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  #1  
Alt 24.05.2009, 21:40
Benutzerbild von Koepifisch
Koepifisch Koepifisch ist offline
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Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

hallo Hope,
es ist für mich immer sehr traurig, wenn ich nach einiger Zeit hier ins Forum schaue und es wieder einen armen Menschen (und seine Angehörige) getroffen hat.
Es ist sehr schwierig, Hilfe zu leisten, auch ich bin damals in ein Loch gefallen, als bei meinem Mann im Alter von 52 Jahre diese Diagnose gestellt wurde.
Doch mein Mann hat sofort nach vorne geblickt und gesagt: "ich muß alles Therapien und Maßnahmen mitnehmen, denn eine andere Wahl habe ich ja nicht." Selbst sein Professor hat ihn für seinen Optimismus und Humor bewundert.

Nun ist es fast schon eine Ewigkeit her, als uns diese schlimmen Gedanken befielen und wir danken den lieben Gott jeden Tag, den wir zusammen erleben dürfen.

Ich hoffe, Ihr werdet einen Weg finden, diesen Weg zusammen zu gehen. 25 Jahre ist natürlich ein verdammt junges Alter...
Ich drücke Dich virtuell ganz dolle

Marie-Luise aus Duisburg
__________________
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  #2  
Alt 14.06.2009, 14:18
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

Hallo Hope,

zum Krebsgeschehen bei Deinem Bruder kann ich keine Informationen beitragen. Ich habe einen anderen Krebs. Gerne möchte ich aber etwas Licht in das Verhalten Deines Bruders bringen, denn ich war zeitweilig genauso davor und ich denke, die Gründe dafür könnten ganz ähnlich gewesen sein.

Die Diagnose Krebs kann man als Betroffener noch irgendwie verarbeiten. Wenn zu dieser Diagnose mitleidige Blicke der Ärzte hinzukommen, die Dir verkünden, dass Alles, was sie tun, Dir keine Hoffnung geben kann, dann wird aber ein ganz anderer Film daraus. Dein bisheriges Leben passiert Revue und Du fühlst Dich ganz dunkel und leer an. Nichts, was Dir gesagt wird, hat in irgendeiner Form Bedeutung für Dich. Wie soll es das auch haben, denn schließlich wird das Leben in Deiner Zukunft keine Rolle mehr spielen...

Du merkst zunehmend, wie viele Belanglosigkeiten Dein Leben vorher bestimmt haben und wie viele Belanglosigkeiten das Leben Deiner Lieben bestimmen. Es ist einfach nicht mehr wichtig, was es zum Essen geben wird, wie viel PS ein Auto hat, ob die Klamotten gebügelt sind, ob aufgeräumt ist oder was Mäxchen Meier über die Welt denkt. Diese Mitteilungen berühren Dich nicht mehr. Sie füllen Deine Leere nicht aus. Es wird lästig, auf diese Dinge Antworten zu finden, Stellung beziehen zu sollen, Entscheidungen zu treffen... Wozu denn auch? Dein Leben werden diese Dinge nicht mehr betreffen. Du wirst ja kein Leben mehr haben.

Du weißt nicht, wie Du Dich verständlich machen sollst. Dich kann keiner verstehen. Jeder versucht Dir Hoffnung zu vermitteln und keiner akzeptiert, dass Deine Hoffnung gestorben ist. Du hast das Gefühl, nicht mehr ernst genommen zu werden. Du bist an dieser Stelle unendlich einsam. Eigentlich ist aber auch das nicht mehr wichtig, denn Du verabschiedest Dich im Stillen schon von Deinen Lieben. Du versuchst nur noch kurz, Dich der Aussagen, die aus dem Umfeld kommen, zu erwehren. In den Ohren Deiner Lieben und Deiner Freunde hörst Du Dich damit aggressiv oder blöd an. Deine Aussagen machen in ihren Ohren keinen Sinn. Dir helfen sie aber, Abschied zu nehmen und die Distanz zu finden, die notwendig ist, um Gehen zu können. Du kannst nicht erklären, warum Du so bist, denn keiner würde Dich verstehen und eigentlich bist Du auch noch gar nicht so weit, dass Du Dir selber eingestehen möchtest, was Du da tust. Tief in Dir drin ist einfach alles ganz dunkel und ganz leer...

Hope, ich habe trotz Allem jetzt schon mehr als vier Jahre überlebt und bin jetzt fest entschlossen, auch die nächsten 20 Jahre noch zu schaffen. Dahin zu kommen ist aber nicht einfach. Und auch heute, nach diesen vier Jahren hat mich dieser Hauch des Todes nicht wieder völlig verlassen. Ich kann - immer noch unverständlich für meine Lieben - Stunden lang schweigen. Viele Alltagsbelange sind auch heute nicht wichtig für mich. Es ist für mich oft Pillepalle, worüber sich andere unterhalten. Mitunter zwinge ich mich, einen erwarteten Kommentar abzugeben, weil ich weiß, dass sie es lieb meinen und nichts dafür können, dass ich mich verändert habe.

Meine Sicht auf das Leben hat sich grundlegend geändert. Jeder neue Tag ist ein Geschenk, aber mir ist die Vergänglichkeit dieses Geschenks in jedem Moment meines Lebens bewusst. Mein Leben ist heute gleichzeitig intensiver und auch leerer. Es hat viel an Unbekümmertheit und Leichtigkeit verloren.

Lege das "Geschwätz" Deines Bruders bitte nicht auf die Wagschale. Sei einfach da und wenn Du magst, versuche zu verstehen, was da mit ihm passiert. Es mag sein, dass er das für sich selbst noch nicht einmal weiß.

Liebe Grüße
chaosbarthi
__________________
Sigmacarcinom 2005 (T4, G3, alles andere 0, HNPCC), Ileostoma

Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen über die Dinge machen uns glücklich oder unglücklich.
(Epiktet, griech. Philosoph, 50-138)

Geändert von chaosbarthi (14.06.2009 um 14:29 Uhr) Grund: Fehlerteufel...
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  #3  
Alt 14.06.2009, 16:29
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

Liebe (?) Larei,

schämen musst Du Dich nicht. Deine Reaktionen und auch die von Hope sind menschlich. Die Position des Angehörigen ist oft viel schwieriger als die des Kranken. Du als Angehörige leidest viel mehr und auch länger, denn Du musst mit dieser Krebs-Erinnerung weiterleben. Deine Tochter durfte gehen...

An jeder Stelle meiner Krankengeschichte wusste ich, was meine Lieben mir eigentlich sagen wollten, was sie meinten und was mit ihnen passierte. Sie taten mir unendlich leid. Ich konnte nur nicht mehr angemessen reagieren, weil ich in meiner inneren Dunkelheit gefangen war und es da so gar nicht wichtig für mich war. Ich denke, dass wird auch bei Deiner Tochter so gewesen sein. Ich glaube nicht, dass sie Dir irgendetwas übel genommen hat oder es im Nachhinein tun würde. Nein, Du musst Dich wirklich nicht schämen.

Ich denke, man muss dem Tod sehr nahe kommen, um das, was mit einem selbst passiert, in Worte fassen zu können. Ich war dem Tod so nah. Ich erinnere mich an die Augen von nächtlich hereinkommenden Krankenhausärzten, die still meine Hand nehmen und mich traurig und voller Hoffnungslosigkeit anschauen. Ein Arzt sagte ganz leise: "Sie sind sehr schwer krank..." Dabei hatte er Tränen in den Augen. Das ist eine Erinnerung, die sich mir ganz tief eingebrannt hat. Ich wusste, dass ich im Sterben lag. Und ich wusste, ich fühlte es nicht alleine so... man gab mir keine Chance mehr...

Es tut mir unendlich leid für Dich, dass Deine Tochter schon so früh gehen musste, Larei. Vertraue darauf, dass sie jetzt an einem besseren Ort ist und nicht mehr leiden muss.

Ganz liebe Grüße
chaosbarthi
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Sigmacarcinom 2005 (T4, G3, alles andere 0, HNPCC), Ileostoma

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  #4  
Alt 14.06.2009, 17:31
Rolf_Rgbg Rolf_Rgbg ist offline
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Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

Vor einiger Zeit hatte ich beschlossen, mich im Forum zurückzuhalten, ich wollte nur noch lesen. Mir war es einfach zuviel geworden, dass sich zu dieser wirklich nicht einfachen Krankheit gute Wünsche zwischen oft nur zwei Angehörigen hin und her geschickt wurden. Dass das alles nicht einfach für Angehörige ist, weiß ich als Betroffener nur allzu gut. Es gibt ja auch genügend viele Beiträge von mir und meiner sehr lieben Tochter Alicia hier im Forum.

Heute habe ich es mir anders überlegt.

Dieser mehr als bewegende Brief von „chaosbarthi“ hat mir aus der Seele gesprochen. Es gibt kaum eine Aussage, die ich anders kommentieren möchte.

Ein Betroffener kann sich nicht mehr so vollkommen mitteilen, wie er es vor der scheußlichen Diagnose getan hätte. Manche können es besser, manche können es schlechter, manche können es gar nicht. Das muss man akzeptieren. Wenn man es nicht tut, leidet man wohl mehr, als der/die Betroffene selbst.

Soweit ich weiß, gibt es keinen einzigen Menschen auf dieser Welt, der sich in einen anderen hineinversetzen kann. Also kann es auch niemanden geben, der weiß, was in einem Einzelnen von uns vorgeht.

Es ist schwer für uns alle. Die, die mit einem Betroffenen leben, haben es vielleicht sogar sehr viel schwerer, als der Betroffene selbst. Das Schicksal lässt sich nicht korrigieren. Familien gehören zusammen. Egal, unter welchen Umständen auch immer.

Im November 2007 erhielt ich die grausame Diagnose "Pleuramesotheliom". 6 Wochen Chemotherapie, die große OP, eine grausame Strahlentherapie, mehrere schwere Rückschläge. Das alles hat mich sehr oft an den Rand der Verzweiflung gebracht, aber es hat mich nicht aus der Bahn geworfen. Am 01. Januar 2009 habe ich meine Arbeit wieder aufgenommen, zunächst zu 50%; Seit dem 01. März 2009 zu 100%. Es geht nicht mehr so gut wie früher, aber es geht.

Liebe Grüße aus Regensburg

Rolf

Geändert von Rolf_Rgbg (16.06.2009 um 18:34 Uhr)
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  #5  
Alt 15.06.2009, 10:36
TochterSimone TochterSimone ist offline
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Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

Zitat:
Zitat von Hope80 Beitrag anzeigen
Aber ich merke, man gewöhnt sich an die Situation. Während ich anfangs noch wegen jeder Kleinigkeit oder auch vollkommen ohne Grund angefangen habe zu weinen, bin ich mittlerweile zum Alltag übergegangen. Man lebt irgendwie damit.
Hallo Hope,
ja LEIDER muss man damit leben und schafft es hoffentlich, das Beste daraus zu machen ! Bei uns ist auch der Alltag zurückgekehrt, aber immer wieder finde ich mich in Situationen wieder, in denen ich denke "vielleicht ist es das letzte mal ..". Ich möchte nun die Dinge viel bewußter mit meinem Vater erleben. Wie oft habe ich nicht richtig zugehört, war nicht bei der Sache oder habe Dinge als selbstverständlich angenommen. Auf der anderen Seite kann ich aber die Eigenheiten, die die Krankheit bei meinem Vater hervorruft ( manche Sprüche oder sein Verhalten ) doch auch nicht immer kommentarlos runterschlucken bzw entschuldigen.

Die Dinge die chaosbarthi gescheiben hat, helfen aber manches Verhalten/Gesagte in einem anderen Licht zu sehen ! Danke dafür, manchmal gehe ich einfach zu sehr in Kleinigkeiten auf, als dass ich mirdas wesentliche vor Augen halte.
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  #6  
Alt 19.07.2009, 16:16
barbarahauptmann1 barbarahauptmann1 ist offline
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Beiträge: 25
Standard AW: Gibt es überhaupt Überlebende?

Hallo Hope, ich lese mir großer Aufmerksamkeit die Berichte über diese schlimme Krankheit. Der Grund ist einfach der, das mein geliebter Sohn im Alter von 28 Jahren im Juni 2009 daran gestorben ist. Als man die Krankheit im Mai 2008 festgestellt hat wurde und auch gleich gesagt, das er nur noch 1 Jahr zu leben hat. Zu weit war die Krankheit schon vorángeschritten. Operiert werden konnte er nicht mehr und die Chemos haben nichts gebracht.Er war ein Kämpfer, hat sich nie etwas anmerken lassen. Hat sein Leben gelebt.
Hat nie geklagt. Bis zuletzt nicht. Ich war bei ihm als er eingeschlafen ist.
Ich kann nur sagen, das, was dein Bruder braucht, ist grosses Verständnis und viel Liebe. Man muss für den kranken Menschen dasein, auch wenn es nicht immer leicht ist. Einfach da zu sein für ihn. Ich wünsche euch viel Kraft und alles Gute für deinen Bruder. Ich kann die Thoraxklinik Heidelberg sehr empfehlen.
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