Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Alina,
Ich hab auch noch etwas länger über deine Geschichte nachgedacht. Und dann kamen auch bei mir Erinnerungen hoch, die ich manchmal lieber verdränge.
Als mein geliebter Opa im Krankenhaus war, war ich ja jeden Tag bei ihm. Es war nicht immer einfach, da er keine Geduld hatte und wieder nach Hause wollte, was aber nicht ging. Von der Diagnose bis zum Tod waren es 6 Wochen. Und er wusste ja nicht dass er Krebs hatte.Er kam zwar auch noch 2 Wochen nach Hause wo ich dann auch da war.
Aber zum Thema:
In der letzten Woche ging ich wie gewohnt zu ihm, meine Tante war auch mit, und eine Krankenschwester sagte uns dass es ihm nicht gut ginge.
Ich ging ins Zimmer und da lag er, aufgedunsen und wie im Koma. Seine Hände zuckten unter der Bettdecke.Er sah so komisch aus. Auf jeden Fall kriegte ich auf einmal eine schreckliche Angst vor ihm. Ich ging vorsichtig an sein Bett, traute mich aber nicht ihn anzufassen. Und ging schnell wieder zur Tür und blieb da stehen und guckte von da aus auf sein Bett.
Ich weiss bis heute nicht, was in mir vorging, aber ich hatte Angst vor ihm, ich hätte mich nicht getraut ihn anzufassen, so als ob er wie ein Monster dann über mich herfallen würde.
Später, am nächsten Tag war er wieder bei Bewusstsein, und ist nach einem Tag gestorben.
Ich war nicht bei ihm, ich hab ihn an dem Tag zum letzten Mal gesehen...wie oft hab ich mir das vorgeworfen und verstehe es bis heute nicht.
Ich wollte dir das erzählen ,Alina, denn du hattest nur einen kurzen, normalen Schock aber ich habe bewusst nichts getan und kriegte meine Angst nicht überwunden. Und dabei liebte ich ihn wie keinen Menschen vor ihm oder nach ihm.
Bei meinem Vater war ich bis zum letzten Atemzug, ich und meine Mutter, ganz bewusst weil ich mich damals so schäbig benommen habe bei meinem Opa.
Mein Vater war dann auch der erste tote Mensch den ich gesehen habe. Und es war gar nicht schlimm.
Aber ich weiss dass mein Opa mir das nicht übel nimmt.
Viv