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  #1  
Alt 30.03.2012, 10:05
Canaris Canaris ist offline
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Registriert seit: 08.05.2009
Beiträge: 135
Standard AW: Tod und Schuld

Auch ich stelle mir diese Frage oft und bin nicht geneigt einfach aus psycho-hygienischen Gründen zu sagen, dass "alles eh gut war und man keine Schuldgefühlen zu haben braucht".

Natürlich kann und sollte man sie haben, denn die meiste von uns wurden im Alltag abgelenkt und gingen trotz zwingende Gründe oft andere Sachen nach. Mann flieht, man will vieles nicht wahrhaben.

Ob und wie dass unsere Partnern oder Eltern sehen/sahen, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiss nur dass meiner Frau zu anderen oft gesagt hat dass sie so stolz auch mich war, weil ich immer für sie da war.
Ich jedoch das selber oft ganz anders wahrgenommen habe.

Ich glaube dass ein gesundes Zweifeln an sein Wirken in so ein Sterbensprozess gesund und ehrlich ist.
Die wenigsten von uns sind Mutter Theresas und ehrlich gesagt würde ich auch dem misstrauen der sagen würde; "er/sie haben sich bis zum Selbstaufopferung hingegeben".

Ich glaube aber auch, dass diese Schuldgefühlen zum Trauerprozess gehören. man soll sie zulassen. Ändern kann man es eh nicht mehr. Man sollte sich irgendwann aussühnen mit seine Schuldgefühlen, denn in die allermeiste Fälle haben wir eh viel mehr getan, als wir selber wahrnehmen. Du hängst dich vielleicht fest an ein Moment als du nicht vor Ort warst und irgendwo anders warst wo es kein Krebs... kein Sterben gab. Vergisst aber die anderen Momente als du sehr wohl da warst.

Was ich sagen möchte ist dass ein bestimmtes Maß an Schuldgefühl wahrscheinlich sehr normal ist, und es die meiste von uns so geht. Diese Schuldgefühlen aber oft ein Realitätstest nicht standhalten würden.
__________________
Mein Gabi .
Gebärmutterhalskrebs mit ein Beckenwandrezidiv

Geändert von Canaris (30.03.2012 um 15:16 Uhr)
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  #2  
Alt 30.03.2012, 14:04
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Daumen hoch AW: Tod und Schuld

Hallo Barbara,

sorry, manchmal bin ich schon sehr theoretisch. Ist so meine Art, wenn ich mir prinzipielle Gedanken zu einem Thema mache. Nicht jeder und nicht jeder in jeder Situation muss das auch verstehen.

Canaris hat recht mit seiner Aussage zu psycho-hygienischen Gründen. Eine solche Einstellung, dass "alles eh gut war und man keine Schuldgefühlen zu haben braucht", das wäre verlogen, oberflächlich und Verdrängung. Der Knackpunkt ist nicht die Tatsache, dass wir als Menschen Fehler machen, sondern dass wir Menschen sind und aus unseren Fehlern lernen können. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte keine gemacht. Doch zu dem Zeitpunkt, an dem man die Fehler macht, kann man nicht immer abschätzen, ob es auch Fehler sind. Wie man so schön sagt: "Im Nachhinein ist gut reden".

Wie auch andere schrieben sind Schuldgefühle in der Trauer ganz normal. Es ist etwas schreckliches passiert, dein Vater ist gestorben. Nur zu gerne hättest du das verhindert oder würdest die Zeit zurück drehen wollen oder hättest Verschiedenes gerne anders gemacht.

Dein Vater hat damals etwas getan, was jeder Vater für seine Kinder tun muss: er hat dich losgelassen, damit du dir dein Leben frei aufbauen kannst. Davon geh ich aus. Ob bewusst oder unbewusst spielt dabei keine Rolle. Das liegt in seiner alleinigen Verantwortung (Schuld) als dein Vater. Er musste das tun, er hatte nicht wirklich eine Wahl. Alles andere wäre falsch gewesen. Niemand konnte damals wirklich wissen, was wann und wie kommt und in der schwersten Zeit seines Lebens warst du bei ihm. Väter, und Mütter natürlich auch, lieben ihre Kinder normalerweise auch ohne, dass diese ihre Liebe zu ihm oder zu ihr ständig beweisen müssten. Liebe kann man sowieso nicht beweisen. Man kann sie den Anderen spüren lassen. Genau das hast du in der schwersten Zeit seines Lebens getan.

Auch ich liebe meine Töchter. Selbst dann (oder vielleicht sogar deswegen ), wenn ich sie manchmal nur zu gerne an die Wand nageln möchte. OK, sie mich auch. Beides. Da bin ich mir sicher.


Alles Gute,

Helmut
__________________
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  #3  
Alt 02.04.2012, 16:13
ebarbara ebarbara ist offline
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Registriert seit: 14.02.2012
Beiträge: 6
Standard AW: Tod und Schuld

Hallo liebe Leute,

danke für eure Worte. Sie helfen mir!

Es ist so, wenn ich länger darüber nachdenke, finde ich auch bei den anderen in meiner Familie, meiner Mutter und meiner Schwester, "Schuld".
Ich würde ihnen das aber nicht vorwerfen. Das sollte die Aufgabe von jedem für sich selbst sein, herauszufinden, was man besser gemacht hätte.

Und da ich mit mir auch nicht strenger sein will als mit anderen, werde ich versuchen, das für mich abzuschließen.

Ich habe meinem Vater einen langen Brief geschrieben, unter anderem die Dinge aufgeschrieben, die ich besser hätte machen sollen und mich dafür entschuldigt.

Ich habe ihm darin auch die Dinge verziehen, die mich von seiner Seite gekränkt haben und die noch immer irgendwo gespeichert waren.

Ich denke, es ist bei ihm angekommen.


Ich habe die letzten Tage viel nachgedacht über das Leben, den Tod, Schicksal.

Ich für meinen Teil glaube schon, dass es so etwas wie einen 'Schicksalsrahmen' gibt. Die Dinge kommen, wie sie kommen sollen.

Wenn mein Vater schon vor 5 jahren gestorben wäre (1. Mal Krebs) hätte ich das Traumstudium ziemlich sicher nicht angefangen. Die Verantwortung/ Verpflichtung, sich um alles hier zu kümmern wäre warscheinlich größer gewesen.

Deswegen denke ich jetzt, es sollte so sein. Ich sollte das Studium anfangen. Das war/ und ist mein richtiger Weg.

Es ist natürlich immer leichter sich aufs Schicksal 'rauszureden'. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass alles seinen Sinn hat.


Alles Liebe,
ebarbara
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