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AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Hallo Susanne,
seit dem 3.01. um 4 Uhr früh bin auch ich in diesem Forum "richtig". Da ist meine Frau für immer eingeschlafen. Wir hatten das große Glück, dass sie Zuhause sterben durfte und dass ich in ihren letzten Stunden bei ihr sein konnte. Sie konnte nicht mehr sprechen, aber mich noch erkennen und mich verstehen. Und so habe ich ihre Hand gehalten und ihr "zum Abschluss" von all den schönen Dingen erzählt, die wir in über 20 Jahren Partnerschaft miteinander erlebt haben. Und sie hat dazu genickt und noch oft gelächelt. Zitat:
Ich spreche oft mit meiner Frau. Ein Ort dafür hat sich ganz "von selbst" ergeben: An ihrer Schlafzimmertür, die von der Küche abgeht, hängt seit Jahren ein DIN A3 großes Foto ihres Gesichts, das ich vor gut 10 Jahren mal gemacht und selbst entwickelt und vergrößert habe. Dieses Foto, das ich, wenn ich in der Küche bin, tagtäglich stundenlang sehe, habe ich vorher nie bewußt wahrgenommen - es war einfach da und ohne große Bedeutung. Erst vorgestern, zwei Tage nach dem Tod meiner Frau, schaute ich wieder mal dahin, wohl zum xx-ten mal an diesem Tag... und dann machte es plötzlich "klick". Das ist sie! Nicht das, was im Wohnzimmer im Bett liegt und darauf wartet, abgeholt und eingeäschert zu werden. Sondern die Frau, die mich vom Foto aus in Großaufnahme glücklich anlächelt. Seither spreche ich mit diesem Foto meiner Frau. Auf Augenhöhe, nur ein paar Meter entfernt. Es ist z.Z. ein Symbol, ein Ort der Zwiesprache und des Gedenkens, für mich schöner und besser als jeder Grabstein (meine Frau wird ohnehin 750 km entfernt beigesetzt, in einem Friedwald in ihrer alten Heimat). Also spreche ich hier mit ihr. Aber geantwortet hat sie noch nicht, und spüren kann ich sie auch nicht. Noch nicht. Aber das wird kommen, ganz sicher. Zitat:
Die Trauer, Einsamkeit und tiefe Verzweiflung wird noch kommen, mit etwas Zeitabstand. Meine Frau hat gut eine Woche vor ihrem Tod zu ihrer Schwester (die beiden sind sich seit fast 35 Jahren die wichtigsten Menschen auf der Welt) noch so treffend gesagt: "Du hast jetzt die Arschkarte gezogen." "Warum?" "Ich darf gehen, aber du musst weiterleben." So ist es leider. Wir Hinterbliebenen müssen weiterleben. Und nicht nur irgendwie überleben, sondern - nach der Zeit, die jeder ganz persönlich für seine Trauer braucht - es meiner Frau gleichtun. Sie konnte ihr diesseitiges Leben loslassen und in Frieden gehen. Und so werden auch wir als Angehörige irgendwann lernen, loszulassen und in Frieden ein "neues Leben" zu beginnen. Unser Leben ohne den wichtigsten Menschen, der bis vor kurzem noch bei uns war. Beim Schreiben der ersten Zeilen dieses postings musste ich mal wieder heulen wie ein Schlosshund und erstmal eine Pause einlegen. Jetzt gerade muss ich schmunzeln, weil ich mich daran erinnere, wie meine Frau mich "erzogen" hat. Wenn ich mich mal wieder daneben benommen habe oder etwas nicht begreifen, sondern stundenlang sinnlos rumdiskutieren wollte, hat sie zu mir gesagt: "Du gehst jetzt besser auf dein Zimmer. Und wenn du dich besonnen hast, kannst du wieder rauskommen." Das hat funktioniert. Und so werde ich in Zukunft so weiterzuleben versuchen, wie meine Frau es sich gewünscht hat. Nach der Trauer dem Leben ins Gesicht lachen, auf zu neuen Ufern. Nicht verkriechen, einigeln, verzweifeln und jahrelang sich das Hirn mit der Frage "warum?" zermarten. Weinen hat seine Zeit, und Lachen hat seine Zeit. Und in den nächsten Wochen und Monaten werde ich sicher viel öfter weinen als lachen, und es wird verdammt schwer werden. Aber dann werde ich "die Kurve kriegen" und nach vorne schauen. Weil ich genau weiss, was sonst passiert: wenn ich das nicht tue, wird irgendwann die Stimme meiner Frau von oben zu mir sagen: "Du gehst jetzt besser auf dein Zimmer..." Und darauf lege ich nun wirklich keinen Wert ;-) Viele Grüße, Stefan PS: es mag vielen hier herzlos erscheinen, dass ich angesichts des kürzlichen Todes meiner Frau genau wie immer noch schlechte Witze machen kann. Aber so kennt sie mich, und sie würde sich in der Urne umdrehen, wenn ich mich anläßlich ihres Todes plötzlich so verändern würde, dass sie mich nicht wiedererkennen könnte. Also ist das in Ordnung so. |
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