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  #1  
Alt 03.02.2006, 22:46
sonjaM sonjaM ist offline
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Standard Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

Hallo,

ich muss mir einfach mein ganzes Leid von der Seele schreiben. Seit der Diagnose im Oktober bin ich nicht mehr ich selbst. Meine Mutter (53J) ist an einer sehr aggressiven Tumorart erkrankt. Obwohl die OP relativ erfolgreich verlief (relativ daher, da dabei die Hälfte des Darms entfernt werden musste), hat sich der Tumor bereits Ende Dezember erneut ausgebreitet. Jetzt bekommt sie Chemo und das, obwohl Anfang Januar, die Ärzte in der Klinik lediglich Bauch auf und Bauch zu machtnen. In Heidelberg probiert man jetzt doch eine Chemo. ich denke, einfach zu warten, ist noch schlimmer. Sicherlich macht man sich dann irgendwann Vorwürfte, warum man die Chance, auch wenn sie nur gering ist. Da meine Mutter früher mal selbständig war, kommen nun auch noch finanzielle Probleme dazu. Kredit fürs Haus kann nicht mehr gezahlt werden, Strom- Wasser und sonstige Rechnungen türmen sich. ich weiß nicht mehr aus noch ein. habe seit Oktober schon versucht zu helfen, aber es wird ja alles noch schlimmer, da meine Mutter, selbst bei positivem Verlauf aufgrund des großen Darmverlust und der daraus resultierenden ständigen Toilettengänge nicht mehr arbeiten kann.Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, liegt mein Opa seit fast 4 Wochen mit Hirnhaut- und Lungenentzündigung im Krankenhaus. Gestern teilte ein Arzt mit, dass der Verdacht auf ein Lungentumor besteht. ich bin auch bei meinen Großeltern aufgewachsen, wir leben alle auf einem Grundstück. sie sind für mich wie meine 2. Eltern. Ich bin einfach nur noch müde. Fahre nach einem harten Tag Arbeit immer zwischen zwei Kliniken (Entfernung ca 45 km einfach), hin und her. Komme gegen 21.00 Uhr nach Hause und bin einfach nur noch fertig. Keine Zeit für mich selbst. ich weiß, dass dies auch wichtig ist, aber ich kann nicht ein Tag zu Hause bleiben, weil ich mir sonst Vorwürfe mache. ich will doch untersützen und gebe mich dafür selbst auf. ich fühle mich einfach nur noch hilflos und alleine, auch wenn viele Freunde und meine Familie mir beistehen. Trotzdem steht man mit seiner Angst und seiner Verzweiflung vor dem Morgen immer wieder alleine da. Das Jahr 2006 ist nicht mein Jahr. Manchmal würde ich selbst einfach gerne in einen tiefen Schlaf fallen, um nicht mehr dauernd über die schlimme Situation nachzudenken. wie man sieht befinde ich mich wohl gerade in einer ziemlichen Depressionsphase.
Liebe Grüße sonja
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  #2  
Alt 04.02.2006, 09:23
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

Hallo SonjaM,

ich frage mich auch staendig warum immer alles aufeinmal kommen muss,warum es wenn es einmal angefangen hat, scheinbar nicht mehr aufhoeren will.
Aber dagegen sind wir machtlos.
Wir muessen versuchen so gut es geht damit zu leben und fuer einen selber den richtigen weg finden. es gibt dafuer kein patentrezept wer,wie womit umgehen soll. wir kuemmern uns alle auf unsere art und weise.
aber was ich in der letzten zeit auch gelernt habe - wir duerfen uns dabei nicht ganz vergessen. du musst nicht immer nur stark sein und fuer alle da sein, du darfst auch mal schwach sein. das ist nichts schlimmes. schwaeche zu zeigen heisst stark sein.
Vielleicht wuerde es dir ja auch in der gegebenen Situation helfen mal zu einem Therapeuten zu gehen? Gespraeche zu fuehren und evtl. auch ein Antidepressiva.
Vielleicht hilft es dir ja auch schon ein bisschen hier zu schreiben (so ist es bei mir)

Icxh wuensche deiner Mutter und dir alles,alles Gute und auch ganz viel kraft!

Ylva
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  #3  
Alt 04.02.2006, 14:00
sonjaM sonjaM ist offline
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Beiträge: 397
Standard AW: Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

Hallo Ylva,

habe bereits von meinem Arzt ein Medikament erhalten. Es soll Angstzustände nehmen und hilft beim Schlafen. Tagsüber nur 1/4 Tablette und nachts 1/2 Tab. Nehme die Tablette nur nachts, da ich damit gut schlafen kann. Tagsüber bin ich zu müde, wenn ich sie nehme und da ich ja arbeiten muss, lass ich es lieber bleiben. Habe mir auch überlegt, ob mir ein Therapeut helfen kann, aber dann habe ich nochmals einen weiteren Termindruck. Renne ja jetzt schon nur noch hin und her. Schwach sein ist nicht so einfach. Wenn ich alleine bin oder mit meinem Partner oder meinen Freunden rede, dann bin ich auch mal schwach. In der Familie, war ich aber schon immer der starke Teil. Habe mich schon immer um die Krankheiten innerhalb meiner Familie gekümmert, mit Ärzten geredet. Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, da fühl ich mich einfach nur leer und hilflos. ich weiß, dass es viel Leid auf der Welt gibt, gerade das Forum hilft mir ungemein. ich bin oft nur stiller Leser und viele schreiben mir aus dem Herzen. Manchmal muss ich aber auch meinem Herzen Luft schaffen.
Liebe Grüße und Danke
sonja
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  #4  
Alt 04.02.2006, 14:05
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Ylva Ylva ist offline
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Beiträge: 3.112
Standard AW: Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

Hallo Sonja,

das hast du schoen geschrieben,finde ich,dass jeder seinem herzen mal Luft machen muss. Du hast Recht und deshalb solltest du das auch weiterhin tun.
Ich weiß das es nicht einfach ist und das man trotz guter Ratschlaege,lieben Worten und guten Vorsaetzen es nie durchfuehren kann zumindest nicht so gut.
Geht mir aehnlich. Ich habe mir einfach gesagt,dass ich mir am Tag ein paar Minuten,Stuendchen fuer mich goenne.
Ich bin dann mit meinem Pfer doder meinem Hund unterwegs oder liege einfach mal 15 Minuten in der Badewanne oder lese ein gutes Buch.
Dann muss eben ein Termin mal zurueckstecken. Ich weiss das es schwer ist und ich kriegs auch nicht immer hin aber ein paar Mal schon.
Kann dein Partner dich nicht ein wenig unterstuetzen? Oder hat er einfach nicht so den Bezug zur Familie das er dir da ein wenig unter die Arme greifen koennte?

Liebe Sonja,ganz viel Kraft fuer dich und einen schoenen Restsamstag,
Ylva
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  #5  
Alt 04.02.2006, 18:48
Lisa35 Lisa35 ist offline
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Beiträge: 28
Standard AW: Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

Liebe Sonja,
ich habe gerade Deine Geschichte gelesen und kann Dein Leid nur zu gut verstehen. Aber vergesse Dich bei dieser ganzen Geschichte nicht. Es bringt Deiner Mum überhaupt nichts, wenn Du irgendwann kraftlos und "ausgebrannt" zusammenbrichst. Sie braucht Dich so sehr und "hoffentlich" auch noch sehr lange. Deswegen power Dich nicht total aus - spanne Leute aus der Familie mit ein. Keiner und am wenigsten Deine Mum wird von Dir verlangen das Du täglich hin und her hetzt. Ich weiß, in einer solchen Situation will man nicht an sich denken - aber es ist wirklich wichtig.
Vor allem mußt Du Dir auch Hilfe bzgl. der Finanzen Deiner Mum holen. Wenn die Raten für´s Haus nicht mehr bezahlt werden können, das ist schon heftig und Banker sind meistens nicht so verständnisvoll. Und das sind Dinge die Deine Mutter zusätzlich belasten.
Ich drücke Dir und Deiner Mum ganz fest die Daumen.
LG Lisa
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  #6  
Alt 05.02.2006, 15:03
Katinka1981 Katinka1981 ist offline
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Beiträge: 62
Standard AW: Wie kann man die Hilflosigkeit bewältigen?

hallo sonja,

ich kann nachvollziehen, wie du dich fühlst. meine ma ist im gleichen alter und auch schwer an krebs erkrankt.

da ich keine geschwister oder andere familienangehörige habe, stehe ich ziemlich alleine vor der ganzen sache. meine ma hat einen lieben freund, der aber selber riesige probleme hat, damit umzugehen. ich bin auch diejenige, die immer stark sein muss und möchte und bisher klappte es auch soweit ganz gut. wenn ich für mich alleine bin, im auto von meiner ma wegfahre oder abends im bett liege, dann weine ich und alles fällt von mir ab... das muss dann auch sein, aber ich fühle mich verpflichtet stark für meine ma zu sein und sie nicht auch noch voll zujammern... sie hat ja schließlich mit ihrer eigenen angst genug zu tun. ich kann gut verstehen, wie du dich fühlst. man fragt sich so oft, wie man das alles schafft aber irgendwie steht man jeden tag auf, geht arbeiten und ist rund um die uhr für seine ma da. irgendwie geht das. ich bin aber natürlich auch der meinung, dass man sich mal ein paar minuten zeit für sich selber nehmen sollte. ich versuche es meist am wochenende, wo ich dann auch mal einen tag nicht zu ihr fahre und mein leben lebe... (so hart es klingt und so egoistisch es auch sein mag)

ich bin auch noch recht neu hier im forum, habe zuerst viel mitgelesen und war tief berührt, wievielen menschen das gleiche schicksal "blüht" wie meiner ma... es tut gut hier zu sein und sich hin und wieder auch mal mit jemandem auszutauschen oder einfach nur den frust, die angst, die verzweiflung von der seele zu schreiben.

fühl dich gedrückt, ich wünsche euch alles gute und viel viel kraft... würde mich freuen, von dir zuhören...

liebe grüße
katharina
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  #7  
Alt 06.02.2006, 22:40
sonjaM sonjaM ist offline
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Beiträge: 397
Standard Unfassbar

Ich kann es nicht glauben. Mein Opa ist gestorben. Heute Mittag erhielt ich von meiner Tante einen Anruf, dass sie gerade bei Opa ist und er keine Luft mehr bekam. Die Ärzte waren noch bei ihm im Zimmer. Ich bin sofort von der Arbeit losgerannt, leider zu spät. Bereits am Auto angekommen, erhielt ich den Anruf, dass Opa verstorben. ich kann es nicht glauben. Meine Großeltern sind für mich wie meine 2. Eltern. sie haben mich aufgezogen. ich lebe schon immer bei ihnen und sehe sie täglich (außer wenn ich in Urlaub bin). Ich sass noch lange am Bett bei meinem Opa und habe ihm gesagt, wie sehr ich in liebe und wie dankbar ich dafür bin, dass er mich wie ein 3. Kind großgezogen hat. Ich bin einfach nur noch traurig. habe angst, was die Zukunft noch bringt. Wie schnell geht ein Mensch von einem und man kann nichts dagegen tun. Die Ärzte selbst waren überrascht über das schnelle Ableben. Meine Mama ist ja auch schwer krank und ich muss daher weiterhin stark sein und darf mich nicht hängen lassen. Wie soll ein Mensch das alles nur durchstehen. Ich sehe einfach nur noch Leid, Trauer und Hilflosigkeit auf meinem Weg.
Zu Deiner Frage, Katharina, ich habe einen Partner, der unheimlich lieb ist. Allerdings ist er aus beruflichen Gründen oft mehrere Tage unterwegs und ich bin in dieser Zeit alleine. Gott sei Dank ist er gerade heute zurückgekommen, so dass ich jetzt wenigstens nicht alleine bin. Ich werde das Bild von meinem Opa im Krankenhaus heute nicht vergessen. Wie gerne hätte ich ihm noch mal gesagt wie lieb ich ihn habe und wieviel er mir in meinem Leben gegeben hat. Mir hat es wieder gezeigt, dass man seine Gefühle immer zeigen und auch sagen muss, damit es nicht eines Tages zu spät ist.
Danke allen, die mir hier auch Mut machen. Ich hoffe nur, dass meine Mama noch eine Chance auf Heilung hat, auch wenn die Ärzte hierzu keine großen postiven Aussichten geben. Die Hoffnung stirbt wohl doch irgendwie zu letzt.
Liebe Grüße
Sonja
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