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Alt 16.05.2008, 21:50
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für die lieben Einträge im Thread, die Gedanken die ihr Euch gemacht habt, die aufmunternden Worte und die lieben persönlichen Nachrichten. Ihr seid wirklich ein ganz ein liebes Völkchen und ein ganz besonderes noch dazu.



Es tut gut, zu spüren dass sich jemand wirklich interessiert. Und es tut gut, manchmal auch zu spüren, dass ich gefragt werde wie es mir geht. Ich glaube, genau das ist das gute an diesem Forum.

So, nun zurück zum Thema von diesem Thread.

Meine Mutter hat ja gestern, wie ihr wisst, die Diagnose bekommen. Ihr Mann und ich waren mit. Meine Mutter und ich haben kaum reagiert, dem Mann meiner Mutter ist der Kreislauf weggegangen. Das hat mir so leid getan. Mir ist das auch einmal passiert als ich meine Oma begleitet habe. Sie konnten eine Nadel im Fuß nicht platzieren und mir ging der Kreislauf weg. Es ist anders, wenn es jemand nahestehendes ist - und ich musste auch lernen, zu bremsen ist das nicht. Hinterfragt habe ich sehr viel. Scheisse haben wir auch gesagt. Und dann gings weiter im Text. Ich kann es nicht beschreiben.

Tja, was soll ich sagen. Meine Mutter und ich waren gleichermaßen gefasst, obwohl ich glaube, bei meiner Mom wird noch was hinterher kommen. Wir haben damit gerechnet auf eine komische Weise. Mir hat gestern vorher die Haut derart gebrannt... Das kann man nicht beschreiben.

Das es gleich mehrere Herde in der Lunge sind - das saß tief. Dass es so wenig Medikamente jetzt bei ihr gibt, das saß noch tiefer. Obwohl uns ja auch das wirklich klar war. Schon vorher. Aber dann im Film zu sitzen... Naja.

Wir haben heute einen wundervollen Tag verbracht. Die Chemo lief von 8 bis 13°°, wirklich lange. Danach sind wir in ein benachbartes Städtchen gefahren, wir haben gebummelt, alles langsam und mit sehr viel Ruhe. Dann sind wir ein Eis essen gegangen. Dann haben wir zusammen (Premiere!) für meinen Vater einen Strauß Blumen binden lassen. Er hätte heute Geburtstag und wäre 53 geworden. Jetzt ist er schon 14 Jahre tot. Und dann sind wir (für meine Mom glaube ich das erste mal seit Diagnose) zum Friedhof gefahren, haben gegossen und die Blumen aufgestellt. Um vier waren wir erst wieder bei ihr zuhause.

Es war alles von sehr viel Ruhe getragen, genießen, einfach "laufen lassen". Seit heute mittag kein Wort von Krankheit, einfach nur ganz normal. Und so schön.

Gestern als wir zuhause waren, kamen natürlich ein paar weniger schöne Gedanken auf. Zum Beispiel, dass sie Angst hat, den Moment zu verpassen ab wann die Chemo nicht mehr sinnvoll ist. Den Moment, in dem sie besser sagen sollte "Nein Danke". Das Thema kam im Zusammenhang mit dem evtl. anstehenden Stent für die Bronchie auf. Ich hoffe, ich habe richtig reagiert, ich habe ihr gesagt, im Moment muss erstmal Hilfe her, ob per Chemo oder Stent, aber sie muss Luft bekommen. Dann habe ich ihr auch gesagt, dass sie im Moment noch in so guter Verfassung ist, dass es in meinen Augen zu früh ist, dass sie ihrer Zeit voraus ist. Da hat sie mir zugestimmt. Ich habe ihr zugesichert, dass ich sie in jeder Entscheidung unterstütze - unabhängig davon, ob ich sie gut heiße -, aber auch, dass sie berücksichtigen sollte, dass es Maßnahmen gibt, die nicht mit künstlicher Verlängerung zu tun haben oder mit "weiteren Versuchen", sondern damit, dass das Leben leichter ist. Und dazu gehört definitiv und ganz sicher, dass sie Luft bekommen MUSS. Denn die Konsequenz...

Aber auch da waren wir uns einig. Das sind Gespräche, die wir ganz ruhig führen. Fast immer ohne Tränen oder aufkommende Panik sondern mehr abwägend. Und nachher erinnere ich mich immer zurück an diese Gespräche und daran, wie ich mir Mühe gegeben habe, auf sie einzugehen, zu verstehen und auch, meine Meinung dazu zu sagen ohne sie zu überstimmen, hier und da einzuwerfen dass es einen Unterschied gibt zwischen quälender Verlängerung und Erleichterung des Weges... und immer ruhig zu bleiben.

Und dann sitze ich nachher zu hause und denke mein Gott, muss ihr das alles kalt vorkommen. Als hätte ich sie abgeschrieben, mich abgefunden. Als würden mich ihre Sorgen nicht berühren, als würden wir über jemanden sprechen, über den man mit reiner Vernunft spricht weil er emotional nichts bedeutet.

Genau das ist die Gratwanderung die wir seit einem Jahr hinlegen. Und ich bin so müde manchmal. Nicht müde, für sie da zu sein. Aber müde manchmal, alleine damit umzugehen.

Die nächsten Texte werden wieder schöner. Im Moment ist es alles so komisch, so nah und fern und ... unwirklich? Ja, ich glaube das. Nichtmal als ich alleine war konnte ich richtig weinen. Ich brauche wohl noch ein paar Tage dafür. Jetzt ist alles wieder ein bißchen "anfassbarer" ... und näher.... Herzlich willkommen, ihr lieben kleinen Angstmonster.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens

Geändert von Bianca-Alexandra (16.05.2008 um 21:54 Uhr)
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