Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 26.06.2007, 09:07
AndreaB AndreaB ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.08.2005
Beiträge: 127
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo ihr Lieben,
ja ich habe auch das Gefühl als würde ein Stück von meinem Herzen fehlen,
mein Sohn vermisst seine Oma auch soooooo sehr immer wenn er weint dann weine ich mit, freilich muß man an morgen denken aber es ist sehr schwer. Meine Tante ´hat vot 3Jahren ihre´n Mann verloren und sie hat gesagt vergesssen wird man es nie nie nie;-( Sie fehlt mir sehr meine Mami ich denke immer wo sie jetzt wohl sein mag..........
Ich kann Euch alle so gut verstehen.
Andrea
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 27.06.2007, 13:15
Shakira Shakira ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.02.2007
Beiträge: 76
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Marita, Patrick und Andrea,

in der Tat hört es sich so an, als ob ihr nie die Chance hattet, die Trauer tatsächlich zu verarbeiten (denke ich, aber ich bin kein Therapeut!!)
Man verdrängt eine lange Zeit, aber irgendwann kommt es wieder hoch, bzw. es hindert einen daran, wieder voll und ganz am Leben teilzunehmen.
Ich denke, ein Therapeut würde nicht nur "erzählen" lassen, sondern wirklich Tipps geben, sofern er gut ist. Ich bin bis jetzt noch nicht in einer Therapie, sondern habe mir erstmal ein Buch zugelegt.
Ich habe mir ein Buch gekauft, was ich wirklich sehr empfehlen kann:
"Einen lieben Menschen verlieren - vom schmerzlichen Umgang mit der Trauer" von Dr Wolf. (über Amazon.de sehr schnell zu bestellen!)
Dieses Buch erzählt einem so viel über die Trauerbewältigung, man lernt was "normal" ist (eigentlich alles), dass man vieles einfach zulassen soll, sich für nichts schämen muss und einfach annehmen muss, was kommt. Man lernt, sich aktiv mit der Trauer und den damit verbundenen Gefühlen auseinanderzusetzen, um dann am Ende wieder frei und bereit zu sein, am Leben voll teilzunehmen.
Man lernt den Tod anzunehmen, man lernt, dass z.B. Schuldgefühle keinen Sinn machen und wie man sie los wird.
Man lernt, dass man einen Weg zu gehen hat, an dem keiner vorbei kommt, um den Schmerz und die Trauer zu bewältigen und sie dann auch irgendwann loslassen zu können.
Ich finde das Buch extrem hilfreich.
Eine Einschränkung für euch vielleicht: es spricht vor allem auch Menschen an, die gerade frisch einen Menschen verloren haben, es spricht also auch über diesen anfänglichen Schockzustand und gibt Tipps, wie man da durch kommt, ohne zu großen seelischen und körperlichen Schaden zu nehmen.
Aber vielleicht ist auch das nicht verkehrt für euch, die ihr zwar nicht mehr im ersten Schockzustand seid, den aber eventuell auch nicht voll ausgelebt habt und nun auf halber Strecke "stecken geblieben" seid.
Dr. Wolf vergleicht in dem Buch die Trauerarbeit als eine Bergbesteigung auf den Gipfel. Man fängt unten im Tal an und erklimmt den Berg Stück für Stück. Wenn man am Gipfel oben angekommen ist, ist man bereit für ein neues Leben ohne schmerzliche Gedanken.
Sie beschreibt auch, wie Leute auf halbem Wege umkehren oder aber auf halber Berghöhe stehen bleiben und im Nebel stehen und nicht wieder herausfinden. So ähnlich könnte man eventuell euren Zustand beschreiben.

Es gibt aber auch eine Masse anderer Bücher über Trauerbewältigung - einfach mal bei amazon.de schauen und sich für eins entscheiden.
Ich denke, es hilft wirklich!

LG,
Shakira
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 29.06.2007, 08:55
AndreaB AndreaB ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.08.2005
Beiträge: 127
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Shakira
Danke für deinen Rat aber ich habe viele Bücher gelesen!!!!!
Nach und vor dem tod meiner Mama, ich denke es braucht trotz alledem viel viel Zeit und vergessen wird man sie oder das nie ............................
Es ist einfach so es war die Mutter und meine Mutter war alles für mich ich lebe schon wieter aber anders..........
Ich habe mir auch viele Bücher gekauft über das leben nach dem Tod weil für mich das auch irgendwie unbegreiflich ist das ein mensch einfach veschwindet seine Energie usw.
Ich wünsche allen viel Kraft ............
Bin froh das es Euch gibt, dann fühlt man sich nicht so alleine..............
Andrea
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 29.06.2007, 17:23
Shakira Shakira ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.02.2007
Beiträge: 76
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Andrea und alle anderen,

du hast Recht, natürlich kann man das nicht vergessen und soll man glaube ich auch nicht.
Jeder hat einen anderen Weg und muss sich den für sich selbst besten Weg um Umgang mit der Trauer herausfinden.
Ich war aber so beeindruckt von dem Buch, dass ich dachte, das sollte jeder mal lesen! Aber natürlich ist jede Situation anders.
Den Menschen wird man wohl nie vergessen - das wäre auch schlimm, denke ich. Ich habe aber die Hoffnung, irgendwann soweit sein zu können, mich nur noch gern an die schönen Augenblicke zu erinnern, ohne Schmerz, mit ein wenig Wehmut sicherlich, aber ohne dass es mich traurig macht.
Daran arbeite ich.

Ich kopiere an dieser Stelle mal einen Text ein, den ich in diesem Zusammenhang irgendwie tröstlich fand:

Der Tod ist gar nichts.
Ich bin ganz nah im Raum nebenan.
Ich bin ich und Du bist Du.
Was wir füreinander bedeuteten bleibt bestehen.
Ruf mich mit meinem gewohnten Namen,
sprich mit mir so wie Du es immer getan hast.
Rede nicht in Trauer oder anders als sonst mit mir.
Freue Dich so, wie wir uns immer miteinander gefreut haben.
Bete für mich und lächle in Erinnerung an mich.
Lasse meinen Namen so gebraucht werden wie er immer in unserem
Hause gebraucht wurde, ohne daß ein Schatten darauf fallen soll.
Leben bedeutet immer noch, was es schon immer
bedeutet hat, ohne Unterbrechung.
Warum sollte ich auch aus Euren Herzen sein,
nur weil ich nicht sichtbar bin?
Für einen Augenblick bin ich da, irgendwo hier,
ganz nah,
alles ist gut.

Harry Scott Holland
Comm. der St. Paul’s Cathedral zu London 1847-1918
´

Alles Liebe,
Shakira
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 30.06.2007, 15:15
Benutzerbild von marita76
marita76 marita76 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 22.03.2007
Beiträge: 10
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Shakira,

vielen, vielen Dank für Deine Tipps
Ich hab mir das Buch mal bestellt, mal sehen, ob es mir weiterhilft. Du hast ja geschrieben, dass es sich eher auf die erste Zeit bezieht, aber so ein Rückblick ist vielleicht ganz gut für mich. Ich hab mir auch gleich das Buch von Kübler-Ross (Interviews mit Sterbenden) dazu bestellt. Das wollte ich eigentlich schon lesen, als Mama krank war, aber es ging dann alles so schnell, dass ich nicht mehr dazu kam. Und es geht mir immer noch nach, dass ich nicht weiß, was wohl in ihr vorgegangen sein mag. Sie war immer so tapfer und wollte uns nicht belasten bzw. wollte nicht über ihre Ängste sprechen.

Heute hab ich mich aufgerafft, einmal ans Grab zu gehen. Ich war nicht lange da - der Ort ist mir fremd. Aber ich hatte schon länger das Gefühl, mal hingehen zu müssen. Das nächste Mal gehe ich mit meinem Vater.

Das Gedicht von Harry S. Holland finde ich sehr schön.
Als ich da neulich nicht schlafen konnte, hab ich auch ein Gedicht für Mama geschrieben, das will ich ihr beim nächsten Besuch in einer Laterne ans Grab stellen:

Gedenken

Dein Sinn für Schönheit strahlt noch immer
Dein Haus hat Dich noch nicht vergessen
Marionetten wohnen dort, Puppen und gute Gespenster.
Deine Welt war bevölkert von Kinderaugen und Romanfiguren,
von Hundeschnauzen und Katzenpfoten.

Deine Hände vermochten Dinge zu zaubern
aus Stoff und Farben, Rahmen und Garn,
aus Licht und Grün,
aus Gewürzen und Öl, Ton und Papier.

Du liebtest das Meer, die Malerei und den Lavendel,
Trödelmärkte und alte Gemäuer.
Du liebtest die Ferne, die Weite.
Du hieltest die Augen offen für Wolken und Bäume,
für Muscheln und Steine.
Du nanntest alle Blumen beim Namen.

Dein Haus hat Dich noch nicht vergessen
Deinen Gang, Deinen Duft und Deine Stimme
Deine Liebe leuchtet noch immer
Ich finde sie in Deinem Haus und in meinem Herzen.

Das Schreiben hat mir auch etwas geholfen.
Auch ich hoffe, dass ich es schaffe, mich irgendwann ohne Schmerz zu erinnern und in meinen Träumen nicht immer nur die kranke Mama sehe. Ich habe sie doch fast 30 Jahre gesund erlebt..

Liebe Grüße,
Marita
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 02.07.2007, 19:42
AndreaB AndreaB ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.08.2005
Beiträge: 127
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo an Euch Lieben!!
Es tut auch gut Euch zu schreiben......................
Das Gedicht ist wunderschön steht auch oft in Todesanzeigen............
hoffentlich ist es wahr das die Toden oft sooo nah sind.
Auch Dein Gedicht von deiner Mutte ist wunderschön,ich schreibe selbst ein Tagebuch seitdem meine Mutter ...............
ich lese gerne die Seiten wo ich von meiner Mutter schrieb als sie noch da war gestern haben wir uns ein Video angeschaut vor 11 Jahren unsere Hochzeit da habe ich Mama gesehen so fit und das war so wunderschön da muß ich gleich weinen, naja es ist aufjedenfall sehr schwer .........

ANDREA
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 13.07.2007, 00:51
Benutzerbild von Lilanelke1978
Lilanelke1978 Lilanelke1978 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.07.2007
Beiträge: 23
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo all ihr lieben....

ich habe viel hier gelesen und zum ersten mal hatte ich das Gefühl das es dort draussen Menschen gibt die mich verstehen. Die meine Gefühle kennen.
Meine Mutter ist dieses Jahr am 08.01.07 gestorben.
ich bin 28 Jahre alt, ich habe einen jüngeren Bruder, er ist grad 18. Wir waren mit unserer Mutter alleine. Meine Mutter hatte einen Gehirntumor.
Sie lag die letzen 3 jahre ihres lebens nur noch im Pflegebett. Ich und mein Bruder haben sie gepflegt bis ich schwanger wurde, dann übernahm dies ein pflegedienst. Es war alles sehr grausam für mich....erst hat sie all ihre haare verloren....dann konnte sie nur noch mit gehwagen gehen und zum schluss halt nur noch im Bett. Sie ist mit 49 Jahren gestorben, sie wollte unbedingt noch ihren 50. Geburtstag feiern, das sagte sie mir am Sterbebett
Sie kam direkt am ersten Januar ins Krankenhaus. ich war immer bei Ihr, auch als sie am letzten tag eingeschlafen ist...ich habe bis zum Schluss ihre hand gehalten. Es ist heute noch sehr schlimm für mich diese bilder Ihres Ablebends zu verarbeiten. Es ist nun über ein halbes Jahr her, aber ich habe das Gefühl das es mit der Trauer immer schlimmer anstatt besser wird. Ich lese viele Bücher über Das Leben nach dem Tod....es hilft ein wenig. Ich vermisse sie so sehr...sie war noch so jung und sie hat kaum etwas vom leben gehabt. Sie war eine ganz starke liebe frau. Sie hat immer gesagt das es ihr gut geht, egal wie schlecht es ihr wirklich ging nur um andere nicht zu belasten. Sie war immer sehr bescheiden. ich habe einen kleinen Sohn er ist 11 Monate und mein ein und alles. ich bin froh das meine Mutti Ihn noch kennenlernen konnte. Er war 5 Monate als sie starb. "Meine schnullerbacke" hat sie immer gesagt. Ihr habt recht , die Welt dreht sich weiter und ich habe das Gefühl das alle denken das es mir schon wieder gut geht nur weil ich nicht in deren Gegenwart weine. Ich weine wenn ich alleine bin, wenn es anfängt zu dämmern...ich kann nicht begreifen das ich sie in diesem Leben nicht mehr wiedersehe. Mein bruder wohnt mit bei mir, ich habe ihr versprochen auf ihn auf zu passen und sie passt auf meine Schnullerbacke (mein sohn) auf. Die Beerdigung ist an mir vorbeigezogen ich kam mir vor wie in einer anderen Welt...ich muss aber ehrlich sagen das sie für mich nicht so schlimm war als der Moment wo sie von mir gegangen ist und ich ihre hand gehalten habe...ich bin davon überzeugt das es ein Leben nach dem Tod gibt.
Mama hat auch fest dran geglaubt. Ich weiß das ich sie irgendwann wieder sehen werde. Ich vermisse sie....ihre nähe...ihren Geruch und ihre Fröhlichkeit. Sie war nicht nur meine Mutter sondern auch meine Freundin. Manchmal hat man Momente wo man denkt es geht nicht weiter....aber irgendwie geht es dann doch wieder und ich denke sie hilft mir dabei.
Ich wünsche euch allen eine gute Nacht.

mit lieben Grüßen Nicole

Geändert von Lilanelke1978 (13.07.2007 um 00:55 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #8  
Alt 17.08.2007, 17:41
Tonks Tonks ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 17.08.2007
Beiträge: 7
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo allerseits!

Seit einiger Zeit suche ich nach Literatur, nach Berichten und Erfahrungen von jungen Frauen, deren Mutter früh verstarb. Dabei bin ich auch auf dieses Forum gestoßen.
Viele Berichte aus diesem Thread, allerdings zugegebenermaßen nicht alle, habe ich gelesen und viele viele Erfahrungen, die auch ich durchlebt habe wurden hier geschildert. Dafür möchte ich allen Autoren meinen Dank aussprechen, denn es tut gut, zu erfahren, mit seinen Gefühlen und seiner Verwirrung nicht alleine zu sein .
Ich selbst bin Mitte zwanzig und meine Mutter starb vor einigen Jahren als ich selbst gerade siebzehn war. Damit liegt ihr Todeszeitpunkt wahrscheinlich um einige Jahre weiter zurück als das bei vielen Elternteilen von euch der Fall ist. Ich hoffe, ich darf mich dennoch dazwischendrängen .
Meine Fragen und meine Geschichte richte ich besonders an die unter euch, die in die Kategorie "twentysomething" fallen oder älter sind, deren Mütter aber starben als sie selbst Jugendliche oder jünger waren.

Obwohl es mittlerweile so viele Jahre her ist, habe ich bis heute meine Mutter nicht wirklich loslassen können. Ich suche sie noch immer in vielerlei Hinsicht, gerade in letzter Zeit. Zwar lebe ich "von außen betrachtet" wieder ein "ganz normales Leben", mit Uni, Job, Freunden usw., ich kann auch wieder von Herzen lachen und mich freuen, nicht aufgesetzt, nicht gekünstelt, sondern tatsächlich mit Freude am Leben leben - und doch...

"Die Zeit heilt alle Wunden", diesen Spruch habt ihr sicher alle schon zu hören bekommen. ...ja, mit der Zeit kommt es tatsächlich zurück, das Leben, die Freude, das Wieder-Lachen-Können - und das meinen viele Menschen wohl, wenn sie diesen Spruch bringen -, aber "heilt" "die Zeit" wirklich die Wunde, die der Tod eines Elternteils - besonders der des gleichgeschlechtlichen - in uns gerissen hat?
Wer oder was heilt?
Oder lernen wir nur, mit der Wunde zu leben?

"Das Leben geht weiter".
Als ich diesen Spruch kurz nach dem Tod meiner Mutter zu hören bekam, klang das für mich wie bitterböser Spott und Ironie... allerdings mit erschreckendem Wahrheitsgehalt... es traf mich nämlich zutiefst, genau das zu erleben!: "Die Erde dreht sich weiter und sie fragt nicht mal nach dir - alles, was dich von ihr trennt ist eine Eisentür" (Die Toten Hosen) ...das Leben um mich herum ging ganz normal weiter - ich verstand nicht, wie und wieso alle Menschen um mich herum, auf der Straße, in der Schule, im Verein noch lachen und fröhlich sein konnten.
Und ich verstand mich teilweise selber nicht, wie auch ich teilweise in gewohnter, aber nicht familiärer, Umgebung "ganz normal" sein konnte
- um dann im nächsten Moment vor inneren Schmerzen fast zerfetzt zu werden.

Aber irgendwann findet sich wieder ein Rhythmus, irgendwann hört dieses dumpfe Funktionieren, dieses wie in einer etwas unrealen, etwas zu grellen oder etwas zu farblosen Welt leben wieder auf, irgendwann stürzt man sich wieder voller Energie in sein Studium, in seinen Beruf und in das Leben.

...und findet sich plötzlich zurückgeschleudert.
Plötzlich bricht eine heilloses Chaos aus einem aus. Plötzlich zerreißt es einen innerlich wieder. Plötzlich kommen all die Gefühle hoch, die so lange unter der Oberfläche verborgen lagen.

...plötzlich stellt man fest, daß man seine Mutter schrecklich vermisst. Ihre Umarmung, ihren Zuspruch, ihre Ermunterung, ihre Liebe.
Hat man sich bis eben noch selbst gezeigt, es auch "alleine" schaffen zu können, erscheint einem plötzlich das Leben wieder so groß und so bedrohlich und man möchte nichts mehr als in die wärmenden und schützenden Arme der Mutter zurückfliehen! ...aber sie ist nicht da! Sie ist nicht da. Sie ist tot.

Da sind die Fragen, die man ihr unbedingt stellen möchte.
Zum ersten Mal entdeckt man nämlich, daß die eigene Mutter mehr als nur die Mutter war. Sie war auch - vielleicht sogar vorallem - eine Frau! Sie war auch mal jung, sie war auch mal genauso alt wie ich heute.
Wer war diese junge Frau? Welche Wünsche und Träume hatte sie? Was hat sie gemacht? Wer waren ihre Freunde? Wie und wo hat sie gelebt? Mit wem?
Hatte sie vielleicht auch Angst?

...warum weiß ich darüber nichts? Warum habe ich sie nie danach gefragt? Hat sie dazu jemals etwas erzählt? Was weiß ich über sie? Kenne ich sie überhaupt?

Und die anderen Fragen, Fragen, die ebenso schwer zu beantworten sind.
Ich suche nämlich nicht nur verzweifelt nach dem mütterlichen Trost, nach der mütterlichen Umarmung, ich beginne auch nicht nur, meine Mutter als Menschen, als eine Frau zu erkennen und trauere darum, sie niemals auf diese Art kennenlernen zu können, nein, ich suche auch ganz massiv nach einer Art Vorbild, einem Modell, einer Antwort auf die Frage, was es bedeutet, eine junge Frau zu sein oder zu werden.
Doch mein Modell lebt nicht mehr.

Und leider habe ich auch keine wirkliche "Idee", wie ich an diese "Informationen" herankomme.


Erkennt sich jemand hier wieder?
Wie habt ihr das Problem lösen können? Habt ihr?

Danke!
Tonks

Geändert von Tonks (18.08.2007 um 22:12 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #9  
Alt 17.08.2007, 19:17
stef777 stef777 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.12.2006
Beiträge: 175
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

liebe tonks,

ich falle zwar nicht direkt in deinen angesprochenen betroffenenkreis, wollte aber dennoch auf deinen schönen beitrag antworten, auch weil ich einiges davon bei mir wiedererkannt habe, in ähnlicher form...mein vater verstarb anfang des jahres, ich bin anfang 30. wir hatten nicht immer ein gutes verhältnis, obwohl ich ihn immer sehr geliebt habe und ihm immer sehr ähnlich war. erst in den letzten jahren vor seinem tod hatten wir ein immer besseres verhältnis. trotzdem blieb vieles unausgesprochen und nicht wirklich genug zeit, bzw. ich kannte so vieles nicht von ihm (er hat nie viel von sich aus erzählt). er hat eine sehr bewegte vergangenheit (war in einem krieg etc.).

in irgendeinem schlauen buch hab ich mal gelesen, dass ein schmerzvoller aspekt von trauer ist, dass die beziehung zu dem verstorbenen zwangsläufig durch den tod zu einem gewissen abschluss kommen muss, d.h. man muss viele dinge abschliessen und verarbeiten, ohne dass der andere noch da ist, um ihn zu fragen, ohne dass man den zeitpunkt dafür frei wählen konnte....das erfordert viel kraft und kann sehr schwer sein. ich hab seit dem tod meines vaters so viel wie möglich versucht, über seine vergangenheit rauszufinden, habe mit vielen seiner freunde, verwandten gesprochen, um - wie du auch schreibst - etwas über den menschen, nicht den vater, zu erfahren...ich bin noch dabei, plane z.b. für nächstes jahr eine reise in die USA, wo seine ältere schwester lebt, die ich bisher nur 1x im leben traf. bisher hat mir dies alles sehr geholfen...meinen vater auch nachträglich besser kennenzulernen, zu verstehen, woran er geglaubt hat, was ihn im charakter geprägt hat, was ihm spass gemacht hat, wie er leben wollte etc...es ergibt sich für mich ein klareres bild von der person, die ich stets im herzen tragen möchte. dadurch ist er mir näher.
LG
stef.
Mit Zitat antworten
  #10  
Alt 22.08.2007, 19:43
Melli Melli ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.08.2004
Beiträge: 162
Standard AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Zitat:
Zitat von Tonks Beitrag anzeigen
Hallo allerseits!

Seit einiger Zeit suche ich nach Literatur, nach Berichten und Erfahrungen von jungen Frauen, deren Mutter früh verstarb. Dabei bin ich auch auf dieses Forum gestoßen.
Viele Berichte aus diesem Thread, allerdings zugegebenermaßen nicht alle, habe ich gelesen und viele viele Erfahrungen, die auch ich durchlebt habe wurden hier geschildert. Dafür möchte ich allen Autoren meinen Dank aussprechen, denn es tut gut, zu erfahren, mit seinen Gefühlen und seiner Verwirrung nicht alleine zu sein .
Ich selbst bin Mitte zwanzig und meine Mutter starb vor einigen Jahren als ich selbst gerade siebzehn war. Damit liegt ihr Todeszeitpunkt wahrscheinlich um einige Jahre weiter zurück als das bei vielen Elternteilen von euch der Fall ist. Ich hoffe, ich darf mich dennoch dazwischendrängen .
Meine Fragen und meine Geschichte richte ich besonders an die unter euch, die in die Kategorie "twentysomething" fallen oder älter sind, deren Mütter aber starben als sie selbst Jugendliche oder jünger waren.

Obwohl es mittlerweile so viele Jahre her ist, habe ich bis heute meine Mutter nicht wirklich loslassen können. Ich suche sie noch immer in vielerlei Hinsicht, gerade in letzter Zeit. Zwar lebe ich "von außen betrachtet" wieder ein "ganz normales Leben", mit Uni, Job, Freunden usw., ich kann auch wieder von Herzen lachen und mich freuen, nicht aufgesetzt, nicht gekünstelt, sondern tatsächlich mit Freude am Leben leben - und doch...

"Die Zeit heilt alle Wunden", diesen Spruch habt ihr sicher alle schon zu hören bekommen. ...ja, mit der Zeit kommt es tatsächlich zurück, das Leben, die Freude, das Wieder-Lachen-Können - und das meinen viele Menschen wohl, wenn sie diesen Spruch bringen -, aber "heilt" "die Zeit" wirklich die Wunde, die der Tod eines Elternteils - besonders der des gleichgeschlechtlichen - in uns gerissen hat?
Wer oder was heilt?
Oder lernen wir nur, mit der Wunde zu leben?

"Das Leben geht weiter".
Als ich diesen Spruch kurz nach dem Tod meiner Mutter zu hören bekam, klang das für mich wie bitterböser Spott und Ironie... allerdings mit erschreckendem Wahrheitsgehalt... es traf mich nämlich zutiefst, genau das zu erleben!: "Die Erde dreht sich weiter und sie fragt nicht mal nach dir - alles, was dich von ihr trennt ist eine Eisentür" (Die Toten Hosen) ...das Leben um mich herum ging ganz normal weiter - ich verstand nicht, wie und wieso alle Menschen um mich herum, auf der Straße, in der Schule, im Verein noch lachen und fröhlich sein konnten.
Und ich verstand mich teilweise selber nicht, wie auch ich teilweise in gewohnter, aber nicht familiärer, Umgebung "ganz normal" sein konnte
- um dann im nächsten Moment vor inneren Schmerzen fast zerfetzt zu werden.

Aber irgendwann findet sich wieder ein Rhythmus, irgendwann hört dieses dumpfe Funktionieren, dieses wie in einer etwas unrealen, etwas zu grellen oder etwas zu farblosen Welt leben wieder auf, irgendwann stürzt man sich wieder voller Energie in sein Studium, in seinen Beruf und in das Leben.

...und findet sich plötzlich zurückgeschleudert.
Plötzlich bricht eine heilloses Chaos aus einem aus. Plötzlich zerreißt es einen innerlich wieder. Plötzlich kommen all die Gefühle hoch, die so lange unter der Oberfläche verborgen lagen.

...plötzlich stellt man fest, daß man seine Mutter schrecklich vermisst. Ihre Umarmung, ihren Zuspruch, ihre Ermunterung, ihre Liebe.
Hat man sich bis eben noch selbst gezeigt, es auch "alleine" schaffen zu können, erscheint einem plötzlich das Leben wieder so groß und so bedrohlich und man möchte nichts mehr als in die wärmenden und schützenden Arme der Mutter zurückfliehen! ...aber sie ist nicht da! Sie ist nicht da. Sie ist tot.

Da sind die Fragen, die man ihr unbedingt stellen möchte.
Zum ersten Mal entdeckt man nämlich, daß die eigene Mutter mehr als nur die Mutter war. Sie war auch - vielleicht sogar vorallem - eine Frau! Sie war auch mal jung, sie war auch mal genauso alt wie ich heute.
Wer war diese junge Frau? Welche Wünsche und Träume hatte sie? Was hat sie gemacht? Wer waren ihre Freunde? Wie und wo hat sie gelebt? Mit wem?
Hatte sie vielleicht auch Angst?

...warum weiß ich darüber nichts? Warum habe ich sie nie danach gefragt? Hat sie dazu jemals etwas erzählt? Was weiß ich über sie? Kenne ich sie überhaupt?

Und die anderen Fragen, Fragen, die ebenso schwer zu beantworten sind.
Ich suche nämlich nicht nur verzweifelt nach dem mütterlichen Trost, nach der mütterlichen Umarmung, ich beginne auch nicht nur, meine Mutter als Menschen, als eine Frau zu erkennen und trauere darum, sie niemals auf diese Art kennenlernen zu können, nein, ich suche auch ganz massiv nach einer Art Vorbild, einem Modell, einer Antwort auf die Frage, was es bedeutet, eine junge Frau zu sein oder zu werden.
Doch mein Modell lebt nicht mehr.

Und leider habe ich auch keine wirkliche "Idee", wie ich an diese "Informationen" herankomme.


Erkennt sich jemand hier wieder?
Wie habt ihr das Problem lösen können? Habt ihr?

Danke!
Tonks

ich habe leider nicht allzu viel Zeit zum schreiben...fühlte mich bei der Fragen

"Erkennt sich jemand hier wieder"

sehr doll angesprochen, ich fühle mich in vielen deiner Sätze wieder...

LG
Melanie
__________________
...Meine Mama ist im Alter von 44 Jahren am 14.07.2004 an einem Imflammatorischen Karzinom, Wirbelsäulen- und Lebermetastasen gestorben. Von der Diagnose bis zum Tod blieben uns nur 3 Monate...

www.elke-jaitner.de
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Bücher z.Thema: Wenn ein Elternteil krebskrank ist Ladina Forum für krebskranke Eltern 19 09.03.2012 19:57
Geschichten die das Leben schrieb Sonstiges (alles was nirgendwo reinpaßt) 240 22.05.2006 19:42
Kinderbücher:Krankheit und Tod eines Elternteils Forum für Angehörige 11 12.09.2005 23:58
Suche junge Frauen, die TAC hatten Brustkrebs 14 14.02.2005 17:10


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 22:07 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55