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  #1  
Alt 06.04.2006, 15:35
Briele Briele ist offline
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Beiträge: 192
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Liebe Asteri71,

Du hast viele Antworten bekommen, nun will ich Dir noch von meiner Erfahrung berichten.

Ich war acht Jahre als mein Opa starb. Obwohl nicht so viele Kilometer zwischen uns und meinen Großeltern lagen wie bei Euch, habe auch ich ihn nur einmal im Jahr gesehen. Zwei Jahre bevor er starb, habe ich allerdings vier Wochen bei meinen Großeltern verbracht. Die Erinnerungen an diese Zeit waren mir immer präsent und sind es auch heute – 50 Jahre später.

Wahrscheinlich war es damals die Ausnahme, daß man mit Kindern Situationen besprochen hat, ich glaube man wurde als Kind in dieser Beziehung eher unterfordert. (dafür in etlichen anderen oft überfordert).

Wie auch immer, man hat mir nur gesagt, Opa ist krank. Mama und ich fuhren nach I. um ihn zu besuchen. Damals durften Kinder nicht ins Krankenhaus, ich weiß nicht ob das nur eine Eigenheit dieses Krankenhauses war. Auf jeden Fall waren meine Mama und Oma schon drinnen und mein Onkel hat mich „eingeschmuggelt“.

Während ich nun diese Zeilen schreibe, ist mir die Szene im Krankenzimmer so nahe, als wäre es gestern gewesen. Mama und Oma saßen da und weinten. Das hat mich über alle Maßen erschüttert. Den Mann im Bett erkannte ich nicht. Aber als er sagte, komm her, mein Mädele, da war klar, das war mein Opa. Sein verändertes Aussehen hat mich nicht erschreckt. Ich hab ihm viel erzählt, wir haben auch gelacht, wir haben uns berührt und dann ist mein Onkel wieder mit mir gegangen.

Ein paar Wochen später ist er gestorben.

Ich habe keine Erinnerung daran wie mein Opa auf seinem Krankenlager aussah. Denk ich an ihn, so sehe ich ihn und mich in den Sommerwochen, die ich bei meinen Großeltern verbracht habe.

Über ihn, sein Leben weiß ich viel. Er ist mir nahe und vertraut. Ich habe nur drei Fotos von ihm, aber meine Mutter hat mir hundert Geschichten erzählt. Die sind nun alle in mir.

Ich kann nur von mir sprechen, aber ich hätte meiner Mutter keinen Vorwurf gemacht, wenn sie mich damals nicht mitgenommen hätte.

Wie es war, war es in Ordnung, damit meine ich, mein Opa wäre ohne diesen Besuch genauso in mir. Ich glaube wenn man der Stimme seines Herzens folgt, es in liebevoller Achtsamkeit tut, dann macht man nichts falsch.

Liebe Grüße und gute Wünsche
Briele
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  #2  
Alt 06.04.2006, 17:27
tina1000 tina1000 ist offline
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Registriert seit: 21.12.2005
Beiträge: 26
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Hallo,
ich denke du solltest deinen Sohn fragen was er will.
Mein Mann starb im Februar diesen Jahres an Magenkrebs, meine Tochter wird jetzt 8. Die Schwestern im Hospiz sagten mir, das es für viele Kinder besser ist den Papa noch einmal zu sehen (als er schon gestorben war). Sie können sich dann alles leichter vorstellen. Ich habe meine Tochter gefragt ob sie das möchte. Ich habe ihr genau erklärt wie der Papa da liegt, als ob er schläft. Aber sie wollte es nicht. Sie wollte ihn nicht noch einmal sehen.
Dein Sohn sollte das alleine endscheiden. Bereite ihn darauf vor. Rede mit ihm. Vielleicht gehst du erst selbst hin und machst dir ein eigenes Bild. Dann rede mit ihm. Wenn er es nicht möchte mußt du das respektieren.
Meine Oma hat mich vor 15 Jahren mehr oder weniger gezwungen meinen Opa in der Leichenhalle anzusehen. Ich habe ihn nicht erkannt, und ihr das auch nicht verziehen.

Martina
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  #3  
Alt 06.04.2006, 22:01
Stina Stina ist offline
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Beiträge: 208
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Auch ich bin, mit 39 Jahren, zum ersten Mal mit dem Sterben eines sehr nahen Verwandten (Papa) konfrontirert worden.
Ich durfte ihn in den letzten Wochen begleiten.
Auch er sprach nie über seine Erkrankung, sah mich oft mit leeren,f ragenden Augen an, fragte aber nie....Es ist ein "guter Schritt", wenn man einsieht, dass man es nicht ändern kann, aber auch ein wahrlich sehr, sehr schwerer.....
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  #4  
Alt 07.04.2006, 17:19
Xaver Xaver ist offline
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Beiträge: 7
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Hallo Asteri...

Ich habe vor Vielen Jahren das langsame Sterben meiner Lieblings- Tante miterlebt ich war so 14 oder 15 Ich werde die Bilder nie vergessen. Wenn ich heute an meine Tante denke sind es viel zu oft die Bilder des sterbens die mir in den Kopf kommen... ich muss mich an die schönen Zeiten bewusst erinnern...
Später als junger Erwachsener habe ich meine Oma, die mich großgezogen hat auf Ihrem Weg begleitet das war eine ganz andere Situation für mich, ich glaube weil ich älter war.
Ich werde nach diesen Erfahrungen glaube ich unserer Töchter die Bilder ersparen, wenn es Ihrer Oma schlechter geht (unsere Mutter hat Lungenkrebs mit Fortgeschrittenen Metastasen).
Meiner Ansicht nach kann man Kinder nicht vor allem beschützen, aber sie wie kleine Erwachsene zu behandeln ist sicherlich auch nicht richtig.
__________________
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  #5  
Alt 07.04.2006, 21:27
asteri71 asteri71 ist offline
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Registriert seit: 04.04.2006
Beiträge: 170
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Hallo Xaver,
gut,auch mal eine etwas andere Meinung zu hören.Wie alt sind denn deine Töchter und sehen sie ihre Oma oft?
Hallo Stina,
Ende des Monats haben meine Eltern ihren 49.Hochzeitstag.Sie hatten sich schon so auf ihre Goldene Hochzeit im nächsten Jahr gefreut...
Sie sind auch nach so vielen gemeinsamen Jahren,die ja auch nicht immer leicht waren,noch richtig verliebt ineinander.Ich bewundere das,seitdem ich erwachsen bin.Um eine Beziehung muss man immer wieder kämpfen,um sie aufrecht erhalten zu können.49 Jahre...Meine Eltern lassen es aussehen,als sei es ein Kinderspiel!
Für meine Mutter ist es jetzt natürlich am schwersten,arme Mama..
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  #6  
Alt 07.04.2006, 21:59
DTFE DTFE ist offline
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Beiträge: 408
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

Liebe Asteri,
ich selbst war 4 Jahre alt, als mein Vater starb. Ich bin die Jüngste von 4 Geschwistern. Meine Mutter hat uns alle 4 mit ins Krankenhaus genommen als mein Vater das Sterbesakrament erhielt. Vor der Beerdigung hat meine Mutter uns alle 4 mit ins Leichenhaus genommen, damit wir unserem Vater auf Wiedersehen sagen konnten. Meiner Mutter wurden heftige Vorwürfe gemacht, dass sie uns Kindern und besonders mir als 4 - Jähriger das zumutet. Ich bin ihr bis heute überaus dankbar dafür. Diese 2 Situationen haben sich in meine Erinnerung gegraben und es mir ermöglicht als Erwachsene nochmals anders Abschied nehmen zu können. Ohne diese 2 Bilder hätte ich keine Anknüpfungspunkte gefunden und wäre auf Erzählungen angewiesen gewesen. Ich trage sie wie einen Schatz mit mir. Sie sind die Verbindung zu meinem Vater, da ich sonst auch nur noch 1 Situation in Erinnerung habe als er noch gesund war. Werner hat recht - Kinder gehen natürlicher und selbstverständlicher mit Leben und Sterben um.
Trau deinen Kindern zu, dass sie damit klar kommen oder lass sie selbst entscheiden. Sie wissen, was sie brauchen.
Viele Grüße Doro
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  #7  
Alt 08.04.2006, 21:00
asteri71 asteri71 ist offline
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Registriert seit: 04.04.2006
Beiträge: 170
Standard AW: Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?

DANKE AN ALLE, DIE MIR HIER GEANTWORTET HABEN!
Ich habe mich inzwischen entschlossen,dem Lauf der Zeit die Entscheidung zu überlassen.Wenn das Schicksal zulässt,dass ich Mitte Juni noch einmal zu meinem Vater mit den Kindern fahren kann,und mein Sohn es wirklich möchte,dann soll er seinen Opa noch einmal sehen.Wenn nicht,dann sollte es wohl nicht sein...
Heute habe ich wieder von einem Fall gehört,wo eine Frau ohne vorherige Erkrankung an einem plötzlichen Herztod gestorben ist,mit 65 Jahren.
Das hat mich nachdenklich gemacht.
Für uns alle hier,die kranke Angehörige haben und wissen,dass diese bald gehen müssen,besteht wenigstens die Möglichkeit,sich zu verabschieden.Dinge zu sagen,die man immer wieder aufschiebt.Danke zu sagen und auf Wiedersehen.
Das alles ist bei solch einem plötzlichen Tod nicht möglich.Und dennoch ist es wünschenswert,eines Tages einfach so und ohne Leid und Schmerzen gehen zu dürfen.
Darum an alle-zeigt heute und immer all euren Lieben,wie gern ihr sie habt,sprecht mit ihnen,wer weiß schon,was morgen ist...
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