Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 30.01.2006, 17:32
Benutzerbild von kleiner Bär
kleiner Bär kleiner Bär ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.01.2006
Ort: Linden (Hessen)
Beiträge: 20
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

Hallo Molly, Hallo Jutta!

Danke für Eure Antwort. Ich denke, ihr habt recht - wir müssen meinen Vater fragen, was er braucht. Es wird wohl nicht leicht sein, direkt mit ihm über seine Bedürfnisse zu reden, denn er hat immer versucht, "bedürfnislos" zu erscheinen - v.a. uns Kindern gegenüber. Aber über die organisatorischen Fragen könnten wir ihn vielleicht zum Reden bringen. Ihm sind praktische Angelegenheiten immer leichter gefallen, als über Gefühle sprechen zu müssen. Ich glaube, die größte Angst, die er zur Zeit hat, ist, dass er durch die Gehirnmetastasen irgendwann nicht mehr ganz klar im Kopf ist. Leider fällt mir nicht ein, wie man in in diesem Punkt beruhigen kann - außer ihm zu versichern, dass wir ihn immer so in Erinnerung behalten werden, wie er vorher war.

Insgesamt ging es ihm am WE besser - durch das Cortisonpräparat, das seine Übelkeit dämpft. Dadurch kann er wieder etwas besser essen. Am Sonntag saß er ganz glücklich am Frühstückstisch und erklärte "Das ist schon meine dritte Tasse Tee!" (Dass er seinen Schwarztee nicht trinken konnte, so lange, hat ihn wirklich gestört.) Aber zwischen diesen kurzen Phasen des Aufblühens sind auch solche, wo er ganz offen vom Sterben spricht, und davon, dass er nicht reanimiert werden will, wenn es soweit ist. Es fällt mir, um ehrlich zu sein, etwas schwer, mich auf die wechselnden Stimmungen einzustellen - v.a. wei ich nie weiß, welche gerade zu erwarten ist, wenn ich ihn anspreche.

Heute morgen hat die Therapie begonnen. Wie sie wirkt, das muss die Zeit zeigen. Am Telefon wirkte er etwas erschöpft, meinte aber, das käme von dem Cortison, das putsche ihn so auf, dass er die Nacht über nicht richtig geschlafen hätte. Vielleicht sehen wir ihn heute Abend - er wollte das davon abhängig machen, wie es ihm geht. Ich hoffe das Beste und versuche mich von Tag zu Tag weiterzuhangeln. Irgendwie hoffe ich immer noch ein bisschen, dass ich aus diesem Albtraum gleich aufwache...

Gruß

Euer kleiner Bär
__________________
"Wenn die Strömung gegen dich ist und du am Ende deiner Kräfte bist, hör auf zu denken, hör auf zu sehen und zu hören, hör meinetwegen auch auf zu hoffen, aber hör niemals auf zu atmen und zu schwimmen!"
(Jörg Kastner)
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 02.02.2006, 08:00
stupsi stupsi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 155
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

Liebe kleiner Bär,

ich kann dir zwei Situationen aus eigener Erfahrung schildern.

Mein Bruder ist vor 3 Jahren an Krebs verstorben, 3 Jahre zuvor war er krank mit allen hochs und tiefs die diese Krankheit mit sich bringt.
Er hat während seiner Erkrankung fast nie über seine Ängste, Schmerzen und Gefühle geredet.
Wir haben das so akzeptiert aber es war für uns Angehöige sehr schwer wir hatten immer Angst etwas falsches zu sagen.

2 Jahre nach seinem Tod bin ich selbst an Krebs erkrankt und ich hab von Anfang an darüber offen gesprochen. Das war gut für mich aber auch für meine Familie.

Und man weiß als Erkrankter auch nie in welcher Stimmung man aufwacht, mal ist es ein Tag wie jeder andere und dann wieder ein Tag voller hoffnungslosigkeit
Und in diesen Situationen ist es so gut sich seinen Stimmungen hingeben zu können und die Famiie ist einfach nur da, zum Festhalten, mitweinen und auch lachen.
Keiner braucht ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn es dem Erkrankten mal nicht gut geht er nicht reden will. Seit einfach nur da ohne nachher zu fagen, was war den gestern??

Ich wünsche dir viel Kraft
liebe Grüße von
Susi
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 02.02.2006, 19:01
Benutzerbild von kleiner Bär
kleiner Bär kleiner Bär ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.01.2006
Ort: Linden (Hessen)
Beiträge: 20
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

Danke für Deine Antwort, Susi!

Ich glaube, Du hast Recht. Wir werden versuchen, da zu sein und immer wieder das Angebot zu machen: Wir sind da, wann immer Du uns brauchst. Auch wenn das in der praktischen Umsetzung nicht ganz einfach ist,manchmal. Mein Vater bemüht sich sehr, uns alles so einfach wie möglich z u machen, indem er die Sache ganz rational und vernünftig angeht.
Er macht jetzt seit zwei Tagen die Therapie (er bekommt Tarceva, diese neue Alternative zur Chemo bei Lungenkrebs), und wir hoffen alle, dass sie ihm noch etwas Zeit gibt. Ist es falsch, insgeheim zu hoffen, dass es mehr als nur "etwas Zeit" sein könnte? Er selbst ist so entschlossen, rational darüber nachzudenken, dass er für "falsche" Hoffnungen keinen Raum lassen möchte.

Manchmal ist so viel "Vernunft" etwas schwierig - als er meiner Mutter nebenbei erzählte, dass er seinen Körper, wenn es soweit sei, der Anatomie des Klinikums zur Verfügung stellen würde, habe ich sie dann doch etwas trösten müssen.
Mein Vater als anatomisches Präparat?? Ihm hat wohl der Gedanke gefallen, dass er über den Tod hinaus etwas "sinnvolles" tun könnte. Nun, irgendwie passt diese Entscheidung so sehr zu ihm, dass wir uns, denke ich, damit würden anfreunden können, ihn nicht gleich bestatten zu können (die Urnenbestattung würde vom anatomischen Institut zwei Jahre später organisiert). Das ist eben mein Vater!

Das sind so die Augenblicke, wo man einfach nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Wir haben es dann geschafft, uns fürs Lachen zu entscheiden, und darauf war ich schon ein bisschen stolz.
Auch wenn es immer wieder Momente gibt, wo wir immer wieder einfach das Gefühl haben, ihn festhalten zu müssen. Um uns zu vergewissern, dass er noch da ist.
__________________
"Wenn die Strömung gegen dich ist und du am Ende deiner Kräfte bist, hör auf zu denken, hör auf zu sehen und zu hören, hör meinetwegen auch auf zu hoffen, aber hör niemals auf zu atmen und zu schwimmen!"
(Jörg Kastner)

Geändert von kleiner Bär (02.02.2006 um 19:09 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 04.02.2006, 01:03
Benutzerbild von Steph570
Steph570 Steph570 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.02.2006
Ort: Düren / NRW
Beiträge: 129
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

Hallo kleiner Bär ,
mein paps ist 58 war bisher nie ernsthaft krank und hat jetzt ein nicht kleinzelliges BC. Mit angegriffen sind das Zwerchfell und die Leber.
Entgültige Ergebnisse gibt es erst nächste Woche da noch Untersuchungen ausstehen.
Heilbar ist es nicht , sie können es nur aufhalten (Chemo).
Als er das gesagt bekam war ich dabei. Ich dachte mir reißt jemand den Boden unter den Füßen weg.
Mir gingen die selben fragen durch den Kopf. Wie verhalten , was tun , was nicht tun , was wie sagen etc.

Mein Vater war bisher auch immer jemand der alles mit sich allein ausgemacht hat.
Seit Dienstag ist das anders.
Vor allem mit mir redet er sehr offen und ehrlich. Wir haben die letzte 4 Tage viel Zeit miteinander verbracht und viel über diese sch... Krankheit und alles was dazu gehört gesprochen.

Du kennst Deinen paps. Du merkst bestimmt wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Vielleicht braucht er ein zwei Tage um das mit sich selbst zu regeln und damit klar zu kommen.
Und dann rede mit ihm.

Mir haben die Gespräche die letzten Tage viel gebracht.
Woher ich die Kraft nehmen soll ihm bei zu stehen weiß ich noch nicht aber ich weiß jetzt das ich sie aufbringen werde.

Ich glaube das schlimmste was man tun kann ist zu schweigen.

Ich wünsch Dir viel Kraft
LG steph
__________________
Nordisch nobel , Deine sanftmütige Güte , Dein unbändiger Stolz , das Leben ist nicht fair.
Es war ein Stück vom Himmel , das es Dich gibt.
(Grönemeyer)

Paps geb. 15.04.47 - gest. 08.02.07
Opipi geb. 19.03.22 - gest. 08.01.08
Schwiegerpapa geb. 23.08.35 - gest. 18.01.08
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 04.02.2006, 18:05
amoebe amoebe ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.01.2006
Beiträge: 122
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

hallo,

ich bin neu hier registriert, lese aber schon eine zeit lang mit...
mir geht es ähnlich wie dir, kleiner bär. ich frage mich auch immer wieder, wie kann ich helfen, was kann ich tun?

meine mutter hat krebs und geht damit nach außen hin sehr gelassen um. anderen geht es schlecht, aber ihr nicht, betont sie immer wieder. ich habe auch das gefühl, sie will nicht zu viel wissen über diagnose, prognose, behandlung und nebenwirkungen (ganz im gegensatz zu mir, seit ich es erfahren habe, versuche ich, so viel wie möglich über "ihren" krebs herauszufinden).

es fällt mir zwar nicht ganz leicht, aber ich lasse sie, akzeptiere ihre art, damit umzugehen, bin einfach nur so gut ich kann für sie da. aber ich fühle mich so hilflos, bin so traurig und habe angst um sie...nichts tun zu können tut so weh!

ich wünsche dir von herzen alles gute und eine intensive zeit mit deinem vater,

amoebe
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 04.02.2006, 18:43
Katinka1981 Katinka1981 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.01.2006
Beiträge: 62
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

hallo amoebe,

mir geht es wahrscheinlich ähnlich wie dir. meine ma ist auch an krebs erkrankt, leider schon recht weit fortgeschritten...

ich frage mich oft, wie ich meiner ma helfen kann. ich bin selber oft total hilflos und hoffe immer, nichts falsch zu machen oder zu sagen. ich versuche immer für sie da zu sein und ihr zuzuhören, wenn sie reden mag. manchmal redet sie über ihre gefühle, aber sie hat mir noch nie gesagt, dass sie angst hat zu sterben. ich glaube, sie traut sich nicht... für mütter muss es sicher sehr schwer sein, dem eigenen kind zu sagen, dass man weiß, dass man stirbt und das man eine scheiß angst davor hat... ich glaube, sie versucht mich zu schützen. ich versuche immer so sachlich wie möglich ihr gegenüber zu treten und ihr ja nicht meine angst zu zeigen. ich habe angst, dass ich es ihr damit alles noch viel schwerer mache und das will ich nicht, auch wenn es mir so verdammt schwer fällt...

seitdem ich weiß, dass es keine heilung mehr für sie gibt, bin ich sehr viel hier, hauptsächlich um mitzulesen... es gibt neben den ganzen gedanken, die in mir vorgehen ja auch unendlich viele dinge, die man "regeln" muss. und darüber redet meine ma auch nicht sehr viel... bin ihr aber auch nicht böse drum. ich versuche einfach so gut es geht, mich darauf vorzubereiten, was im schlimmsten fall zu tun ist... wie ich dann wirklich damit klar komme, weiß ich nicht...

was hat deine ma denn genau? und wie gehst du damit um?

ganz liebe grüße und fühle dich von mir gedrückt, auch wenn wir uns nicht kennen
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 05.02.2006, 12:44
amoebe amoebe ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.01.2006
Beiträge: 122
Standard AW: Wie kann ich meinem Vater helfen?

liebe katinka,

danke für deine warmen und verständnisvollen zeilen. ja, wir haben wohl einiges gemeinsam.

du schreibst, du vermutest, deine mutter will dich mit ihrem nicht so offen reden schützen- so etwas habe ich mir bei meiner auch schon gedacht. ich versuche immer wieder, ein bißchen "tiefer" zu gehen und wirklich zu ihr vorzustoßen, sanft...nur hat sie sich halt leider schon seit langem von ihrer gefühlswelt distanziert. sie sagte mir einmal, wie es drinnen aussieht, das geht keinen was an, das zeigt sie niemandem mehr. eher kommt dann so eine kratzbürstigkeit zu tage als tränen. ich denke, sie würde niemals zugeben, dass sie angst hat, da pfaucht sie lieber herum oder macht sarkastische bemerkungen. doch ich kenne sie besser, als sie glaubt und spüre sehr genau, was dahinter ist...aber darüber "darf" ich nicht reden, da blockt sie sofort ab. und ich lasse es dann auch. aber ich bin bereit, wenn sie doch mehr herauslassen will.

sie hat ein mundbodenkarzinom, wurde erst vor weihnachten operiert, es hieß, alles gut gelaufen, keine metastasen, keine lymphknoten befallen, bedenklich wäre nur "G3" im befund (kannst du mir sagen, was das genau bedeutet- grad der aggressivität oder fortgeschrittenheit des tumors?)

nun hat sie kurz vor bestrahlungsbeginn einen harten, rasch wachsenden lymphknoten am kiefer und wird morgen wieder operiert, man weiß noch nicht, ob es wieder bösartig ist. und ich hoffe so....dass es das nicht ist!!!

erzähl mir doch auch mehr von deiner mutter und dir, wenn du möchtest.
ich bin froh, hier über meine sorgen schreiben zu können und "mitbetroffene" kennenzulernen.

alles gute wünsche ich euch von ganzem herzen, und dass ihr euch noch näher kommen könnt. ich glaub, das geht schon auch ohne reden...(bei uns beiden schon, ich spürs einfach!)

alles liebe
amoebe

(mir fehlt hier im forum das "knuddel-smilie", das würd ich dir jetzt gern hersetzen da!)
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:20 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55