#226
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
ich mochte den November noch nie. Dieses Jahr hat er es recht gut gemeint, viel Sonne, wenig Regen. Aber heute ist er ganz typisch. Grau, windig und nass ist es draußen. Ich höre Max Herre und sitze am PC. Tue also eigentlich NICHTS. Nachher fahre ich zu einem Konzert, ich freu mich drauf und werde an dich denken. Sowieso! Deine Vida Todes-Erfahrung Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund, Bewunderung und Liebe oder Hass dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund tragischer Klage wunderlich entstellt. Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen. Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen, spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt. Doch als du gingst, da brach in diese Bühne ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne, wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald. Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes hersagend und Gebärden dann und wann aufhebend; aber dein von uns entferntes, aus unserm Stück entrücktes Dasein kann uns manchmal überkommen, wie ein Wissen von jener Wirklichkeit sich niedersenkend, so dass wir eine Weile hingerissen das Leben spielen, nicht an Beifall denkend. Rainer Maria Rilke, 24.1.1907, Capri
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#227
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
ich denke gerade an dich. Daran, dass du TOT bist! DU! Es ist immernoch nicht fassbar, nicht greifbar für mich. Nicht ausgerechnet DU bist so früh gestorben. Mir ist, als wäre es gestern gewesen, als wir in der Vereinsgaststätte sassen und du die Sportklamotten anhattest. Die braune Tasche, die man dir "überreicht" hatte und die so hässlich war, dass sie schon wieder cool war, war auch dabei. Die anderen haben drüber gelacht, dass du sie überhaupt benutzt hast. Aber es war typisch, dass du sie erstrecht mochtest. Ich mochte sie übrigens auch. Die Gedanken, die seit langem durch meinen Kopf geistern, würde ich so gerne mit dir teilen. Manchmal glaube ich, dass ich nach einem "Ersatz" für dich suche, gleichzeitig weiß ich, dass ich den nie finden werde und diese Suche deshalb vergeblich ist. Es macht mich traurig, wütend, fassungslos zugleich, dass du so früh sterben mußtest, dass dir so viele Jahre verwehrt blieben, dass du die Sonne nicht mehr aufgehen siehst, dass du nicht mehr tanzen, lachen und feiern kannst. Du kannst nicht mehr Handball spielen, nicht mehr mit mir weggehen und einen trinken, du kannst nicht mehr deine Spässe machen und es bleibt dir verwehrt, Lebenserfahrung zu sammeln, älter und reifer zu werden, Kinder zu haben, deinem Beruf nachzugehen. Nichtmal dein Studium durftest du beenden. Der Krebs hat dich daran gehindert, hat deine Pläne durch- kreuzt und übern Haufen geworfen. Er hat dich umgebracht, weggerissen von hier. Von meiner Seite. Als besten Freund. Ich hasse diese Krankheit so sehr. Heute kommt es mir vor, als wärst du erst seit gestern fort ....weil ich es immernoch nicht fassen kann. Glauben kann. Und will. Und weil ich dich noch genauso vermisse, wie in der ersten Stunde nach deinem Tod. Deine Vida Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht, kann er frei seine Flügel entfalten und die Stille der Sterne durchspalten, - denn er muss meiner einsamen Nacht nicht mehr ängstlich die Hände halten - seit mich mein Engel nicht mehr bewacht. Rainer Maria Rilke, 8.2.1898
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~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nach Regen kommt Sonnenschein! Geändert von Vida7 (26.11.2006 um 17:18 Uhr) |
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AW: R., Du fehlst mir so!
Liebster R.,
gestern habe ich davon erzählt, wo und wie wir uns kennengelernt haben. Hier neben mir an der Wand hängt eine ausgedruckte Email von dir. 24.Mai.2000. Mehr als sechs Jahre sind seither vergangen. Im Betreff dieser Mail steht "Irrsinn" und sie war eine unserer literarischen Spassmails, in der wir uns rethorische Duelle lieferten. Wie hab ich das geliebt. Nie wieder werde ich mich so mit jemandem austauschen. Deine Einzigartigkeit hallt nach...mein ganzes Leben lang. Bis wir uns wiedersehen. In mir schlummert eine große Angst. Es geht mir nicht gut und ich suche nach Halt, den ich nicht finde. Du fehlst mir in diesen Tagen und Wochen. Nichts weißt du darüber, wie ich jetzt lebe, ich konnte es dir nicht mehr sagen. Schon über zwei Jahre bist du nun weg und wir haben nicht mehr miteinander gesprochen. Deine Stimme aber klingt noch in meinem Ohr, ich kann mich an sie erinnern, genauso wie an deine Mimik und deine Gestik. You are missed so much! Deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Wäre es uns möglich, weiter zu sehen, als unser Wissen reicht...
vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten mit größerem Vertrauen ertragen als unsere Freuden. Denn sie sind die Augenblicke, da etwas Neues in uns eingetreten ist, etwas Unbekanntes; unsere Gefühle verstummen in scheuer Befangenheit, alles in uns tritt zurück, es entsteht eine Stille, und das Neue, das niemand kennt, steht mitten darin und schweigt. Wir haben uns verwandelt, wie ein Haus sich verwandelt, in welches ein Gast eingetreten ist. Wir können nicht sagen, wer gekommen ist, wir werden es vielleicht nie wissen, aber es sprechen viele Anzeichen dafür, dass die Zukunft in solcher Weise in uns eintritt, um sich in uns zu verwandeln, lange bevor sie geschieht. Und darum ist es so wichtig, einsam und aufmerksam zu sein, wenn man traurig ist: weil der scheinbar ereignislose und starre Augenblick, da unsere Zukunft uns betritt, dem Leben so viel näher steht, als jener andere laute und zufällige Zeitpunkt, da sie uns, wie von außen her, geschieht. Je stiller, je geduldiger und offener wir als Traurige sind, um so tiefer und um so unbeirrter geht das Neue in uns ein, um so besser erwerben wir es, um so mehr wird es unser Schicksal sein, und wir werden uns ihm, wenn es eines späteren Tages "geschieht" (das heißt: aus uns heraus zu den anderen tritt), im Innersten verwandt und nahe fühlen. Und das ist nötig. -Rainer Maria Rilke- Lieber R., die Traurigkeit ist zu Gast .... und die Angst. Ich biete ihnen einen Platz an, auch Zeit, hoffe aber dennoch, dass sie nicht lange bleiben. Es gibt angenehmere Gäste. Aber von denen lernt man vielleicht nicht so viel. Ich vermisse dich, deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
die Gäste sind noch da, aber meistens verhalten sie sich still. Dennoch erinnern sie mich zwischendurch immer wieder daran, dass ich Besuch habe. Weihnachten naht und geht doch an mir vorbei. Dabei sollte ich mich vielleicht freuen, kann aber nicht. Alles nicht so einfach grade. Ich bräuchte dich hier ... Deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
es geht mir nicht gut. Du fehlst mir sehr. Ich habe einen gemeinsamen Freund getroffen. Habe über dich gesprochen mit einer Freundin. Es ist schon zwei Jahre her. Ich vermisse dich. Deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
schon das dritte Jahr, das ohne dich beginnt. Vor drei Jahren habe ich dich Silvester angerufen und zwei Freunde waren bei dir und deinen Eltern zu Besuch. Du warst schon krank. Scheiß Krebs. Ihr hattet eine lustige Nacht, aber du konntest schon nicht mehr so mitfeiern, durftest nichts trinken, mußtest dich schonen und warst müde und angestrengt. Ich habe dir ein frohes neues Jahr gewünscht, nicht geahnt, dass du von diesem Jahr nur noch die Hälfte erleben würdest. Nicht geahnt, dass es dir immer schlechter gehen würde, die neuen Therapien nicht anschlagen würden, du bald im Koma liegen würdest. Ende April die letzte SMS. Der Kontakt riß ab und ich konnte dich nicht mehr erreichen, nicht mehr sprechen. Dabei hätte ich noch so vieles zu sagen gehabt. Gerade anhand der Tatsache, dass du nun für immer fort bist. Diese Worte, die ungesagt blieben, lasten auf meiner Seele wie ein Fels- brocken. Ich werde sie nie mehr los werden können. Deine Vida Bei Nacht Nachts, wenn das Meer mich wiegt Und bleicher Sternenglanz Auf seinen weiten Wellen liegt, Dann löse ich mich ganz Von allem Tun und aller Liebe los Und stehe still und atme bloß Allein, allein vom Meer gewiegt, Das still und kalt mit tausend Lichtern liegt. Dann muss ich meiner Freunde denken Und meinen Blick in ihre Blicke senken, Und frage jeden still allein: "Bist du noch mein? Ist dir mein Leid ein Leid? Mein Tod ein Tod? Fühlst du von meiner Liebe, in meiner Not Nur einen Hauch, nur einen Widerhall?" Und ruhig blickt und schweigt das Meer Und lächelt: Nein. Und nirgendwo kommt Gruß und Antwort her. - Hermann Hesse -
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
ich denke oft an dich .... Deine Vida Wie eine Welle Wie eine Welle, die vom Schaum gekränzt Aus blauer Flut sich voll Verlangen reckt Und müd und schön im großen Meer verglänzt - Wie eine Wolke, die im leisen Wind Hinsegelnd aller Pilger Sehnsucht weckt Und blaß und silbern in den Tag verrinnt - Und wie ein Lied am heißen Straßenrand Fremdtönig klingt mit wunderlichen Reim Und dir das Herz entführt weit über Land - So weht mein Leben flüchtig durch die Zeit, Ist bald vertönt und mündet doch geheim Ins Reich der Sehnsucht und der Ewigkeit. - Hermann Hesse, Mai 1901 -
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber S.,
the yellow butterfly .... hope he guides your way. Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
Renato. Nothing more to say. Again! Wie schön. Deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Der Weg ist mehr als das Ziel! - Rainer Maria Rilke -
Lieber R., es sind schwierige Wochen, vor allem gesundheitlich. Und dann schlägt mir meine Krankheit aufs Gemüt. Dabei war es zuvor mein Gemüt, das die Krankheit ausgelöst hast. So muß ich wieder versuchen, mich selbst zu finden, zu beruhigen, mich selbst wieder auf den rechten Weg zu bringen. Dabei hatte ich nichtmal das Gefühl, dass es zuvor der falsche war. Diese Zeilen schreibe ich in schwächlicher Verfassung. Ich vermag es garnicht recht zu erklären, wie es mir geht oder nicht geht. Alles ist merkwürdig und es muß etwas mit mir geschehen, damit sich dies wieder ändert. Diese Nachricht gestern hat mich sehr erschüttert. Das Ende einer Ära .... irgendwie. Du würdest verstehen, was ich meine. Und du würdest mich darauf hinweisen, das ich gerade wieder dazu neige, zu dramatisieren. Wie recht du damit hättest . Sei´s drum, dann dramatisiere ich eben. Es fehlt mir sehr, mit dir zu reden und mit dir zu diskutieren. Du warst in meinem Leben der Philosoph. Ich brauche die Philosophie, ich liebe sie schon immer und du konntest sie mir immer wieder näher bringen, so dass ich sie fast schon anfassen konnte. Und jetzt bist nicht nur du weg, sondern auch sie, denn du warst das Bindeglied zu ihr. Oft. Obwohl so jung. Ich vermisse dich. Immer noch. Und immer wieder. Deine Vida
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#237
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
Barcelona tauchte so oft in meinen Gedanken auf und es hatte einen Sinn. Aber was für einen?! So oft vermute ich hinter Dingen einen Sinn, erkenne ihn auch und letztlich bringt er mich nicht weiter, eben dieser Sinn. Ich kreise um mich und finde mich nicht. Es ist nicht einfach in diesen Tagen. Aber du weißt ja, dass ich weiter mache. Sowieso. Auch wenn ich nicht weiß wie. Deine Vida Unwissend vor dem Himmel meines Lebens, anstaunend steh ich. O die großen Sterne. Aufgehendes und Niederstieg. Wie still. Als wär ich nicht. Nehm ich denn Teil? Entriet ich dem reinen Einfluss? Wechselt Flut und Ebbe in meinem Blut nach dieser Ordnung? Abtun will ich die Wünsche, jeden andern Anschluss, mein Herz gewöhnen an sein Fernstes. Besser es lebt im Schrecken seiner Sterne, als zum Schein beschützt, von einer Näh beschwichtigt. Rainer Maria Rilke, Frühling 1913, Paris
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
beschützt du mich? Bin auf der Suche. Mir rinnt die Zeit durch die Finger. Die Erinnerungen. Wie Sand. Kann nichts auf- oder festhalten. Schon garnicht das Schicksal. Wo führt es mich hin?! Ich möchte an das Gute glauben. Auch wenn es schwer ist. Deine Vida Klage Uns ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom, Wir fließen willig allen Formen ein: Dem Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom, Wir gehn hindurch, uns treibt der Durst nach Sein. So füllen Form um Form wir ohne Rast, Und keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not, Stets sind wir unterwegs, stets sind wir Gast, Uns ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot. Wir wissen nicht, wie Gott es mit uns meint, Er spielt mit uns, dem Ton in seiner Hand, Der stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint, Der wohl geknetet wird, doch nie gebrannt. Einmal zu Stein erstarren! Einmal dauern! Danach ist unsre Sehnsucht ewig rege, Und bleibt doch ewig nur ein banges Schauern, Und wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege. Januar 1934
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AW: R., Du fehlst mir so!
Lieber R.,
ich glaube, du hast schützend deine Hand über mich gehalten. Du und er. Er und du. Wo auch immer ihr seid. Es gab ganz viele Regenbögen in den letzten Tagen, zwei davon so leuchtend, dass ich mich fast nicht mehr aufs Autofahren konzentrieren konnte vor lauter Staunen. Ich mag Regenbögen. Und Schmetterlinge. Danke jedenfalls. Vielmals! Deine Vida
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AW: R., Du fehlst mir so!
Liebster R.,
oft sehn ich dich herbei. Als ich vorhin über dich sprach, wünschte ich so sehr, du wärst hier und ich könnte dir all die Dinge erzählen, die meine Seele manchmal so schwer machen. Vor drei Jahren hast du noch gekämpft. Es blieben dir noch gute drei Monate, in denen du viel leiden musstest. Drei Jahre schon. Ich kann es nicht fassen. Und ich, ich bin noch hier, halte die Stellung mit wackligen Knien. Mal bin ich stärker, mal bin ich schwächer. Immer bin ich ärmer. Um eine wunderbare Freundschaft. Um den allerbesten Freund. Deine Vida Und meine Hände, welche blutig sind vom Graben, heb ich offen in den Wind, so dass sie sich verzweigen wie ein Baum. Ich sauge dich mit ihnen aus dem Raum als hättest du dich einmal dort zerschellt in einer ungeduldigen Gebärde, und fielest jetzt, eine zerstäubte Welt, aus fernen Sternen wieder auf die Erde sanft wie ein Frühlingsregen fällt. Rainer Maria Rilke, 25.9.1901
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