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Alt 17.08.2011, 23:21
AlwaysInMyHeart AlwaysInMyHeart ist offline
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Registriert seit: 17.08.2011
Beiträge: 4
Standard Wenn Ihr an mich denkt, seid nicht traurig, sondern habt Mut, von mir zu erzählen.

,,Gott hat uns aus der Tiefe seines Herzens für eine Weile ins Leben gerufen,
und nimmt uns danach wieder in seinen ewigen Schoß zurück..."


* 31. Oktober 1925
+ 21. April 2011

Ich werde dich nie vergessen, Oma. Danke für alles, In Liebe.


Ich habe dieses Forum leider gerade erst entdeckt und finde, es ist eine wunderschöne Art und Weise, einem geliebten Menschen nochmal eine 'letzte Ehre' zu erweisen.
Es geht um meine verstorbene Oma, die ich am 21. April 2011 gehen lassen musste. Auch wenn es "nur" meine Oma war, wir standen uns näher als jeder andere, und auch heute, nach knapp 4 Monaten bin ich noch längst nicht über ihren Tod hinweg. Wir haben uns ohne Worte verstanden, kommuniziert, auch, weil sie die letzten Jahre kaum noch reden konnte, dennoch hat sie mir immer geholfen, wie auch ich ihr, wir waren füreinander da, bis zum Schluss.
Ihr habe ich so unendlich viel zu verdanken, meine Liebe zu den Pferden, Toleranz, Mitgefühl gegenüber anderen und auch einfach ihre wunderbare Art, zu leben und über die schönen Dinge im Leben zu lächeln. Sie war und ist meine einzige und letzte Großmutter gewesen, meine Opa und die zweite Oma verstarben vor meiner Zeit. Ich weiß nicht, wie ich ohne sie auskommen soll, mir fällt es einfach zu schwer, mit meinen 15 Jahren all das zu begreifen, was passiert ist. Auch wenn ich in vielen Dingen sehr reif und erfahren bin, der Tod eines gebliebten Menschen ist etwas, was ich bis heute nicht wirklich gut verkraften kann. Meine Oma stand mir einfach viel zu nahe, um sie einfach gehen zu lassen.

Alles begann vor 3 Jahren, als es ihr zunehmend schlechter ging und sie die Diagnose Krebs bekam, das war jedoch erst Ende 2010. Da sie 200km von mir entfernt wohnt, waren meine Mutter und ich oft bei ihr, einfach um da zu sein und sie zu sehen. Anfang des Jahres kam ein Anruf von unserer Tante, die sie jahrelang pflegte, dass es ihr schlechter gehen würde, bis sie am 19. April 2011 anrief und erklärte, dass Oma bald sterben würde, entweder diese oder die nächste Nacht. Zu dieser Zeit war ich komplett fertig, ich weinte nurnoch, stieg aber sofort ins Auto, ich wollte dabei sein, für sie da sein, wie sie es immer für mich seit meiner Geburt gewesen war. Sie stand immer hinter mir, war immer und überall für mich da und liebte mich abgöttisch, so wie auch ich sie. Als wir angekommen waren, hatte sie große Schmerzen, was mir fast das Herz zerriss, aber wir holten so schnell wie möglich eine mobile Krankenschwester, die ihr von nun an 2x täglich Morphium verabreichte, um es ihr leichter zu machen. Ab der ersten Sekunde war ich immer bei ihr, ich bin nur 3 Schritte zur Toilette gegangen, sonst saß ich an ihrem Bett, habe ihre Hand gehalten, sie gestreichelt, mit ihr geredet, von meinem Pferd erzählt, dass sie immer mal kennenlernen wollte, aber nie in der Lage war, und war einfach für sie da. Nichtmal zum Essen bewegte ich mich, ich war wie in Trance, geschlafen habe ich in den zwei Nächten insgesamt 5 Stunden, auch nur, wenn sonst jemand bei ihr war. Sie redete seit vielen Monaten nicht mehr, doch 2 Tage vorher hatte sie nocheinmal klar gesagt, sie müsse sterben, und zwar bald, sie wusste es also.
In der ersten Nacht war sie ruhig, es gab sehr lange Atempausen, doch sie überstand sie. Am Morgen bekam sie wieder Morphium, worauf sie einschlief, am Abend jedoch wieder aufwachte und sehr unruhig wurde. Wir konnten uns das alle nicht erklären, doch plötzlich fiel mir ein, dass ihr bestimmt das Beten fehlte, sie war ein sehr gläubiger Mensch. Ihre Gesichtszüge waren zwar erschlafft, sie hat sich nicht mehr bewegt, und ihre Augen waren eingefallen, die typischen Anzeichen eben.
Immer und immer wieder beteten wir besonders Psalm 21, den sie so liebte.

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zu frischem Wasser.
Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn Du bist bei mir, dein Stecken und Stab, trösten mich.

Zunemend wurde sie ruhiger und atmete immer langsamer, drückte aber immer leicht meine Hand, zu mehr war sie nicht mehr fähig.
Schließlich gingen alle ins Bett, bis auf meine Mutter und ich, ich bat sie dann, uns etwas alleine zu lassen. In dieser einen Stunde verabschiedete ich mich von ihr, ich muss es sagen, irgendwie war es wunderschön. Ich sagte ihr, dass ich sie liebe und dass sie immer die beste und tollste Oma gewesen war und ist, die man sich nur hätte vorstellen können, und dass ich bei ihr bin, bis zum Schluss, dass sie keine Angst haben muss.
Ich verstehe es bis heute nicht, aber aufeinmal öffnete sie leicht ihre Augen, wandte ihren Kopf und lächelte mich an, so wie früher. Sehr sehr leise nannte sie mich dann bei meinem von ihr erfundenen Spitznamen, was mir einfach die Tränen runterkullern lies, ich hatte es vermieden, doch da ging es einfach nicht mehr. Ich küsste sie auf beide Wangen und blieb bei ihr, als meine Mutter langsam schlafen ging. In der Nacht auf den 21. April 2011 ist sie dann um 03:34 Uhr verstorben, mit mir in der Hand, ich hab sie gestreichelt, ihr etwas die Angst genommen und ihr (denke und hoffe ich!) geholfen. Was jetzt vielleicht etwas blöd klingen mag, aber 3 Wochen später bin ich um die haargenau gleiche Uhrzeit mit meinem jetzigen Freund zusammengekommen, irgendwie bedeutet das einfach etwas für mich, nicht weil ich es vergleichen mag, aber für mich persönlich ist das wichtig, sie bleibt immer in positiver Erinnerung.

Am nächsten Tag wuschen wir sie zusammen, zogen sie an und erledigten sonst alles, ich war bei Allem dabei und half mit, habe ihre Hände gefaltet, ich durfte die Todesanzeige entwerfen, auch die Sprüche, die ich oben hingetextet habe.
Auf irgendeine Art und Weise finde ich es wunderschön, dass ich mich so toll verabschieden durfte und meine Oma "schön" und angenehm zu Hause sterben durfte, das was sie immer wollte. Ich vermisse sie sehr, sie ist unersetzbar doch ich weiß, dass es ihr gutgeht und wir uns hoffentlich irgendwann wiedersehen. In unseren und meinen Gedanken lebt sie weiter, die Überschrift war immer ihr Lebensmotto gewesen, das sie verfolgte und mir gelehrt hat, ich werde es und sie nie vergessen, doch es ist sehr sehr schmerzhaft.
Tut mir Leid, dass es so lang geworden ist, doch vielleicht mag es sich ja jemand durchlesen, es hat mir wirklich geholfen, das zu schreiben, irgendwie.

Liebe und sehr traurige Grüße.

Geändert von AlwaysInMyHeart (17.08.2011 um 23:23 Uhr)
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