Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 13.06.2014, 11:24
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Standard AW: Mein Vater, was ist mit ihm los?

Hallo Barbara,

zunächst mal: du hast deine Mutter verloren. Dafür mein tiefes Mitgefühl. Dein Vater hat seine Frau verloren. Das ist per se ein riesiger Unterschied, obwohl es sich um den gleichen Menschen handelt. Ich glaube kaum, dass du als Tochter die Beweggründe für sein jetziges Handeln einfach so nachvollziehen kannst. Da hilft nur reden, erzählen und, vor allem, zuhören. Niemand kann sehen, was im Kopf, in der Seele des Anderen letztendlich im Detail vor sich geht.

Seine Trauer: "nicht mal ein Jahr". Es gibt keinen Zeitrahmen für die Trauer, den man erfüllen müsste. Manche brauchen Jahre, andere sind schneller, einige schaffen es nie.

Wie gesagt: da hilft nur miteinander reden, reden, reden.

Prostatakrebs und seine Folgen einschließlich der Behandlung können eine sehr starke Wesensänderung hervorrufen bis hin zum völligen Umdrehen der Persönlichkeit. Nicht immer, doch oft. Der Erkrankte selbst hat darauf wenig Einfluss, er braucht dann Hilfe von außen. Nach dem, was du geschrieben hast, habe ich das Gefühl, er wurde mit seinen Problemen ziemlich alleine gelassen. Es gibt sicherlich Hilfe, doch meist ist da auch Eigeninitiative gefragt. Durch den Erkrankten selbst und ebenso durch seine Angehörigen. Es genügt nicht, nur zu erdulden. Was übrigens bei jeder Krebsart zutrifft (Diktatur der Krankheit). Vielleicht haben auch seine Ärzte in dieser Hinsicht in der Vergangenheit versagt. Das ist nun kein Vorwurf, nur meine Einschätzung. Du kannst mich gerne berichtigen, wenn ich damit falsch liege.

Die Vergangenheit ist nicht mehr zu ändern. Doch auch jetzt kannst du noch viel tun. Gegenseitiges Verständnis ist ganz wichtig. Dein Vater sollte wissen, was sein derzeitiges Verhalten bei dir auslöst und umgekehrt kannst du versuchen, seine tatsächlichen Beweggründe zu erfahren. Deine Idee mit dem Psychologen finde ich gut. Vielleicht braucht er auch zusätzliche medikamentöse Hilfe und das nicht nur, was die Psyche betrifft.

bei euch zusammen. Das wird bestimmt nicht einfach. Ich wünsche euch ganz viel Liebe und Verständnis füreinander.

Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.

Geändert von gitti2002 (19.10.2014 um 00:58 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 13.06.2014, 15:08
Barbara 77 Barbara 77 ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 12.06.2014
Beiträge: 3
Standard AW: Mein Vater, was ist mit ihm los?

@ Helmut: Danke für Deine lieben Worte! Nachdem bei meinem Vater 2003 die Prostata entfernt wurde war er 1x in einer Kur für Prostataerkrankte und
1x in einer Kur wegen seiner Psyche, hier bekam er auch begleitend Beckenbodengymnastik. Wieder zu Hause war er jahrelang bei einer Selbsthilfegruppe. Sein Zustand besserte sich enorm. Er war nur noch leicht inkontinent.
Januar 2012 entwickelte sich wieder eine Depression, die sogar zum Herzinfarkt führte. Ich weiß nicht inwieweit dies mit der Prostataerkrankung zusammenhing. Leider wurde dann der Darmkrebs festgestellt, was ihn dann, verständlicherweise, völlig aus der Bahn warf.
Wir haben, nachdem er nach der OP wieder zu Hause war, alles Mögliche versucht ihm zu helfen. Leider haben wir keinen Arzt gefunden, der sich wirklich um ihn bemühte. Der Hausarzt, der 1x wöchentlich ein Hausbesuch machte hat lediglich den Blutdruck gemessen auf viel Trinken hingewiesen und verschwand wieder. Mit der Psychologin konnten wir nur telefonischen Kontakt halten, sie macht keine Hausbesuche. Er war dann 2x in einer psychologischen Klinik, doch auch hier wurde nur nach Schema F verfahren. Erstmal die Tabletten probieren, dann die nächsten, usw. Gesprächssitzungen fanden so gut wie garnicht statt. Sein Zustand verschlechterte sich immer mehr, er hat so sehr gelitten und wollte unbedingt nach Hause. Meine Mutter konnte das nicht mehr mit ansehen und so holten wir ihn wieder heim. Die ärztliche Versorgung war wirklich miserabel. Es ging ihm so schlecht, dass wir schon mit dem Schlimmsten rechneten. Bis dann meine Mutter erkrankte....

Wir reden viel miteinander. Ich rufe ihn jeden Abend an und besuche ihn 1-3x in der Woche. Er meint, er hätte den Verlust überwunden und möchte jetzt noch "Spaß" haben. Dies sei ihm ja gegönnt, ich bin ja einerseits froh, dass er sich so aufgerafft hat und ich muss mich nicht mehr so sehr um ihn sorgen. Dennoch bin ich über diese Wandlung und diesen Höhenflug auch etwas entsetzt...

Geändert von gitti2002 (19.10.2014 um 00:58 Uhr)
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 01:31 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55