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#1
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Susanne,
ich danke Dir sehr für diese Antworten und Dein Mitgefühl. Ich hoffe so sehr, dass Du Recht hast. Die Hospizmitarbeiterin meinte letztens auch, meine Mama spürt sicherlich, dass ich noch nicht mit mir selbst in Reinen bin. Die Ärtztin auf der Palliativstation sagte bei der Entlassung, wir müssten uns darauf einstellen, dass nur Tage, höchstens Wochen bleiben - das ist jetzt eine Woche her. Also bin ich sicher, sie hat es bald geschafft - und das wäre auch ganz richtig so. Wie lange ist das her, dass Dein Mann starb? Ich meine, dass man irgendwann seine Eltern verliert - das ist noch in gewisser Weise das Schicksal das man eben hat (ich bin mitte 30 und - wie meine Mama sagt - "aus dem gröbsten raus"). Aber den Mann loslassen zu müssen - das bedeutet doch alle Zukunftspläne und Träume zu begraben, das ist für mich fast unvorstellbar. Ich bin selbst so traurig darüber, dass man keine Zeit zurückbekommen kann, dass ich Dinge, die ich mit meiner Mama hätte unternehmen wollen/können/sollen nicht getan habe - aber das ist wahrscheinlich das normale schlechte Gewissen, dass sicher jede Tochter ihrer Mutter gegenüber hat, schliesslich gibt es genügend Dinge, die man irgendwann aus Altersgründen nicht mehr umsetzt. Wie bist Du damit umgegangen? Mit all den "irgendwann wollen wir mal..." Sätzen? |
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#2
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Liebe Lady Molly,
liebe Susanne, ich hoffe es ist in Ordnung wenn ich hier in Andreas thread einen Brief an Dich schreibe. Liebe Susanne, ich glaube den Großteil Deiner Beiträge gelesen zu haben, die, aus der Zeit als Dein Mann krank war, der Schwiegervater auch, sowie die Beiträge nach dem Tod Deines Mannes. Eigentlich wollte ich Dir immer schreiben. Ich habe oft an Dich gedacht, was soll man dazu sagen, ist ja recht nett, aber mehr hättest Du von einem Brief gehabt! Als das Forum geschlossen war dachte ich, so, jetzt hast du`s versäumt, nun kannst ihr nicht mehr schreiben. Nun gibt’s das Forum wieder, ist es die vierte, ist es die sechste Woche? Es gibt einige Frauen die ich im KK-Forum kennen gelernt habe, die mich unheimlich beeindrucken. So richtig tolle Frauen. Ich will keine Namen nennen weil ich Angst hätte eine zu vergessen. Manchmal denke ich sie bekommen ein bisschen wenig feedback, nicht genug Aufmerksamkeit. Auch ich schreibe eher selten an diese Frauen. Das tut mir dann leid. Ich versuche eher herbei zuspringen wenn jemand ganz desperat ist. Heute möchte ich Dir endlich sagen, dass ich Dich sehr bewundere. Deine Tapferkeit, Deinen Mut, das „sich stellen“ und was mir richtig ans Herz geht, ist die Tatsache, dass Du während der Erkrankung und dem Sterben Deines Mannes und seit seinem Tod immer wieder andere tröstet. Auf so eine liebe, ruhige, hilfreiche Art. Du bist mir da ein richtiges Vorbild! Heute hast du einen schönen Beitrag über das Dabei sein beim Sterben geschrieben – den kann ich nur unterschreiben. Wenn man das einmal mit- und durchlebt hat, dann ist man danach nicht mehr derselbe Mensch. Im positiven Sinn. Ich wünsche Dir und Deinen Kindern alles Gute. Liebe Grüße Briele |
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#3
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Liebe Andrea,
ich bin in einem kleinen Bergdorf aufgewachsen. Zu Geburstagen, auch zu Neujahr sagten ältere Menschen zueinander " ich wünsch dir eine gute Sterbestunde". Lange Zeit fand ich das nicht nur seltsam, sondern auch makaber. Nun bin ich selbst älter, habe meine Eltern in der Krankheit und beim Sterben begleitet und weiß, daß es ein guter Wunsch ist. Ich wünsche Deiner Mama, daß sie gut gehen kann und ich wünsche Dir, daß Du gut dabeisein kannst, liebe Andrea. Briele |
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#4
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Liebe Susanne,
danke für Deine Geschichte. Es ist schön zu sehen, dass es - was auch kommt - immer weitergeht. Und - wieviel ein Mensch zu ertragen in der Lage ist. Im Augenblick bin ich auch ganz zuversichtlich, aber das ändert sich immer wieder. Ich bin der Überzeugung, ob man im Moment des Sterbens bei dem geliebten Menschen sein kann, kann man selbst nicht beeinflussen. Meine Oma starb zuhause - ich war am frühen Abend noch dort, meine Mama hat zu dieser Zeit schon länger in Omas Wohnung gelebt. Sie hat noch nach ihr gesehen und wollte dann nur eine Weile vor dem Fernseher entspannen - und ist dort gleich eingeschlafen. Als sie wieder wach wurde, hatte meine Oma ihren letzten Atemzug schon getan. Ich denke, sie wollte es wahrscheinlich so. Meine Oma war zwar dement, hatte sich aber trotzdem von allen ihren Lieben in den Tagen zuvor verabschiedet (mir fehlten die Worte, ehrlich gesagt, als sie mir alles Gute fürs Studium wünschte - und es jetzt schon bedauerte, dass sie nicht mehr da sein würde, um den Abschluss zu feiern). Ich werde sehen müssen, wie es bei meiner Mama sein wird. Sie kann kaum noch sprechen, sie driftet wohl so langsam ins Leberkoma (die Reduzierung der Morphiumdosis hat nicht bewirkt dass sie ansprechbarer wurde, nur dass sie Schmerzen hatte). Das schlimmste war heute, als sie mich sehr eindringend angeschaut hat und genauso eindringlich etwas gemurmelt hat, was ich nicht verstehen konnte - ich werde es nicht erfahren, ob es etwas aus ihrem Traum war (sie schlief halb), oder ob sie mir wirklich etwas mitteilen wollte. Manchmal denke ich, es ist nicht schlimm, wenn sie von ihrer Umwelt nichts mehr mitbekommt - andererseits weiss ich eben nicht, ob sie nicht doch noch etwas sagen möchte. Ich weiss auch nicht, ob ich bei ihr sein werde - ich muss ja arbeiten. Ich hoffe aber, dass es sich rechtzeitig ankündigen wird, dass ich vom Hospiz noch benachrichtigt werden kann. Glücklicherweise kann ich, egal ob von zuhause oder vom Büro in 20 Minuten dort sein. Und falls nicht, ist sie dort wenigstens nicht ganz allein. Sicher, es wird weitergehen, wir werden alle zurecht kommen. Aber es werden mit diese Momente sein, bei denen man eben seine Mama anruft - und sei es nur so belangloses, wie "wieviele Zwiebeln würdest Du für 2kg Kartoffelsalat nehmen?". Oder die Tatsache, dass ich noch nie zu Weihnachten einen Gänsebraten selbst gemacht habe... |
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#5
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Liebe Briele,
ich denke, man muss sich mit dem Sterben auseinandergesetzt haben, um die Bedeutung dieses guten Wunschs zu erkennen. Ich jedenfalls danke Dir von Herzen. Andrea |
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#6
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Liebe Susanne,
ich danke Dir für Deine Worte und Dein Mitgefühl - und ich verstehe erst jetzt vieles von Deiner Geschichte. Meine Mami hat sich für Ihren Abschied den letzten Donnerstag ausgesucht - und eine Zeit, zu der ich immer da war. Sie war nicht mehr ansprechbar, hat viel gestöhnt und geseufzt - muss man wirklich bevor man geht noch jeden Gedanken zuende denken? Jedes verdrängte Gefühl zuende fühlen? Ich hatte den Eindruck. Glücklicherweise stand mir von all den tollen Menschen im Hospiz die Schwester zur Seite, von der ich mich und meine Mutter immer am allerbesten verstanden fühlte - mit keinem anderen Menschen hätte ich alles weitere so anehmen können und dafür bin ich ihr so dankbar. Ich kann erst jetzt verstehen, was Du geschrieben hast - wie schön es sein kann, jemandem den letzten Dienst zu erweisen, ihn zu waschen, darauf zu achten, dass er Kleidung trägt, die er selbst auch gewählt hätte (niemals hätte meine Mutter im Pyjama ihren letzten Weg antreten wollen). Selbst zu erleben, dass der geliebte Mensch in jedem Augenblich gut behandelt wird, gibt einem ein wenig Trost. Wenn man Abschied nehmen muss, dann ist in meinen Augen ein Hospiz der beste Ort dafür. Diese Ruhe, der Respekt für die Menschen, die Geborgenheit, das Aufgefangen werden in diesem Moment, umgeben von Menschen, die wissen was zu tun ist - und die auch wissen, was alles "bis morgen" Zeit hat. Es gab dort auch eine Aussegnung am folgenden Nachmittag - im engsten Kreis, am Bett meiner Mutter. Ich denke, das hat mir so viel mehr gegeben als jede offizielle Trauerfeier das könnte. Auch wenn mir der Abschied selbst so erträglich wie irgend möglich gemacht wurde - die Lücke die bleibt scheint unendlich groß... Ich danke nochmals für die tröstenden Worte - und - Briele: ich denke, wir hatten eine gute Sterbestunde... |
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#7
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Liebe Andrea, mein herzliches Mitgefühl und ich danke euch für so viel Erlichkeit, Vertrauen und so viel Liebe die ihr hier niedergeschrieben habt, Gottes Segen und Liebe für euch, ich bin eine Betroffene und ich lese in euren Zeilen wie nah ihr Gott seit, alles liebe und Gott beschütze euch, Birgit
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#8
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Liebe Andrea !
Ich verfolge schon länger Dein Thema hier im Krebs-Kompass. Gestern ist meine Mutter verstorben. Sie ging eine viertel Stunde bevor mein Vater kam. Er war die letzten Wochen immer um die selbe Uhrzeit im KH. Am letzten Donnerstag hatten meine Mutter und ich nochmal einen schönen Vormittag. Sie war richtig gut drauf, ich durfte ihr die Zähne putzen und sie fühlte sich wieder richtig wohl. Nun ist sie gestorben. Auf der einen Seite fiel mir einen riesen Stein vom Herzen. Die letzten drei Wochen war es wirklich so, zum Leben zu schwach und zum Sterben zu stark. Dieser Kampf war schrecklich. Auf der anderen Seite dann aber immer wieder diese Gedanken an die schöne Zeit, was man alles zusammen als Familie unternommen hat, was sie alles für uns getan hat. Bis zuletzt ! Dann fiel mir vor längerem schon Dein nachfolgender Satz ins Auge: Zitat:
Ich warte immer auf's Klingeln vom Telefon. Aber es ruft keine Mama mehr an. Der Abschied von Mama war schön. Es war ganz ruhig. Sie lag da so friedlich und irgendwie hatte ich das Gefühl und die Einbildung: Sie lebt noch, sie atmet noch. Es kann nicht sein ! Und dann schwankte es: Mama ich bin froh, dass du es geschafft hast. Morgen sehen wir uns wieder. Ich freue mich ! Tschüss und wieder viele Grüße aus dem z.Zt. dunklen Westerwald an die große Gemeinschaft im Krebs-Forum ! Tanja |
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#9
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Liebe Tanja,
mein tiefstes Mitgefühl ist bei Dir! Ich denke, es hilft einem sehr viel, einen "guten Abschied" haben zu können. Ich habe mich viel mit Freunden und Bekannten unterhalten, die auch schon Elternteile verloren haben - und die haben mir immer erzählt, dass sie es anfangs nicht glauben konnten, nicht wahrhaben wollten, und sich ständig fragten was denn geschehen sei. Ich bin schon über den Punkt weg (jedenfalls denke ich das im Moment - die Beisetzung war noch nicht...), an dem ich immer weinen musste, wenn ich daran gedacht habe - heute ist nur noch eine große Traurigkeit und Leere in diesen Momenten. Ich hoffe auf den Tag, an dem ich mir mit einem Lächeln vorstellen kann, was meine Mama auf meine Frage wohl geantwortet hätte. Ich wünsche Dir alle Kraft, die Du brauchst, um die nächsten Tage und Wochen gut zu überstehen! Andrea |
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