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  #1  
Alt 03.10.2013, 10:59
Wangi Wangi ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

@ Kerejon

Guter Beitrag - Und das von jemanden vom Fach

Ich sehe das auch so, wenn ich nicht mehr kämpfen würde würde ich mich mit der jetzigen Situation abfinden, das würde aber auch heißen dass ich aufgebe wieder besser essen zu können, wieder belastbarer zu sein, wieder mehr am Leben teilhaben zu können.
Und deshalb kämpfe ich weiter und das ist durchaus positiv gemeint. Denn ich möchte das Alles wieder besser können und gebe mich nicht mit dem jetzigen Zustand zufrieden und das ist auch gut so, denn wenn ich das schon gemacht hätte wäre ich heute nicht so weit, dann hätte ich immer noch eine PEG und wäre davon abhängig.
Und trotzdem geniesse ich auch meine bisherigen "Erfolge", das Eine schließt das Andere ganz bestimmt nicht aus.
Aber die Hände in den Schoß legen und meinen es ist alles soooooo schön wie es gerade ist ist nicht mein Fall
Aber wie schon Andere hier geschrieben haben, das ist Ansichtssache und für jeden Anders und ich sehe das wie Kerejon, jeder hier ist schon ein Held weil er den Kampf gegen die Erkrankung aufgenommen hat

Gruß Wangi
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  #2  
Alt 03.10.2013, 21:05
simi1 simi1 ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo,

herzlichen Dank euch allen, dass ihr solche Einblicke in eure Gefühls- und Gedankenwelt um die Krankheit gebt. Ich habe jeden Beitrag mehrfach gelesen, darüber nachgedacht und versucht, eigene Antworten zu finden.

Das Thema "Kämpfen gegen die Krankheit" beschäftigt mich seit vielen Monaten und bringt mich oftmals um den Schlaf. Ihr habt nun alle aus eurer Sicht, der Sicht der Erkrankten, geschildert. Mich betrifft das Thema als Angehörige, als Mutter, die mitentscheiden musste, wie viel Kampf dem eigenen Kind zugemutet wird.
Unsere Tochter hatte natürlich mit zunehmendem Alter ein gewichtiges Mitspracherecht, aber die letzte Entscheidung, die Unterschrift, die mussten wir Eltern leisten. Erziehungsberechtigte ... Entscheidungsberechtigte in solch unsäglich schweren Situationen.

Ja und nun quälen mich Fragen und Zweifel. War es richtig, sie einem solchen Kampf auszusetzen? War es richtig, sie zum Kämpfen aufzufordern und zu motivieren? Denn es war Kampf, ob man das Wort mag oder nicht. Ein harter, erbarmungsloser Kampf gegen die Krankheit, die Symptome, die Wirkungen und Nebenwirkungen der Therapie.

Ein langjähriger Mitpatient unserer Tochter wollte sich nach einer neuerlichen Rezidivdiagnose vor zwei Monaten gegen das Kämpfen entscheiden. Angesichts des Leidensdrucks seiner Familie hat er dennoch einer weiteren Chemo zugestimmt. Wollte von deren Ergebnis abhängig machen, ob er sich weiterhin den heftigen Therapien aussetzt oder den von ihm favorisierten Palliativweg einschlägt und in der verbleibenden Zeit die Dinge tut, die ihm wichtig sind. - Im Zelltief bekam er eine schwere Infektion und ist daran vorzeitig verstorben. Die Schuldgefühle seiner Eltern wachsen ins Unermessliche.

Von außen betrachtet sah man die Erwartungshaltung, den Leidensdruck, die Hoffnungen, Wünsche und Seelennöte aller Familienmitglieder deutlicher, als man sich selbst in vergleichbarer Situation erlebt hat. Das hat meine Bedenken zusätzlich verstärkt, ob es richtig war, diesen Kampf aufnehmen zu lassen, diese Einverständniserklärungen zu unterschreiben, nicht die Alternativen gleichberechtigt aufgezeigt zu haben.

Verzeiht, wenn ich wirr geschrieben habe und vielleicht in meinen Gedanken nicht nachvollziehbar bin. Aber dieses Thema hinterlässt bei mir tägliches Gefühlschaos.

Alles Gute für euch
Simi
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  #3  
Alt 04.10.2013, 02:18
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo zusammen,

ich denke, es kommt sehr auf die momentane Situation und individuelle Voraussetzungen an, ob man den Begriff des Kampfes anwendet oder lieber was anderes. Ich denke weiterhin, es ist entscheidend, wem und zu welchem Zeitpunkt man was sagt. Die Wortwahl ist dabei absolut wichtig.

Man sollte den Partner, die Partnerin, den Freund, die Mutter, den Opa, als Arzt den Patienten genau da abholen, wo er/sie gerade steht. Dazu muss man sich als Angehöriger/Betroffener/Arzt sehr wohl in die Psyche und die Lage des oder der (anderen) Erkrankten hinein versetzen oder es zumindest versuchen. Natürlich läuft man dabei Gefahr sich zu irren. Unter Umständen zum falschen Zeitpunkt das Richtige sagen oder zum richtigen Zeitpunkt das Falsche und manchmal einfach die Klappe halten, was auch falsch sein kann. Das Risiko muss man eingehen, wenn man verstehen und helfen will. Alles andere wäre doch nur hohles Geschwätz und das unabhängig davon, wo man selber gerade steht. Ob nun als Betroffene/r, Angehörige/r, Hinterbliebene/r oder Arzt.

Genau das ist der Grund, warum ich mich an dieser Diskusion beteilige: ich möchte, soweit möglich, wissen und verstehen. Zum Teil aus meiner Vergangenheit begründet und zum anderen Teil, weil sich jeder hier in vielleicht ähnlicher, jedoch nur ganz selten in der gleichen Situation findet. Bei Mit-Patienten, Mit-Angehörigen und Mit-Hinterbliebenen lege ich mindestens den gleichen Maßstab an.

Einem/r frisch Diagnostizierten sagt man: Kämpfe! Danach: schau mal, was das Leben noch zu bieten hat. Bei einem frisch Erkrankten könnte das bedeuten: mach eine Weltreise, erfülle dir deinen größten Wunsch und dann ... Tschüß. Im finalen Stadium kann man nur noch die Hand halten. Egal, ob man krebsbedingt dieses letzte Stadium erreicht oder nicht, auf unserer aller persönlichem Weg gibt es tausend Zwischentöne. Auch ein Betroffener kann mir nicht erzählen, dass er einfach so dazu kam, das Leben nach mehr oder weniger erfolgreicher Behandlung als schön zu empfinden. Dazu gehört Kampf und ich bleibe bei dem Wort. Kampf im wahrsten Sinne des Wortes. Ja, und oft genug flossen tatsächlich Blut, Schweiß und Tränen. Kampf gegen den Krebs, Kampf mit und gegen sich selbst. Kämpfen ist doch nichts negatives?

Das Ziel? Friede. Mit sich, dem Krebs, dem Leben. Glückwunsch an jeden, der das schafft. Auch dann, wenn es so ausgeht: es war schwer, aber auch sehr schön.

Was anderes. Als Angehöriger wollte ich keine Entscheidungen treffen, was das Leben ohne meine Frau betrifft. Als Hinterbliebener MUSSTE ich, ob ich das wollte oder nicht. Ich war gezwungen dazu. Ok, ich hätte es auch lassen können. Dann säße ich vielleicht heute in der Klapse oder schliefe unter einer Brücke. Ich hätte mich auch anders entscheiden können, dann könnte ich heute hier nicht schreiben. Leicht? Nein. Freiwillig? Nein. Mit einem Lächeln? Nein. Entscheidungen sind Entscheidungen. Auch sich nicht zu entscheiden ist eine Entscheidung. Analog dazu: als Gesunder will ich jetzt keine Entscheidungen für mich treffen, sollte ich irgendwann mal an Krebs erkranken. Es genügt mir, dass ich dazu gezwungen werde, wenn es soweit kommen sollte. Was nicht heißt, ich mache mir gar keine Gedanken darüber. Als ehemaligem Angehörigen gehört das Gespenst namens Krebs aus gegebenem Anlass zu meinem Leben.


Liebe Grüße und allen eine gute Nacht,

Helmut
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  #4  
Alt 04.10.2013, 10:50
Wangi Wangi ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo Simi,

so eine Situation wie du sie beschreibst ist noch um Einiges schlimmer als NUR für sich entscheiden zu müssen.
Ich hätte genauso gehandelt wie du/ihr, solange noch ein Funken Hoffnung bestanden hätte hätte ich auch mein Kind motiviert zu kämpfen. Niemand kann in die Zukunft sehen, es hätte auch sein können dass der letzte Kampf deiner Tochter sie gesund gemacht hätte. Und wie du sie in deinen Beiträgen beschreibst war sie ja selber Diejenige die kämpfen wollte, sie wollte nicht aufgeben.
Ich kann aber verstehen dass du zweifelst und das kann dir leider auch niemand abnehmen.

Lieben Gruß
Wangi
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  #5  
Alt 05.10.2013, 16:02
Mathias974 Mathias974 ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Ich möchte als betroffener zum Thema Kampf etwas schreiben.
Meine Diagnose ist gerade mal 6 Monate alt. Ich habe Gallenblasenkrebs plus Lymphknotenmetastasen, wurde zweimal operiert, wobei die letzte Radikal war. Zwei Segmente der Leber raus, Gallenblase raus, Lymphknoten raus u.s.w.
Erst hieß es ich wäre zu jung für diese Krebsart, dann sie haben Krebs aber noch glück gehabt und dann halt die befallenen Lymphknoten.
Ich befinde mich nun seit 12 Wochen in der Chemo und habe noch mindestens 14 Wochen vor mir. Diese ganze Situation ist "KAMPF", egal wie man es sehen will. Die Chemo alleine fordert einen alles ab, mit jeden Zyklus wird es schlimmer. Jedesmal hängt man fünf Stunden an der Nadel bis alle Infusionen drin sind, das steckt man physisch und psychisch nicht einfach so weg und wer es sagt verdrängt da wohl mehr.
Ich habe mich zum Kampf entschieden und auch ich werde es sein der sich irgendwann, gegebenenfalls dagegen entscheiden wird, denn niemand trägt die eigenen Schuhe.
So gut ich die Angehörigen verstehen kann aber letzten Endes ist es meine Entscheidung wie und in wie viel Würde ich etwas beenden will.
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  #6  
Alt 05.10.2013, 21:59
simi1 simi1 ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Zitat:
Zitat von Mathias974 Beitrag anzeigen
Ich habe mich zum Kampf entschieden und auch ich werde es sein der sich irgendwann, gegebenenfalls dagegen entscheiden wird, denn niemand trägt die eigenen Schuhe.
So gut ich die Angehörigen verstehen kann aber letzten Endes ist es meine Entscheidung wie und in wie viel Würde ich etwas beenden will.
Und diese Entscheidung mussten letztlich wir für unsere Tochter treffen. Genau dies quält mich seit Monaten.
Natürlich gab es viele gemeinsame Gespräche mit und ohne Ärzte zu diesem Thema. Sie hat sich auch sofort für das Kämpfen entschieden und diese Entscheidung aufrechterhalten, bis es aussichtslos wurde.
Aber stellt man in einer solchen Situation die Alternativen wirklich objektiv und wertfrei gegenüber? Wohl kaum ....

Viele Grüße
Simi
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  #7  
Alt 05.10.2013, 22:28
Mathias974 Mathias974 ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo Simi,

klar tut mir das leid für euch, ist sicherlich keine einfache Entscheidung gewesen.
Ich werde alles soweit abklären mit Patientenverfügungen, denn ich will nicht das sich andere darum kümmern müssen. Als schwer kranker Patient stehen dir ja heute Gott sei dank vielerlei Hilfen zur Verfügung. Auch das sind dann leider die unangenehmen Sachen über die man sich Notfalls Gedanken machen muss.

Was ich noch dabei sagen muss, ich habe da eh eine sehr scharfe Einstellung zu, ich habe selbst meinen Vater vor 3 Jahren verloren. Auch da war im Vorfeld geklärt wann Schluss ist, denn eines der größten Probleme ist die Angst vorm loslassen. Ich war froh als nach drei Tagen Todeskampf alles vorbei war, weil ich mich im Vorfeld schon damit auseinandergesetzt habe das es bald vorbei sein wird. Für einige hört sich das Herzlos an, was es mit Sicherheit aber nicht ist, ich habe nur im Leben schon vieles mitmachen müssen.

Geändert von Mathias974 (05.10.2013 um 22:32 Uhr)
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  #8  
Alt 05.10.2013, 22:46
simi1 simi1 ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo Mathias,

ich war damals auch froh, als mein Vater "endlich" gestorben ist. Er hatte eine unheilbare neurologische Erkrankung und konnte gar nichts mehr selbst tun - auch nicht sprechen.
Wobei ich sagen muss, dass sein Tod nur für uns, als pflegende Angehörige, eine Erlösung war. Er hatte trotz seines vollkommen hilflosen Zustandes einen unbändigen Lebenswillen. Wollte so lange durchhalten, bis die medizinische Forschung diese Krankheit heilen kann.
Im gesunden Zustand war er sogar ein Befürworter von Sterbehilfe bei aussichtslosen Prognosen. Als er selbst in dieser Situation war, wollte er nur leben leben leben.

Alles Gute für dich
Simi

Geändert von simi1 (05.10.2013 um 22:52 Uhr) Grund: Wort vergessen
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  #9  
Alt 06.10.2013, 03:50
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Zitat:
Zitat von Mathias974 Beitrag anzeigen
So gut ich die Angehörigen verstehen kann aber letzten Endes ist es meine Entscheidung wie und in wie viel Würde ich etwas beenden will.
Hallo Mathias,

das ist richtig . Die Patientenverfügung drückt das aus, was der Vollmachtgeber 'will'. Sie gibt den Angehörigen (bzw. den Bevollmächtigten) und Ärzten allerdings nur Rechtssicherheit für den Fall der Fälle. Der Vollmachtgeber gibt seinen Willen kund und übergibt die Entscheidung in vollem Umfang an die Bevollmächtigten, sobald er (oder sie) nicht mehr selbst entscheiden kann.

Die Patientenverfügung nimmt den Bevollmächtigten jedoch keineswegs die Verantwortung ab, bzw. die Entscheidung, was dann tatsächlich getan wird. Der Bevollmächtigte im speziellen ist keineswegs gesetzlich, sondern lediglich moralisch verpflichtet, den Willen des Vollmachtgebers zu erfüllen. Außerdem wird sich bei bestimmten Entscheidungen, z.B. das Recht auf Leben, das Amtsgericht einschalten (bzw. muss eingeschaltet werden) und zum Ersten die Patientenverfügung selbst überprüfen und zum Zweiten, ob die Voraussetzungen für das Umsetzen der Verfügung überhaupt gegeben sind. Das zum Schutz des Patienten vor falschen und/oder willkürlichen Entscheidungen von Bevollmächtigten und Ärzten.

Der Vollmachtgeber sollte sich bewusst sein, welche Bürde und Verantwortung er den Bevollmächtigten auflastet. Denn sie sind es, die letztendlich eventuell über Leben oder Tod eines anderen Menschen bestimmen müssen.


Liebe Simi,

ich mag mir gar nicht auszumalen, wie das für mich wäre, solche Entscheidungen wie ihr als Eltern fällen zu müssen. Sicher habt ihr den Willen eurer Tochter respektiert, doch musstet ihr letztendlich die Entscheidungen unterschreiben und damit die volle Verantwortung übernehmen. Obwohl nach dem Willen eurer Tochter, kann ich mir Gewissenskonflikte, Zweifel, Angst, Trauer und durchwachte Nächte vorstellen. Vor allem auch jetzt noch, da eure Tochter nicht mehr zu kämpfen braucht.

Das ist der Kampf gegen den Krebs, dem die meisten Angehörigen ausgesetzt sind. Ein Kampf, in dem man oft nur hilflos an der Seite stehen kann. Schlimmstenfalls ist es so, dass dieser Kampf nicht damit endet, dass der des Betroffenen vergebens war. Denn während der Betroffene kämpft, kann dieser in der Regel seine Entscheidungen, oft mit der Unterstützung von Angehörigen/Ärzten, selbst treffen bzw. eine Fehlentscheidung eventuell revidieren. Ist dieser Kampf jedoch vorbei, müssen Hinterbliebene mit ihren Entscheidungen und, wenn auch sehr oft nur vermeintlichen, Fehlentscheidungen leben.

Ich finde es gut, dass sich Vertreter/Vertreterinnen aller Gruppen beteiligen und das sachlich und in gegenseitigem Respekt. Vielleicht hilft es dem oder der Einen oder Anderen mal für einen kurzen Augenblick über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es kann nichts schaden.


Alles Liebe und eine gute Nacht,

Helmut
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  #10  
Alt 06.10.2013, 13:12
J.F. J.F. ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo zusammen,

nun, ich begebe mich doch wieder in diese Gesprächsrunde (mit dem Begriff Diskussion verbinde ich andere Dinge = Assoziationen).

Mathias, Du befindest Dich mitten in der Therapiephase, also in der aktiven Zeit des Handels. Deine Gedanken über den letzten Weg ist normal, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass nur das Gespräch mit demjenigen, der die Vollmacht erhalten hat, wirklich klar und deutlich werden lässt was Du an Wünschen hast.

Evelyn, Du hast 2011 und dann erst wieder 2013 hier geschrieben, also immer außerhalb Deiner aktiven Krankheitsphase. Dein Weg erinnert mich ein bisschen an eine Bekannte, die ebenfalls sehr esoterisch angehaucht ist. Ein Weg. Ich bin erdverbunden . Aber dies ist völlig unwichtig, solange Dein Weg Dir hilft. Und das tut es wohl . Aber aus Deinen Beiträgen kann man sehr wohl erkennen, dass auch Du Kämpfe ausgefochten hast. Bis hin zu diesem - Deinen Weg.

Du siehst, ich habe mir Deine Beiträge angeschaut.
Nur so nebenbei, ich bin ein weiblicher Schreiberling
Und noch etwas. Du hast mir die Frage gestellt, ob das Leben nur Kampf sei. Mmmh, da hast Du dann einen Satz wohl überlesen:
Zitat:
Und geniesse in den Zwischenzeiten das Leben
. Ich musste mich zwar von einigen Hobbys, wie dem wandern, schweren Herzens verabschieden, aber bei der Vielzahl der Hobbys fällt das dann wiederum nicht ins Gewicht

Helmut hat vieles, was ich in anderen Worten ausgedrückt habe, ausführlicher dargelegt. Ja, Helmut, Du bist ein Akrobat des Wortes. Und das mit einer scheinbar leichten Feder. Bei Dir darf man davon ausgehen, dass Du nichts unüberlegtes schreibst . Deswegen hast Du mich mit zwei Sätzen schon überlegen lassen, ob und was es mir und den anderen eventuell sagen soll. Gerade vorher habe ich in einem Thread gelesen, dass sich jemand gefreut hat einen Marathon wieder zu laufen. Und so die Hoffnung auf ein normales Leben gerade wieder einen Sprung nach vorne gemacht hat. Jeder hat so seine Ziele, die er mit Normalität verbindet. Wünsche, die er gerne wieder aufnehmen möchte, weil es ihm Spaß und Freude macht. Manche Hoffnungen sind klein, aber sie sind da. Wangi weiß genauso wie ich, dass selbst die kleinsten wiedergewonnenen Bewegungen einen Sieg darstellen. Selbst nach bald sieben Jahren gibt es Momente, da halte ich inne und denke, wau, das konnte ich gestern noch nicht. Diese stillen Momente sind Gold wert . Werden aber vom Umfeld ggf. entgeistert wahrgenommen, weil man eben die Problematik nicht kennt, denn der Betroffene geht damit nicht hausieren. Warum auch? Denn nach sieben Jahren mit vielen großen und noch mehr kleinen Operationen ist man müde von seinen Auas ´s zu erzählen.

Kerejon, Du weißt schon, dass Ihr Chirurgen von vielen als ihr Schutzengel bezeichnet werdet? Mal davon abgesehen, auch Du bist ein Held.

Simi, auch hier hatte ich, wenn auch in meiner Art der Kurzform, hingewiesen, dass Angehörige Entscheidungen treffen müssen, die für alle letztendlich die Möglichkeit aufbietet weiter machen zu können. Was wäre wenn, warum habe ich das gemacht und viele andere Fragen werden Dich immer begleiten. Leider. Wir ein Volk der Dichter und Denker, wir denken manchmal zu viel. Grübeln würde man dann für die negativen Gedanken sagen. Die Diskussion mit sich selber bringt nichts, sie zieht nur runter. Denn bei einer Diskussion will einer der Gesprächsparteien Recht behalten, als Sieger vom Platz gehen. Lass es. Auch wenn es Dir jetzt nicht viel hilft, so ist eins sicher, Du hast ein offenes Auge und Ohr. Sonst hättest Du in Deinem Posting nicht schreiben können, was die Familie des Mitpatienten ausgestrahlt hat. Es wird ein langer Weg bis Du erkennst, dass es in diesem Moment die Entscheidungen waren, die getroffen werden mussten. Ansonsten bist Du bei der to-do-Liste von Helmut (Punkt 1 oder 3).

Chili, die (Chemo-)Threapien sind so unterschiedlicher Natur . Ich komme aus dem Hautkrebsforenteil. Hier darf der Betroffene dreimal die Woche selber für (i.d.R.) 18 Monaten die Spritze setzen, da gibt es niemanden, der das macht. Also hat es der Betroffene zirka 216 x in der eigenen Hand eine Entscheidung zu treffen. Für oder gegen. Wer Infusionen bekommt, wird ebenfalls bei jedem Gang aus dem Haus vor der Entscheidung stehen: gehe ich oder gehe ich nicht. Das sich in den Stuhl setzen, auf die Liege legen etc ist dann die Folge der Entscheidung. Also auch wieder aktiv geworden.

Und wie wir alle mehr oder minder geschrieben haben, so gefällt mir Kerejon´s Aussage am Besten:
Zitat:
An der Krankheitsakzeptanz werde ich mich dann versuchen, wenn ich wieder auf trockenem Boden stehe.
Genauso so ist es. Nur dauert es bei manch einem länger bis er wieder auf trockenem Boden steht.
Und sich neu orientiert hat. Manche Dinge muss man von der Lebensliste streichen, manche kommen neu dazu, andere bekommen eine neue Gewichtung. Das gilt auch für die Menschen, die einen begleiten

Und da wäre ich bei Ilse. Du schreibt häufig und gerne, dass Deine Familie und Dein Umfeld Dich unterstützt. Ich denke, dass hier auch das Lebensalter, in dem der Krebs auftritt, eine wesentliche Rolle spielt. Junge Menschen, Teenager, wollen nicht unbedingt mit Krankheit konfrontiert werden, ihr Schwerpunkt liegt im Leben erfahren, nicht ums Leben kämpfen. Wird man älter, so werden die Erfahrungen sich mehren und man hat mit seinen Freunden schon das ein oder andere gestemmt. Trotzdem gibt es Weggabelungen in allen Altersgruppen. Und dann ist wieder eine Entscheidung fällig. Mit oder ohne Kampf

In diesem Sinne
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Geändert von J.F. (07.10.2013 um 08:31 Uhr) Grund: Schreibteufelchen
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  #11  
Alt 06.10.2013, 18:15
evelyn-wieda evelyn-wieda ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Wie immer ein nettes Hallo in die Runde,

nachdem mein lieber Besuch weg ist und ich wieder Zeit für den PC finde, besuche ich das Forum und bin einfach erstaunt, denn es ist ja hier richtig viel Interessantes, Nachdenkens wertes geschrieben worden. Wirklich schön, wie offen hier alle diskutieren.

Ach ja, und da streite ich wieder mit mir selber wegen diesem Wort „Kampf“, was ich für mich irgendwie nicht mag. Jedoch bin ich nach dem Lesen und auch gerade wegen Ilses trefflichen Worten etwas nachdenklich geworden, musste über mich selber schmunzeln. Ich habe wohl gekämpft und kämpfe nach wie vor, nur, ich nenne es anders – für mich ist es ein Handeln, ein vielleicht manchmal straffes Vorwärtsgehen auf meinem Weg oder so etwas. So möge man es mir nachsehen, wenn ich nach wie vor das Wort kämpfen für mich selber nicht verwende, es eventuell mit meiner Benennung jedoch meine.

@ Kerejon
Schön wieder von dir zu lesen und dieses Mal klingt es für mich mutiger, weil es mutig macht, kraftvoller, weil es Stärke vermittelt und Raum fürs Vorwärtsgehen lässt. Und Helden sind wir irgendwie alle, jeder auf seine Art und Weise und du bist auch ein Held, der seinen eigenen Lebensweg meistert.

@ Ilse
Herzlichen Dank noch einmal für deine Worte und das Augenzwinkern, es hat mich über mich selber schmunzeln lassen und ja, Du hast Recht. Ist schon manchmal niedlich, wie man über sich und die Dinge nachdenkt und hingewiesen wird.

@ Simi
Mein tiefes Mitgefühl für dich und deine Familie. Du beschreibst sehr intensiv, wie sich Angehörige fühlen, wie sie leiden und oft an ihre Grenzen stoßen und dann noch schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen. Und ja, liebe Simi, du, ihr musstet Entscheidungen treffen so oder so – weil eure Tochter das noch nicht konnte. Und eure Entscheidung war die Entscheidung für die Hoffnung.

Im Nachhinein sieht es vielleicht falsch aus, doch es hätte auch anders ausgehen können, dann würde die Entscheidung richtig aussehen.

Von Herzen wünsche ich dir, dass du mit dir und deinen Entscheidungen irgendwann Frieden schließen kannst und dein tägliches Gefühlschaos aufhört sich zu drehen.
Alles erdenklich Liebe und viel Kraft für euch.

@ Helmut
Wie immer mag ich deine Diskussionsbeiträge sehr gerne lesen. Du drückst dich sehr gut aus und sprichst ehrlich an, was du empfindest und wissen möchtest.
Du schreibst z. B.
Zitat:
"Dazu muss man sich als Angehöriger/Betroffener/Arzt sehr wohl in die Psyche und die Lage des oder der (anderen) Erkrankten hinein versetzen oder es zumindest versuchen.“
Das ist ein heikles Thema. Es gab eine Zeit, da wollte ich z. B. nicht, dass meine Lieben mich im desolaten Zustand sehen, dass ich vor ihnen jammere oder so und meine Lieben wiederum wollten nicht, dass ich ihre Ängste kenne, dass ich ihre Schuldgefühle wahrnehme. Ein Drama auf beiden Seiten. Bis wir uns ausgesprochen haben, bis wir offen miteinander geredet haben. Heute gehen wir alle sehr offen mit unseren Gefühlen um. Doch ich von mir kann nicht sagen, dass ich mich wirklich in die Psyche oder die Lage von meinen Kindern, meinem Freund, meinen Lieben … hinein versetzen kann, ich kann sie erahnen. Aber wir haben in dieser Zeit viel voneinander gelernt, ja sind sogar mehr zusammen gewachsen und wir achten und respektieren einander sehr. So ist für mich mein persönliches Umfeld einfach schön, harmonisch trotz vieler unterschiedlicher Meinungen und es trägt halt mit dazu bei, dass ich meinen Weg gehen kann.

Noch schwieriger wird es ja mit den Ärzten und Therapeuten. Ein offener, guter Arzt, der sich Zeit nimmt, der sich ehrlich mit mir auseinander setzt ist gar nicht so einfach zu finden. So bin ich ganz sehr dankbar, dass ich einen tollen Hausarzt gefunden habe, dass mich eine gute, taktvolle Onkologin begleitet, dass ich einen Internisten habe, der an mich glaubt, und ich Therapeuten an meiner Seite weiß, die mich alle so nehmen wie ich bin, die mich respektieren und achten und mit mir diskutieren und meine Einstellung kennen und anerkennen. Aber ich würde nicht behaupten, dass sie sich in mich hineinversetzen können und auch wollen oder müssen, jedoch finden sie oftmals die zur rechten Zeit die rechten Worte.

Und was mir persönlich total wichtig ist, ich vertraue ihnen total.

Ferner schreibst du:
Zitat:
„Das Ziel? Friede. Mit sich, dem Krebs, dem Leben. Glückwunsch an jeden, der das schafft. Auch dann, wenn es so ausgeht: es war schwer, aber auch sehr schön.“
Wunderbar ausgedrückt. So wünsche ich, Frieden in sich spüren, in der Mitte sein und gut leben trotz all der Umstände, die so sind, wie sie sind und dann am Lebensende nicht nur an der letzten Phase gemessen zu werden, sondern als Person gesehen zu werden, die gerne gelebt hat, die das Leben genossen hat und glücklich war.
Danke.

@ Matthias
Ja, du, ich, wir entscheiden einzig und alleine, wie es weitergeht, ob es weitergeht.

@ J.F.
Schön das du wieder dabei bist, deine Beiträge bereichern die Diskussion und sorry, wenn ich in dir einen männlichen Schreiberling gelesen habe. Soll nicht noch einmal vorkommen, versprochen.
Da kannst du einmal sehen, dass ich mir wenig Mühe gegeben habe, herauszufinden, wer hinter J.F. steckt. Du hast dir hingegen verdammt viel Mühe wegen mir gegeben. Mir ist ja gar nicht bewusst gewesen, welchen „Schreibrhythmus“ ich hier im Forum zu Tage lege.

Doch warum denkst du, das hat etwas mit meiner aktiven Krankheitsphase zu tun? Hm, und überhaupt, was verstehst du unter einer „aktiven“ Krankheitsphase?
Und wenn du mit „esoterisch“ Glauben meinst, dann ist mein Weg nicht nur angehaucht, sondern dann ist er so. Ja, ich glaube und stehe auch dazu.

Nun möchte ich noch allen einen guten Abend wünschen, viele Momente, die einem gut tun.

Alles Gute
Evelyn

Geändert von evelyn-wieda (06.10.2013 um 18:17 Uhr) Grund: Fehlerteufel
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