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Alt 16.07.2006, 00:27
schwarzwaldmädle schwarzwaldmädle ist offline
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Standard AW: Ich weiß nicht weiter

Liebe Minima,

heute nacht werden es 10 Wochen dass mein über alles geliebter Papa gestorben ist. Und ich war ebenfalls mit meiner Mutter bei ihm als er ging. Es ist ganz und gar nicht deine Schuld. Im Gegenteil: du hast ihn nicht alleine gelassen - du warst bei ihm in den letzten Sekunden seines Lebens und hast ihn im Arm gehalten. Glaube mir, du hast deinem Vater ein sehr schönes Geschenk damit gemacht. Auch damit, dass du ihn "los gelassen" hast.......

Wir haben meinen Papa drei Tage und zwei Nächte im Sterben begleitet.....und auch bei ihm hat es erst angefangen als meine Mama und ich mit ihm - jeweils allein - geredet haben und ihn "los gelassen" haben. In seinem Abschied durfte er noch mal mit bekommen wie sehr ihn seine Freunde und seine Familie geliebt haben - wir haben zeitweise mit mehr als 10 Leuten an seinem Bett gesessen und immer hat ihm jemand die hand gehalten - seine Lieblingsmusik ist gelaufen und der Raum war immer von Kerzen erhellt.

Aber wirklich gegangen ist er erst, als er mit meiner Mam und ich alleine war. Als nur wir beide bei ihm saßen und ihn im Arm hielten.
Er ist gegangen als die zwei menschen um ihn waren die ihn am meisten geliebt haben und die er am meisten geliebt hat.

Sehe es als Geschenk - auch wenn du das jetzt nicht verstehst und denkst, dass ich vielleicht spinne. Ich dachte das auch anfangs als das manche Menschen zu mir gesagt haben hier im Forum.

Du hast deinen Vater begleitet - du hast ihm eine große Freude bereitet - glaube es mir.

Ich war auch sehr verzweifelt - und bin es heute immer noch zweitweise - allerdings hat mir ein gutes Buch geholfen Trost zu finden. Es ist weder von einer Sekte noch etwas religiöses - denn ich bin alles andere als ein religiöser Mensch. Es ist ein Buch von einer Ärztin über den Tod: "Über den Tod und das Leben danach" von Elisabeth Kübler-Ross.
Ich kann es dir sehr empfehlen - es tröstet wirklich sehr.......und es liest sich ganz einfach.

Hier noch ein paar Worte die ich in Anlehung an ein anderes Gedicht für meinen Paps geschrieben habe......

Für meinen Papa

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass ich dich einschlafen sehe
habe ich mich eng an dich gekuschelt, eine Kerze angezündet und deine Hand gehalten
um dir auch in der Dunkelheit nahe zu sein

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass ich deine Stimme höre
habe ich jeden Ton von dir in mir gespeichert
und ich brauche nur die Augen zu schließen, um dein Lachen zu hören

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass ich dir in die Augen schauen kann
habe ich mir die Liebe und Zärtlichkeit in deinem Blick eingeprägt
um in kalten und trostlosen Momenten deine Wärme zu spüren

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass ich dir sagen kann „Ich liebe dich“
habe ich mich ganz nah zu dir gebeugt und dir die Worte ins Ohr geflüstert
damit du weißt, es wird noch so sein wenn wir uns einmal wieder sehen.

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass ich dich berühren kann
habe ich dir zärtlich über die Wangen gestreichelt und deinen Geruch aufgenommen,
um jeden Tag neu aus dir Atem schöpfen zu können

Weil ich wusste, dass es das letzte Mal ist,
dass wir den Tag miteinander teilen können
habe ich keine Sekunde nutzlos verstreichen lassen
in einer trügerischen Sicherheit es gäbe noch so viele Momente miteinander

Wir hofften auf ein Morgen
Um noch viele gemeinsame Tage zu erleben
Doch ahnten wir, dass uns nur das Heute blieb
Um unsere Gemeinsamkeit zu genießen

Wir wussten weder Tag noch Stunde
Doch es war uns bewusst, dass uns die Zeit miteinander genommen wurde –
Dass es keine andere Chance für uns gibt

Deshalb haben wir das Heute genossen –
Trotz dem Wissen, dass es kein Morgen für uns geben wird
Wir haben das Heute genutzt um uns zu sagen und zu zeigen, dass wir uns lieben
Wir haben nichts auf Morgen verschoben.

Das Morgen ist uns niemals versprochen
Egal wie alt wir sind oder welchen Reichtum wir besitzen
Heute könnte unsere letzte Chance sein
Die wir haben, um unsere Liebe fest zu halten
Wir haben diese Chance genutzt – denn es war die einzige die uns blieb

So viele Menschen warten auf das Morgen,
und vergessen oftmals das Heute!
So viele Menschen verschieben vieles auf Morgen -
Was, wenn das Morgen niemals kommt?
Dann bereuen sie sicherlich
Dass sie sich keine Zeit genommen haben,
für ein Lächeln, eine Umarmung oder einen Kuss
Dass sie zu beschäftigt waren
Um zu sagen und zu zeigen, dass sie einander lieben
Dass sie vergessen haben etwas zu geben,
was sich im nach hinein als letzter Wunsch heraus stellt

Haltet eure Lieben ganz fest,
nehmt euch die Zeit heute und nicht erst morgen flüstert ihnen ins Ohr
und sagt ihnen wie sehr ihr sie liebt und immer lieben werdet
Nehmt euch die Zeit zu sagen „Bitte verzeihe mir“,
„Es tut mir leid“, „Danke“, „Ich bin für dich da“, „Ich liebe dich“

Wir haben uns die Zeit füreinander genommen,
haben erkannt, dass wir das Heute niemals bereuen müssen
denn wir haben es nicht auf Morgen verschoben

Dagmar
08.05.2006


Ich wünsche dir sehr sehr viel Kraft und ich umarme dich herzlich.....
Dagmar
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Es zählen nicht die Jahre im Leben sondern das Leben in den Jahren
Abraham Lincoln
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