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  #1  
Alt 14.02.2013, 08:09
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

ich kann mich an eine szene erinnern, als mein das seine diagnose frisch bekommen hatte. wir saßen auf der terrasse und tranken kaffee, der dad wollte unbedingt noch ein kippchen rauchen, und wir redeten. darüber was jetzt ansteht. und mein dad sagte irgendwann zu mir, dass ich mich nicht aufzuopfern hätte in dieser situation, und mein leben weiter leben müsse.
das hat bis zu seinem tod dann ja mehr schlecht als recht geklappt, und es war richtig und notwendig so, anders hätt ich es ja gar nicht ausgehalten.

auf jeden fall bin ich der festen überzeugung, dass mein dad gewollt hätte, dass wir bald wieder zur normalität zurück finden, was auch immer diese in dem augenblick sein mag. er war immer ein starker verfechter von "stay cool", "don't panic" und "ach geh, ned heulen"... ich fürchte, er hat sich die normalität für uns nach ihm nicht so vorgestellt, wie sie nun ist, also ohne meinen bruder, aber ich denke, dass es trotzdem okay ist, wenn wir uns trauen, nach vorne zu sehen.

es ist schon manchmal erschreckend, dass es ohne dad und ohne bruder auch läuft. aber dann denke ich mir, es ist ja nie ohne die beiden. ich hab sie ja ständig irgendwie dabei...
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  #2  
Alt 14.02.2013, 10:04
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

liebe mari..
ich bin mir ganz sicher, daß all unsere gegangenen sich wünschen, daß wir wieder normal und fröhlich weiterleben. sie wollen nicht, daß wir ewig in dieser tiefen traurigkeit verharren. ihnen geht es jetzt gut, und das möchten sie ganz bestimmt mit uns teilen. von da her nehm ich auch oft meine kraft. ich denke, mami geht es jetzt gut und so darf auch ich leben.
und wenn eine trauerwelle über mich einbricht, dann darf diese auch sein, nur muß ich auch da auch wieder rauskommen.
wünsch dir eine schöne restwoche..
glg tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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  #3  
Alt 24.02.2013, 00:50
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

ach du liebe zeit. heut war schlimm. wir haben wohnungsübergabe gemacht. und auf dem weg zu meiner mutter habe ich auf dem gehweg, aus dem augenwinkel heraus eine frau gesehen, die einen rollstuhl/buggy schiebt. mit jemandem drin, der offenbar spastisch war. und ständig mit seinem rechten arm wedelte. so wie mein bruder. der erste gedanke war natürlich - mein bruder. und schon ging es los, ein rabäääh ohne ende, während ich im auto saß...

und so ging es weiter, denn die wohnungsübergabe lief übelst ab. die vermieterin und ihr gehilfe, ein arroganter schnösel, der stank wie die beschissene mall in waukesha, wisconsin, wollten meiner mom weismachen, sie hätte sich nicht richtig um die wohnung gekümmert. weil sie nach 19 jahren nicht mehr so aussieht wie am erstbezugstag. weil es über jahre hinweg einfach eine raucherwohnung war. und dazu noch eine mit baumängeln versehene. die art und weise, wie sie mit meiner mutter gesprochen haben war wirklich unter aller sau. demütigend und unsensibel. ich musste mich so zusammenreißen, um meine interventionen noch halbwegs höflich zu artikulieren. ich hätt sie ob ihrer arroganz am liebsten kommentarlos stehen lassen.
ich meine hey, meine eltern haben jährlich geweißelt, haben geputzt wie die wilden, haben sich um alles gekümmert... es war ihr lebensmittelpunkt, und natürlich sollte der schön aussehen. und jetzt kommt dieser... arggghhhh! ich darf gar nicht mehr darüber nachdenken... ich hoffe, das wars jetzt mit der wohnung, ich möchte nichts mehr davon hören. das kapitel soll ein ende finden.



und dann war ich so aggro, dass ich meiner mom ziemlich blöd gekommen bin. das war nicht fair. und ich könnt mich immer noch treten, obwohl wir uns wieder verstehen und alles gut ist.

ein gutes: sie ist wirklich fit in ihrer neuen umgebung. sehr agil. gut, heute hat es sie zerbröselt. aber sie hatte schon wieder pläne für nächste woche. wen sie alles besuchen will, was sie alles noch machen muss. ziemlich cool, muss ich sagen. wenigstens eine gute sache. alles andere ist grad eher anstrengend...
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  #4  
Alt 24.02.2013, 07:46
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

Liebe Mari,

oje, das sind ja übelste Vertreter ihrer Gattung gewesen! So etwas ist mir auch vor 8 Jahren passiert, als ich aus- und umgezogen bin, doch da war ich seelisch keineswegs so belastet wie deine Ma. Die sollten sich schämen!!! Wahrscheinlich reine Schikanemaßnahmen, um Geld rauszuschinden bzw. sich die Wohnung komplett renovieren zu lassen. Ist doch logisch, dass eine Wohnung innerhalb eines so langen Zeitraumes nicht neuer und hübscher wird... Ich bin froh, dass ihr das hinter euch habt!!! Wieder ein Kapitel beendet und deine Mama ist sicherlich froh, dass du ihr zu Seite gestanden bist.

Du warst sicherlich emotional in einer sehr aufgewühlten Lage, als du deine Ma erreicht hast und dann noch diese Schnösel! Kein Wunder, dass du dich ihr gegenüber vielleicht später nicht so optimal verhalten hast... Es war an dem Tag einfach alles zuviel des "Guten"...

Das Anstrengendsein kenne ich auch gut von meiner Mutter. Es ging ihr ja grottenschlecht in der ersten Zeit und da fing sie an, mir alles überzustülpen, d.h. ich war für alles verantwortlich. Die einfachsten Dinge konnte sie nicht mehr entscheiden und ich war oft nur genervt. Da sind wir auch gelegentlich aneinander gerasselt. Aber ich denke, es ist normal. Es klingt komisch, doch in eurer Familie muss sozusagen eine neue Ordnung geschaffen werden und ihr müsst euch auf eurem Platz neu einrichten. Auch das bedarf Zeit und da kommt es nicht selten zu Reibereien. Es wird auch wieder besser! Ich darf das sagen, denn ich habe es letztes Jahr so erfahren

Hab einen schönen und entspannten Sonntag!
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #5  
Alt 24.02.2013, 18:57
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

ich glaube, ich war vor allem von der arroganz der leute irritiert. diese selbstverständlichkeit, mit der sie annehmen, dass nach 19 jahren eine wohnung nicht bewohnt aussehen muss. vor allem, wenn ein bewohner raucht, und zwei von vieren und zum schluss drei von vieren 24/7 daheim sind.
der witz ist halt, dass meine eltern schon vor jahrzehnten schimmelbefall moniert haben. weil aber der bauträger der ehemann der vermieterin war, hieß es, ohne expertenurteil, dass es am falschen lüften liege. meine eltern haben sich ziemlich ausgeliefert gefühlt, weil die wohnung vom schnitt her für meinen bruder ideal war. drum haben sie nach erfolglosen beschwerden einfach beschlossen, sich selbst um die angelegenheit zu kümmern, so gut sie konnten. also schimmelbekämpfungsmittel, lüften nach protokoll und ein- bis zweimal jährlich streichen.
gestern hat sich die vermieterin aufgeregt, dass meine eltern den schaden nicht vehementer moniert haben, schließlich sei es ein baufehler/wasserschaden.
ich meine, im endeffekt soll sie froh sein, dass sie 19 jahre unglaublich dämliche mieter hatte, die sich schnell haben einschüchtern lassen, die nie die miete gemindert haben, obwohl das bei einem wasserschaden möglich gewesen wäre. sie sollte echt froh sein, statt dessen zieht sie diesen arroganten schnösel mit, dessen ziel es ist, meine mutter zu demütigen.

aber hey, heute ging es ihr schon wieder gut. wir sind heute zu ihr spaziert. ein fast anderthalbstündiger marsch durch die kälte. sie hat sich gefreut, und war heute schon wieder relativ fit.

so, jetzt muss ich aber mal die füße hochlegen. es ist unglaublich, wie eingerostet ich bin.
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  #6  
Alt 24.02.2013, 19:08
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

Ja, kann ich gut verstehen! Ich finde es auch ekelhaft, wenn Menschen ihre Machtposition derart missbrauchen und ausspielen. Zum Glück muss deine Mutter diese Fatzken nie wieder sehen!!!

Hey, nach einem so langen Spaziergang durch die Kälte kannst du getrost die Beine hoch legen! Ich habe heute wieder einen "Kuschelmuscheltag" eingelegt. Das bedeutet, man läuft im Pyjama durch die Wohnung, isst gegen Mittag Frühstück und tut nur das, worauf man Lust hat

Liebe Grüße
Miri
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  #7  
Alt 04.04.2013, 21:27
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

jetzt musste ich lange suchen, um diesen thread zu finden...

hab so lange nichts zu schreiben gehabt. naja, eigentlich schon. aber es ist schwierig.

meistens läuft es ganz gut. mein alltag läuft soweit. mein freund ist immer noch hier. er hat ab mai einen job, d.h., er wird noch länger bleiben, hoffentlich. meine mom arrangiert sich mit ihrem neuen dasein als witwe und verwaiste mutter... und es geht ihr nicht so schlecht, wie ich befürchtet hatte. sie hat zwar diesen schrein aufgebaut, im wohnzimmer, mit bildern von meinem bruder und meinem vater. sie zündet dort jeden tag kerzen an. es sieht ein bisschen sonderbar aus. aber es beruhigt sie. sie hat beschlossen, das haus in kroatien nicht zu verkaufen, und über kurz oder lang wieder hinzuziehen... ich weiß manchmal nicht, was ich davon halten soll... manchmal habe ich angst, dass vieles von dem, was meine mutter tut oder tun will, von der vorstellung motiviert ist, dass andere menschen glauben, dies sei das richtige verhalten für jemanden in ihrer situation. klingt das jetzt kompliziert? manchmal denke ich mir, sie spielt die rolle der trauernden so, wie sie sich vorstellt, dass es gesellschaftlich erwartet wird. das fällt dann für meine begriffe manchmal sehr dramatisch aus. aber vielleicht ist es wirklich das, was sie ist, und es stört mich nur, weil ich sie gerne optimistischer hätte, und stärker.

obwohl sie eigentlich sehr stark ist.

ich hab in den letzten tagen wieder einiges an sonderbaren gedanken ertragen müssen. so kleine intermezzi der trauer. flashbacks, zum teil... bilder. von meinem bruder im krankenhaus, von meinem dad. ich bin über bilder gestolpert, die ich noch im handy habe. das war nicht gut. ich vermisse es gerade fürchterlich, mit meinem dad zu sprechen. nicht, dass es etwas besonderes zu bereden gäbe. aber einfach sprechen, so, wie wir gesprochen haben...

ansonsten stehen bei mir gerade drei steuererklärungen aus. und ein exzessives fit durch joggen programm... oh, und ich mache mir immer noch gedanken, sehr erfolglos, über meine berufliche zukunft...

und bilde mir ein, dass alles besser wird, oder leichter zu ertragen, wenn erstmal der frühling da ist...
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