minuten. Und trotzdem hat er es getan, er hat gelebt und liess es auf sich zukommen. Wir wissen nicht, ob etwas und was nach dem Tod kommt....aber wussten wir, was uns das Leben bringt, ob es gut oder schlecht sein würde, ob es ein morgen gibt? Wo ist im Grunde der Unterschied?

Wegen Deiner Schlafstörungen (die auch ganz normal sind) versuch ruhig mal das mit einem Kombiprodukt Passionsblume, Baldrian und Melisse. Das beruhigt, macht aber nicht müde, trotzdem ist es so, dass man besser schläft, weil man tagsüber ruhiger ist. Waldspaziergang lege ich Dir wirklich ans Herz. Oder wir machen das wie der alte Kneipp. Wasch Dich vor dem Schlafengehen mit kaltem Wasser.

Du hast geschrieben, dass im Bestattungsunternehmen Trauerbegleitung angeboten wird. Kann sinnvoll sein, ist aber bei Euch meiner Meinung nach nicht notwendig.
Ich würde es so machen: Wenn nach 3 Monaten Bedarf besteht, OK. Am Anfang: nein, erst mal selber schauen ob man es selber schafft. Und bei Deiner Tochter...sie ist noch so klein, ich glaub nicht, dass es da Probleme gibt. Ihr müsst nur auf ein paar Dinge achten, aber das sag ich Dir dann noch. Deine Mutter und Du...Ihr schafft das.
Und wenn nicht, würde ich zu jemandem gehen, der eine wirkliche Ausbildung darin hat und nicht einen Wochenendkurs. Heisst: Wenn es in der Palliativstation einen Psychoonkologen gibt, wäre der für Euch, falls notwendig, sehr viel besser.

Zu Deinen Fragen: Du darfst mich alles fragen, eine andere Sache ist, ob ich antworte.

Ich bin Deutsche, aber schon so lange im Ausland, dass ich zeitweise nicht mehr weiss, welche Nationalität ich habe. Sagen wir besser: Ich bin Europäerin. Manchmal muss ich mich konzentrieren und Wörter suchen, und das in meiner Muttersprache. Krass!

Ausbildungen: Verschiedene, und einige Weiterbildungen im medizinischen Bereich (alles in allem mit Unterbrechungen so ca. 6 Jahre bisher....irgendwie wirst Du in dem Bereich nie fertig mit der Ausbildung). Heisst: Ich kann Verbände anlegen, Infusionen legen, Spritzen geben, Blutdruckmessen, und eine Blutanalyse im Labor würde ich mit Nachschlagen in meinen Unterlagen und dem nötigen Material vielleicht auch nochmal hinbekommen. Aber hauptsächlich „verarzte“ ich das Gemüt von Patienten, Angehörigen und Klinikpersonal.

Meine Arbeit: Übersetzerin in Kliniken, Begleiterin, Kummerkasten, Prügelknabe, die, die Dir die Angst vor OP´s nimmt oder vor dem morgigen Tag und die, die sowohl gute als auch schlechte Nachrichten überbringt, teilweise innig geliebt und teilweise heiss gehasst. Also hauptberuflich manchmal Engel, manchmal Teufel oder sagen wir einfach: Mensch

Mein Vater war mit meiner 2.Berufswahl (erste war im kaufmännischen Bereich) nie wirklich einverstanden. Erst als er selbst krank wurde, bekam er Zugang dazu. Und er hat mir kurz vor seinem Tod mit diesem Satz „gehe stets den selbstgewählten Weg“ zu verstehen gegeben, dass er sich geirrt und ich recht hatte.

Na komm, Kopf hoch und umarm Deine Mama mit Grüssen von mir.

Bis dann
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  #2  
Alt 12.01.2013, 15:32
Alwina Alwina ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Sinneswandel,

Gestern musste meine Mama in die Arbeit und ich war mit unserem Kleinsten von 13:30 - 18:30 da um "auf Papa aufzupassen"....
Wir haben zusammen Mittag gegessen, leider habt er im Prinzip nichts gegessen... absolut nichts... habe mit Absicht drauf geachtet, er hat nur mit dem Essen gespielt. Danach hab ich Ihm einen kleinen Kaffee gemacht und er hat von einer klitzekleinen Sahneschnitte circa 80 % gegessen, immerhin... wir haben viel geredet, ab und zu ist er immer mal wieder eingenickt bzw ist sein Auge zu gegangen und er ist kurz "abwesend" gewesen, dann wieder voll und klar da. Bis um 16:30 haben wir zusammen Zeit verbracht und geredet.

Einmal hat er gesagt "Wir waren Heute beim Arzt..." Dann sagte ich, "Nein Papa, Ihr wart Gestern..." - Dann sagte er "Ja kann sein, oder Gestern..."
Ansonsten gabs nichts auffälliges mehr seit dem einen Tag, was diese Verwirrtheit angeht.

Er plant immer noch ab und zu Sachen / Dinge... Arbeiten... sagt ich soll den Leuten die das Haus kaufen wollen seine Visitenkarte geben dass er denen die Terrasse fliesen kann usw.... Oder dass er das Bad im Haus neu macht....

Dann ist er nach oben zum Schlafen und sagte wir sollen mitkommen, ich kann ja Tv schauen und er schläft etwas nebenbei... ich bin dann hoch und hab Tv ausgemacht und mich einfach hingesetzt mit dem Kleinen und war da.

Später kam meine Tochter zusammen mit meinem Mann und meine Kleine ist hoch zum Opa, um Tschüss zu sagen (die haben mich abgeholt)
Sie sagte Tschüss und nahm seine Hand und wollte gerade die Treppe wieder runterrennen, da sagte Papa, "Hol Sie nochmal kurz her, ich will Sie mir nochmal anschauen...".... gesagt getan...

Wenn man sowas hört, da wird einem echt anders...

Jedenfalls hab ich Versprochen Heute Nachmittags nochmals vorbei zu kommen, werd ich auf machen.

Würde meine Hündin nicht läufig sein, dann würden wir für paar Wochen zu meinen Eltern ziehen, damit ich einfach mehr Zeit mit Ihm verbringen kann.
Aber meine Eltern haben einen Rüden, der würd durchdrehen....

Erbrochen hat es Ihn Gestern, sogar einmal in der Nacht und Morgens. Meine Mama meint er hat die Zäpfchen vergessen, er meint immer diese genommen zu haben und wenn meine Mama Ihm zeigt dass er sie vergessen hat dann fangen Diskussionen an und Ärger und dass will Sie ja auch nicht.
Sogar etwas Blut war beim Übergeben dabei, aber ich hoffe dass es nur der Druck war weil die Tumore ja im Gesicht / Nasennebenhöhle / Auge... und sonst wo sind... (Lungemetastasen hat er ja auch seit Aug 2012)
Nur wissen wir seit August nicht wo noch... haben ja keine Aufnahmen mehr gemacht, nur eine vom Kopf im Nov 2012 da wo die Ärzte sagten dass die Tumore mehr und größer geworden sind im Kopfbereich. (Was man ja jetzt eh definitiv sieht)

Hoffe auf ein ruhiges normales positives (man muss ja das Beste draus machen) WE...

Lieber Gruß,
Alwina
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  #3  
Alt 12.01.2013, 17:13
Sinneswandel Sinneswandel ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Alwina,

ich wünsch Dir auch ein schönes positives Wochenende.

Es geschehen im Moment ganz viele Dinge um Dich herum, darunter auch sehr viele positive.

Die Unterstützung Deines Mannes, Deine Kinder, der Zusammenhalt der Familie und nicht zuletzt auch mit Deinem Vater, denn er teilt Dir ohne Worte ganz viel mit.

Er geniesst Deine Gesellschaft und die Gesellschaft Deiner Kinder, sagt Euch so wie sehr er Euch liebt. Er fühlt sich geborgen bei Dir. Zeigt Dir damit, wie sehr er Dir vertraut und wie sehr er daran glaubt, dass Ihr das alles schaffen werdet. Er traut Dir das zu, also? Er ist stolz auf Dich.

Er versucht, so viele schöne Erinnerungen wie möglich mitzunehmen, indem er Deine Kinder, vorallem DeineTochter, und Dich ansieht, Eure Anwesenheit spürt. Das ist gut, er lässt Euch ganz langsam los.

Ich hatte gestern ein Treffen mit ehemaligen Studienkollegen (monatliches Philosophie-Brainstorming ). Irgendwie kamen wir auf Dich, Deine Geschichte und wie schwer das Loslassen fällt. Einer sagte mir:“Hm, erzähl ihr von Julie.“

Ja, ich denke, die Geschichte könnte Dir gefallen, sie wurde uns im Studium erzählt und wir fanden sie toll. Eine Geschichte vom Loslassen.
Die ist aber etwas länger, willst Du sie lesen?

Lieber Gruss
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  #4  
Alt 14.01.2013, 18:00
Alwina Alwina ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Sinneswandel,

immer her damit... alles was hilft, hilft beim Verarbeiten.... hilft loszulassen....

Lieber Gruß,
Alwina
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  #5  
Alt 14.01.2013, 19:23
Sinneswandel Sinneswandel ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Alwina,

ich habe Dir Julies Geschichte als PN geschickt.
Handelt vom Loslassen, aber auch davon, dass Prognosen nicht immer stimmen, von Hoffnung und ganz vielen anderen Sachen.
Jeder sieht in der Geschichte viele Dinge.

Liebe Grüsse
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  #6  
Alt 16.01.2013, 22:32
Alwina Alwina ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Neues Problem im Anmarsch...
Papa ist der Meinung seine Medikamente genommen zu haben obwohl das nicht stimmt... die Box ist voll und er sagt er habe die schon genommen... Sind wohl die Hirnmetastasen...

Das Problem ist, er hatte bereits vor 7 Wochen extrem starke Schmerzen die unerträglich waren, sodass man Ihn auf die Palliativstation schon verlegen wollte. Mir der guten Schmerztherapie die jetzt perfekt eingestellt worden ist, ist es gelungen die Schmerzen fern zu halten. Diese müssten nun sogar noch stärker sein, da die Tumore ja bereits riesig sind, Kopfbereich, Gesicht, Mund, Auge, Hirnmetastasen etc etc... das Zeug ist ja leider überall...

Ich habe grad am Telefon zugeredet und zugeredet, hoffe er nimmt die. Sagte immer "Schauen wir mal... und ich habe die genommen..." einmal um 10 und 22 Uhr muss die nehmen. Wieso muss das so schwer sein?!

Da sind wichtge Sachen drin, Schmerzmittel, Antidepressiver, was gegen Angstzustände, Antibiotika gegen seine Entzündung usw... :-(

Man ich hoffe er nimmt die....
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  #7  
Alt 17.01.2013, 06:40
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micha54 micha54 ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Alwina,

Deine Erfahrungen mußte ich bei meiner Mutter auch machen, mit zunehmenden Metas und der notwendigen zunehmenden Medikation wird Dein Vater immer mehr wirres Zeugs reden und den Bezug zur Realität verlieren.

Trotzdem ist es sein Weg, er kann seine Medis nehmen oder weglassen, was ist daran so schlimm ? Ihr könnt nur versuchen, ihn immer wieder sanft in die Spur zu bringen.

Ab einem gewissen Punkt ist eine Palliativstation bzw. ein Hospiz garnicht so schlecht. Dort kann man Problemlos die Medis per Injektion oder Infusion geben, dazu Kohsalzlösung, denn meistens ist es mit dem Trinken auch nicht mehr so doll. Meine Mutter war immer wie ausgewechselt, wenn der Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung gebracht worden war.Und man kann dort Medis weglassen und bei Bedarf auch wieder hoch dosiert geben, so wie es halt gerade notwendig ist.

Meine Mutter lag zum Schluss im Hospiz und hatte dort rund um die Uhr jemand zum Reden...das könnt Ihr so in der Qualität vermutlich garnicht durchhalten, weil man als Angehöriger immer zu emotional reagiert.

Wie gesagt, Dein Vater geht jetzt seinen Weg, Ihr könnt ihn noch eine Weile begleiten, und die letzten Schritte geht er dann allein.

Liebe Grüße,

Michael
__________________
Malignes Melanom pT4bN0M0, Clark IV TD12mm, Stadium IIC, 20 Jahre verschleppt

Geändert von micha54 (17.01.2013 um 06:41 Uhr) Grund: Schreibfehler
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