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  #1  
Alt 08.01.2006, 17:08
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Shalom,
obwohl die Antwort an Gerhard gerichtet ist, fühle ich mich auch angesprochen. Ich versuche es so emotionslos wie möglich rüber zu bringen: Ich wäre sehr froh, wenn mir endlich mal einer erklären könnte, warum dem A L L M Ä C H T I G E N Gott immer nur alle positiven Beweggründe unterstellt werden "er hat uns/sie /ihn vom Leid ERLÖST..." usw. Wie ist es denn dann mit der logischen Konsequenz, dass er als A L L M Ä C H T I G E R auch für den gesamten Sch ... zuständig ist, das unendliche Leid, die Qualen usw.... - ich wollte emotionslos bleiben... Das sind nur gutgemeinte "Erziehungsmaßnahmen" für seine Schäfchen, Möglichkeiten seine Macht zu demonstrieren um uns zu retten (natürlich nur wenn ER will?)?

Gut, wenn du es so sehen kannst/ willst, wenn ich diese Art der Interpretation lese denke ich immer ich muss etwas Entscheidendes in der gesamten Gottesgeschichte nicht verstanden haben!

Viele Grüße Petra
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  #2  
Alt 08.01.2006, 17:57
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GEP GEP ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Petra, hallo Shalom,

Petra ich wollte auch schon auf die Zeilen von Shalom antworten, hab's aber erst gelassen, weil ja jeder seine Meinung hier haben darf.

Doch kann ich Deine Zeilen, liebe Petra, voll und ganz unterschreiben. Ich bin einigermaßen streng religiös erzogen worden, war in meiner Kindheit sogar Messdiener.

Diese 2 Jahre Leidensweg meiner Frau, der grausame Tod (mein Leiden ist da eher nebensächlich zu sehen, obwohl es mir ziemlich dreckig geht), das sind alles TATEN von diesem GOTT?

Was maßt sich dieser GOTT an?

Schön er soll Herr über Leben und Tod sein. Aber erklär mir jemand, was meine Frau damit zu tun hat? Sie war alles, was einen liebenswerten Menschen ausmacht (ich glaube das habe ich schon einmal alles geschrieben) und dann soll sie jetzt durch ihren furchtbaren Tod erlöst sein?

Also es tut mir furchtbar leid, aber mit diesem GOTT will und kann ich nichts mehr im Sinn haben.
Das ist nicht der Gott, wie ich es einmal beigebracht bekommen habe.

Shalom, ich hoffe Du akzeptierts meine Art, mit diesem Gott umzugehen.

Ich habe mit meiner Frau nicht's verarbeiten können, weil ich zwar die Schwere der Krankheit von Anfang an kannte, ich aber meiner Frau nie die Hoffnung und den Optimismus nehmen wollte, die Krankheit zu besiegen und deshalb auch nie über die Zustände Angst und Gefühle gesprochen habe.
Ich habe mich zu Hause so stark disziplinieren müssen, um nicht einfach einmal losweinen zu müssen, wie ich meine Frau hab leiden gesehen.

"Und dann wieder Zuversicht in das Dir von Gott gegebene Leben gewinnst"

ich will von ihm kein Leben haben, er kann meins gerne zurückhaben, aber so schnell wie möglich, ich bete sogar darum; und interessiert den das?

Liebe Grüße
Gerhard

Geändert von GEP (08.01.2006 um 17:57 Uhr) Grund: Rechtschreibfehler
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  #3  
Alt 08.01.2006, 20:50
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Ihr Lieben,
also ich weiß nicht so recht, darf ich Gerhards Thread jetzt so "benutzen" um mich über Gott auszulassen..? Eine Diskussion sollte es ja sowieso nicht sein, denn jeder darf glauben und sagen was er will und jeder braucht auch etwas anderes um sich daran fest zu halten.

Kein Mensch ist *umsonst* gestorben.......kein einziger den ich begleitet habe und auch meine Mutter nicht.
Wertvolle Dinge haben mir diese Menschen mitgegeben.Ich habe von ihnen lernen dürfen für mein weiteres Leben.
Durch meine Trauer um meine Mutter,um meine Freundin,meine Kusine etc. bin ich reifer geworden......ich habe in dieser Zeit gelernt auf meine Gefühle zu hören,meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und vorallem mir SELBST in die Augen zu sehen.


Liebe Anny, ich denke schon, dass letztendlich viele Dinge einen Sinn machen, alles ein Kreislauf ist, aber ich wehre mich gegen die Vorstellung, dass das alles von einem "liebenden Gott" als Regisseur "geplant" wird. Das bedeutet, er nimmt soviel Leid, Schmerz und auch Chaos (auch an und mit Kindern) in Kauf um uns zu formen !!!??? Ist das nicht der Gipfel der Arroganz sich anzumaßen, Kreaturne der Qual auszuliefern, um einen anderen Menschen zu einem besseren Menschen zu machen, ihn quasi "mitfühlend" umzuerziehen??? Also ich bin überspitzt ausgedrückt, als Mutter von drei Kindern noch nie auf die Idee gekommen einem meiner Kinder körperlichen Schaden zuzufügen, um die anderen zum Mitgefühl und zur Hilfe an dem kranken Kind zu erziehen. Ein Mensch als Opfergabe, damit die anderen die Chance bekommen sich selbst zu erkennen, feinfühliger zu werden...? Wie feinfühlig ist das, was kann das "Opfer" dafür??? Dieses Opfer finde ich eindeutig zu viel, überheblich und anmaßend.
Ich weiß, ich "tobe" mich hier scheinbar an dir aus, du hast geschrieben, dass du Gott auch nicht so personifiziert siehst - nimm` es bitte nicht an dich gerichtet, ich nehme deine Worte nur um meinen Standpunkt erläutern zu können - wie gesagt vielleicht ist das ja auch nicht der richtige Blickwinkel.

Ich finde es sehr wichtig, was du tust und ich glaube gern, dass es ein großes Problem in unserer Gesellschaft ist einen Sterbenden zu begleiten. Ich hatte im KH auch so liebe Seelen wie dich zur Seite, die allerdings überrascht waren, dass ich durch gehalten habe - was in Anbetracht der Liebe zu meinem Mann für mich das Normalste und Einzige war was ich tun konnte.

Gerhard - ich wünsche dir eine Ruhe bringende Nacht, du bist so ein lieber Mann - ich glaube so ähnlich wäre mein Liebster auch gewesen, wenn ich die Kranke gewesen wäre! Leider fällt mir kein tröstendes Wort für dich ein, deshalb : Liebe Grüße Petra
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  #4  
Alt 08.01.2006, 21:26
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Liebe anny, liebe Petra,

erst zu anny, in Deinem letzen Satz schreibst Du, ...sehr oft signalisieren uns die Angehörigen ihre Bereitschaft....

Das ist eines der Punkte, mit denen ich so ein großes Problem habe und mir das Hirn zermartere, ob ich wirklich etwas übersehen oder überhört habe, was mir meine liebe Frau sagen wollte oder wissen wollte.
Ich komme immer wieder zu dem gleichen Ergebnis, sie wollte nichts wissen, wollte mit mir auch nicht über ihre Ängste usw. sprechen.
Die Ärztin, die meine Frau bis in den Tod begleitet hat, hat mir auch beigepflichtet, dass da nichts war, was ich hätte anders machen können.

Trotzdem bleibt dieser dumpfe Schmerz und immer wieder wird man daran erinnert, hätte ich ihr was sagen sollen, hätte ich mit ihr darüber sprechen sollen. ICH WEIS ES NICHT, und es wird mir auch niemand sagen können.

Liebe Petra,

Deine Worte sind genau die meinen, ich danke Dir besonders für den letzten Satz Deines Threads. Ich musste wieder weinen. Es tut unheimlich gut, solch liebe, verständnisvolle Menschen zu treffen, die wissen von was sie reden.

Liebe Grüße
Gerhard
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  #5  
Alt 08.01.2006, 21:48
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

So, noch ein kurzen Gute-Nacht-Gruß...
danke Anny - mit der Ernennung zum Regisseur kann ich leben - also versuchen wir das uns best Mögliche aus der ungewollten Situation zu machen!

Gerhard - keine Ursache zum Dank - ich meine zu 98,7% was ich sage (tut mir nicht immer gut, ist nicht immer "diplomatisch"!). Ich habe mir übrigens auch viele Gedanken gemacht, ob ich hätte "nach hacken" sollen oder er sich in seiner Angst nicht ernst genommen gefühlt hat von mir. Aber ich habe versucht das für micht unter dieser Anspannung Mögliche, allerbeste Sensibilität aufbietende zu tun, wenn ich eine Situation doch verkannt haben sollte, so weiß ich, dass er sich meiner Liebe bewußt war und es mir nicht "angekreidet" hat, ich glaube nicht, dass er sich irgendwie ernsthaft von mir verlassen gefühlt hat. Er hat sich sogar BEI MIR (!!!) entschuldigt, dass er seine Liebe, seine Gefühle nicht so ausdrücken kann, wie er sie fühlt...! Dabei hatte es solche Schmerzen, Grund genug um sich um solche Dinge keine Gedanken zu machen!!! Ich glaube, sie hat oft mit viel Liebe auf dich geblickt und sich gewundert, dass sie so einen tollen, geduldigen Mann hat - vielleicht hat sie das schon so froh gemacht, dass sie deshalb keinen Grund sah zu jammern?!
Bis Morgen, Ihr Lieben! Gruß Petra
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  #6  
Alt 08.01.2006, 22:14
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Fragen darfst du an deine Frau auch jetzt noch stellen.....wenn du in dich hineinhörst wirst du Antworten erhalten.

das kann ich bestätigen. Es gibt sie, diese Zeichen und manchmal, wenn die Verzweiflung sehr groß ist, merke ich, dass mein Mann mich noch immer "an der Hand führt und mir den Weg zeigt"

Bei Annys Satz ist mir ganz spontan etwas eingefallen: Ich weiß nicht mehr genau, wann es war, vielleicht 4 Monate nach Claus Tod hatte ich plötzlich ganz starke Zweifel daran, ob mein Mann wirklich gewusst hat, dass ich ihn über alles liebe. Ich war total verunsichert, ob ich es ihm genügend gezeigt und gesagt hatte als er noch bei uns war. Und ganz plötzlich fiel mir eine Schublade ein, in der ich Andenken sammelte - so auch Briefe, die wir uns geschrieben hatten. Seit Jahren hatte ich sie nicht mehr geöffnet, aber an diesem Mittag las ich sie alle. Und es waren viele. Und es war für mich, als hätte Claus mir die Frage beantwortet: Er hat gewusst wie sehr ich ihn liebe!

Lieber Gerhard, ich kann dich so gut verstehen. Ich selbst frage mich heute auch so oft noch, ob ich wirklich hingehört habe. Ich habe Claus niemals gefragt, ob er Angst hat. Ich hätte es nicht über mich gebracht. Nicht um mich zu schützen, im Gegenteil, hätte ein solches Gespräch stattgefunden, mir wäre - ähnlich wie dir - heute leichter ums Herz. Aber ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben, seine nicht und auch meine nicht. Denn ich konnte nicht akzeptieren, dass der Tod überhapt in Betracht gezogen werden muss. Wie hätte ich mit ihm über Sterben und Tod reden sollen, wo ich doch sicher war, dass er leben würde. Und er hat nichts gesagt. War es eigene Hoffnung? Ich weiß es nicht. Vielleicht war es auch ganz einfach die Art wie zwei Liebende miteinander umgehen, die sich seit so vielen Jahren zur Seite gestanden haben. Das Wissen, dass es so im Augenblick für jeden das Beste ist. Ich hätte ebenso wie du hingehört. Ich hätte mit ihm gesprochen. Ich hätte mit ihm geweint. Wenn er es gewollt hätte. Und deine Frau hat gewusst, dass sie mit dir alles hätte besprechen können. Sie hat sich so entschieden. Nicht, um dich zu schonen, das denke ich weniger, denn sie wusste, wie stark du ihr zur Seite stehst, ich denke, es war einfach ok. für sie, so wie es war.

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #7  
Alt 08.01.2006, 23:05
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Liebe Petra,

die Zeilen von anny haben mich vorhin sehr traurig gemacht und deshalb habe ich nicht mehr geantwortet.

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Zitat

Darf ich dir dazu etwas sagen.
Sie wollte mit dir über ihre Ängst sprechen und sie hat es auch getan. Gerhard wenn du in deiner Trauer ein kleines Stück weitergekommen bist wirst du vielleicht verstehen was ich damit sagen möchte.
Sprechen bedeutet nicht unbedingt verbal auch nonverbal vermögen wir zu sprechen.
Deine Frau hatte wahrscheinlich die gleichen Ängste wie du.....sie wollte dir vielleicht nicht noch mehr Kummer bereiten,deshalb hat sie ihre Angst nie in der Form verbalisiert.
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Aber nachdem ich Deine Antwort eben gelesen habe, ist mir wieder ein wenig besser. Du schreibst exakt so, wie ich das gedacht habe. Wie sich manches gleicht. Genauso habe ich empfunden, ich wäre eher gestorben, als meine Frau mit irgend etwas zu quälen und ihr die Hoffnung zu nehmen.

Danke noch mal und Gute Nacht, bei mir wird wieder nichts mit schlafen, ich bin hellwach.

Liebe Grüße
Gerhard
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