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Alt 16.11.2014, 19:24
paddi paddi ist offline
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Registriert seit: 25.04.2013
Beiträge: 17
Standard AW: total am boden

Gut ein Jahr später:

Eigentlich dachte ich damals (im Herbst 2013), dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte. Doch es kam.
Nach dem horror Urlaub ging es auf dem Nullpunkt weiter. Meine Kraft war weg, die Schmerzen sehr gross. So konnte und wollte ich nicht mehr.
Meine Freundin und ich haben uns noch einmal zusammengerauft. Wir haben zusammen geweint, aber auch wieder gelacht, sie gab mir Kraft. Sie fuhr mit mir in meine Klinik und es wurde ein für mich annehmbarer Schlachtplan zusammengestellt.
Langsam ging es mir auch wieder etwas besser. Es gab ein Mann an meiner Seite der sehr genau wusst, wie es um mich stand.
Zwischen zwei gesunden Menschen hätte ich gesagt, es beginnt mit einer "Affäre" und dann sieht man weiter.
Das Weiterschauen war aber irgend wie sehr harzig. Ich habe ihm von Beginn an klar gemacht, dass ich keine Familie, ein Hauskauf usw. mit ihm planen kann. Aber dass ich auch nicht einfach eine "Sexbeziehung" möchte.
Je näher wir uns kamen, um so weiter entfernten wir uns auch wieder voneinander.
Meine Freundin merkte und wusste, dass mich die ungewisse Situation etwas belastete. Sie kannte meinen "Partner" auch und sie hatte das Gefühl, dass er doch plötzlich mit meiner Situation etwas überfordert sei. Das war auch mein Gefühl. Aber ich wollte, konnte nicht mit ihm darüber reden.
Die Beiden trafen sich und führten tiefsinnige Gespräche. Generell über das Leben und dann eben auch darüber wie sehr sie beide an meiner Situation mit zu beissen hatten. Sie wollte ihm zeigen, dass er nicht alleine ist mit seiner Angst, dass er auch bei ihr ein offenes Ohr bekommen könnte und dass wir alle doch einfach das Beste aus der Situation machen sollten und das Leben im jetzt und hier geniessen sollten.
Sie wollte ihm vermutlich die Angst nehmen und ihm klar machen, dass er sich entscheiden sollte, ob er die Zeit mit mir, die uns bleibt geniessen möchte, oder ob seine Angst davor so gross war, dass er das nicht konnte/wollte.
Meine Angst galt inzwischen was ganz anderem. Ich hatte nämlich das Gefühl schwanger zu sein.
Er wusste davon nichts. Er bekam Zweifel, ob er mit der ganzen Situation klar kommen würde und zog sich zurück.
Ich hatte die Bestätigung tatsächlich schwanger zu sein. Wollte ihn aber nicht mehr miteinbeziehen bei der Entscheidung für, oder gegen das Kind.
Ich entschied mich für... Obwohl mir bewusst war, dass ganz viel hätte passieren können.
Meine Freundin fand meine Entscheidung nicht gut. Das erfuhr ich aber erst viel später. Mir gegenüber tat sie so, als ob sie sich mit mir auf das Kind freuen würde. Hinter meinem Rücken erzählte sie Freunden, dass sie hoffe dass ich das Kind verlieren würde.
Mir ging es den Umständen entsprechend erstaunlich gut. Mein Arzt unterstützte mich bei all meinen Entscheidungen
Nach der 16.SSW war der Beginn mit einer neuen Chemo geplant. Ich hatte also noch etwas "Galgenfrist" bis Ende Jan. 14.
Meine Freundin krieselte psychisch um Weihnachten herum. Über Neujahr wars dann schon etwas mehr "gekriesel", so dass jeder es mitbekam.
Eine andere Freundin bekam am 3. Januar per Kaiserschnitt ihr Baby. Ich durfte bei der Geburt dabei sein und bin von der Kleinen Patentante (die zweite) Natürlich war ich in den Tagen viel bei meinem Patenkind und ihrer Mutter im Krankenhaus. Aber ich war auch täglich bei meiner Freundin und verarztete ihren Fuss (sie hatte einen Abszess der aufgeschnitten wurde), fuhr mit ihr überall hin wo sie hin wollte/musste/konnte.
Aber ich merkte, dass sie immer giftiger wurde.
Ich dachte erst noch, sie wäre etwas eingeschnappt weil ich mich etwas viel um mein Patenkind kümmerte. Aber ich glaube das war nur ein kleiner Punkt. Hauptsächlich krieselte ihre Psyche tüchtig.
Ich wusste ja schon lange, dass sie psychische Probleme hatte. Ich lernte ihre ganze Familie sehr gut kennen und wurde von ihnen, ihrem Ex Freund und auch anderen Bekannten von ihr mehrfach vorgewarnt, dass sie wenn sie Krieselt (die Anderen nannten es, wenn sie spinnt) alle um sich herum kaputt macht. Aus dem Grund wären auch ihre beiden Kinder auf der Strasse und in der Drogenszene gelandet.
Ich hatte in den ersten 2 Jahren keine Ahnung und konnte mir nicht vorstellen was in der Familie schief gelaufen war. Ich kannte B. als eine herzliche, hilfsbereite, liebenswerte Person.
Erst im Frühling 13 bekam ich mit, wie schnell und extrem sie sich verändern konnte. Aber damals setzte sie eben auch ihre Psychopharmaka ab.
Ihre 23 jährige Tochter meinte zu der Zeit. JETZT lernst du meine Mutter so kennen wie sie wirklich ist. Nimm Abstand!
Zwei ihrer Kriesen (im Frühling und im Herbst) schafften wir. Die Freundschaft hatte zwar einen Knacks bekommen. Konnte aber aufrecht bleiben.
Bei der dritten Kriese (ende 2013 und Jan 14) zog ich mich etwas zurück. Ich hatte Angst, dass der daraus entstehende Stress sich negativ auf die Schwangerschaft auswirken könnte.
Zu meinem Chemotermin ende Jan. wollte sie mich eigentlich begleiten. Sie fuhr mehrmals mit mir die 150km Strecke und stand mir bei.
Am Abend vor der Abfahrt ging ich bei ihr vorbei und brachte ihr etwas kleines mit. Ihr Sohn (von der Strasse) war gerade bei ihr und sie war richtig giftig und zickig. Ich versuchte an sie ran zu kommen. Doch sie wurde nur agressiv. Da entschloss ich mich, nicht mit ihr zu fahren. Ich versuchte ihr zu erklären, dass mir der Chemotermin sowieso schon fürchterliche Angst bereitete und dass ich merke dass sie eine Kriese hätte. Versuchte noch das Gespräch mit ihr zu suchen, doch es war unmöglich. Da sagte ich ihr gerade aus, dass ich unter diesen Umständen nicht mit ihr fahren möchte und verliess das Haus.
Ich fuhr zur Chemo, alles verlief eigentlich recht gut. Nebenwirkungen hielten sich in Grenzen und ich kam gut wieder zuhause an.
In den nächsten Tage wollte ich meine Familie einweihen, dass es Zuwachs gibt. Doch die Gelegenheit ergab sich irgend wie nicht. Und dann passierte das, wovor ich so grosse Angst hatte.
Ich verlor das Kind in der 18 SSW. Es war fürchterlich. Machte ich mir doch Vorwürfe "egoistisch" gewesen zu sein und mit der Chemo mein Kind in Gefahr gebracht zu haben.
Die Ärzte meinten zwar, sie könnten keinen konkreten Zusammenhang erkennen. Aber 100%ig ausschliessen könne man es nicht.
Sie versuchten mir einzureden, dass ich mich richtig entschieden hatte usw.

Zwei od. drei Tage später ging es mir körperlich nicht gut. Von meiner Freundin hatte ich nichts gehört und wir wären zu einem Familienessen eingeladen gewesen. Ich schrieb ihr was passierte und dass ich nicht an dem Essen teilnehmen würde.
Sie schrieb mir zurück, dass er ihr Leid tue und dass sie mir viel Kraft wünsche. Dann hörte ich wieder 2 Wochen nichts mehr von ihr.
Nach 2 Wochen ein Anruf. Vorwürfe hat sie mir gemacht, dass ich mich nicht gemeldet hätte und dass ich mich distanziert hätte von ihr.
Ich hatte in den 2 Wochen SEHR viel über unsere Freundschaft und sie nachgedacht. Auch habe ich mich mit dem Thema Borderliner befasst, denn es gab mehrere Leute die meinten, dass sie eine Boderlinerin wäre.
Inzwischen war es auch mir klar. Erst recht als ich bei einem Psychiater für ein Beratungsgespräch für Angehörige war. Sie ist zu 100% eine Borderlinerin. Und zwar eine KRASSE.
Ich versuchte möglichst schonend, aber doch ehrlich zu ihr zu sein.
Aber eben. Welcher Borderliner will schon ehrliche Worte?
Es spinnen ja sowieso immer alle Anderen... Ich jetzt also auch.
Natürlich war es nicht möglich sich erst mal aus dem Weg zu gehen und zu schauen was die Zukunft bringen würde. Sie musste erst noch ihren Ärger los werden und mich total fertig machen. Das war anscheinend schon immer so bei ihr. Wenn sie mit Partnern oder Freundinnen nicht mehr klar kam weil sie mal was sagten was sie nicht hören wollte, dann wurden die psychisch total kaputt gemacht.
Das war/ist ihr sogar bewusst. Sie ist nicht guten Phasen nicht stolz darauf. Sie meinte mal in einem guten Gespräch ein Jahr zuvor, in guten Lebensphasen würde es ihr sogar einwenig leid tun. Aber in dem Moment wo sie jemanden so fertig mache, täte ihr das richtig gut einen Anderen leiden zu sehen. Ihr Sohn meinte mal als wir zusammen sassen und mit ihm redeten, dass er seine Mutter absichtlich zur Sau mache, denn das wäre noch das einzige, was ihm richtige Zufriedenheit geben würde.
Ich war SOWAS von schockiert damals. Für meine Freundin war es nichts Neues. Ich verstand die Welt nicht mehr.
Heute weiss ich. Mutter und Sohn sind krasse Borderliner. Die Tochter ist auch eine Borderlinerin. Sie verbrachte die letzten Jahre mehr in einer Psychaiatrie als sonst wo. Inzwischen will sie kämpfen. Sie will ein "normales" Leben führen und sie ist seit über einem Jahr auf einem SUPER Weg. Wir haben noch immer Kontakt. Ich mag sie sehr.

Obwohl ich es ja eigentlich wusste da ich vorgewarnt war, gelang es B. mich total zur Verzweiflung zu bringen. Ich brauchte Monate um damit klar zu kommen und um das zu verarbeiten.

Das alles reichte natürlich nicht. Ich fiel im April noch eine Treppe runter.
Brach mir dabei das Fersenbein, plus die 3 Bänder im Knöchel und die Sehnenplatte waren gerissen.
Im Schienbein hatte ich ja schon länger eine Knochenmeta die sich tüchtig durch den Knochen frass. Das Knie war schon seit 2003 total kaputt und nur mässig belastbar. Bei der Damaligen OP wurde das Wadenbein getrennt, gekürzt und ist nie wieder zusammen gewachsen. Das hiess also dass das Bein nun überhaupt nicht mehr zu gebrauchen war vom Knie an abwärts.
Die ersten Tage war ich noch mit Krücken zugange. Doch dann meldeten sich die Metas unter dem Schulterblatt, im Arm und im anderen Hüftgelenk.
Ich sass also wie ein Frisch auf dem Trockenen.
Von da an war ich auf den elektro Rollstuhl angewiesen. Aber ich fand mich damit sehr schnell zurecht. Hab ich doch in der Familie bereits 2 Rollifahrer.
Viele Behandlungen, Therapien und auch eine Schmerztherapie waren angesagt. Ich stand irgend wie total neben mir und hatte keinen klaren Kopf mehr. Die Nebenwirkungen aller Therapien waren heftig.
Auf dem Weg zu einem meiner Therapeuten kreuzte ich B. recht oft. Jedesmal hatte ich einen Stein im Bauch. Erst seit Ende August hab ich wirklich damit abgeschlossen. Mich damit abgefunden dass die Freundschaft für immer kaputt ist. Für mich ist meine liebste Freundin B. gestorben. Das was jetzt von ihr übrig ist ist nur noch ein unglücklicher, zerstörerischer Mensch. Es war eine Trauerarbeit die lange dauerte. Heute kann ich mich mit einem Lächeln an unsere tollsten Zeiten zurück erinnern und mich darüber freuen, dass es eine so tolle Zeit (in meinem nicht ganz einfachen Leben) gab. Eine Zeit wo ich mich zu 100% auf meine Freundin verlassen konnte und sie sich auch auf mich. Wir waren immer füreinander da. Mal sie mehr für mich, mal ich mehr für sie. Es war gegenseitig und fair aufgeteilt. Ich muss mir keine Vorwürfe machen.

Seit 4 Wochen kann ich nun wieder kurze Strecken mit den Krücken gehen. Es geht also wieder aufwärts. Wenn auch nur langsam, aber es geht!
Das Jahr 2015 kann nur besser werden...
Mein Ziel für's 2015: Den Rolli und die Krücken möglichst Oft unbenutzt in einer Ecke stehen zu sehen

@ alle die mir damals geantwortet hatten.
Ich hab all Eure Worte gelesen, aber ich war nicht mehr in der Lage zu antworten. Dann schien für ein paar Wochen die Welt wieder einigermassen i.O zu sein, bevor es richtig los ging.
Ich hoffe, ihr habt es mir nicht zu sehr übel genommen, dass ich nicht mehr geantwortet habe.
Danke für Eure lieben Worte. Sie haben mir damals gut getan und ich habe sie jetzt auch noch einmal gelesen. MERCI!
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