Mein Papa hat BSDK

[Lucy03]

Hallo ihr!

Jetzt merke ich erst wie schlimm diese Krankheit ist. Ihr könnt euch nicht vorstellen was ich die letzten Tagen mitgemacht habe. Ich bin durch die Hölle gegangen 😢
Mein Papa hat ja seit einigen Wochen immer mal starke Rückenschmerzen. Dann setzt er sich kurz hin und es geht wieder. Schmerzmittel vom Arzt brachten bisher gar nichts. Am Samstag dann war der Supergau. Papa hatte extreme Schmerzen, konnte kaum laufen. Mama und ich haben ihn ins Krankenhaus gebracht, er wurde stationär aufgenommen. Sie wollten nochmal CT und Ultraschall machen und ein Schmerzmittel finden was ihm hilft. Sind dann erstmal nach Hause gefahren. Wir waren so durcheinander und sahen Papa in Guten Händen.

Am Sonntag bin ich mit Mama wieder ins Krankenhaus.... und dann lag Papa da. Regungslos auf dem Rücken, konnte sich nicht aufrichten, hatte ein schmerzverzerrtes Gesicht, konnte kaum sprechen 😢er war blass, eingefallen, er konnte so grade einen Arm heben, er hatte solche extremen Schmerzen, es war so ein schlimmes Bild 😢 ich dachte er stirbt in den nächsten Stunden....
Die Schwester brachte einen Tropf nach dem anderen, immer mit anderen Schmerzmittel, aber nichts schlug an. Noch dazu war die Schwester extrem frech (sie würde Papa ansehen dass die Mittel wirken, er wäre nur high von den Medikamenten. Sie hätte Erfahrung und würde es den Patienten ansehen dass es besser geht und wir würden übertreiben). Mama ist fast die Wände hochgegangen. Nachdem sie selbst im Krankenhaus rumlief und einen Arzt suchte (sehr schwierig an einem Sonntag &#128551 wollte sich dieser höchstpersönlich darum kümmern. Ich bin nach Hause gefahren,ich konnte mir das nicht angucken, mir wurde schlecht, schwindelig, zu hause musste ich mich übergeben. Papa war so sehr am Leiden, ich wusste nicht dass ein Mensch überhaupt so leiden kann. Und Papa ist ein sehr starker Mensch, der normalerweise nie Schwäche zeigt. Ich dachte alles ist aus. Meine Welt brach abermals zusammen.

Montag fuhr ich wieder ins Krankenhaus. Und was soll ich sagen.... Papa lag noch genauso regungslos da!😢 es war zum verrückt werden. Mittlerweile hatte er 3 Tage nichts gegessen und auch kaum getrunken und hat in den Tagen 4 kg abgenommen. Ich bin dann ins Ärztezimmer gerannt und hab unter Tränen gebrüllt "wenn sie meinem Vater jetzt nicht seinen verdammten Schmerz nehmen, reiß ich gleich die Hütte ab und laufe danach Amok!" Plötzlich ging alles ganz schnell. Papa kam an eine Schmerzpumpe mit 5mg Morphium. Dann war er 5 Minuten super beduselt, laberte nur Blödsinn, setze sich auf - und plötzlich war der Schmerz komplett weg. Echt Wahnsinn. Eine Stunde später hat er ne Kleinigkeit gegessen. Er sagte er sei sehr müde. Also fuhr ich nach Hause.

Dienstag fuhr ich mit weichen Knien ins Krankenhaus. Was wird mich heute erwarten? Ich öffnete seine Zimmertür, er saß auf seinem Bett und war am lesen. Als er mich sah sprang er auf und umarmte mich. Alles war wie immer. Aber die Pumpe war ab??
Über die Pumpe haben die Ärzte die Dosierung herausbekommen und nun hat Papa seit Dienstag mittag ein Schmerzpflaster. Und er ist schmerzfrei. Und er isst! Er ist wie immer, es steigt ihm nicht in den Kopf und er macht wieder seine bescheuerten Witze :-) ich konnte es nicht glauben wie er da durchs Zimmer flitze, rasierte sich im Bad, wollte raus an die Luft und spazieren gehen (durfte er leider noch nicht). Er muss dann alle 3 Tage dieses Pflaster wechseln. Aber wenn es ihm hilft dann bin ich froh.
Gestern hat Papa ein Brötchen gefrühstückt, zu Mittag ein Stück Kuchen und abends ein Teller Suppe und Joghurt. Das ist sehr viel für seine Verhältnisse. Leider kamen die Schmerzen wieder, diesmal aber nicht so stark. Deswegen probieren die Ärzte noch ein anderes Pflaster aus damit er komplett schmerzfrei ist.
Heute gegen 15 Uhr wird er seine erste Chemo bekommen. Danach darf er dann endlich wieder nach Hause. Aufgrund der Schmerzen die erstmal in Angriff genommen werden mussten konnten wir noch keine Chemo beginnen.
Ich habe solche Angst vor der Chemo, gleichzeitig freue ich mich dass Papa nach hause kommt und dass er was ausprobiert. Aufgrund schlecher Leberwerte (wahrscheinlich ausgelöst durch die vielen Schmerzmittel) wird er eine andere Kombi bekommen.
Gemcitabine und nab-Paclitaxel sollte es eigentlich sein. Jetzt wird er Gemcitabine und Erlotinib bekommen.
Ich bete dass Papa keine Nebenwirkungen hat und dass der Tumor gebremst wird.

Ich weiß jetzt wie nah Himmel und Hölle beieinander sind. Ich weiß wie nah Verzweiflung und Hoffnung liegen. Ich weiß was für extreme schmerzen möglich sind. Ich weiß was der Körper alles aushalten kann. Ich weiß dass man selbst was tun muss damit einem geholfen wird.
Das CT hat übrigens bisher nur ergeben dass es keine Knochenmetastase ist, wie sie vermutet haben.

Ich musste mir nur den Frust von der Seele schreiben. Danke fürs zuhören. Ich bin selbst noch ganz durcheinander.

Ich hoffe dass wir jetzt gemeinsam Weihnachten genießen können!
Ganz liebe und hoffnungsvolle Grüße!
Jana

[Susi705]

Liebe Jana,

man, da habt ihr ja ganz schön turbulente Tage hinter euch. Aber so wie ich das lese, hast du auch eins gemerkt: Du bist an deine Grenzen gekommen, hast dich aufgerafft und dann alle deine Kraft zusammen genommen und Hilfe für deinen Vater geholt. Das finde ich sehr schön. Bei mir ist nun nach 5 Monaten der größte Horror vorbei - nun habe ich mir psychologische Hilfe geholt, damit ich im Ernstfall wenn der scheiß Krebs wiederkommt nicht wieder komplett zusammenbreche und gar nichts mehr geht.

Ich wünsche deinem Vater, dass er die Chemo so gut wie mein Vater übersteht - er hatte sich immer gefühlt, als könne er eine riesen Party feiern.

Leider kann es - wie du gesehen hast, bei dieser Krankheit furchtbar schnell gehen. Wir haben gelernt, nur noch von Tag zu Tag zu schauen. Und du brauchst eine Engelsgeduld - vorallem bis man mal erfährt, ob die Chemo angeschlagen ist usw.

Ganz viel Kraft für die nächsten Wochen!
lg Susi

[Tinele]

Das ist wirklich schlimm . Ich bewundere dich , wie du bei den ärzten aufgeplatzt bist . Keine Ahnung ob ich so einen Mut hätte .

[Lucy03]

Ich bin immer noch so erschrocken dass es einem Menschen von einem Tag auf den anderen so schlecht gehen kann. Sowas hab ich noch nie erlebt.... und will ich auch nicht mehr.
Die Ergebnisse der Untersuchungen sind auch nicht grade berauschend, auch wenn der Tumor seid der Diagnose weder gewachsen ist, noch weiter gestreut hat.
Papa hat zusätzlich zu dem scheiß Krebs einen Bandscheibenvorfall! Daher kommen seine unerträglichen Rückenschmerzen
Ehrlich, als wenn der Krebs allein nicht schlimm genug wäre
Papa hatte schon mal vor 15 Jahren einen Bandscheibenvorfall und das war auch grausam. Diesmal müsste er eigentlich operiert werden. Tja, das geht natürlich wegen der Chemo nicht. Jetzt mussten Prioritäten gesetzt werden... bisher hat er übrigens gar keine Nebenwirkungen von der Chemo gestern. Wisst ihr ab wann diese eintreten?

Ach es ist so schwierig alles, aber wem sag ich das? Wir alle sind in einer miesen Lage.
Manchmal sagt Papa "ich glaube, ich bin nicht mehr lange da, irgendwie spür ich das". Dann sagt er am nächsten Tag "ach, ich bin aber auch hart im nehmen. Vielleicht schlägt die Chemo ja an und ich renn in 5 Jahren immer noch hier rum".
Weiterhin sagte er dass er die Chemo zu ende machen will (die ja immerhin 6 Monate dauert) und danach dann seine Rücken-OP machen will.
Es ist Wahnsinn in was für einem Gefühlschaos man sich befindet.

Schönes Wochenende ihr Lieben.

[Susi705]

Hi Jana,

Nebenwirkungen können auch länger nach der Chemo noch kommen. Mein Papa hatte nie welche, 2 Wochen nach der letzten Chemo fingen Wortfindungsstörungen an und er hatte sehr dünnes Blut. Also vielleicht habt ihr auch Glück :-)

Ja, wir Angehörigen sind schon in einer beschissenen Lage, aber diese scheiß Krankheit selber zu haben - das macht noch mal einen Unterschied.

Wünsche dir ein schönes, nicht allzu aufregendes Wochenende!

[Lucy03]

Hallo, ich schon wieder.
Diesmal mit sehr besorgniserregenden Neuigkeiten. Seit 2 Tagen ist Papa sehr schwach. Wir haben einen Rollstuhl besorgt, den er anfangs eher witzig fand. Jetzt geht es nicht mehr ohne. Er kommt so grade selbst vom Bett in den Rollstuhl. Er isst so gut wie gar nichts. Er ist so heiser dass man ihn kaum verstehen kann. Er ist komplett gelb. Er steht geistig sehr neben sich, redet nur Unfug, versteht vieles nicht. Und das ärgert ihn selbst total weil er ist ein sehr intelligenter Mensch der immer alles verstehen muss und sich stets weiterbildet. Und jetzt versteht er nicht welchen Tag wir haben, wo die Wasserflasche auf dem Tisch herkommt oder erinnert sich nicht dass morgens ne Krankenschwester zum Blut abnehmen da war.
Die Blutergebnisse sind jetzt auch da, sie sind grausig. Fast kein Wert ist im Normalbereich. Ich habe allerdings keine Ahnung davon. Manche Werte sind ums tausendfache überschritten.
Ich bin so fertig. Sitze hier auf der Arbeit und bin am Zittern.
Ich glaube das ende ist nah 😢

[Tinele]

Oh das ist gar nicht gut. Und gelb schon gleich dreimal nicht ! Ist er denn nicht im Krankenhaus ?

[Lucy03]

Nein, er ist zu Hause. Wir sind in ständigem Kontakt mit seinem Hausarzt und seinem Onkologen. Papa will zu Hause bleiben. Wahrscheinlich kommt gleich der Arzt zu ihm nach Hause.
Die Gelbsucht ist wirklich schlimm. Er sagt er sieht auch alles ganz gelblich. Seine Augen sind auch gelb. Oft passiert das wohl wenn der Tumor am Kopf der Bauchspeicheldrüse sitzt und dann größer wird und die Verbindung von Bauchspeicheldrüse und Leber quetscht. Dann kann man wohl einen Stent setzen. Bei Papa ist das allerdings nicht der Fall. Da die Leber so stark metastiert ist und nicht mehr richtig arbeitet kann sie das Nebenprodukt Bilirubin nicht verarbeiten. Und dieses Bilirubin geht dann irgendwann in den Körper und verteilt sich und dadurch wird alles gelb. Das kann man leider nicht durch einen Stent verhindern. Sonderm nur indem die Metastasen weggehen... Also so hat es der Arzt erklärt, obs stimmt weiß ich natürlich nicht. Klingt für mich aber logisch.
Ich weiß absolut nicht wie es weiter geht. Papa will auch keine Pflegekraft ich weiß nicht was ich machen soll.