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  #1  
Alt 26.08.2008, 10:20
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo ihr Lieben,

liebe Annika, Blume, Lissi, Sanne...
ihr habt recht mit dem was ihr schreibt, auch wenn ich wohl manchmal den Eindruck erweckt habe, es gäbe nichts anderes in ihrem Wohnzimmer als die Krankheit. Dem ist natürlich nciht so. Ich erzähle ihr von meinem Bauchtanz, zeige ihr Übungen und breche mir fast den Hals dabei, ich frage ob ich irgendetwas erledigen kann, fotografiere ausgiebigst die Katzen, schwärme von meiner neuen Azubine, die sich wirklich toll schlägt, berichte von meinem Nebenjob auf der Shell, von Kunden über die ich mich aufrege (das kann ich besonders gut ), von meiner Katze die die Tablette wieder nicht wollte, dem Kater der im Futterstreik ist, meinem neu gestalteten Balkon ...

Aber ich berichte über manche Dinge eben nicht mehr so ausführlich. Sie ist abwesend und wirkt mehr höflich als interessiert. Schweigen ist ihr manchmal einfach lieber, aber diese bedrückende Stille mit ihrem traurigen Blick auszuhalten - das ist so schwer für mich. Vor allem habt ihr Recht damit dass es mich in eine Rolle zwingt mit der ich nicht gut umgehen kann, ich bin zum beobachten verdonnert, kann gar nichts tun. Nichtmal ein blödes Baguette holen. Mit lila Tupfen von mir aus.

Gestern hatten wir nun endlich ein offenes Gespräch. Ich habe ihr einiges im Haushalt erledigt und dann endlich kam sie damit heraus. "Du schaust mich immer so traurig an". Gut. Gut, dass wir darüber reden, gut dass wir damit arbeiten können ( Lissi... "Muttis merken das...").

Ich habe ihr erklärt, dass es mir schwerfällt damit umzugehen wenn sie so gar nichts sagt. Dass ich sie dann mehr beobachte als sonst, in der Hoffnung herauszufinden was ihr fehlt. Dass ich dann vielleicht einfach sehe, dass sie das Gesicht verzieht wenn sie sich aufsetzt und ich dann weiß, dass sie der Rücken plagt.... Ich habe ihr gesagt, dass es der forschende, nicht der traurige Blick ist. Ich habe ihr gesagt, dass es mehr die Situation spiegelt dass ich gerne etwas tun würde damit es ihr besser geht. Und das stimmt. Es hat gut getan, gut getan zu wissen dass wir IMMERNOCH MITeinander reden können, gut getan, gerade stellen zu können, offen aussprechen zu können, dass ich mein bestes gebe, aber manchmal einfach nicht weiß, was das Beste wäre... Gestern habe ich gefragt wie es ihr geht. Diese Frage meide ich wie das Feuer weil ich weiß, sie nervt das. Bestimmt zwei Wochen habe ich nicht mehr gefragt, nur wenn es eine konkrete Sache gab. "Wie immer" gibt sie mir zur Antwort. Nein Mama, ich sehe doch, dass es Dir in den letzten Tagen schlechter geht. Du sprichst nicht, hast Schwierigkeiten mit der Atmung, dem Abhusten...

Und wisst ihr was? Ich habe es bereut denn ich glaube es war ihr wirklich nicht so bewusst. Auf der anderen Seite hat sie aber wohl am Vortag schon überlegt, den Onko zu fragen ob sie eine Chemo Pause machen kann. Sie hat mit ihrem Mann darüber gesprochen. Damit sie wieder ein bißchen zu sich selbst findet, am Leben TEILHABEN kann. Und ich denke, wenn sie das möchte, dann unterstützen wir sie. Natürlich. Aber was vermittel ich ihr denn, wenn ich einfach blind darauf eingehe? Dass es besser ist, jetzt noch ein paar Tage keine Chemo zu machen und leben zu können?

Aber wisst ihr was? Ganz versehentlich habe ich offensichtlich später am Abend, als ihr Mann da war, einen richtig guten Spruch platziert und meine Mama hat so richtig und aus voller Kehle gelacht. Ihr Mann und ich standen später in der Küche und er sagte nur "Sie hat gelacht!".

Es hat uns so gut getan. Sie hat so richtig gelacht, mit ganzem Herzen, strahlenden Augen. Mit allem.

Ich würde alles dafür geben wenn ich das bloß öfter schaffen würde.
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Liebe Grüße - Bibi
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Geändert von Bianca-Alexandra (26.08.2008 um 10:24 Uhr)
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  #2  
Alt 26.08.2008, 10:35
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Bibi

Wann ist denn der nächste Arzttermin? Wäre das eine Maßnahme, die Chemo zu unterbrechen? Wie viele Kurse sind denn noch angedacht?

Vielleicht ist es wirklich der Körper, der in die Seele gezogen ist?

Ich kann Dich so gut verstehen, weil ich selbst so gerne so viel Puderzucker verteilen würde, dass alles zuckersüss und warm, sprich harmonischt ist.

Aber es ist toll, dass Ihr gesprochen habt. Dass Du Dich mitteilen konntest. Das macht es Dir vielleicht auch wieder etwas leichter und Du kannst die nächsten zwei Wochen auch nochmal auf die "Wie-gehts-Dir-Frage" verzichten.
Ich kenne das wissen-wollen, die Angst beim Aussprechen der drei Wörter und die erste Reaktion nur zu gut.

Trotzdem: Ihr seid immer irgendwie auf einem Weg, dieses Gefühl habe ich bei Euch. Was doch toll ist.

Liebe Grüsse

Thessa
__________________
Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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  #3  
Alt 26.08.2008, 16:54
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Thessa,

"...der Körper der in die Seele gezogen ist... " Was für eine treffende Formulierung Du da gewählt hast! Irre. Ja. Ich glaube, so ist es. Sie hätte wohl eigentlich noch zwei weitere Runden gleiche Rezeptur, nächste am nächsten Montag und dann eben drei Wochen später wieder. Die nächste Kontroll CT müsste im September sein. Jedenfalls war die letzte im Juli. Aus dem Reflex heraus würde ich auch sagen, die noch abwarten und dann überlegen. GEstern hat sie das erste Mal wieder gelacht und es war so schön.
Aber letztlich muss sie entscheiden, sie wird mit dem Arzt darüber sprechen und dann werden wir sehen. Vielleicht lässt sie den Gedanken auch wieder fallen. Ich warte ab. Und unterstütze, egal welche Richtung sie einschlägt. Fakt ist aber, dass sie von CHemo zu Chemo länger braucht um sich zu erholen. Von Chemo zu Chemo wird sie abgeschlagener. Und die Erholungsphasen, die Zeiten in denen es ihr gut geht - die sind sehr, sehr kurz. Dieses Mal eine halbe Woche ca.
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Liebe Grüße - Bibi
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Geändert von Bianca-Alexandra (27.08.2008 um 12:56 Uhr)
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  #4  
Alt 26.08.2008, 23:58
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Blume68 Blume68 ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Bibi,

kann leider nicht lang schreiben...*guckbesorgtaufdieuhr*...

ich drück dich einfach mal ganz lieb und fest......ohne Worte.
Wir lesen uns.

Blümchen
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  #5  
Alt 27.08.2008, 11:05
didi-mei didi-mei ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Bianca,
das klingt ja auch nicht wirklich nach guten Nachrichten, was Du da schreibst von den Erholungsphasen Deiner Ma.
Trotzdem denke ich, dass gerade Ihr zwei einen so tollen Kommunikationsweg (auch non verbal) gefunden habt, dass es nicht viel braucht um sich gegenseitig zu stützen. Deine Ma weiß auch ganz genau, dass Du jeden von ihr gewählten Weg mitgehen und unterstützen wirst.
Die immer kürzer werdenden Erholungsphasen kenne ich. Beim Carboplatin wars die ständige Übelkeit, die überhaupt nicht wegging zwischendurch, beim Taxol wars ne allergische Reaktion, beim Topotecan wars das Blutbild. Erholung überhaupt nicht mehr - reines Werte abchecken und warten bis man die nächste Chemo reinlassen konnte. Jetzt nach 9 Wochen Chemopause kann ich sagen, dass ich einen einigermaßen stabilen (aber schlechten) Allgemeinzustand überhaupt wieder feststellen kann. Keine Noteinsätze wegen Blutwerten oder Zucker oder.... Also es dauert unglaublich lang ehe sich die geschwächten Körper überhaupt wieder fangen nach den Behandlungen.
Dennoch sinds löwenstarke Frauen unsere Mamas - ich staune oft !
Grüß sie bitte.

LG Didi
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  #6  
Alt 27.08.2008, 12:55
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Didi,

danke für die lieben Zeilen. Naja, wir werden ja bald sehen können ob es vielleicht doch gute Nachrichten sind. Im Idealfall haben sich die Strapatzen zumindest gelohnt und er ist auf dem Rückzug. Das wäre schön.
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  #7  
Alt 27.08.2008, 13:36
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Bibi,
hoffe und bange mit.

Mapa
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