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Alt 05.10.2009, 10:20
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Registriert seit: 09.04.2008
Beiträge: 1.806
Standard AW: Betroffen?! Angehörig?! Herzlich Willkommen!

Liebe Bibi, liebe Diana,

ja, der Verlust ist unermesslich.

Was Du schreibst, Diana, von den Bekannten die so wenig einfühlsam sind...auch über solche Dinge habe ich lange nachgedacht.

Weißt Du, wenn ich ehrlich bin - ich krieg immer zuviel, wenn angefangen wird zu werten. Niemand kann bewerten wie ich fühle, was es mit mir macht und wie ich empfinde. Es gibt auch viele Menschen, die dann anfangen zu vergleichen, und das eigene Erlebte quasi als Maßstab ganz oben ansetzen. Da geht nix drüber. Sowas ersticke ich derzeit im Keim.

Ich maße mir auch nicht an zu sagen:"Was weißt denn Du schon?!" Ich weiß ja umgekehrt auch nicht um die Empfindungen der anderen. Es gibt eine Handvoll Menschen, die eben anders sind. Das sind meine Freunde. Wenn es bei denen hapert, also einfühlungstechnisch, dann haben wir so eine Basis uns das sagen zu können. Dann kann ich mich erklären, und sie wiederum ihre Unbeholfenheit. Auf die anderen, also da lege ich im engeren Sinne keinen Wert. Ich bin höflich, verfüge über ein gesundes Maß an Marnieren, aber die Krankheit hat mir eines gelernt.

Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern. Wie eben die Erkrankung und all das was sie mit sich brachte...und es gibt Dinge, die kann man ändern. Heute würde mich mich nie mehr über die Frau in der Schlange aufregen, die sich vordrängelt. Gott sei Dank hat sie keine anderen Probleme. Auf der anderen Seite gehe ich aber auch in so Situationen, wo mir was "unter den Nägeln brennt" nicht mehr damit nach Hause. Ich sage das. Ich mag mich nicht mehr, vielleicht noch Jahre später, über die Dummheit anderer ärgern und letztendlich auch noch über mich, weil ich etwas, was mir auf der Seele lag nicht gesagt habe. Das tue ich nicht mehr.

Meine Nachsicht für manche Menschen hält sich auch in Grenzen. Aber ich gehe heute damit anders um.

Ich für meinen Teil, händele es ähnlich wie Du. Wenn ich mich gänzlich unverstanden fühle von jemandem, und weiß, dass er bewusstseinsmäßig auch nie in der Lage sein wird zu erfassen, was mich gerade wie bewegt, dann mache ich auch keinerlei Erklärungsversuche mehr.

Meine Freundin, die die kürzlich entbunden hat, die weinte am Telefon als ich ihr von Mama Tod berichtete, und sagte:"Ich weiß gar nicht was ich sagen soll Annika. Ich stehe hier, und ich will Dir was sagen, aber ich weiß nicht was." Sie hat geweint, und das hat mir alles gesagt. Das wiederum habe ich ihr gesagt, und auch, dass ich gar nicht erwarte, dass sie weiß wie ich mich fühle. Denn das, (wobei auch der Verlustschmerz ja wieder individuell ist) würde voraussetzen, dass auch sie bereits einen solchen Verlust hätte hinnehmen müssen. Dem ist, Gott sei Dank, nicht so.

Ich glaube das Forum hier ist sehr sehr viel wert. Von Beginn an hat man hier Menschen getroffen, die Leid und Freud gleichermaßen teilen konnten. Auch hier und da wird differenziert, aber ich glaube mit der Zeit hat man sich schon gefunden. Und das bedeutet mir viel.

Meine beste Freundin, die saß kürzlich da, einen Zwilling auf dem Schoß und erzählte mir von der Krankheit ihres Sohnes. Eine Erkältung. Mit einem Male hält sie inne und sagt:"Was erzähl ich Dir denn jetzt da?! Man...Du hast doch ganz andere Sorgen!" Ich hab dann gesagt, dass auch das wieder ne Wertung ist. Ihre Sorgen sind anderer Natur, nicht so schwerwiegend, aber für sie derweil auch ne Sorge. Meine erscheint gewichtiger, ist sie für mich auch - das zu erkennen, auf beiden Seiten, ist ja ein Zeichen dafür, dass das Verhältnis stimmt. Ich merke, mich wollen viele bedauern. Ich will nicht bedauert werden - ich will eine gereichte Hand in dem Moment, wenn ich sie brauche - nicht weil der Verlust frisch ist. Und das Gefühl gibt mir auch keiner im Freundeskreis. Das ist gut so. Ich werde meine Mama noch ganz schlimm vermissen. An ihrem Geburtstag, an Weihnachten, an den Geburtstagen der Kinder usw. ....das sind Tage, wo ich Hände brauchen kann. Ich hoffe dann darauf zurückgreifen zu können.

Und Bibi, ja...der Verlust ist einfach unbeschreiblich. Und es schleicht sich manchmal so unerwartet ins Bewusstsein, dass der Schmerz den man empfindet schier unbeschreiblich ist. So ging es mir gestern Abend. Kurzzeitig!
So wird es noch oft sein - ich hoffe ich halte das aus. Was bleibt mir anderes.

Ich glaube auch, dass ich nie wieder im Leben Alkohol trinke . Man wird ja dann manchmal so melancholisch. Ich trinke eh nicht oft, aber wenn dann Heidewitzka - vorbei...tu ich nicht mehr! Dann würd die Fassade nämlich ganz ganz tüchtig ins Wanken geraten. Nönönö....da lob ich mir meinen Kaffee, den ich mir jetzt kochen gehe.

Liebe Grüße Euch beiden

Annika

P.S.: Warte auf die Handwerker, die mir im Bad ne Riesensauerei veranstalten werden !
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