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  #1  
Alt 03.09.2012, 20:39
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Mari,

mein Vater bekommt den selben Cocktail wie deiner: Cisplatin/Etoposit.
Ist wohl die Standardline beim Kleinzeller.

Die Ärztin hat zwar schon mit uns gesprochen, wegen Pflegebett, Pflegestufe, SAPV und so, aber ob und wann mein Vater nach hause kann/darf hängt sehr stark vom Verlauf der nächsten Tage ab.

Mal gucken.
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  #2  
Alt 03.09.2012, 23:28
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

ui, bei euch gehts also auch morgen los.

na dann auch auf dieser baustelle toi, toi, toi!

ja, das mit der hoffnung ist so eine sache. bei uns gibts das 'gaenzlich gesund werden' als vorstellung gar nicht. da waren die aerzte schon zu deutlich. es geht um zeit, um gute zeit, die wir noch zusammen verbringen wollen. auch wenn uns mein dad gerade alle fuer eine zigarette verkaufen wuerde... meine mutter sagt, dass sie sich manchmal vorkommt wie im film, und das ganze noch nicht ganz realisieren kann. aber sie ist ja schicksalserprobt. sie hat auch ganz lange nach dem unfall meines bruders gehofft, dass er wieder ganz gesund werden wuerde. bis ihr ein arzt mal die ct aufnahmen von dem gezeigt hat, was vom hirn meines bruders uebrig geblieben ist. und dann ist sie primaer pragmatisch geworden. knabbert aber immer noch sehr an der situation.
wir sind da irgendwie ganz offen miteinander. ich hab meinem dad vorgestern sogar gesteckt, dass ich die vorstellung, dass er sich in der ecke des balkans, aus der er stammt, beerdigen lassen will, nicht so toll finde. weil a) am arsch der welt und b) nur nationalistische arschkrampen dort. manchmal haben wir schon komische themen.
und ich finde optimismus auch nicht verkehrt. halt immer im rahmen. und den fakt, dass man es einfach nicht weiss. man kann nicht voraussehen, wie lange es dauern wird, wie lange man noch zeit hat. ich habe fuer mich beschlossen, dass ich die tatsache, dass mein vater sterben wird, so gut es geht, ignoriere. und dass ich mich darauf fokussiere, jede unserer begegnungen zu geniessen, bewusst wahrzunehmen, fragen zu stellen und ihn erzaehlen zu lassen. um in meinem kopf und in meinem herzen ein ganz genaues bild von ihm zu entwerfen, etwas, was ich dann in 10 oder 20 jahren heranziehen kann, wenn ich meinen kids von ihrem opa erzaehle...
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  #3  
Alt 04.09.2012, 17:48
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lieber Carlos,

schön, wieder etwas hier von dir zu lesen, auch wenn die Ergebnisse alles andere als schön sind... Tut mir sehr, sehr leid! Das fühlt sich einfach nur schrecklich an, wenn man solche Botschaften erhält und dein Papa so hilflos im Bett liegt... Ich musste schlucken als ich den Absatz las, da er dich fragte, ob er wohl gesund wird. Weißt du, ich denke auch, dass er weiß, dass er nicht mehr gesund wird, doch wahrscheinlich muss man sich ein gewisses Maß an Hoffnung und Optimismus bewahren, denn sonst hätte man wohl gar keine Kraft mehr weiter zu machen. Mir hat letztes Jahr ein junger Onkologe erklärt, dass sogar viele Krebskranke ihre Diagnose völlig negieren, obwohl sie mehrmals über die Krankheit und ihren Zustand aufgeklärt wurden. Das sei ein Schutzmechanismus der Seele. Insofern kann ich mir auch gut vorstellen, dass sich jeder, der eine solche Diagnose erhält, an jeglichen Strohhalm festklammert. Bei meinem Vater war's ähnlich. Und auch wenn ich rational schon längst begriffen hatte, dass alles kein gutes Ende nehmen würde, so habe ich insgeheim immer noch auf dieses Wunder gehofft (das leider nie eingetreten ist). Das ist auch diese emotionale Achterbahnfahrt, die wir Tag für Tag und Woche für Woche mitmachen.
Und ich denke, deiner Mutter geht es ähnlich. Um stark für deinen Vater zu sein, muss sie vielleicht ein Stück weit daran glauben, dass er wieder "gesund" wird. Eventuell hilft es ihr, mit der Situation umzugehen.
Ich hoffe sehr, dass dein Vater die Chemo ohne allzu heftige Nebenwirkungen verträgt und sich dann tatsächlich ein paar Tage erholen kann!

Maris Ansatz ist sehr, sehr hilfreich! Es ist zwar sehr schwer, aber wenn man es schafft, tatsächlich in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein, dann schafft man es irgendwie auch, nicht ständig an das Schlimmste zu denken. Denn dann konzentriert man sich auf das, was ist.

Liebe Grüße
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #4  
Alt 05.09.2012, 16:01
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo zusammen,

mein Vater hat bereits am Montagabend nachdem wir weg waren seinen ersten Chemotropf erhalten. Gestern auch und heute den letzten. Körperlich hat er es ganz gut weggesteckt, wenn man von der Müdigkeit absieht.

Gestern habe ich ihm auf seinen Wunsch hin dann den Schnurrbart abrasiert. Da bleibt immer das Essen drin hängen, sagte er. Schon komisch. Er sieht aus wie Kermit der Frosch jetzt. Darüber mussten wir immerhin beide lachen.

Mein Vater war gestern sehr aggressiv und unzufrieden mit allem, vor allem mit der Krankenschwester, die er nicht abkönne, wie er sagte. Ich habe mich sehr gewundert, zu welcher Energieleistung mein Vater noch im Stande ist, als er während des Motzens mit Vehemenz seine Hände auf die Bettgitter knallte. Ich habe dann versucht ihn zu beruhigen, was mir leidlich gelang.
Die Ärztin sagte mir dann, dass gesteigerte Aggressivität auch eine Folge der Chemo ist und wir versuchen sollen, dass an uns abperlen zu lassen.
Ne reine Weltidee, hab ich bei mir gedacht. Aber was bleibt.

Der weitere Fahrplan sieht nun so aus:
Wenn sich der Zustand meines Vaters nicht noch weiter verschlechtert und er die Chemo weiterhin "gut" verträgt, soll er am Wochenende oder Montag erstmal nach hause entlassen werden, um sich ein wenig zu erholen.
Am 16. soll er wieder ins Krankenhaus, am 17. wir die Blase ausgeschabt und die Histologie des Blasentumors entscheidet dann, ob es sich um eine Meta aus der Lunge handelt oder um einen eigenständigen Blasentumor.
Nach der OP gibt es wieder eine Pause und danach wieder Chemo.
Aber das ist mir alles viel zu weit in die Zukunft geplant. Erst einmal bereite ich uns darauf vor, dass mein Vater nach hause kommt.

Heute habe ich mit dem Entlassungsmanagement des Krankenhaus telefoniert und festgestellt, dass die auf Zack sind. Ich musste zumindest nur an wenige Dinge selbst erinnern und da haben sie sich umgehend drum gekümmert und zurück gerufen.
Wir bekommen also ein Pflegebett mit Weichlagerungsmatraze, einen Toilettenrollstuhl, Bettpfanne, ein Alarmsystem und son Schnickschnack.
Dazu wird per Eilantrag eine Pflegestufe beantragt, ein Pflegedienst beauftragt und eine SAPV Verordnung ausgestellt.
Heute abend bereite ich mit meinem Cousin das Zimmer für das Pflegebett vor und kaufe einen Fernseher.
Ich glaube, wir sind gut vorbereitet.
Als ich meinen Vater gestern fragte, wo er das Pflegebett hin haben möchte, sagte er bevor ich ihm die Möglichkeiten aufzählte: "In Opas Zimmer."

Ich musste schlucken.

Mein Opa - der Vater meines Vaters - hat die letzten 10 Jahre seines Lebens bei uns im Haus gelebt und das letzte Jahr hat ihn meine Mutter gepflegt.
Sein Zimmer ist seitdem Bügelzimmer meiner Mutter.
Und er möchte das jetzt Opas Zimmer nunmehr das seine wird.
Harter Tobak - aber nun gut. Er ist der Boss.

Ansonsten werde ich heute abend einen Arzt, der bei uns in der Nachbarschaft wohnt, bitten sich als Hausarzt meines Vaters anzunehmen. Ich hoffe, er wird das machen. Bin aber recht zuversichtlich.

Ansonsten fühle ich mich wie ausgekotzt, funktioniere aber immer noch wie ein Uhrwerk.
Am liebsten würde ich mich in eine Höhle verkriechen und in einen vorgezogenen Winterschlaf bis Mai fallen.
Dabei herrscht diese Ausnahmesituation gerade mal drei Wochen und das Anstrengendste liegt noch vor uns, wie ich vermute.

Ein Schritt nach dem anderen ist wohl die Devise.
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  #5  
Alt 05.09.2012, 16:11
belluzza belluzza ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,
ich bin erst wenige Tage hier angemeldet, doch habe deinen Therad gelesen und erkenne die jetzige Situation fast in meiner wieder. Allerdings geht es bei mir um meine Mutter. Es sind noch keine 2 Wochen seit der Diagnose dieper Zufall wegen Verdacht auf Schlaganfall mir Nachts mitgeteilt wurde. Winterschlaf wie Du nun geschrieben hast im letzten Posting ist genau das was ich auch gerne würde. Ich habe viel erlebt und gesehen, doch momentan die Situation von einem Elterneteil mitzuerleben, nicht zu wissen wie es weitergeht, wie man helfen kann die Angst zu nehmen und Mut zu geben ist ein kraftraubendes Gefühl. Ich wünsche Deinem Papa, Dir und der Familie viel Kraft und das noch viel Zeit miteinander erlebt werden kann... auch wenn Ärzte ggf. anderes sprechen.
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  #6  
Alt 05.09.2012, 16:42
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Beluzza,

vielen Dank.
Ich wünsche euch dasselbe.
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  #7  
Alt 05.09.2012, 17:57
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

ich hab immer schon viel mit meinen eltern zu tun gehabt. wegen meines bruders bin ich mindestens 2x monatlich bei ihnen gewesen. halt immer fuer 2-3 tage. momentan "wohne" ich quasi wieder bei ihnen. und das ist gut so.

natuerlich ist die vorstellung hart. ich weiss. ich finds auch immer noch krass, dass ich weiss, dass mein vater unheilbar krank ist. ich koennt immer noch kotzen, dass mir das universum die unsterblichkeitsillusion von superman geraubt hat. bloede sau, dieses universum!
aber es hilft nicht. ich muss wirklich an heute denken und aus dem heute so viel rausziehen, wie ich nur kann.

ich finds toll, dass du bewusst wieder nach hause gegangen bist. und dass du beschlossen hast, deine eltern besser kennenlernen zu wollen. es ist auf der einen seite schoen, und da ich selbst viel mit meinen eltern zu tun habe, weiss ich, dass es eine tolle sache ist, eine enge beziehung zu seinen eltern zu haben. aber die vorstellung, loslassen zu muessen, faellt in so einem beziehungskontext natuerlich noch viel schwerer, denke ich.

ganz liebe gruesse und alles gute fuer deinen dad!
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  #8  
Alt 05.09.2012, 16:26
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Mari,

nationalistische Arschkrampen. Ich musste ganz recht herzlich schmunzeln, weiss ich doch genau was du meinst.

Das mit den Zigaretten ist echt schwierig. Überraschenderweise hat mein Vater bisher nicht einmal das Wort Zigarette in den Mund genommen. Dafür hat er mir und meiner Mutter vorgestern ganz rührend und ernsthaft ans Herz gelegt immer schön zu allen Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Ich musste mich echt zusammenreissen nicht laut loszuprusten.

Ich finde die Vorstellung sehr schön, dass du ein Bild von deinem Vater speichern möchtest, um seinen Enkeln später von ihm erzählen zu können.

Ich habe vor 6 Jahren ähnliches beschlossen. Durch den Tod meines Bruders ist mir die Unplanbarkeit des Lebens sehr drastisch bewusst geworden und ich realisierte, dass die Zeit, die mir mit meinen Eltern bleiben wird begrenzt ist. Weiterhin war mir schon immer klar, dass man am meisten über sich selbst lernt, wenn man seine Eltern genau kennt.
Und so entschloss ich mich wieder bei meinen Eltern einzuziehen, was dank eines grossen Hauses sehr gut geklappt hat. Ich beschäftigte mich sehr genau mit dem Lebensweg meiner Eltern und stellte sehr viele Fragen. Ich habe meine Eltern in diesen Jahren besser kennengelernt, als in den gesamten 33 Jahren vorher.
Jetzt bin ich sehr froh, dass ich mich damals so entschieden habe. Vieles wurde zwischen mir und meinem Vater bereits besprochen und aus dem Weg geräumt...

Und dennoch.
Es ist unglaublich schwer den schwermütigen Blick von morgen abzuwenden und mich aufs heute zu fokussieren.
Harte Zeiten.
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  #9  
Alt 05.09.2012, 16:40
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Miriam,

du hast vermutlich recht.
Optimismus und Verleugnung sind wahrscheinlich sehr effektive Schutzmechanismen. Nachvollziehbare und naheliegende noch dazu.

Ich werde einfach versuchen müssen jeden so mit diesem Horror umgehen zu lassen, wie er oder sie es gerne möchte und am besten schafft.

Guter Punkt, Miriam.
Vielen Dank.
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