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  #1  
Alt 28.11.2005, 20:43
Krabbe Krabbe ist offline
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Standard AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Liebe Anna,

vielen Dank für deine lieben Zeilen. Man kann schon verstehen, dass eine solche Diagnose voll in die Psycho schlägt. Bei meinem Mann bestanden ja schon vorher Depressionen. Es war uns sofort klar, dass er nicht kämpfen konnte. Dazu hatte er einfach keine Kraft. Also versuchen wir, es ihm so gut wie möglich gehen zu lassen. Er ist halt viel auf Hilfe angewiesen, da er durch die zunehmende Demenz alles vergißt. Außerdem ist er manchmal hypernervös, was mich dann auch nervös macht, dabei nimmt er schon jede Menge Psychopharmaka und Beruhigungstabletten.

Es ist halt schwer, da es auch mein Leben so einschränkt, da ich nur zur Arbeit rauskomme. Jetzt ist mein Mann noch einmal aufgestanden, so dass ich erst einmal Schluss machen muss.

Vielen Dank noch einmal und ich drücke deinem Vater die Daumen, dass er die Kraft für diesen Kampf findet.

Liebe Grüße

Krabbe
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  #2  
Alt 29.11.2005, 12:50
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Hallo Krabbe,
da hast Du ja einiges zu "meistern"!
Dein Mann ist wirklich sehr krank, dazu noch dement, da frage ich mich, wo Du die Kraft hernimmst das alles zu bewältigen?
Helfen kann ich Dir nicht und in einer ähnlichen Situation bin ich auch nicht.
Mein Mann ist vorletztes Jahr an Krebs erkrankt, es geht ihm aber wieder gut.
Ich stelle es mir sehr schwer für Dich vor, vor allem ist es sicher sehr anstrengend für Dich, gerade durch die Demenz Deines Mannes.
Da ich Dein Jahrgang bin und mich noch immer sehr jung fühle, frage ich mich wie Du dich in dieser Situation fühlst?
Wer kümmert sich denn um Deinen Mann wenn Du arbeiten gehst?
Kann er alleine bleiben?
Liebe Grüße!
Sanne
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  #3  
Alt 29.11.2005, 19:37
Krabbe Krabbe ist offline
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Standard AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Liebe Sanne,

es freut mich, dass es deinem Mann wieder gut geht ud ich hoffe, ihr genießt das Leben.

Tja, wie fühle ich mich eigentlich? Meistens verdränge ich es wohl, da es sonst nicht auszuhalten wäre. Ich arbeite 6 Stunden täglich und nach sehr viel Ärger im Büro hat es sich aufgrund der Krebserkrankung dort wenigstens beruhigt. Sie nehmen sehr viel Rücksicht auf meine Situation und ich kann recht flexibel arbeiten. Eigentlich müsste ich bis 14.00 Uhr arbeiten, aber um 13.30 Uhr ruft Matthes an, wann ich denn nach hause komme. Mit der Wahlwiederholung klappt es noch. Wir wohnen mit meiner Schwiegermutter in einem Haus und sie schaut morgens nach ihm, wobei er die meiste Zeit, wenn ich weg bin im Bett liegt.

Wenn ich zu hause bin, dreht sich aber alles um seiner Krankheit, wobei die Krebserkrankung sehr im Hintergrund steht. Häufig beschäftigt er sich mit seinem Blutdruck, denn er manchmal in Minutenabstand misst oder jetzt auch um die Blutzuckerwerte, die aufgrund der Krebserkrankung jetzt ansteigen. Anfangs habe ich immer versucht, die Messungen hinauszuschieben, aber die Diskussionen kosten so viel Energie, die ich gar nicht mehr habe. Er hat schon ganz zerstochene Fingerkuppen.

Da Problem ist, dass ich nur noch das Leben von Matthes lebe und meins ganz auf der Strecke geblieben ist. Von daher ist es für mich auch sehr wichtig, dass ich arbeiten gehe. Wenigstens ein Stück "gesundes Leben". Ich fühle mich natürlich auch noch jung (sind wir ja auch noch!) und vieles fehlt mir auch, so z.B. ein Besuch bei meinen Eltern, die leider weiter entfernt leben.
Endlich mal wieder am Strand rumtoben und mal so richtig ausgelassen sein, das wär schon was. Meine Geschwister, die leider auch alle nicht in der Nähe leben, besuchen uns jetzt in unregelmäßigen Abständen und vorletztes Wochenende waren meine Eltern da. Das war richtig schön.

Mal sehen, am Samstag habe ich Konzertkarten für Runrig (machen schottischen Folkrock), hoffe, dass ich hingehen kann, mal einmal wieder abschalten.

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu ausführlich, manchmal quell ich einfach über und es tut gut hier zu schreiben.

Liebe Grüße und weiterhin alles erdenklich gute für euch

Krabbe (im wirklichen Leben Maike, aber der Name war schon vergeben und auf die Nummerierung bin ich nicht gekommen)

Geändert von Krabbe (29.11.2005 um 19:39 Uhr)
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  #4  
Alt 11.12.2005, 17:06
Krabbe Krabbe ist offline
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Unglücklich AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Hallo,

heute muss ich mal was schreiben, da ich sonst platze.

Es ist im Moment so schwer. Matthes ist so auf seinen Blutdruck fixiert, der eigentlich nie so schlecht ist, aber er misst ihn andauernd, manchmal im Abstand von 1 min. Hinzu kommt, dass er ja immer sofort wieder vergisst, wie hoch der Wert jetzt war. Gestern hat er dann mit dem zweiten Gerät immer noch mal gegengemessen, ob die Werte auch korrekt sind. Ich weiß, dass es eine Zwangshandlung ist, aber trotzdem fällt es mir schwer es hinzunehmen, da es mich so traurig macht, das er die ihm verbleibende Zeit nicht besser nutzen kann.

Auch ist es so schwer, dass ich kaum weg kann. Wenn ich nur mit dem Hund spazieren gehe, geht nach 1/2 Stunde das Handy, wann ich denn wieder zurück sei. Mit dem Konzert hat es nicht geklappt, aber das läuft mir ja nicht weg. Da ich ja arbeite, geht spätestens um 13.00 Uhr das Telefon, ob ich nicht nach hause kommen könne.Das führt dazu, dass ich immer ein schlechtes Gewissen habe. Gehe ich, habe ich ein schlechtes Gewissen meinem Arbeitgeber gegenüber, bleibe ich, habe ich es Matthes gegenüber. Es geht schon über so viele Jahre so. Jedes Weggehen ist mit Kampf verbunden und immer ein schlechtes Gewissen. Es kostet viel Kraft und
manchmal ist es wirklich schwer zu ertragen und heute ist so ein Tag.

Morgen bekommen wir die Blutwerte der letzten Untersuchung. Beim Ultraschall ist der Tumor weiter gewachsen, was ja auch zu erwarten war. Matthes fragt wenig nach und manchmal denke ich, er lenkt sich mit seinen Blutdruckmessungen von der Krebserkrankung ab.

Am Telefon kann ich kaum darüber reden, da Matthes es förmlich riecht, wenn ich telefoniere und mir dann auch nicht von der Seite weicht.

Es tat gut, es einfach niederzuschreiben.

Wünsche allen alles gute und trotz aller Widrigkeiten einen schönen 3. Advent.

Maike
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  #5  
Alt 11.12.2005, 17:18
SusiSonnenschein SusiSonnenschein ist offline
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Standard AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Hallo Krabbe !

Da fehlen einem echt die Worte.... Du machst grad eine sehr schwere Zeit durch wie viele von uns, aber bei Dir ist es nicht nur der eine "Feind" Krebs sondern ihr müsst es auch noch mit zusätzlichen Belastungen aufnehmen
Es ist bestimmt schwer für Dich das Leben eines Kranken zu führen obwohl Du ja gesund bist aber ich wünsche Dir alle erdenkliche Kraft diesen Weg mit Deinem Mann zu gehen !
Vor allem wünsche ich Dir dass Dich ab und zu jemand entlastet oder Dir jemand zu Weihnachten einen freien Tag schenkt an dem Du was für Dich tun kannst und Du gleichzeitig Deinen Mann gut aufgehoben weißt !

Alles Liebe Susi
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  #6  
Alt 23.12.2005, 17:58
Krabbe Krabbe ist offline
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Unglücklich AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Hallo,

es hat sich so viel geändert in kurzer Zeit, dass ich gar nicht zum schreiben gekommen bin.
Matthes Zustand hat sich akut verschlechtert, er hat ein Leberkoma und ist jetzt sehr verwirrt. Außerdem ist er in eine akute Depression geraten. Ich habe kaum eine Minute Ruhe, nachts weckt er mich jede 1/2 Stunde und ich bin am Ende meiner Kraft.
Eigentlich wollte ich es Matthes ermöglichen, bis zum Ende zu hause zu bleiben, aber ich werde mein Versprechen nicht halten können. Diese Woche war ich krankgeschrieben, aber in der nächsten Woche muss ich wieder arbeiten. Aber auch meine Schwiegermutter kann mich nicht mehr unterstützen, weil sie ebenfalls vollkommen fertig ist.
Wir haben uns daher entschlossen, Matthes am Dienstag in Krankenhaus auf eine Palliativstation zu bringen, zum Glück haben wir eine hier vor Ort, so dass ich ihn ganz viel besuchen kann.
Ich hoffe, dass er sich aufgrund seines Zustandes bis Dienstag entschließen kann, unserem Wunsch zu folgen. Es ist sicher auch in seinem Sinne, denn eine adäquate Pflege kann ich ihm nicht bieten. Ich bin mit meiner Geduld am Ende und es ist sicher nicht gut für ihn, wenn ich ihn ständig anfahre, aber wenn man keine Auszeiten bekommt, ist es unmöglich, dies bis zum Ende durchzuhalten.
Es tut mir unendlich leid für Matthes, aber wenn ich zusammenbreche, ist damit auch nichts gewonnen. Ich bin jetzt schon so viele Jahre für Matthes da und es stimmt mich traurig, dass ich es ihm nicht ermöglichen kann, die Zeit, die ihm noch verbleibt, zu Hause zu verbringen.

Ich bin unendlich traurig, aber ich habe keine Kraft mehr

Maike
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  #7  
Alt 19.01.2006, 10:53
Krabbe Krabbe ist offline
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Standard AW: Demenz, Depressionen und Krebs

Hallo stille Mitleser,

habe mich lange nicht mehr gemeldet, was ich jetzt gern einmal wieder tun möchte.

Matthes ist nicht in KH gekommen und immer noch zu hause. Irgendwie ist es mir gelungen aus diesem Tief hinauszukommen und auch mehr Sicherheit bezüglich der notwendigen Pflege zu gewinnen. Es gibt jetzt immer noch Nächte in denen er mich in halbstündigen Abständen weckt, aber es gibt auch welche in denen ich nahezu durchschlafen kann. Außerdem habe ich meine Arbeitszeit nochmals reduziert, so dass ich Mittwochs frei habe. Dies dient hauptsächlich der Entlastung meiner Schwiegermutter, die wirklich am Ende ihrer Kraft ist. Matthes ist bis auf wenige Ausnahmen dauerhaft verwirrt und mir fällt es leichter als ihr damit umzugehen und ihn zu beruhigen.

Sein körperlicher Zustand verschlechtert sich kontinuierlich und trotz aller Schwierigkeiten hoffe ich, dass wir den Weg gemeinsam zu hause zu ende gehen können.

Dieses Forum gibt mir immer wieder Kraft, leider schaffe ich es zur Zeit kaum, andere zu unterstützen. Es gibt unglaubliche Menschen hier und auch wenn Matthes Lage von Anfang an aussichtslos war, hat mir die Erfahrung der anderen im Umgang mit einer solchen Situation Mut gemacht. Hoffnung bezieht sich sicherlich zu recht meist auf die Genesung unserer Angehörigen aber manchmal kann die Hoffnung sich eben auch auf ein menschenwürdiges Ende und den Umgang damit beziehen.

Ich wünsche allen ganz viel Kraft und bedanke mich bei euch, dass ich hier immer Kraft tanken darf.

Maike
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