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#1
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Hallo Ute,
ich glaube die Grenze zum Beklopptsein ist nicht weit, wenn man wie ich ein Paar Schuhe meines Mannes, die er seit mindestens 10 Jahren nicht mehr getragen hat in die Mülltonne werfe und sie dann wieder heraushole? Er hatte ja zu Beginn seiner Krankheit eine ziemlich schwere Operation mit Hauttransplantation usw.Als er ins Krankenhaus ging hatte er eine braune Jeans mit einer braunen Strickjacke an, glaubst Du dass ich diese noch immer im Schlafzimmer hängen habe, ich kann sie nicht wegräumen, warum auch immer. Es sind so unendlich viele Erinnerungen da, sei es nur Musik wie Barry White, die ich bis heute nicht hören kann, bekomme sonst einen Weinkrampf, am liebsten ist es mir, wenn der Fernseher läuft, dann kann ich auch schlafen. Liebe Grüße Franziska. |
#2
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Hallo zusammen
Das ungeliebte Leben. Es sind die Worte die mir eben durch den Sinn gingen. Nicht so gemeint wie es auf den ersten Blick vielleicht scheint. Ne. So ein Leben vom Rand aus, dem Treiben da draußen zuschauen. Die alten Freunde verschwinden einfach. Ein Teil während der Krankheit, der Rest meist nach dem Tod. Es ist als ob der Kitt für diese Freundschaften fehlt. Und ja, irgendwann einmal schrieb ich einen tollen Spruch: „Vorsicht ich bin ansteckend“. Mit Tod möchten viele Menschen nichts zu tun haben und doch kommen sie dem Tod jeden Tag ein wenig näher. Ich denke die meisten verlieren die alten Freundschaften. Aber es können neue Freundschaften entstehen. Vielleicht nicht in der ersten Zeit, aber doch so langsam wird die Welt wieder größer. Auch wenn man mit dem Wort „Freunde“ vorsichtiger umgeht. Auf dem Weg der Trauer kann einem nicht geholfen werden, jeder empfindet anders, jeder versucht seinen eigenen Weg zu finden. Doch letztendlich ist es immer der eigene Weg – nicht vergleichbar. Der Trost der wirklich hilft, kommt aus der eigenen Seele. Kein „du solltest“ oder „du musst“, kein reinreden in das momentane Leben. Und gut wird es nie wieder werden. Auch nach 25 Monate habe ich noch sehr viel von Jürgens Kleidung, in Schatzkästchen in der ganzen Wohnung verteilt. Seine Jacke hängt bei mir im Schlafzimmer, manchmal hole ich mir eine „Nase“ davon. Ein wichtiges Kissen aus der Pflegezeit hat von Anfang an seinen Platz in meinem Bett gefunden, zwischenzeitlich auch mal gewaschen und trotzdem ist es noch genau dieses Kissen. Ein anderes Kissen liegt hier in meinem Zufluchtszimmer – nein, das ist nicht gewaschen. Das Seitenlagerungskissen liegt auf dem Sofa. Was ist Zeit? Wie das Leben mit Jürgen jetzt aussehen würde weiß ich nicht. Er hätte sich verändert und ich habe mich verändert. Ich bin noch hier, bin übrig geblieben, Kompromissloser sicherlich, klar sortiert was ich möchte. Sicher es gibt immer wieder Momente da stampfe ich kräftig auf, na und?!? So vieles fällt schwer und ist nicht jeden Tag möglich. Und doch wird manches wieder möglich. An die Urlaubsorte vom anderen Leben möchte ich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht gehen. An Jürgens 50. Geburtstag werde ich vielleicht eine Reise in die Vergangenheit machen, weil wir abgesprochen haben, daß wir dort an seinem 50. Geburtstag sein werden, aber das sind noch 6 Jahre hin. Gedanken mal „aussprechen“ dürfen und zu wissen, hier kommt es richtig an. Ist es nicht schön, daß es diesen Ort hier gibt?! Euch allen einen großen Knuddler. Grüßle Bruni |
#3
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Hallo,
Ich möchte dazu auch etwas sagen, als mein Sohn Tobi voriges Jahr verstorben ist, waren alle Jugendliche aus unserem Ort anwesend bei der Beisetzung, versprachen mir Hilfe, aber gekommen ist nichts. Ebenso von vielen Freunden die ich habe, versprochen haben Sie viel, gehalten nichts.Viele Menschen wissen damit auch nicht um zu gehen ist meine Erfahrung die ich gemacht habe! Liebe Grüße Symphonie
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"Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen" Tobias 28.02.1980 - 17.09.2006 |
#4
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Hallo alle zusammen,
ja, man kommt sich manchmal wirklich "verrückt" vor. Aber sind wir das nicht ? Verrückt im Sinne von "rausgerückt" aus dem Leben, das uns lieb gewesen ist. Nichts ist mehr so wie es sein sollte. Das Recht, "verückt" zu sein, steht uns jetzt einfach zu. Irgendwann werden wir wahrscheinlich wieder einwurzeln in dem neuen Leben. Stark sollen wir jetzt sein. Warum eigentlich? Kurz nachdem mein Schatz die Diagnose seiner unheilbaren Krankheit hatte, suchte ich Hilfe bei einem Psychotherapeuten, weil ich einfach nicht klar kam mit meiner Angst um meinen Mann, um mich, unsere Zukunft. Nach drei Sitzungen erklärte mir dieser Spezialist, dass ich ihn eigentlich gar nicht brauche, ich sei so eine starke Frau, die gewiss mit diesem Schicksalsschlag gut umgehen kann. Nee, ich brauchte ihn wirklich nicht mehr. Hat er denn nicht gemerkt, wie schwach ich war?? Gut, er hatte schon auch Recht, denn ich habe es ja geschafft, meinem Mann beizustehen, ihn zu jeder Chemo, Punktion und sonstigen Behandlungen zu begleiten, bei ihm zu sein, als er starb und, und, und. Aber stark ?? Nein, nicht wirklich. Auch in der Zeit meiner Trauer bin ich nicht stark. Ich denke, unsere Umwelt hat das gern, wenn wir stark sind. Eine starke Frau, die dazu sogar noch ein Lächeln auf ihr trauerndes Gesicht zaubert, ist nun mal leichter zu ertragen als eine, der man ihre Schwäche und Verletzlichkeit schon ansieht. Aber trotzdem mag ich nicht mehr hören, dass ich ja sooo eine starke Frau bin. Ich fühl mich schwach und elend, wenn ich abends alleine zu Hause sitze, wenn ich an seinem Grab stehe, wenn ich rund um mich herum Paare sehe in meinem Alter, wenn ich auf einer Reise etwas besonders Schönes sehe und denke: das hätte ihm jetzt auch gefallen... und bei vielen anderen Gelegenheiten. Ich habe noch nicht die Kraft gefunden für neue Freundschaften. Im Trauer-Gesprächskreis, an dem ich teilnehme, hat das auch noch nicht geklappt. Wir unterhalten uns zwar nett, reden von unseren Problemen, aber zu mehr hats noch nicht gereicht. Vielleicht braucht man einfach eine Menge Geduld mit sich selbst bis man wieder auf jemanden zugehen kann - was mir früher nie schwer gefallen ist. Hatte heute früh ein Erlebnis, was mich sehr nachdenklich gemacht hat: Gespräch an der Kasse in einem Laden. Die Kassiererin zu einer Kundin: "Ab 1. August bin ich in Rente." Kundin: "Ach, wie schön für Sie! Nicht mehr früh aufstehen müssen, Zeit für Hobbies und Nichtstun." Kassiererin: "Eigentlich will ich das gar nicht, ich stell es mir schlimm vor, den ganzen Tag mit meinem Mann zusammen! Wir werden uns bestimmt nur auf die Nerven gehen." Kundin: "Ja, meiner nervt auch ab und ganz gewaltíg, kommt manchmal so leise in die Küche geschlichen, ich frag ihn dann immer, ob er mich vielleicht kontrollieren will?" Am liebsten hätte ich dazwischen gerufen: Genießt es doch einfach, wenn euch euere Männer nerven. Ihr habt sie noch. Wie gerne würde ich mich nochmal nerven lassen... Ich grüße Euch alle zusammen ganz lieb, schicke Euch einen Knuddler und wünsche Euch, dass Ihr gut durchs Wochenende kommt - vielleicht mit ein bißchen Sonne innendrin und viel Sonne draußen. Anemone ![]() |
#5
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Hallo Ihr Lieben,
ach wie gerne würde ich tauschen mit der lieben Dame die jetzt schon Angst hat dass ihr Mann ihr auf die Nerven geht. Mein Mann ist mir nie auf die Nerven gegangen und wenn dann haben wir darüber gesprochen, wir haben doch einen Mund zum Reden. Auf unserer Trauerfeier hat meine Schwägerin auch gesagt " wenn Du uns brauchst, wir sind jederzeit für Dich da, aber Du weißt ja wir sind berufstätig. Also wird somit alles gleich im Keim erstickt. Ich bin auch berufstätig(halbtags), wir waren aber jederzeit für sie da als sie beinahe einen Nervenzusammenbruch bekommen hat nachts um 1.00 Uhr.Auch als einem Nachbarn die Frau starb, ziemlich jung, haben wir uns um ihn gekümmert, waren Tag und Nacht für ihn da. Dann lernte er seine jetzige Frau kennen und er konnte uns dann nicht mal mehr grüßen. Seit dem Tode meines Mannes habe ich die Menschen kennengelernt, es sind nicht alles negative Erfahrungen aber überwiegend. Auf meiner Arbeitstelle wird nicht mal mehr gefragt wie es mir geht, es ist doch alles wieder " normal". Aber ich werde auch noch damit fertig, wenn ich meine Haustüre schließe, kann ich mich gehenlassen. Liebe Grüße Franziska |
#6
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Ja genau Franziska, auch bei mir ist es am Arbeitsplatz nicht anders. Frau Ute57 ist ja da, welche Probleme man noch hat, interessiert niemanden. Nach außen zeige ich immer und immer wieder die starke Frau, wenn ich dann mal am Boden zerstört bin, interessiert es niemanden. Ich habe stark zu sein, um welchen Preis auch immer. Mir fehlen Gespräche, normale Gespräche, komme abends nach Hause, Tür zu und dann lebe ich mehr oder weniger anonym. Ich frage mich so oft, warum? Es tut so weh, manchmal glaube ich, die anderen denken, ich bin mitgestorben. Aber ich lebe!
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#7
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Hallo Ute,
ich will ja gar kein Mitleid, aber ich wünsche mir, daß die anderen zumindest versuchen zu begreifen, dass sich mein Leben grundlegend geändert hat, nichts mehr ist wie es war, mein Mann lebt nicht mehr und meine Arbeit habe ich auch verloren.(womit ich in 1000 Jahren nicht gerechnet hätte)Es kommt mir so vor, als hat sich mein Leben um 360 Grad gedreht. Alles was wir uns wünschten, geht nicht mehr. Auch ich war immer die Starke, ich frage mich aber ehrlich heute, woher ich die Kraft genommen habe wochenlang nachts immer wieder aufzustehen und meinem Mann beizustehen.Ich habe mich wahrscheinlich während der Leidenszeit meines Mannes selbst vergessen, hätte ihm gerne einen Teil seiner Qualen abgenommen.. Vielleicht strahlen wir eine negative Aura aus, dass sich keiner mit unseren Problemen befassen will. Vielleicht mache ich mir auch zu viele Gedanken und lebe einfach weiter so vor mich hin bzw. existiere. Liebe Grüße Franziska |
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