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  #1  
Alt 14.06.2011, 17:52
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Wasser13 Wasser13 ist offline
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Beiträge: 138
Standard AW: Meine Mutter ist gegangen

Mein tiefes Mitgefühl ...


Liebe Juli,

furchtbar, was Du erleben musstest ...

Trost? Schwierig. Vielleicht kannst Du eines Tages einmal sagen: "sie hatte ihr Leben bis zum Schluss in ihrer eigenen Hand" - und vielleicht wirst Du darin einmal einen kleinen Trost finden.

Ich musste mit meiner Mutter eine ähnliche Erfahrung machen. Kein Krebs, sie ist an einem aufgebrochenen Magengeschwür gestorben. Total sinnlos. Ein Magengeschwür läßt sich doch behandeln! Dachte ich zuerst.

Dann habe ich das Leben meiner Mutter an mir vorbeiziehen lassen. Sie hat so viele schöne Jahre erlebt, ist viel gereist. Dann kam ihr Schlaganfall. Danach war nichts mehr wie vorher. Ja, sie konnte ihr Leben alleine weiterleben, brauchte keine Betreuung/Hilfe. Trotzdem muss ich auch sehen, dass ihr Leben sich nur noch auf ihre Wohnung plus kurze Spaziergänge zum Einkaufen oder auf den Friedhof beschränkte. Selbst die ca. 30 Minuten entfernte Grossstadt machte ihr Angst (Angst vor den vielen Menschen, dem grossen Bahnhof etc. ...). Sie lebte in ihrer eigenen Welt und hatte zum Schluss noch ihre Wohnung und ihren Balkon.

Auch sie lebte weit weg von mir, in Norddeutschland, während ich im Süden daheim bin. Wir haben regelmäßig telefoniert ... und sie hat mich ebenso regelmäßig belogen - auf ihren Gesundheitszustand bezogen. Sie war eine gute Schauspielerin (das meine ich nicht vorwurfsvoll sondern liebevoll): alles in Ordnung, ich habe gerade gekocht, gegesen etc. ... Wer kommt denn da auf die Idee, da könnte was nicht stimmen ...!?!

Die Realität. Richtig gegessen? Keine Ahnung, wann sie dass das letzte Mal hat. Als sie in ihrer Wohnung starb (sie wurde 2 Tage später gefunden), war ihr Kühlschrank leer. Leer! Dafür stand der Babybrei im Schrank, verschiedene Sorten, alle offen. Sie hat sich von Babybrei ernährt ... Ich wage nicht darüber nachzudenken, was das im Einzelnen bedeutet haben mag (schlimme Schmerzen?). Ich tröste mich heute damit, mir zu sagen, dass sie ihren ganz eigenen Weg gegangen ist ... bis zum Schluss.

Liebe Juli, ich wünsche Dir, dass Du den Abschied von Deiner Mutter einmal ähnlich betrachten kannst. Vielleicht wollte Deine Mutter keine weiteren Arztbesuche und Behandlungen mehr. Vielleicht wollte sie Dich nicht belasten sondern schützen. Sie hat Dir "Auf Wiedersehen" gesagt, auch wenn Du es erst im Nachhinein so siehst. Was neben der Frage nach dem Warum bleibt, sind vielleicht auch die Dinge, die Du ihr noch hättest sagen wollen. Ich weiß nicht, wie es in Dir aussieht: mir hilft schreiben (was ich meine: einen Brief an Deine Mutter mit all den Dankeschöns und Vorwürfen, mit denen sie Dich zurückgelasssen hat).

Gib' dem Geschehen Zeit ...

Damit schickt wasser13 stille Grüße ...
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  #2  
Alt 14.06.2011, 18:18
juli66 juli66 ist offline
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Registriert seit: 22.03.2011
Beiträge: 13
Standard AW: Meine Mutter ist gegangen

Liebe Erika, liebe Sabine, liebe wasser13,

Danke für Eure anteilnehmenden Worte. Zu guten Zeiten sehe ich tatsächlich auch die "guten" Seiten. Die Alternative, sich behandeln zu lassen, hätte meine Mutter abgelehnt. Die Alternative, auf den Tod zu warten, hat sie sich und uns erspart. Natürlich konnte sie auch nicht am Telefon sagen "tschüss, ich nehme mir nachher das Leben". Und eine Reise in die Schweiz, damit sie dort von mir begleitet ein Mittel nimmt, das hier von Tierärzten eingesetzt wird, ist auch nicht das, was einen unbelastet zurücklässt. Und mir ist auch klar, dass bei ordentlichem Verlauf die Mütter vor den Töchtern sterben.
Ich bin froh, dass uns das alles erspart geblieben ist, was man in den Foren hier lesen kann, und trotzdem...


Trotzdem hat mich das alles ziemlich aus der Bahn geworfen, und es belastet mich täglich, im Alltag so ungerührt funktionieren zu müssen. Meine liebreizenden Kinder (immerhin 9 und 13...) fragen schon jetzt unschuldig "warum", wenn ich sage, dass ich traurig bin. Auch meine Mutter ist eine Krebstote, auch wenn sie nicht durch den Krebs gestorben ist, sondern "nur" wegen ihm. Und es beschäftigt mich ständig, was ich machen würde, machen könnte, wenn ich in die Situation käme. Eigentlich denke ich nicht einmal "käme", sondern komme. Ich sehe es kommen und ich habe Angst. Meine Mutter war mir in so vielem ein Vorbild, dass ich einfach das Gefühl habe, ich muss JETZT und HEUTE klären, was ich machen würde. Blöd, gell? Und die wichtigste Person, mit der ich darüber reden könnte, ist nicht mehr da. Und ich hatte sie so lieb.

Ihr Kinder von gestorbenen Eltern, habt Ihr auch so Angst seitdem?


juli
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  #3  
Alt 14.06.2011, 18:45
Benutzerbild von Wasser13
Wasser13 Wasser13 ist offline
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Registriert seit: 16.04.2010
Beiträge: 138
Standard AW: Meine Mutter ist gegangen

Liebe Juli,

"was ich mache wenn es mich mal trifft" ... diese Frage hat sich mir nach dem Tod meines Mannes auch gestellt, ich habe ihn ihn seiner Haltung seiner Krankheit gegenüber bewundert (und das wird mir in Erinnerung bleiben).

Klären jetzt, hier, heute ... klingt unmöglich. Wer weiß, wie lange wir bei bester Gesundheit sind, bevor uns das eine oder andere Schicksal trifft. Und wie wir dann reagieren, hängt von der Situation ab und die Forschung schläft auch nicht ... Jede Geschichte ist anders.

Liebe Juli, versuche aus diesem Kreis rauszukommen. Wenn's nicht anders geht, mit ärztlicher Unterstützung, Gesprächstherapie oder ähnlich.

Deine Kinder sind noch jung, Ihr habt doch noch so viel Leben vor Euch ... Du und Deine Familie mit Euren Verwandten, Freunden ...

Nochmal grüßt "Vollwaise" ... wasser13
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