Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Allgemeine Themen > Umgang mit Krebs und Krankheitsbewältigung

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 30.12.2005, 06:42
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.02.2003
Ort: Im Süden
Beiträge: 3.314
Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

Lieber Achim,

Rational hast Du das Problem richtig erkannt, nur emotional es zu verarbeiten und damit klar zu kommen, daß man/frau wie die Pest gemieden wird, ist das viel größere Problem.

Es ist oft nicht die Gleichgültigkeit, es ist die Furcht vor "weh tun", "nachfragen" oder "auf den Keks gehen" wenn doch ein Kranker und die Angehörigen Ruhe (???) brauchen. Was sage ich, um nicht zu verletzen, wollen die Menschen darüber reden, was sagt man, usw usw. Es ist pure Furcht vor dem Wie mache ich es richtig. Und bei manchen Menschen einfach auch ein Unverständnis, denn wer nicht in der Situation ist, weiß nicht, wie wir uns fühlen, was wir brauchen.

Viele Menschen haben verlernt, bzw. sich nicht mehr damit auseinandergesetzt, wie geht man mit einem schwerkranken Menschen und den Angehörigen um. Das Sterben, und der ganze Prozeß davor, wurde durch das "hygienische Abschied nehmen" in Krankenhäusern immer mehr zu einem unausgesprochenen Thema und somit immer mehr in den Hintergrund gerückt-gedrückt. Dasein und Nähe geben, menschlichen Beistand leisten wurde immer mehr zu einer Sache von Pflegepersonal geschoben. Egal, wie viele Sendungen momentan über dieses Thema in den Medien laufen, wenn die Mitmenschen nicht bereit sind sich einzufühlen, können wir sie nicht ändern. Leider!!

Hast Du versucht mit den Leuten zu reden? Auf sie zuzugehen und direkt zu fragen, warum sie sich so verhalten? Es kostet eine ganze Menge Kraft und Mut, aber so manche Antwort wird Dich erstaunen. Ich stellte fest, daß so manche Bekannte oder Freunde sich total zurückzogen, besonders jene die vorher von meiner Stärke getankt haben (nenne sie heute die Egoisten des Lebens), und wiederum andere waren und sind heute viel enger in mein Umfeld getreten als ich es je vermutete. Auf deren Freundschaft lege ich viel größeren Wert, denn es ist durch ganz klares Aussprechen was wir brauchen ein Geben und Nehmen entstanden. Es war nicht leicht dieses Abschied nehmen von damals liebgewonnenen Menschen, aber heute geht es uns besser.

Ich wünsche Euch wenige, aber dafür gute Mitmenschen, die an Eurer Seite stehen. Auf die anderen könnt Ihr verzichten, denn es schmerzt immer wieder zu sehen, wie sie sich aus was immer für Gründe zurückziehen.
__________________
Jutta
_________________________________________




Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 30.12.2005, 10:27
kimaugust kimaugust ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.10.2005
Beiträge: 482
Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

hallo, Achim

sicher hast Du schon die Antwort von Jutta gelesen. Jawohl, die meisten,
die in Deckung gegangen sind, sind "die Egoisten des Lebens". Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Eine wirklich "treffende" Aussage.

Ein Kollege von mir ringt seit 3 Monaten um sein Leben. Ich rufe ihn täglich an und besuche ihn oft. Ich erfahre dabei stetig immer neues:

Firma und Kollegen:
die Kollegen/Kolleginnen , mit denen er sich - und umgekehrt - sehr gut verstanden hat, erkunden sich fast täglich nach seinem Befinden. Aber "schlimme" Sachen wollen sie nicht hören, verziehen sofort das Gesicht und sagen überzeugt, morgen ist das schon wieder anders. Sie lassen Grüße bestellen und lassen wissen, einen Besuch würden Sie nicht überleben.
Die glauben daran. Die wenigen, die zunächst mit Elan und Zuversicht ihn besucht haben, klagten im nachhinein, es wurde ihnen schlecht, sie hatten massive Kreislaufprobleme, nein , nein, ein weiterer Besuch ist nicht mehr drin. (und alles hochgebildete Menschen).
Von Kollegen, von denen ich es nicht erwartet habe, waren und da - wie selbstverständlich. Aber, halt einmal und aus die Maus.
Von 100 Kollegen sind jetzt mit mir 4 übrig geblieben. Und das tut im gut. Unser Vorstand schickt regelmäßig Grüße und Geschenke. Ein persönlicher Besuch diente allerdings dazu, ihm mit zu teilen, daß halt sein Job neu ausgeschrieben werden mußte und er dies nicht aus der FAZ erfahren sollte, sonder persönlich . Na ja , kann man so oder so sehen.
Kollegen/innen die ich sehr gut kenne, versichern mir, sie können so ein Leiden nicht sehen und bedauern dies sehr.

Familie: ich kenne die Famlie, sie hat allergrößte Schwierigkeiten damit umzugehen. Insbesondere die Eltern und der Ehefrau geht eine Heilung
(eigentlich ausgeschlossen) viel zu langsam. Man will wenig von den Ärzten wissen und steckt den Kopf in den Sand.

engerFreundeskreis: Er bestand nach meinem Wissen aus 3 Ehepaaren
und einigen Golffreunden. Ich habe bis heute lediglich von 1 (einem)
Besuch in 3 Monaten gehört.

FAZIT: Traurig aber wahr, Ihr steht nicht alleine da,

alles alles gute jürgen

Geändert von kimaugust (30.12.2005 um 10:29 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 30.12.2005, 10:58
Thomas Thomas ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.03.2005
Beiträge: 331
Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

Hallo Achim,
ich denke es ist bei vielen Menschen die Angst sich mit dem Tod und dem Sterben auseinanderzusetzen. Wenn mich jemand fragt : "wie gehst Du damit um" antworte ich manchmal : "auch Du kommst nicht drum rum, Dich mit den letztendlichen Fragen zu beschäftigen, und ich finds nicht nur schlecht, dass ich mich halt schon jetzt damit beschäftigen muß..." Auch ich habe erlebt dass Kollegen Angst hatten mich anzusprechen, Männer eher, Frauen konnten damit besser umgehen...

Ich wünsch Euch viel Kraft und Mut
Thomas
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 30.12.2005, 14:23
chrischan chrischan ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.10.2005
Beiträge: 69
Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

Hallo Achim,

ich stimme Jutta, Jürgen und Thomas zu: Es ist oft weniger Gleichgültigkeit als vielmehr Angst. Aber Angst nicht nur vom Tod oder dem Sterben, sondern auch (ich glaube vor allem) vor der Hilflosigkeit, der Abhängigkeit und der Schwäche der Kranken.
In unserer Gesellschaft regiert das Ideal des unabhängigen Einzelkämpfers, der jede Situation alleine meistern kann. Das Schlimmste, was man sich hier vorstellen kann, ist krank und schwach, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Wenn ich nachdenke, wie eifrig und zustimmend das Thema Sterbehilfe diskutiert wird oder wie oft ich in den letzten Jahren von Leuten gehört habe, sie wollten lieber sterben als unheilbar krank, pflegebedürftig oder behindert zu sein, dann ist klar, der gesunde Teil der Bevölkerung fürchtet nichts so sehr, wie den eigenen Vorstellungen von einem lebenswerten Leben nicht mehr gerecht zu werden. Dass die Perspektive als Kranker vielleicht eine andere ist, liegt schon jenseits der Vorstellungskraft. Und so wissen sie dann mit einem Kranken im Freundes- oder Kollegenkreis tatsächlich nichts mehr anzufangen.

Ich muss sagen, wenn ich deine Geschichte lese oder die vieler anderer hier, habe ich ziemliches Glück gehabt. Ich habe eine Handvoll Freunde, die alles mitgemacht haben. Auch die hatten teilweise Angst, mich zu besuchen, aber sie haben sie überwunden und sind trotzdem gekommen und dann kann man auch als Kranker oder Angehöriger etwas tun, um die Unsicherheit zu nehmen.

Wie Jutta schreibt, fände ich es auch richtig, die (ehemaligen) Freunde darauf anzusprechen, natürlich nur, wenn die Kraft vorhanden ist. Ich finde es unfair, wenn man nicht nur mit der Sch***krankheit alleine dasitzt, sondern den Schmerz über den Verlust der Freunde auch noch tragen muss. Diesen Schmerz und die dazugehörige Wut sollten auch diejenigen zu fühlen bekommen, die ihn verursacht haben. Vielleicht ein Brief "an die ehemaligen Freunde"? Na ja, es braucht schon etwas Power, um so eine Konfrontation einzugehen und wahrscheinlich braucht ihr davon gerade alles für euch.

Ich wünschte, ich könnte dir und deiner Frau etwas von diesem zusätzlichen und so überflüssigen Schmerz nehmen.

Dir und deiner Frau schicke ich ganz liebe Grüße und wünsche euch frohes neues Jahr.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:48 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55