Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 22.12.2015, 15:22
tinep tinep ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 22.10.2013
Beiträge: 34
Standard AW: Unbegreiflich

Hallo liebe Jana,

es tut mir sehr Leid, dass deine Mutter von dieser miesen Krankheit erwischt wurde und es nicht geschafft hat.

Meine Mama kämpft gerade noch beziehungsweise muss den Kampf aufgeben. Sie hatte die Diagnose im Herbst 2013 und seit ein paar Wochen ist sie wirklich nur noch am liegen und auch leicht verwirrt seit einigen Tagen.
Auf mich kommt wohl bald das gleiche zu wie auf dich.

Und ich muss sagen, ich erlebe ähnliches mit der Trauer wie du.
Als es letztes Jahr um diese Zeit hieß, der Krebs ist wieder zurück und man kann nicht mehr viel tun bin ich in ein komplettes Loch gefallen. Nichts ging mehr, nur noch düster hat sich alles angefühlt. Mitleid, Selbstmitleid, Gedanken gingen nur um dieses Thema und ich dachte, es wird nie mehr gut sein.

Jetzt, ein Jahr später, wo es tatsächlich bald so weit ist, bin ich wie abgestumpft. Ich will, dass sie aufhören kann zu leiden. Ansonsten sehe ich das fast schon rational zum Teil. Begnüge mich mit so banalen Gedanken, wie dass eben nicht jeder 80 werden kann und, dass ich schon klar kommen werde. Vielen Leuten passieren schlimme Dinge. So ist das eben. Wie ein Roboter...

Als mein Kollege letztens erfuhr, dass meine Mutter so krank ist, konnte er es kaum glauben weil ich immer gut gelaunt rüber komme. Ich bin aber weder gut gelaunt noch schlecht. So wie du schreibst, irgendwie nichts.

Ich fühle mich öfter auch schlecht deswegen, denn ich liebe meine Mutter wirklich sehr und wir haben ein tolles Verhältnis. Wahrscheinlich ist das auch wieder nur eine Phase, bis es wieder umkippt ins Gegenteil.

Oder wir haben schon akzeptiert, was nicht mehr änderbar ist?

Keine Ahnung, für mich fühlt es sich auch seltsam an.

liebe Grüße an dich Jana,
Tine
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 22.12.2015, 15:42
Laesperanza Laesperanza ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.04.2012
Beiträge: 278
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana,
Ja, mir geht es genauso. Mein Mann ist vor 4 1/2 Wochen nach fast 4 Jahren Krankheit gestorben. Nicht unerwartet, aber doch schneller als gedacht. Die 4 Jahre waren geprägt von Hoffnung, Schmerzen (seinerseits) und Angst. Die nackte Angst. Die Angst war für mich das Schlimmste. Ich habe nur noch von CT zu CT gelebt. Jedes Symptom seinerseits (husten, Verstopfung, Rückenschmerzen..) hat mich in den Wahnsinn getrieben und zu stundenlangem googlen veranlasst. Die Krankheit hat (leider) unser Leben bestimmt. Wir haben trotzdem sehr intensiv mit vielen Urlauben gelebt, dennoch war die Krankheit und die Angst allgegenwärtig. Ich vermisse ihn sehr und jeden Tag, aber richtig weinen kann ich nicht. Und ja, ich genieße auch wieder, dass ich meinen Alltag uneingeschränkt planen kann, ohne überlegen zu müssen, geht das überhaupt von der Krankheit her. Ich hätte alles gemacht, um mit ihm alt werden zu dürfen, aber es sollte wohl nicht sein. Viele sagten mir, die Trauer kommt erst nach 6 Monaten. Vielleicht ist es so, vielleicht habe ich auch schon 4 Jahre vorgetrauert. Die Zeit wird es zeigen. Das Einzige was ich habe sind seit 2 Wochen schmerzende Bronchien, aber keine Erkältung. Vielleicht sucht sich die Trauer einen anderen Weg.
Hab kein schlechtes Gewissen. Wir haben uns unser Schicksal nicht ausgesucht. Und wenn Du nicht weinen musst, dann ist das auch ok. Die Menge der Tränen sagt ja nichts über unsere Liebe zu unseren geliebten Menschen aus.
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 22.12.2015, 16:07
hermannJohann hermannJohann ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.11.2013
Beiträge: 202
Standard AW: Unbegreiflich

Hallo Jana,
zunächst einmal mein Beileid.
Ich habe vor und nach dem Tod meiner Frau ganz unterschiedliche Situationen erlebt, auch die der emotionalen Verleugnung. Nach meiner Erfahrung gibt es keine Abfolge von Trauer_Phasen. Das kann wild durcheinander gehen.
Mit besten Grüßen
Hermann
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 22.12.2015, 19:14
smeagol smeagol ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 17.12.2015
Beiträge: 8
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana,

ich habe die Geschichte Deiner Mutter verfolgt, zuerst mein herzliches Beileid.

Ich kann sehr gut nachfühlen, wie es Dir jetzt geht. Nach dem Tod meines Bruders im letzten Jahr war es für mich genauso so. 4 Jahre lang hat sen Kampf gedauert, wir sind seinen schweren weg mit ihm gegangen. In der Zeit, als er an meinem Wohnort in der Klinik lag, es waren 4 Monate, war ich jeden Tag bei ihm. Wir haben zusammen geweint, geschrien und gelacht.

Als er mir und meiner Schwester dann gesagt hat, dass er nicht mehr kann, war es nicht leicht ihn gehen zu lassen, aber es war gut so. Er hat seinen Frieden mit seiner Frau und seinen Geschwistern gemacht und konnte ganz friedlich ohne Schmerzen gehen.

Und da waren dann wir, seine Frau, seine Geschwister, für uns begann eine Phase die ich eigentlich nicht beschreiben kann. Unsere Trauer begann schon lange bevor er gegangen ist. Ich wollte weinen, aber es ging nicht, ich hatte immer sein Gesicht vor mir und wusste ihm geht es jetzt gut.
Warum soll ich dann traurig sein?

Trauern heisst doch auch erinnern an schöne Dinge. Dazu gehören nicht unbedingt Tränen von Anfang an. Bei mir hat es recht lange gedauert, bis er sich gelöst hat, dieser Knoten in der Brust. Dieses Gefühl das Du jetzt verspürst, wird den Tränen weichen, alles braucht seine Zeit.

Als dann in diesem Jahr meine Schwester 10 Wochen nach der schrecklichen Diagnose gehen musste war es ganz anders, wir hatten kaum Zeit zum Abschiednehmen, diese 10 Wochen waren der Horror. Ihre letzten Stunden waren sehr schlimm, das hat sich tief in mir festgesetzt. Jetzt war da rings um uns nur Schmerz, Trauer und Wut, warum schon wieder bei uns.

Mittlerweile tut es nur noch sehr weh, die Wut ist weg, aber die tiefe Trauer ist immer noch da. Ich konnte von Anfang sehr viel weinen und tue es auch jetzt, 10 Monate danach, sie ist am 24.2., genau 9 Monate nach meinem Bruder gegangen, immer noch.

Gib Dir Zeit, jeder Mensch empfindet anders. Du hast Deine Mutter bis zum Schluss begleitet, das musst Du erst einmal verarbeiten.

Ich wünsche Dir für die nächste Zeit alles Gute und vielKraft.

LG
Christel
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 22.12.2015, 21:47
Benutzerbild von Yogi 12
Yogi 12 Yogi 12 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.01.2014
Ort: Dortmund
Beiträge: 369
Standard AW: Unbegreiflich

Hallo Jana,

mein herzliches Beileid zum Verlust deiner Mutter.

Nach der Krebsdiagnose meines Mannes war meine Seele verwüstet.
Ich habe so gut wie keine Gefühlsregung gespürt.
Diese Situation in der ich mich länger befand - die früher schon allein in Gedanken daran, dass so was mal passieren könnte, ein absoluter Albtraum war - ließ mich zwar verwirrt aber merkwürdig ruhig und ungläubig zurück.
Doch die Chancenlosigkeit, die keine längere Zeitspanne - mit wenig Chemo- Nebenwirkungen - zuließ, kostete unglaublich Energie, löste Angst und Trauer aus.

Die Gefühlsleere ist - wie vintage schreibt - eine Schutzfunktion des Körpers und der Seele vor zu viel Stress und Schmerz.

Nach der langen Krankheitsphase deiner Mutter kann der Tod erst mal als gnädige Erlösung angesehen werden, denn du hast schon während dieser schweren Zeit sehr gelitten.
Tröstlich ist, dass sie schmerzlos und friedlich hinübergleiten konnte.
Eine halbe Ewigkeit hast du mit ihr verbracht und ich ahne deinen Schmerz, der noch verborgen scheint.

Ich wünsche dir, dass du schon bald dankbar sein kannst, für die Liebe die sie dir geschenkt hat.

Liebe Grüße

Yogi

Geändert von Yogi 12 (23.12.2015 um 06:18 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 23.12.2015, 03:55
Benutzerbild von Zak
Zak Zak ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.06.2014
Ort: Mainz
Beiträge: 62
Standard AW: Unbegreiflich

Liebe Jana,

Das Gefühl das du beschreibst kenne ich, es hat mich sehr lange beschäftigt, und sehr belastet.. Ich hatte das Gefühl mit mir stimmt irgendetwas nicht... Ingendetwas in meinen Kopf oder in meinen Herzen ist kaputt, mir hat der große Schmerz gefehlt..die ganze Jahre in denen ich meine Mama begleitet habe waren voller Schmerz Trauer Angst..Angst vor den Moment wenn sie geht und dann war der Schmerz nicht so wie ich ihn erwattet hatte..
Ich wollte Schmerz spüren und Tauern so wie es der beste Mensch verdient hat um ihn zu trauen.. Ich hatte schuld Gefühle..
Ich hatte das Gefühl das meine Tränen Kanäle verstopft waren mein Herz taub war und die Gedanken/Erinnerung an meiner Mama gelöscht waren..
Mit der Zeit (1 Jahr ist Mama verstorben) gab es Tage da war das weinen heftigere der Schmerz schmerzhafter aber ich habe das Gefühl bei meiner Trauer noch nicht angekommen zu sein ........
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 23.12.2015, 09:18
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 503
Standard AW: Unbegreiflich

Ich danke euch allen für eure Worte. Ich bin überrascht und sehr froh, dass ich nicht alleine bin und es vielen so zu gehen scheint. Es macht wohl auch einen großen Unterschied, ob man schon vorher einen langen Leidensweg hinter sich hatte oder nicht. Ich hatte immer das Gefühl, von Anfang an zu trauern und mich von meiner Mutter zu verabschieden. Jeder Besuch war geprägt von dem Gedanken "wie lange noch?".
Und dann diese ständige Angst... Auch ich war regelmäßige Benutzerin von Google.. Jedes Symptom wurde analysiert. Immer war ich auf der Hut, die nächste Katastrophe erwartend... Ich weiß noch sehr genau, als ich im Juli diesen Jahres meine Eltern besuchte. Ich war guter Dinge und dachte mir "jetzt lass deine Sorgen und genieße die Zeit... Bis meine Mutter dann sagte "guck mal, irgendwie ist mein Bauch so dick".... Bumms!!!! Ich wusste eigentlich gleich was los war... Habe es versucht, noch ein wenig zu verdrängen..
Kurzum, die Zeit war die Hölle! Jetzt habe ich Gewissheit, das schlimmste was passieren konnte, ist passiert. Damit kann ich irgendwie besser umgehen.

Was mich auch überrascht ist, dass der Tod meiner Mutter das gesamte Familiengefüge durcheinander gebracht und verändert hat. Und zwar im positiven. Die Beziehung zu meinem Bruder und zu meinem Vater ist viel intensiver, mein Vater ist nicht zusammengebrochen wie ich immer befürchtet hatte. Anfangs schon, aber jetzt scheint es ihm recht gut zu gehen und er kümmert sich um Dinge die er vorher immer Mama überlassen hat, kauft Geschenke für Weihnachten etc.. Ich habe von meinem Papa seit Jahren keine Weihnachtsgeschenke mehr bekommen und nun hat er mir strahlend eine kleine Geschenketüte mitgegeben. Eine ganz neue Dynamik..
Ich denke man kann sagen, dass so ein Ereignis und so eine Krise Dinge bewirkt die man vorher nicht erwartet hätte. Keiner weiß wie er reagieren oder fühlen wird, niemand weiß was passiert. Viele Befürchtungen sind unnötig, andere hingegen sind noch viel schlimmer als gedacht.
Bei mir hat das alles eine tiefe Demut vor dem Leben hinterlassen... Mich völlig verändert.

Ich wünsche Euch allen tapferen hier wundervolle Festtage.


Jana
__________________
Meine Mutter:
Pankreas-Ca ED 7/2014
verstorben am 3.11.15

Immer in meinem Herzen...
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 10:32 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2025 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55