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#1
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Liebe Thess....
ich würde dir so gern das richtige schreiben. sollte doch leicht sein, bei so ähnlichen situationen, oder etwa nicht? aber es funktioniert nicht. 18 monate war jede minute von mir mit sinn erfüllt, einem ganz bestimmten sinn. nun ist er weg, der sinn. der sinn, der mich antrieb, verzweifeln ließ, wütend, traurig, ängstlich, fröhlich machte. einfach weg. und ich weiß nicht wie damit umgehen. manchmal fühlt es sich an als sei es ewig her. dann sitze ich bei meiner oma, nehme mir vom blattsalat mit sahnesoße und alles unter meinen füßen bricht weg. meine ma und ich haben uns immer um die soße geflickt. einfach weg.
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
#2
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Hallo Ihr Lieben
Ich bin heute ehrlich gesagt noch etwas schockiert von diesem Amoklauf bei uns ums Eck. Das hat mich gestern den ganzen Nachmittag beschäftigt... und auch viele Zusammenhänge mit Mama in meinen Kopf gerufen. Das ich dem lieben Gott sehr dankbar bin, dass ich trotz Krankheit, trotz einem Jahr voller Tränen, Angst und Panik, das erleben durfte, was ich erlebt habe. Ich glaube sagen zu können, dass es für mich als nun hinterbliebene Tochter ein wenig leichter ist, meine Mutter durch die Krankheit begleitet zu haben und dann dieses wahnsinnig liebevolle Hineinbetten ín Ihr neues Sein mitgestalten zu können als meine Mama von jetzt auf gleich durch z.B. einen Verkehrsunfall hergeben zu müssen. Ich hoffe, Ihr versteht das richtig. Wir haben im Angesicht der Krankheit gerade was die Familie betrifft (meine Eltern sind ja geschieden) ganz innige und wunderschöne Momente erlebt. Das war traumhaft und treibt mir auch jetzt noch die Tränen in die Augen - vor Freude. ..... Das wäre ohne Krankheit sicher nicht in diesem Schweinsgalopp passiert, in dem wir es erleben konnten. Das macht mich froh. Ich bin trotzdem unendlich traurig, dass ich sie nicht mehr habe. Gleichzeitig aber auch froh, dass wir alles, alles, alles miteinander und gemeinsam erlebt und durchgestanden haben. Mit meiner Mutter ist ein Teil von mir gestorben. Und in mir lebt ein Teil meiner Mutter weiter. Je nach Tageslaune nehme ich das eine oder das andere an. Wenn ich mir dann aber vorstelle, dass gestern morgen viele Kinder aus dem Haus gegangen sind und sich verabschiedet haben mit so Worten wie "Bis später" und dann gibt es kein später.... dann kann ich -sehr egoistisch, das weiss ich- aus meiner momentanen Lage aber auch wieder etwas positives sehen. Ich hoffe, jetzt steinigt mich niemand. Ich grüsse Euch lieb Eure Thessa
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Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0. Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait. ![]() 14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01. ![]() ![]() ![]() 1946 - 2009 |
#3
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Liebe Thess,
warum sollte Dich jemand steinigen? Im Grunde sprichst Du mir aus dem Herzen. Als meine Ma noch gelebt hat, schon da habe ich mir in den schlimmen Zeiten immer wieder gesagt - und es auch hier geschrieben - dass wir die Krankheit als Chance begreifen. Als Chance, das zu tun was man miteinander (MIT!) tun möchte, das zu klären, was man klären möchte, die zeit miteinander so zu verbringen wie man möchte und und und es gab so wahnsinnig viele innige momente, so wie du sie beschreibst. so viele wertvolle, traurig schöne davon. traurig weil man sich immer wieder fragte warum muss erst sowas damit man begreift ? aber eben dennoch schön. mit lichtechter farbe an die schönste seite meines herzens gemalt. wachen drum herum... beschützt für die ewigkeit. oft fand ich es unendlich grausam zu wissen wo es hinläuft. eben weil jeder schöne moment von der frage gehetzt war "wie oft noch? wie lange noch? das letzte mal?". ich glaube, es gibt wie immer die verfluchten zwei seiten. für uns als angehörige gibt es sehr viel zeit, abschied zu nehmen. gutes zu tun. dazusein. das gibt es auch für die betroffenen. aber ich bin sicher, für diejenigen, die gehen müssen ist es besser, sie wissen vorher nicht davon. eben so wie di e in deinem amoklauf.
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Liebe Grüße - Bibi ********************* Dankbarkeit ist die Erinnerung des Herzens |
#4
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Liebe Thessa,
das sind ganz normale Gedankengänge! Wir hatten die Chance, auf die eine oder andere Art die letzte Zeit intensiver zu erleben, wir hatten Zeit, um uns auf die Stunde Null vorzubereiten - und vor allem Dingen konnten wir doch wenigstens ein ganz kleines bisschen dankbar sein, dass unsere Lieben nun keine Schmerzen, keine Ängste mehr haben ... So schwer es ist, unsere Eltern, Ehepartner oder Geschwister beim Sterben zu begleiten, so trifft uns das wenigstens nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel ... Aber wie du sagt: morgens gibt's ein fröhliches "Tschüss bis heut Mittag, koch was Leckeres!", und dann kriegst du einen Anruf, erfährst, du siehst dein Kind nie mehr ... Vielleicht gab's morgens auch noch Knatsch um nix und wieder nix (jeder der Teenager zu Hause hat, kennt das doch ...), und du hast keine Gelegenheit mehr, deinem Kind zu sagen, dass es trotz allem furchtbar lieb hast, auch, wenn's dich morgens grad wieder die Wände hochgejagt hat ... Ich darf gar nicht dran denken, was die Eltern da gerade durchmachen - sie müssen durch die Hölle gehen ... Oder die Angehörigen der Passanten, die einfach "zur falschen Zeit am falschen Ort" waren ... Man sagt zwar oft, ein Sekundentod sei das beste, was sich ein Mensch wünschen könnte - für ihn vielleicht, aber für seine Angehörigen? Nein, Thessa - in gewisser Weise haben wir's besser - wir konnten Unausgesprochenes, vielleicht Belastendes, bereinigen, konnten uns verabschieden, wissen, dass es unseren Lieben jetzt besser geht ... Ich wünsche dir viel Kraft für deine Trauerarbeit - ich denke, du wirst dafür noch eine lange Zeit brauchen ... Aus deinen Zeilen spricht so viel Traurigkeit, Einsamkeit ... Alles Liebe für dich und alle anderen hier, Karin
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"Das Leben ist keine Autobahn von der Wiege bis zum Grab, sondern ein Platz zum Parken in der Sonne." (Phil Bosmans) |
#5
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Hallo Tessa,
dich steinigt ganz betimmt niemend. Ich kenne aus eigener Erfahrung beide Seiten der Medallie. Im August 2001 ist mein zweiter Mann ganz plötzlich getorben. Da er aus Bayern kam hatten wir in Bad Neustadt wo er jahrelang ein Altrnheim geleitet hat eine kleines Appartment. Einen Bayern dazu noch waschechten Franken kann man im Alter nicht ganz in den Norden Deutschlands verpflanzen. Ich hatte und habe halt hier im Norden meine Arbeitsstelle und er war schon Rentner. Die Ferien haben wir dann in Bayern verbracht. So war es auch im August 2001. Ich bin schon mal (weil die Schule wieder anfing) mit dem Zug am 6. August zurück grfahren. Mein Mann wollte dann Nachkommen. Da er eine Schwere Herz OP hinter sich hatte(in Bad Neustadt ist ja auch das große Herzklinikum) wollte er nach einer betimmten Untersuchung eine Woche später nachkommen. Am 7. August rief mich dann mein Stiefsohn aus Bayern an dass mein Mann am Vormittag den Plötzlichen Herztot gestorben ist. Es hat danach lange gedauert bis ich damit klar gekommen bin dass ich mich von ihm nicht mehr verabschieden konnte. Gut ich hätte es in dem Fall auch nicht können wenn ich noch in Bayern gewesen wäre. Anfang letzten Jahres ist dann mein Lebensgefährte(wir waren nicht verheiratet) an Lungenkrebs gestorben. Von ihm konnte ich mich verabschieden. Ich habe im KH 7 Stunden an seinem Bett gesessen und seine Hand gehalten. Auch wenn er in der ganzen Zeit nicht mehr aufgewacht ist wird er gespürt haben dass ich bei ihm war. Ja dass mit dem Amoklauf in der Schule ist schlimm. Ich arbeite selber in einer Grundschule und hoffe dass sich dorthin kein Amokläufer kommt. Alles liebe für alle hier von Erika |
#6
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Liebste Mami,
heute ist ein besonderer Tag. Heute wärst Du mit Deinem Jüngsten ins Stadion gegangen. Er als BVB-Fan in Hannover im Stadion in der Dortmund-Kurve, so, wie Ihr es die vielen letzten Jahre gemacht habt. Die Karte hatte er schon so lange für Dich gekauft. Gestern rief er mich an und fragte, wo wir Deinen BVB-Schal hingepackt haben. Der muss zwingend mit und bei ihm am Körper sein. Er widmet Dir den Tag heute, geht mit zwei sehr guten Freunden hin, die gemeinsam mit ihm um dieses besondere Spiel wissen. Gestern sagte er mir: Das wird Mamas Tag morgen. Sie hat uns schon mal gutes Wetter geschickt, dafür bin ich ihr sehr dankbar. Und dann noch etwas, wo ich schon wieder angefangen habe zu heulen: die Bundesliga spielt heute wegen des Amoklaufs mit Trauerflor. Ausgerechnet heute. Für ihn, für mich und für die restliche Familie, trägt Hannover 96 und auch der BVB das für Dich, Mama. Dieser Termin heute ist seit Jahren fix. Dies ist das este Mal, dass Du nicht dabei bist. Wir sind traurig. Wir halten, wo wir auch sind, in der Republik verstreut, heute kurz vorm Anstoss inne und denken uns Dich auf die Bank zu Deinem Nesthäkchen. Du fehlst so sehr. Wir sind so unendlich traurig. Deine Tochter, die Dich so eng im Herzen hat
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#7
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Liebe Gabi-Diana,
danke für den Lichtblick, den Du aber genauso dringend, wenn nicht sogar dringender brauchst. Ich wünsche Dir einen besseren Tag. Von Herzen. Liebste Mami, heute ist Dienstag, gestern abend warst Du schon fünf Wochen nicht mehr da. Ich habe riesige Probleme mit den Montagen um 18:20. Sie sind schlimm. Am Samstagabend hat S. mir nochmal neue Fotos geschickt von Dir, aus Bückeburg, als Ihr beim Kleinen gewesen seid im letzten Jahr. Die habe ich nun hier auf dem Rechner und jedes Mal, wenn ich sie öffne, ist es, als dreht man mir das Messer um. Jedesmal aufs Neue wird klar: Du kommst nicht wieder. Weisst Du, wie schwierig das ist? Für uns alle, die Du uns so sehr zusammengehalten hast? Ich kann das so oft nicht glauben. Auch im Kloster fehlst Du so sehr, das hat W.T. gesagt. Heute scheint hier die Sonne. Und in mir ist es so rabenschwarz traurig. Deine Lücke, die so riesig ist, tut mir so sehr weh. Wie soll ich denn weitermachen? Meine Freundin schrieb mir neulich, dass alles, was ich tun werde, jede Entscheidung, die ich treffen werden, schon vorher abgesegnet ist von Dir. Damit hat sie recht. Aber ich warte trotzdem noch so sehr auf ein kleines Zeichen. Gestern abend hatte ich meine erste Freundinnen-Verabredung in Stuttgart. Erst hatte ich ganz viel Angst, dann war es aber schön. Ich habe alles erzählt, die beiden haben dann auch angefangen zu weinen. Wir sind den letzten Weg sehr schön gegangen. Das weiss ich. Und es hilft mir, wenn man denn sagen kann, irgendwas kann helfen. Die Sehnsucht nach Dir, nach Deinem Rat, Deiner Liebe und Deiner Wärme, die kann mir aber niemand nehmen. Und sie wird immerimmer grösser. Ich liebe Dich so sehr, meine Mama. Deine Grosse, die heute wieder ganz schlimm traurig ist
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