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  #1  
Alt 21.04.2012, 09:30
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

schön, dass Du wieder da bist.
Beim Lesen dachte ich auch gerade: Erkältung, das klingt wie bei Miriam...

Ihr habt sicher recht, dass der Körper einfach fertig ist nach so einer Zeit. Und dann haut einen das schneller um.
Deshalb wünsche ich Euch beiden gute Besserung. Es soll ja nun endlich auch richtig Frühling werden. Sagen die zumindest.

Mein Urlaub zu Hause war auch gut. Wir haben die Zeit genutzt und die Arbeiten am Haus geplant (Heizung, Dach, Küche). Bis man da alles zusammen hat, vergeht auch so die Zeit. Aber es soll auch schön werden.

Ein schönes Wochenende und viele Grüße
Carla
__________________
Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark
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  #2  
Alt 23.04.2012, 15:59
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,
schön von Dir zu lesen!

Und es freut mich, dass der Urlaub positiv war, dass Du eine gute Zeit mit Deinem Vater hattest. Trotz blöder Erkältung...

Ich denke auch, dass das einfach die Reaktion des Körpers auf die lange Zeit ungeheurer Belastung ist... Hoffentlich kannst Du Dich auch hier noch ein bißchen erholen!

Alles Liebe,
Anja
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  #3  
Alt 25.04.2012, 14:50
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Hallo Ihr Lieben,

danke für Eure gute Besserungs-Wünsche, sie haben gewirkt, es geht mir deutlich besser. Allerdings war die Erkältung diesmal richtig hartnäckig, sie dauerte über zwei Wochen an. Ich denke auch, dass all dies eine Reaktion des Körpers auf die extreme Anspannung im letzten Jahr ist und versuche daher, mir Zeit zum Regenerieren zu geben, was aber nicht immer klappt...

Mein seelischer Zustand ist immer noch, als wäre ich die meiste Zeit wie in Watte gepackt. Manchmal habe ich Angst, den Tod meiner Mama immer noch nicht wirklich realisiert zu haben. Wenn ich alleine bin, zum Beispiel beim Auto fahren, weine ich oft. Aber ansonsten bewältige ich meinen Alltag mit seinen Anforderungen. Ich fühle mich dabei manchmal, als wäre ich etwas abgeschnitten von meinen Gefühlen. Von Zeit zu Zeit überrollt mich dann der Schmerz, er trifft mich mit ganzer Wucht, und es ist, als hätte ich gerade erst verstanden, dass meine Mama tot ist... und tot bleibt. Das Gefühl ist unbeschreiblich und schwer zu ertragen, es geht aber nach relativ kurzer Zeit wieder weg. Bis zum nächsten Mal.

Papa und ich haben noch nicht angefangen, Mamas Sachen aus dem Haus meiner Eltern auszuräumen. Papa hat in Mamas Zimmer (meine Eltern haben schon seit geraumer Zeit getrennte Schlafzimmer, ich kam vor ca. 15 Jahren während meines Studiums am Wochenende meine Eltern besuchen und fragte meine Mama, wo der Papa sei, und erhielt die Antwort "der sägt das Ehebett auseinander") lediglich das Bett abgezogen, ansonsten ist alles noch, wie es war. Es sieht so aus, als wäre meine Mama nur verreist...Ich denke, es wäre gut, das Zimmer auszuräumen, ihre Kleidung und Sachen vielleicht zunächst in Kisten auf dem Dachboden zu lagern (weggeben kann ich sie (noch) nicht), aber ich habe Angst vor diesem Schritt. Ich kann auch nicht auf den Friedhof, dabei muss das Grab bepflanzt werden. Ich glaube, am Schlimmsten dort finde ich, den Namen meiner Mama auf der Holztafel zu lesen. Der Name meiner Mama, der gehört für mich auf das Praxisschild, auf den Rezeptblock, auf ihr Briefpapier - aber nicht auf ein Grab.

Ihr seht, mein Weg ist noch weit.

Danke, dass Ihr da seid und mich so lieb unterstützt.

Alles Liebe

Carlotta
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  #4  
Alt 25.04.2012, 17:24
Christina1971 Christina1971 ist offline
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Beiträge: 59
Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

dass Du Dich nach so kurzer Zeit (es sind ja gerade erst drei Monate) noch immer in einem Wechselbad der Gefühle zwischen Nicht-Realsieren-Können und tiefem Schmerz und Trauer befindest, ist doch völlig normal. Diese plötzlichen Gefühlsausbrüche, bei denen Dir die fürchterliche Wahrheit, dass Deine Mama tatsächlich tot ist, bewusst wird, passieren mir nach fast sieben Monaten auch noch immer täglich. Meist kann auch ich dann die Tränen nicht mehr bändigen geschweige denn zurückhalten. Dass wir im Alltag funktionieren müssen, empfand ich zu Beginn als fürchterliche Qual. Inzwischen hilft es mir jedoch etwas dabei, dass meine Gedanken nicht den gesamten Tag über kreisen, und ich hier und da auch wieder schöne Momente empfinden kann. Zu Beginn hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, einen Moment als schön zu empfinden, und konnte und wollte auch gar nichts genießen oder mich an etwas erfreuen.

Auch dass Dein Papa noch nicht angefangen hat, die Sachen Deiner Mama auszuräumen, sehe ich als normal an. Mein Vater hat noch immer Ihr Nachthemd, in welchem sie gestorben ist auf ihrem Bett nebenan liegen. Manchmal riecht er daran, um sie noch einmal irgendwie spüren zu können. Da ich fast dieselbe Kleidergröße habe wie meine Mutter, suche ich mir sogar gelegentlich schöne Stücke aus dem Schrank heraus und trage sie dann. Sie würde sich sicher hierüber freuen. An Wegräumen mag ich noch lange nicht denken.

Der Gang ans Grab ist für viele hier ein großes Problem. Mein Bruder vermeidet es auch, hinzugehen. Bei mir wiederum ist es das totale Gegenteil. Ich empfinde ein sehr großes Bedürfnis, sie zu besuchen. Und es fällt mir schwer zu ertragen, dass ich hier in Hamburg „sitze“ und über 500Km von ihr getrennt bin. Das Holzkreuz mit ihrem Namen ist für mich auch immer wieder ein grausamer Schock und mit unendlich vielen Tränen verbunden. Doch es ist auch eine Hilfe, endlich zu verstehen, dass sie für immer gegangen ist.
Vielleicht kannst Du es mit dem Bepflanzen ja auch positiv sehen, indem Du Dir denkst, dass Du das Grab für Deine Mama besonders schön machen willst. Ich habe gemeinsam mit meinem Vater jede einzelne Pflanze mit viel Liebe ausgesucht und schön eingepflanzt. Hinterher waren wir beide sehr glücklich, und wir waren uns sicher, dass es ihr ganz sicher auch gefallen würde. Vielleicht hilft Dir ja dieser Gedanke.

Ja, ich glaube auch, der Weg für uns alle hier ist noch weit. Und jeder hat seinen eigenen zu gehen, auch wenn von allen Seiten so viel lieber Zuspruch und Unterstützung kommen.

Ganz liebe Grüße

Christina
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  #5  
Alt 25.04.2012, 20:40
Benutzerbild von Thalamea
Thalamea Thalamea ist offline
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Ort: Sauerland
Beiträge: 16
Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

unsere Wege sind sich so ähnlich, dass ich schlucken musste und erst mal wieder mein Päckchen geheult habe. Auch ich habe nach ED sehr lange nur mitgelesen bevor ich es gewagt habe zu schreiben. Und auch jetzt, 2,5 Monate nach dem Tod meiner Mutter, habe ich es vor einigen Tagen zum ersten Mal geschafft, überhaupt wieder hier zu lesen. Meinen eigenen Thread habe ich bisher noch nicht eröffnen können.

Wenn ich deine Worte lese, meine ich immer, ich hätte sie geschrieben. Ich kann das alles zu 100 % nachvollziehen. Die Sachen meiner Mutter wegräumen? Undenkbar. Im Gegenteil - ich habe selbst noch 4 Wochen nach ihrem Tod die letzten Kleidungsstücke aus dem Krankenhaus gewaschen, fein gebügelt, gefaltet und zurück in ihren Kleiderschrank gelegt - für den Fall, dass sie zurückkommt und ihre Sachen dann ordentlich vorfindet...
Nach der Beerdigung bin ich 6 Wochen nicht ans Grab gegangen - ich habe mich so geschämt, aber es ging nicht.
Mittlerweile geht es mir noch schlechter als vor ein paar Wochen. Genau wie du funktioniere ich im Alltag (für meine beiden 4 und 6 Jahre alten Kinder) - sobald ich alleine bin, breche ich zusammen und bin nur am heulen. Im Auto, im Badezimmer... Ich habe das Gefühl, durchzudrehen.

Und ich dachte bisher immer, nur mir geht es so. Ich bin froh, hierher zurückgekommen zu sein - denn so schlimm der Anlass auch ist, hier fühle ich mich verstanden, weil es anderen auch so geht. Es hilft ein wenig.

Ich fühle mit dir. Und vielleicht schaffe ich es ja in den nächsten Tagen, einen eigenen Thread zu eröffnen und von meiner geliebten Mama zu schreiben.

Liebe Grüße,
Martina

PS: noch was vergessen. Du hast geschrieben, niemand hätte dir näher gestanden als deine Mutter. Noch eine Gemeinsamkeit. Trotz Ehemann bin ich in jeder Situation IMMER als erstes zu meiner Mutter gelaufen um Neuigkeiten loszuwerden - nicht zu meinem Mann. Das ist das, was mir am meisten fehlt. Ich war mit meinem Vater und meinen Kindern über Ostern im Urlaub, damit das erste Ostern ohne Mutter nicht so schwer fällt, und ich konnte noch nicht mal Fotos machen. Wem sollte ich sie denn Zuhause zeigen? Es ist so grausam... Ich versteh das alles nicht... Mein Posting hier ist sicher keine große Hilfe für dich - da ich selber nur jammern kann. Aber es zeigt dir, dass du nicht alleine bist mit deinem Kummer. Ich bin schon 45 - aber fühle mich trotzdem noch zu jung, um ohne Mutter "aufzuwachsen" bzw. weiterzuleben...
__________________
Meine liebe Mama:

ED: April 2011, Adeno-CA (pT4 G3 pN0 L0 V0 R0)
Für immer von uns gegangen am 11. Februar 2012


Ich sehe so oft in den Himmel, such in Wolken dein Gesicht.
Vielleicht ist Abschied eine Reise, die ein Wiedersehn verspricht.
Ich höre so oft deine Stimme, auch wenn ich weiß, Du bist es nicht.
Vielleicht ist Liebe wie ein Sternbild, das mir sagt: ich führe Dich.
Vergiss mich nicht.
(Der Graf)

Geändert von Thalamea (25.04.2012 um 20:54 Uhr)
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  #6  
Alt 26.04.2012, 11:24
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

das mit den Sachen kann ich gut verstehen. Ich habe noch heute das Shirt, das mein Papa an seinem letzten Tag getragen hat. Es liegt fein zusammengelegt in meinem Schrank.
Wenn ich des herausnehme, sehe ich noch genau, wie mein Papa darin in seinem Bett liegt.

Meine Mutter konnte die Sachen von Papa recht schnell ausräumen. Vielleicht auch ein Weg, um einen Abschluss zu finden und nicht mehr immer an alles erinnert zu werden, wenn man den Schrank aufmacht. Obwohl das bestimmt bei mir so nicht funktioniert hätte.
Ich hätte das so schnell nicht gekonnt und mir ging es auch überhaupt nicht gut dabei, als wir den Schrank leer gemacht haben.

Zu dem Grab kommen mir immer solche Gedanken: was bleibt von dem Menschen oder sogar, wie viel Asche ist denn eigentlich in so einer Urne. Die Urne erschien mir bei der Trauerfeier nicht sehr groß, dafür dass die "Reste" eines ganzen Menschen drin sein sollen...

Ich habe auch wirklich Angst davor, an diesem Grab zu stehen und vielleicht einfach gar nichts zu empfinden. Wenn da mein Papa begraben ist, muss doch da eigentlich etwas von ihm sein, oder? Wäre für mich ganz schrecklich, wenn ich da nichts von empfinden würden. Vielleicht gehe ich deshalb da auch nciht hin, weil ich Angst vor dieser Enttäuschung habe.

Liebe Grüße
Carla
__________________
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  #7  
Alt 29.04.2012, 01:34
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,
dieses "Abgeschnittensein von den Gefühlen" kann ich absolut nachvollziehen... funktionieren im Alltag und weinen, sobald man alleine ist. Ich glaube das ist auch ein sinnvoller Schutz - den Schmerz nur in solchen Dosen zuzulassen, dass er noch irgendwie erträglich ist...

Zwinge Dich nicht zu Sachen, die sich nicht gut anfühlen... ihr könnt die Sachen immer noch ausräumen, wenn die Vorstellung nicht mehr so schlimm ist. Lass Dir Zeit...

Alles Liebe,
Anja
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