Marionette
Regie: Andere!
Irgendwann einmal habe ich geglaubt, die Zukunft liegt in meinen Händen, sämtliche Wege sind mir offen! Und ich habe gedacht, eine wunderbare Welt tut sich für mich auf, nichts ist da, was mir in die Quere kommen kann!
Ich habe geglaubt, ich kann mein Leben lenken, bestimmen in welche Richtung es geht, und was ich irgendwann davon ernten kann! Ja, Etappenziele habe ich wohl erreicht, doch ehrlich, ich wollte etwas mehr, etwas mehr von allem was sich Leben nennt!
Irgendwann kam auch die Erkenntnis, die Welt gehört nicht mir allein, die Regie in diesem Stück habe nicht ich, ich kann nicht walten und schalten so wie ich es möchte. Ich bin nach und nach eher eine Marionette geworden, abhängig von dem, was mir das Leben bietet und von dem, was mein Körper zuläßt und vorallem auch was nicht! Die Erkenntnis, das ich zum Leben etwas mehr als Nahrungsmittel und Kleidung benötige, kam irgendwann in mein tiefes Bewußtsein, es hat sich eingeschlichen in mein kleines, bislang sorgenloses Leben! Es war angefüllt von vielen unwichtigen Dingen, Gedanken, über die man sich tatsächlich keine Gedanken machen muß!
Und ich habe mich gefragt: kann es sein, daß ich von nun an immer darauf achten muß, was mir mein Körper für Nachrichten gibt, was er so treibt? Werde ich immer diese kleine Marionette sein, die sich nach dem Regisseur zu richten hat. Mein Körper macht Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, ich darf es zur Kenntnis nehmen, mich aufbegehren und über Dritte dagegen angehen! Die Regie liegt hauptsächlich in den Händen der Ärzte, ich bin nur ein Statist.
Und ich hatte geglaubt, die Welt steht mir für alles offen, so war es mal, doch das ist schon so verdammt lange her! Gewünscht habe ich mir nicht viel, doch das was ich bekam, war viel unerwünschtes! Und dennoch, dieses Leben in meiner kleinen Welt ist auch ein schönes Leben, und ich will es mit jeder Faser meines Herzens genießen, es so auskosten, wie es eben geht! Auch dann, wenn ich weiterhin abhängig von meiner Verfassung und angewiesen auf das Können der Ärzte bin, und dies wahrscheinlich auch auf Dauer bleiben werde.
Meine jetzige Welt ist eine andere Welt als die, die ich vor langer Zeit vor Augen hatte. Sie ist nicht ärmer, sie ist nicht häßlicher, nur einfach ganz ganz anders! Und in Anbetracht der Tatsache, daß die Wertigkeiten sich auch mit diesen Veränderungen verschoben haben, ist dieses kleine wunderbare Leben noch um einiges Wertvoller geworden! Es ist wohl der wunderschönste Funken an Leben, der mir vorab nie aufgefallen war!
Nun gehe ich mal wieder in die Klinik und durchlebe meine Ängste! Es ist normal, aber ich fühle mich diesmal nicht allein und verlassen, denn die Erfahrungen die Ihr Alle mir mit auf dem Weg gegeben habt, sind einfach unersetzbar! Jeder, jeder einzelne von Euch hat so viel Leid schon selbst durchlebt, und doch, ihr habt mich und viele andere gestärkt mit alle dem, was euch zur Verfügung stand - steht, dafür möchte ich mich an dieser Stelle 1000fach bedanken, und das bei jedem einzelnen von Euch!!!
Auch wenn obiger Text ein wenig negativ wirkt, so ist es jedoch eine Erkenntnis, von der ich glaube sie so zu haben! Ich hadere nicht mit meinem Schicksal, ich freue mich immer wieder zu lesen, wenn es anderen um vieles besser geht, es baut auf.
Angst, Tränen, Wut und Zorn sind ganz legitim, nach etwas zu greifen, was für mich nicht erreichbar ist, ist unsinnig! Also habe ich einfach einmal nur meine persönliche Betrachtungsweise nieder geschrieben, es könnte die Sichtweise einer Marionette sein, die Regie wird stets von anderen geführt. Ich versuche die Ziele zu erreichen, die für mich realistisch sind!
Ich bin und bleibe garantiert ein absolut Lebensbejahender Mensch!
Das ist das, was ich weiterhin haben möchte, jede Regung des Lebens!
Und irgendwann einmal, ja, irgendwann möchte auch ich sagen, ich bin da angekommen wo ich hin wollte, dort, wo schon so viele sind, auf unserem Gipfel! Ich werde all meine Kräfte investieren, um genau dieses Ziel zu erreichen, irgendwann, in naher Zukunft!
Und irgendwann bin ich dann wieder der Maler, der sein Bild malt, der seine Gefühle in den Farben und Motiven öffnet, das ist meine kleine Welt! Sie ist bunt wie der Regenbogen! Schön, selbst wenn es regnet und ergiebig, selbst wenn man glaubt, bitterarm zu sein.
et struwwelchen