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  #1  
Alt 31.07.2009, 11:48
silvia73 silvia73 ist offline
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Registriert seit: 18.04.2009
Beiträge: 5
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Hallo Ihr alle,

bin zum ersten Mal in so einem "thread" und würde gerne von mir schreiben. Meine Mama ist am 16.04.2009 am Müllerschen Mischtumor gestorben. Sie hatte zum Schluss auch Hirnmetastasen, die sie aussehen ließen als hätte sie einen Schlaganfall gehabt. Der Mundwinkel hing und die eine Hand und das Bein funktionierten nicht mehr richtig. Als die Ärzte die Hirnmetastasen festgestellt hatten, wollten sie noch bestrahlen, obwohl der Befund laut einem befreundeten Onkologen "verheerend" (!) war. In der Nacht vor der geplanten ersten Bestrahlung ist sie ins Koma gefallen und bis zu Ihrem Tod 9 Tage später nicht mehr aufgewacht...Ich habe mit meinem Vater und meinen Geschwistern die meiste Zeit an ihrem Bett verbracht, mit ihr gesprochen, sie geküsst und gestreichelt und immer wieder in die offenen Augen (die zwischendurch auch weinten) geguckt. Es war unglaublich...sie sah schon aus wie ein Engel, ganz unwirklich und irgendwie auch schön. Als sie Ihr Gesicht verzog und mit den Beinen strampelte, hat meine Schwester veranlasst, dass sie Morphium bekommt und dann war die Unruhe auch vorbei...nur das Weinen war noch ab und zu. Furchtbar traurig!
Ich vermisse sie so sehr, dass es mir richtig körperlich weh tut und bin wahrscheinlich in der schlimmsten Phase im Moment. Habe mal irgendwo gelesen, dass es ca. 3 Monate "danach" am Schlimmsten ist.
Ist aber gut zu lesen, dass es nicht nur mir so geht. Geteiltes Leid ist halbes Leid! Allen, denen es so geht, wie mir wünsche ich baldige Besserung und versucht Euch vorzustellen, dass es den ganzen Mamas jetzt richtig gut geht und sie gar nicht zurück wollten, selbst wenn sie es könnten. Nur wir wollen sie zurück haben...
Liebe Grüße,
Silvia
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  #2  
Alt 31.07.2009, 21:51
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Registriert seit: 20.03.2008
Beiträge: 508
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Hallo Ihr Lieben,

ein abendlicher Gruss von meinem Sofa, hier sitze ich jetzt und überlege, wie es mir eigentlich geht. Ich weiss es schlichtweg nicht. Morgen fahre ich in die Ferien, nach Sardinien. Darauf freue ich mich, aber...gleichzeitig bin ich auch sehr zwiegespalten. Im Moment ist oft Traurigkeit angesagt. Mama ist, während ich dort bin, am 9. August, ein halbes Jahr tot. Das kommt mir so unwirklich vor. 6 Monate ohne sie, ich kann das nicht glauben.
Im Büro, unter meiner Schreibtischunterlage, ein kleiner Zettel, den sie mir vor 7 Monaten geschickt hat, weil ich was für sie erledigen sollte "Danke, dass Du Dich darum kümmerst Liebchen, ich hab DIch sehr lieb, Deine Mama". Jeden Morgen das erste, was ich anschaue, wenn ich ins Büro komme. Der Switch hin zu: jetzt ist sie nicht mehr da, sondern ganz einfach weg... der tut so weh.
Und ich dachte, ich weiss, wie weh vermissen tun kann. Aber es geht immer noch schlimmer. Fassungslos stehe ich da, lasse diese Schmerzen in meinem Herz zu -was soll ich auch anderes machen- und denke: shit, es wird immer schlimmer. Es tut immer mehr weh.
Ist das zu glauben?

Was macht man, wie kann man das Leben wieder schätzen und lieben, nachdem der Mensch, den man so sehr liebt, einfach wegstirbt? Ich bin ja gewillt, irgendwie das Lebenswerte zu sehen, aber es klappt oft nur zu Zeitpunkten, die nicht von Dauer sind.
Ok, ich will auch nicht zuviel verlangen, aber ich hätte meine Mutter noch bei so vielen Dingen gebraucht, ihren Rat, ihre Liebe, ihre Geduld, einfach sie.

Und noch was, was sich irgendwie immer stärker ausprägt: die Angst um meine Restfamilie. Ich werde langsam aber sicher paranoid. Die Vorstellung, dass meinem Vater etwas passieren könnte, macht mir schlaflose Nächte. Wenn der jetzt krank werden würde... ich könnte das nicht mehr. Der Druck, das Leben, das sich ändert.. fast gehe ich mit gesenktem Kopf voller Angst vor dem nächsten Schlag in den Nacken spazieren. Aber das ist ja auch kein Zustand.

Ich bin sehr nachdenklich und traurig heute. Und meine Mutter fehlt mir einfach. Wie immer, in jeder Minute, mit jedem Atmen.

Liebe Silvia,

herzlich willkommen hier im Forum. Schön, dass Du den Weg hierher gefunden hast, wenn natürlich auch der Anlass katastrophal schlimm ist.
Bei mir war es die ersten viereinhalb Monate nicht auszuhalten, dann kam ein kleines Hoch, wie um Luft zu holen. Ich denke, es ist bei jedem unterschiedlich. Aber es hilft zu schreiben. Hier sind ausnahmslos sehr liebe und hochsensible Menschen unterwegs, die mir so oft und viel geholfen haben, ich möchte niemanden missen. Ich selbst mache mich momentan ein bisschen rar im Forum, eine liebe KK-Freundin, die ihre Mama gerade neulich auch gehen lassen musste, hat es sehr schön einfach auf den Punkt gebracht: der Anlass fehlt, oft weiss ich nicht mehr, was ich schreiben soll. Das wird sich aber mittelfristig sicher auch wieder ändern.
Dir wünsche ich, dass Du Dich hier aufgehoben fühlst.

Alle anderen grüsse ich aufs allerherzlichste und verabschiede mich für 10 Tage. Das heisst aber nicht, dass ich nicht an Euch denke, im Gegenteil:
liebe Sanni, Dani, Gabi, Brigitte und natürlich auch Annika, Jasmin, Lissi und und und... ich wünsche Euch eine gute Zeit. Bei einigen sicher fast unmöglich, mir kommt es auch fast blöd vor, Euch das zu wünschen. Aber den einen oder anderen innigen Moment, einen Augenblick voll Nähe, Verbundenheit oder auch Dankbarkeit.... na ja, Ihr wisst was ich meine.

Alles Liebe, passt auf Euch auf

Eure Thessa
__________________
Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009

Geändert von Thessa76 (01.08.2009 um 11:18 Uhr) Grund: rechtschreibung
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  #3  
Alt 01.08.2009, 14:04
silvia73 silvia73 ist offline
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Registriert seit: 18.04.2009
Beiträge: 5
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Liebe Tessa,

vielen Dank für Deine lieben Worte und einen schönen Urlaub!!

Silvia
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  #4  
Alt 18.08.2009, 07:51
Sabishi Sabishi ist offline
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Registriert seit: 04.08.2009
Beiträge: 17
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Liebe Thessa,
ich möchte Dir sehr für Deine Beiträge danken. Das Lesen Deines Threads hilft zu erkennen, dass ich mit meinen Gefühlen nicht alleine da stehe.

Nochmals Danke und liebe Grüße
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  #5  
Alt 28.08.2009, 10:31
Thessa76 Thessa76 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.03.2008
Beiträge: 508
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Hallo Ihr Lieben,

es geht so. Noch zehre ich vom Urlaub. Der war mädchenmässig wirklich unheimlich schön, mit vielen Tränen, gutem Essen, viel Ausgehen.. ich bin runtergekommen, habe mich erholt und noch wirkt er nach. So sehr, dass ich hier zu Hause tatsächlich Verabredungen mache, mich treffe, feiern gehen kann. Ich weiss: morgen kann das alles wieder anders sein. Und spätestens, wenn die Dunkelheit kommt.
Aber im Moment geniesse ich die Tage. Weil es mir gut geht, weil ich mich spüre.

Kennt jemand das Gefühl, nach diesem ganzen furchtbaren Elend, was wir lange Zeit mitgemacht habe, dass endlich mal Zeit für einen selbst ist? Ich habe den Eindruck, mein Leben wird gerade zum Egotrip. Ich gucke jetzt nach mir, weil es sonst niemand tut. Und nur nach mir. Dass es mir gut geht. Damit kommt ich nicht so gut klar, aber tue es trotzdem.

Ich hatte die schlimmsten, elendigen, traurigsten, schmerzhaftesten Monate meines Lebens. Seit März 08. Jetzt- jetzt ist mal meine Zeit. Die gab es noch nie.

Gut, alles was ich hier schreibe, sind Momentaufnahmen. Aber ich habe in diesen anderthalb Jahren nur das schlimme Leben gespürt, bin vernarbt, verschreckt, sonstwas.

Jetzt, der Urlaub, Sommer, Sonne, Sonnenschein: hat mich leicht gedreht. Das ist nicht nachhaltig. Aber ich will jetzt mal die andere Seite spüren, fühlen, leben. Egoistisch? Nachvollziehbar?
Keine Ahnung.

Ich kenne mich so nicht. Aber irgendwo in mir glaube ich, dass das jeder Angehörige, der nun nicht mehr kämpfen und mitleiden muss/ darf, verdammt nochmal verdient hat.
Ähnlich wie Helmut, bei dem ich viel lese, geht das bei mir gut mit lauter Musik. Irgendwas, was man spürt, was man merkt...

Vielleicht schreibe ich wirr, aber das ist der aktuelle Status Quo.

Was nicht heisst, dass ich meine Mami nicht jeden Tag vermisse. Aber die schwarzen Löcher in meinem Kopf sind nach wie vor da. Ich kann mich an nicht viel erinnern, was da am 9.2. passiert ist.

Euch allen schicke ich furchtbar liebe Grüsse, guckt nach Euch und gönnt Euch einen guten Moment, heute, morgen, übermorgen.

Alles Liebe,

Eure Thessa
__________________
Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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  #6  
Alt 09.09.2009, 09:20
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Liebe Thess,

ich finde es weder egoistisch noch falsch oder nicht nachvollziehbar.

Ich finde es gut. Es fühlt sich komisch an, fremd, deplatziert. Manchmal erwische ich mich dabei wie ich ein schlechtes Gewissen habe wenn ich lache. Was für ein unsinn. Niemand wäre froher darüber als meine Ma wenn sie wüsste dass ich mein Leben wieder in die Hand nehme. Das schrieb sie auch auf einer meiner Geburtstagskarten.

Ich kann mir nciht vorstellen dass Deine Ma anders denken würde.
Du hast alles gegeben dass Du geben konntest - und Du hast recht wenn Du das Bedürfnis hast, jetzt auf Dich selbst zu horchen.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
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  #7  
Alt 07.10.2009, 22:21
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Ihr Lieben,

nach ganz langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen in meinem Faden. Es fehlt mir wirklich oft dieses: was soll ich schreiben?

Ich hatte eine gute Zeit, mit dem wachsenden Herbst wird sie schlechter. Das ist deutlich spürbar.
Ich bin beruflich mehr als gefordert, absolut landunter. Das, was mir im letzten Jahr komplett egal war, nämlich: Job, Weiterentwicklung, etc. ist jetzt wieder wichtiger. Aber nicht lebenswichtig.
Lebenswichtig ist meine Familie. Mein Papa (immer wieder spreche ich von meinen Eltern), meine Geschwister, meine Oma. Das ist das, was es irgendwie erträglich macht.
Ich vermisse meine Mama so sehr, dass es mir weh tut, ungefähr so, wie ich mir Wehen vorstelle. Und wisst Ihr was: das, was ich für mich vom Typ immerimmerimmer ausgeschlossen habe, hat lange gut geklappt: verdrängen. Ich drehe lieber jeden Stein fünfmal um um einer Ursache auf den Grund zu gehen als ihn liegen zu lassen. Ich mag nicht semioptimale Situationen aushalten, nur aus Angst, Faulheit, Bequemlichkeit.
Jetzt ging es. Mein Sommer war gut. Aber verdrängt. Was für mich in Ordnung ist. Aber nun geht es nicht mehr.
Im Moment bin ich zu Hause, beim Papi. Habe hier geschäftlich zu tun. Ich war noch nicht auf dem Friedhof. Eben, als ich heimgefahren bin, dachte ich: mensch, morgen musste aber mal. Dann mein Bild, wie sie da dann unter mir liegt... nee, ich kann nicht.
Früher am Abend war ich bei meiner Omi, vorgestern auch. Das waren schöne Stunden. Aber dort ist alles so Mama.
Meine Schwestern: Mama. Gestern fuhr ich nach Hause, da begegnet mir ein etwas entfernterer älterer Nachbar. Ich dachte, der kriegt gleich einen Herzinfarkt, weil er dachte, ich bin meine Mutter. Die Ähnlichkeit.

Das, dass sie nie wieder kommt. Das ist immer noch nicht gelandet bei mir. Mein Gott. Wann realisiert man? Die Strasse zu ihrer Wohnung: GANZ grosser Bogen.

Es dreht sich alles um meine Mutter. ALLES ALLES ALLES. Ich kann manchmal weinen, oftmals bin ich einfach sehr verzweifelt. Und wirklich ein Stück immun geworden gegenüber anderen Menschen, die mich verletzen könnten. Es ist alles egal. Schlimmer kann meine Seele nicht mehr verschandelt werden.
Und dieses Gefühl, was da bleibt, trotz des Bewusstseins, dass wir alles richtig gemacht haben - ist furchtbar elendig.

Ihr seht, ich bin ein paar Schritte rückwärts gegangen auf dem Weg. Irgendwann gehe ich auch wieder vorwärts. Aber es hat eben alles seine Zeit.

Liebe Grüsse an Euch alle,

Eure Thessa
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Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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  #8  
Alt 09.10.2009, 17:25
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Beiträge: 1.806
Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Liebe Thessa,

Zitat:
Es fehlt mir wirklich oft dieses: was soll ich schreiben?
Versteh ich gut. Der eigentliche Grund, wegen dem man sich registriert hat, ist nicht mehr da. Zumindest nicht für diejenigen die einem "zulesen". So denkt man . Genau genommen, habe ich immer Dich hier gelesen. Nun haben sich die Dinge zwar geändert,aber nach wie vor lese ich Dich hier. Schreibe einfach weiter von Dir, und auch von Deiner Mama. Nicht so viel denken vorher *knuff* !

Zitat:
Das, dass sie nie wieder kommt. Das ist immer noch nicht gelandet bei mir. Mein Gott. Wann realisiert man? Die Strasse zu ihrer Wohnung: GANZ grosser Bogen.
Ach Britta - ich weiß nicht, ob unser Verstand das überhaupt so zulassen will, das zu begreifen. Ich war kürzlich bei Mama im Haus...es ist eben ihr zu Hause - alles riecht nach ihr, ist noch nach ihr, sieht so aus, als wäre sie nur kurz zum Bäcker Brötchen holen. Was spricht denn dagegen, wenn wir zeitweise in der Lage sind, den Kopf nicht immer zum rationalen Denken zu bewegen? Ich bin froh, wenn ich Zeit meines Lebens nie wirklich realisieren kann, was mir da passiert ist. Es reicht, wenn es sich in Bruchteilfetzen immer wieder in mein Alltagsgeschehen mischt und mir weh tut. Und ich bin froh, wenn ich "Eckpunkte" habe, an denen ich mich gedanklich umdrehen kann, um in eine andere Richtung zu denken. Ich glaube das ist eine gewisse, vielleicht sehr egoistische Form von Selbsterhalt. Andernfalls würd ich durchdrehen und dran kaputtgehen.

Weißt Du.....meine gesunde Mama, die von vor 3 Jahren, die fehlt mir ungemein. Und dann fordere ich von mir aber ganz realistisch zu denken, und auch das zu sehen, was eben, in der Gesamtheit ihrer Lebensjahre, einen nicht allzu großen Teil ausgemacht hat. Die Erkrankung! Und die hat viel gemacht. Und zum Ende hin, da war es nicht mehr lebenswert. So schmerzlich es ist, mir das vor Augen zu führen, aber es tröstet dann auch wieder für einen Sekundenbruchteil - so, dass ich eben sagen kann: Sie ist jetzt erlöst.

Ich entdecke an mir oft Eigenschaften, die ich übernommen habe. Oder wenn mir Leute sagen:"Ganz die Mama!", dann freue ich mich darüber. Ein Teil bleibt doch immer. Der Austausch fehlt ungemein. Kein Wort mehr, dass man wechseln kann. Wie oft möchte ich ans Telefon rennen und anrufen. Und dann wähle ich die Nummer und spreche mit ihrem Mann manchmal. Und dann trauern wir gemeinsam oder trösten einander. Je nachdem.

Zitat:
Ihr seht, ich bin ein paar Schritte rückwärts gegangen auf dem Weg. Irgendwann gehe ich auch wieder vorwärts. Aber es hat eben alles seine Zeit.
Ich glaube Du bist vorwärts gegangen, aber es kommt Dir anders vor. Ich glaube das ist eine Entwicklung, die im Trauerprozess normal ist. Gönn Dir doch Dein Weinen, und auch Deine Traurigkeit. Das was uns da passiert ist, ist ein riesiges Dilemma. Es ist furchtbar. Und alles hat seine Zeit. Auch die ganz tiefe Traurigkeit. Ich glaube wir dürfen alles nicht immer so "bewerten" und uns die Dinge schwarz ankreiden. Sie fehlt Dir und Du weinst um sie. Und Deine Seele hat Schaden genommen. Wir mussten jetzt sooo schnell erwachsen werden - da ist doch erlaubt zu weinen und zu hadern.

Konntest Du unterdessen den Friedhof besuchen?

Ich habe noch keine Stelle, an die ich gehen kann. Aber bald. Ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite bin ich froh, dass ich einen Ort haben werde, an dem ich meine Mama weiß. Auf der anderen Seite ist es auch so trostlos, weil die Endgültigkeit dann wieder einmal ersichtlich ist. Ich weiß nicht...werde mich dann rantasten und sehen, wie ich damit umgehe.

An Omas Grab war ich nun öfter. Ich hatte keine "Mama-Stelle" und habe meine Traurigkeit nun öfters dort gelassen. Es ist schwer - aber wiegesagt....ich lese Dich nach wie vor hier und es hilft mir. Ist ne schwere Zeit - gemeinsam weinen macht leichter.

Umarm Dich

Annika
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