Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Thema geschlossen
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 09.10.2009, 09:00
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.02.2005
Ort: SB
Beiträge: 837
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Meine liebe Briele,

so wie bei dir ein wenig Wehmut angeflogen kam, so hat mein Herz einen kleinen Freudenhüpfer getan, als ich deinen / unseren alten Thread entdeckte. Die Anfänge, Begegnungen mit Menschen, die einem schnell über den Gedankenaustausch vertraut waren. Ich habe mich damals geborgen gefühlt, aufgefangen und getragen. Die Wehmut gilt somit natürlich nicht der Zeit, in der dieser und andere Threads bedeutungsvoll wurden - wir alle hätten allzu gerne darauf verzichtet, sie gilt dem Gefühl in der Einsamkeit nicht alleine zu sein.

Alles hat seine Zeit, das ist absolut richtig, aber bestimmt ist es hin und wieder auch an der Zeit, unsere alten Ecken wieder aus den Abgründen hochzuholen, nachzulesen, sich zu erinnern und mal wieder zu schreiben: So geht es mir jetzt gerade hier und heute.

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
  #2  
Alt 09.10.2009, 11:29
Benutzerbild von Petra11
Petra11 Petra11 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.05.2005
Beiträge: 281
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Briele,

deine Worte haben immer noch den selben Zauber auf mich. Schön von dir zu lesen.

Übrigens finde ich es sehr wohl tröstlich, dass du auch ach 10 Jahren immer noch liebevoll an deine Mutter denkst und hierher kommst.

So ab und an schau ich auch noch hier rein.

Briele, es gibt uns immer noch...den Hühnerhaufen - die ehemaligen "Nachbarn".

Wir teilen immer noch täglich Freud und Leid miteinander!

Also - alles ist gut!

Jeder braucht seine Zeit und manche brauchen halt ein Leben lang!

"Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe...."

Ich grüße dich ganz lieb auch im Namen meiner Mithühner!!

Petra
  #3  
Alt 09.10.2009, 11:43
dolores2505 dolores2505 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 222
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Hallo Briele und Petra,
ich zähle mich einfach auch zu eurem "Hühnerhaufen", denn genau
in "dieser Zeit" haben wir auch ab und an geschreiben, wenn vllt nicht so oft aber dennoch ! Ich kann nur sagen , Briele, Du sprichst mir aus dem Herzen, es ist einfach nur schön und ergreifend, Deine Zeilen zu lesen !!!
Schön auch wieder was von Euch zu hören/Lesen.
Liebe Grüße von
dolores
  #4  
Alt 09.10.2009, 13:57
karanda karanda ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.08.2007
Beiträge: 25
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Briele,

Ich bin froh von dir zu lesen und hoffe es geht dir soweit gut.

Lang ist's her mit unserem Thread. Ich hab manchmal drin gelesen und Wehmut kam hoch. Auch ein wenig Scham, da ich damals doch sehr kindisch drauf war und es mir nicht besonders gut ging.

Jetzt ist mein Vater 8 Jahre tot und ich bin immer noch sehr viel damit beschäftigt. Es hört nicht auf, es blieben Fragen offen und die versuche ich mir zu beantworten.
Aber könnte ich mich doch nur noch einmal mit ihm aussprechen.
Vermutlich wäre für ihn und mich mit einigen Worten alles ausgesprochen, da es nicht wichtig wäre.
Er hat mich auf seine Art geliebt und ich ihn sowieso. Das zählt.

Mein Opa ist jetzt 22 Jahre tot, unglaublich.
Die Wunden sind verheilt, Erinnerungen sind verblasst, aber die tiefe Liebe zu ihm, unsere gemeinsamen Unternehmungen, sie sind noch da.

Beide fehlen mir sehr, immer noch.

Das Leben geht weiter, andere geliebte Menschen werden krank und man sorgt sich um sie. Die eigenen Zipperlein nehmen zu.

Doch eins habe ich gelernt. Das Leben ist schön, wir sollten keinen Tag versäumen und das Jetzt geniessen und würdigen. Es kann alles so schnell gehen.

An alle einen lieben Gruss

Karanda (alias viv)
  #5  
Alt 10.10.2009, 19:51
Briele Briele ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 192
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

@Liebe Andrea,

ich meditiere nun schon länger über Dein …..“unsere alten Ecken wieder aus den Abgründen hochzuholen……“ Was mein Hochholen dieses Threads betrifft, da sag ich ganz rein und fröhlich JA! Andrea, ich war aber nun auch ein bißchen in den Abgründen meiner Seele und hab da Sachen in dunklen Ecken gefunden, Du ich weiß nicht ……

Ein paar Worte zu meiner Wehmut die ich vor einer Woche empfand: Es erging mir ähnlich wie beim Betrachten alter Fotos von einem Klassenausflug, oder von einer gelungenen Feier. Man sieht da Menschen von denen man nichts mehr weiß und man erinnert sich, wie man sich in deren Gesellschaft wohl gefühlt hat. Es ist eine weitere Zeitspanne im Leben die vorbei ist.

Ja, wir hätten alle gerne verzichtet überhaupt in das Forum zu kommen. Bei mir war es ja einige Jahre nach Mamas Tod und ich habe mich nachträglich selbst bedauert diese Hilfe nicht früher gehabt zu haben. Ich weiß nicht wie es bei mir weiter gegangen wäre, auf jeden Fall bin ich gottfroh Euch gefunden zu haben.

@liebe Petra11,

das freut mich sehr, sehr von Dir zu hören. Vergessen habe ich Euch nicht, das werde ich auch nie, aber ich habe den Kontakt zu Eurem kleinen, feinen Forum verloren als mein Computer kaputt ging. Meine kleine Wehmut hat Euch mit einbezogen, über eine lange Zeit waren unsere threads täglich mehrmals nebeneinander und liebe Nachbarn zu verlieren ist immer traurig.

Ich hab mich öfter gefragt ob Ihr noch beisammen seid, es diesen lieben Hühnerhaufen noch gibt, Euch auch noch trefft von Angesicht zu Angesicht. Es macht mich richtig froh zu hören, daß das der Fall ist.

Danke, daß Du geschrieben hast und ganz herzliche Grüße an alle die sich noch an mich erinnern.

@liebe Dolores 2505,

danke für Deinen Beitrag. Ich nehme an Du hast bei Petra11’ thread mitgeschrieben, oder ich stehe gewaltig auf dem Schlauch, oder ich kenne Dich unter einem anderen Namen?

@liebe Karanda, liebe Viv, damals auch oft liebes Vivele genannt,

also daß ich Dich auf meine alten Tage noch treffe ist wirklich eine große Freude! Ich weiß beim besten Willen nicht wann Du kindisch warst, wofür es was zu schämen gäbe, das ist einfach absurd.

Als ich in meinem Mamabrief schrieb, daß ich vielleicht für Menschen hier eine Enttäuschung war, da hab ich an Dich gedacht, aber leider sind mir noch andere eingefallen.

Ich hab versucht in Karanda-Beiträgen herauszufinden welcher Art Deine Sorgen sind, wer, welche Erkrankung hat, aber ich blicke da nicht ganz durch, habe den Eindruck, daß Beiträge fehlen. Vielleicht bin ich auch zu ungeschickt. Nun kann ich dazu gar nichts sagen, außer daß ich viele gute Wünsche schicke!

Wahrscheinlich bleiben immer Fragen offen und neben der Sehnsucht das Bedürfnis sich auszusprechen, zu erklären, auch Fragen zu stellen. Das Wichtigste ist – wie Du schreibst – daß die Liebe bleibt und die hast Du in Dir, Viv.

Und Deinen letzten Satz, daß ganz schnell alles vorbei sein kann und man im Hier und Jetzt leben soll, der ist so wichtig, ich sollte ihn wie ein Mantra jeden Tag vor mich herbeten. Ich weiß es ja, aber ich lebe es nicht (oft genug).

Was die eigenen Zipperlein betrifft – ein abendfüllendes Thema!

@ an alle: ich schick Euch ganz herzliche Grüße und gute Wünsche
Eure Briele
  #6  
Alt 01.07.2011, 11:22
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.02.2005
Ort: SB
Beiträge: 837
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Stammtisch oder hier? Die Entscheidung fiel mir leicht. Heute will ich hier schreiben, hier am "ersten Stammtisch"

@Briele: Heute nun bin ich seit einem Jahr bereits ein "altes Halbwaisenkind" Wo ist die Zeit hin? Ein Jahr - und ich kann nicht sagen, ob ich wirklich in dieser Zeit einmal nur um den Verlust meines Vaters geweint habe. Geweint habe ich, aber die Gedanken galten nicht ihm alleine.

Liegt es daran, dass ich leichter Frieden finden kann mit dem Gedanken daran, dass DIESER Abschied in der Reihenfolge "richtig" war? Es sollte so sein, dass der Vater vor dem Kind geht. Alles andere wirbelt den Lebensplan noch mehr durcheinander, lässt in allem noch weniger den Lebenssinn erkennen.

Doch, ich habe geweint, an dem Abend, als er starb. Und ich frage mich noch heute: War ich wirklich so feige? Oder wollte ich instinktiv diesen Abschied alleine meiner Mama gönnen? Die Wochen zuvor waren wir wieder "Ursprungsfamilie" Stunden verbrachten wir an Papas Bett und ich sah, was geschah, sah es täglich deutlicher. Erinnerte mich an Worte von Bruni, die mir halfen, hoffentlich das Richtige für Papa zu tun. Anders als bei Claus, bewusster, behutsamer, bereit anzunehmen, bereit, ihn gehen zu lassen. Diese Stunden waren die schönsten seit Jahren. Er war so glücklich über seine Familie. Die Enkel kamen, um Abschied zu nehmen. Auch sie sahen diesmal mit anderen Augen. Und sie hatten die Stärke ihm zu zeigen: Wir lieben dich, egal wie du jetzt aussiehst, du bist in dieser Zeit ebenso unser Epa wie früher.. Und auf seinem letzten Weg machte er einen "Fehler" wieder gut. Er wollte Steffen sehen, fragte sehr oft nach ihm, um ihm seinen Segen zu geben, es hat so lange gedauert, bis Papa verstand, wie wichtig es gewesen wäre. Aber ich begriff auch, dass er diesen Segen nicht nur für die Gegenwart gab. Frieden schließen. Ja, wir haben ganz ehrlich Frieden geschlossen.

Diese letzte Zeit war tatsächlich eine sehr intensive.Doch an diesem letzten Tag war ich unruhig, wollte nach Hause, wollte nicht dabei sein. Ja, das denke ich: Ich wollte in diesem letzten intimen besonderen Augenblick nicht dabei sein. Ich fuhr heim und hatte tausend Gründe, noch nicht wieder zu meinen Eltern zu fahren. Aufschub, noch ein wenig. Ich habe diesen letzten besonderen Augenblick vor fast 7 Jahren mit meinem Mann geteilt. Dieser letzte besondere Augenblick soll ihm alleine gehören, solange es möglich ist.

Und es war gut so. Denn Mama konnte es ebenso als "schön" erleben. Sie erinnert sich nicht mit Schrecken, sondern eher mit Verwunderung: Wie kann man das Sterben eines geliebten Menschen als schönen Augenblick empfinden. Weil wir (wieder) Glück hatten. Sein Sterben war friedlich, sein Körper kämpfte keinen Todeskampf, es war alles gesagt und mit der Vergangenheit Frieden geschlossen. Ein Leben mit viel Leid, mit ebensoviel Freude, mit Streit und Liebe ging leise zu Ende. Für meine Mama natürlich dennoch zu früh, aber sie ist sich bewusst, dass sie gesegnet waren die beiden: 62 Jahre gemeinsamer Lebensweg und keine Stunde bereut. Ja, da kann man neidisch werden. Das war vielen von uns nicht vergönnt.

Und heute greifen wir für Mama unsere liebgewonnene Tradition auf: Wir feiern Papas Regenbogentag, bei uns. Mit der Familie, weil sie ihm bis zum Schluss sehr wichtig war - wenn er es auch nicht immer so deutlich zeigen konnt.

Wer weiß, vielleicht hat Claus ja dort wo sie jetzt sind ein wenig Einfluss auf unseren "Sturkopf", vielleicht kann er ja dort, wo sie jetzt sind, seine Prinzipien ein wenig loslassen und sie stoßen auf ein Wiedersehen an, an das ich ganz, ganz fest glaube. Denn sonst, nein, daran mag ich nicht denken.

Auf dich Papa!

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
  #7  
Alt 30.05.2013, 13:51
Briele Briele ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 192
Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Es ist lange her seit ich das letzte Mal hier geschrieben habe. Mir ist schwer ums Herz, heute vor einer Woche ist mein Mann gestorben. Ich werde und wurde in all den Jahren immer mit ganz liebevoller, zugewandter Aufmerksamkeit von Menschen quasi betreut, die ich hier kennenlernen durfte, die Freunde geworden sind. Trotzdem möchte ich heute in meinem uralten thread darüber schreiben.

Die letzten 10 Tage seines Lebens verbrachte er in der Palliativen Abteilung eines Krankenhauses und mir war, als arbeiten dort keine Menschen, sondern Engel. Daheim ging es trotz Unterstützung einer ambulanten palliativ-care Einrichtung einfach nicht mehr. Er hat nie genug Medikamente eingenommen, war getrieben von der Sorge sie könnten am Ende nicht reichen und diese Angst konnte ihm nichts und niemand nehmen. Neben der Krebserkrankung war er ja geplagt von einem ausgeprägten restless-leg Syndrom, was er manchmal als die schrecklichere Krankheit empfand.

Über die Wochen, vielleicht sogar Monate, hatte er mich mehr und mehr als seine Gegnerin empfunden, die seine Ängste nicht verstand, die nie Ruhe gab mit den Medikamenten. Und ich konnte keine Ruhe geben, bei dem Elend, das ich dauernd sah und erlebte. Neben all meinen Ängsten und Sorgen war es mir ein ganz großer Kummer, dass ich, wenn es so weitergeht, mir dann nur mehr wünschen würde, dass alles bald ein Ende hat.

Eine Schwester der ambulanten palliativ-care Einrichtung übernahm dann die Initiative, fragte ihn ob er in ein Hospiz möchte und er meinte, er würde lieber daheim bleiben, sähe aber ein, dass es nicht mehr geht. Ich verhielt mich passiv, sagte nicht ja, sagte nicht nein, war wie paralysiert vor Entsetzen. Es ging dann schnell. Hospizplatz war keiner frei, doch bereits für den kommenden Tag einer in der Palliativen Abteilung.

Es ist dann unmittelbar darauf, praktisch von einer Minute auf die andere etwas passiert, was ich nicht für möglich gehalten hätte, wofür ich unsagbar glücklich und dankbar bin: wir konnten augenblicklich wieder so zueinander sein, wie wir es immer waren - liebevoll, zärtlich, zugewandt.

Nachdem die Nächte zuvor ohne Rast und Ruh waren, war es in der letzten Nacht daheim noch anstrengender für uns beide, dass am Morgen der schreckliche Abschiedsschmerz von der Wohnung in den Hintergrund trat. Wir waren fix und fertig und warteten nur mehr auf den Rettungswagen. Es würde zu weit führen über diese Palliative Abteilung zu schreiben. Sie war die Rettung für uns beide. Es gab nicht einen Punkt den ich kritisieren könnte. Wir hatten Glück.

Man hat mit ihm die Medikamentation besprochen, ihn gefragt ob er mit den Vorschlägen einverstanden ist, und er akzeptierte alles. So konnte die schreckliche Unruhe eingedämmt werden, er war nahezu schmerzfrei, auch seine Panikattacken verbunden mit Luftnot konnten behoben werden.
Man hatte auch mich immer im Blick, das tat gut.

Ich war täglich viele Stunden bei ihm. Einmal dachte ich er würde sterben und blieb die Nacht bei ihm. Dann gab es drei Tage, in denen ich mir gut vorstellen konnte, dass er noch einige Monate leben wird. Wir waren in zwei Hospizeinrichtungen angemeldet.
Doch letzten Mittwoch Morgen rief mich die Ärztin an, er sei kaum ansprechbar, völlig desorientiert und ich möge kommen.

Ich saß dann 27 Stunden neben ihm. Er konnte nicht mehr sprechen, hat aber durch Hand- und Kopfbewegungen signalisiert, dass er versteht. Zweimal hat er mir gezeigt, dass er mich umarmen will.

Nach den vielen Stunden hat man mir mehrfach gesagt, ich müsse jetzt einfach heimgehen und ein paar Stunden schlafen und ich wollte nicht gehen, konnte aber auch nicht mehr da sitzen. Sie versprachen mir ständig nach ihm zu sehen und ich fuhr heim. Ich hatte zweieinhalb Stunden geschlafen, neben mir war das Handy, das Festnetztelefon und ich habe beide nicht läuten gehört als man mich vom Krankenhaus angerufen hatte. Die Schwester sagte mir dann, sie war bei ihm gewesen als sie sah, dass es nun zu Ende gehen wird. Zu diesem Zeitpunkt rief sie nicht an, weil klar war, ich würde den Weg nicht schaffen, nicht einmal wenn ich nur im Krankenhauspark gewesen wäre. Er war im Schlaf gestorben, zu einem Zeitpunkt als ich auch geschlafen hatte. Es ist passiert, als wir beide schliefen.
Man hat mir dutzendfach erklärt, dass Menschen oft sterben wenn der Angehörige weg ist, aber ich kann es mir noch nicht wirklich verzeihen.

Nun muß ich ohne meinen Mann weiterleben. Er war der liebenswürdigste, warmherzigste, freundlichste, großzügigste Mensch den ich je kannte. Einen Tag bevor er starb, sagte er zu einer Schwester, dass er sich große Sorgen um mich macht, weil ich nun ganz alleine bin, hier niemanden habe und ob man sich auch nach seinem Tod noch ein wenig um mich kümmern würde.

Es hat mich schon im Vorfeld bekümmert, dass mein Mann außer mir so gar keinen Menschen hat. Dann hat mir vor Monaten eine Freundin etwas erzählt, dass mir geholfen hat. Mit einem großen Freundeskreis hatte sie im letzten Jahr eine Freundin drei Monate lang in einem Hospiz begleitet. Sie erzählte, dass die sterbende Freundin nie alleine gewesen war, und sie alle zufrieden waren, das so gut hinbekommen zu haben. Nach dem Tod der Freundin fragte sie sich, wie sie es einmal haben wolle, wenn das Leben zu Ende geht. Und stellte mit Entsetzen fest, dass der Gedanke beim Sterbeweg nie alleine sein zu können einfach schrecklich sei. Das finde ich ehrlich gesagt auch.

Mir scheint es gehört zur Trauer dazu, dass man ständig herum stochert um eigene Unzulänglichkeiten zu finden, etwas, was man sich vorwerfen kann, zu bereuen ist. Nachdem es mir nun ansatzweise möglich wird mir nicht zu sehr vorzuwerfen, dass ich gegangen war, quält mich etwas anderes.

Werner war in letzter Zeit traurig und er hatte Angst. Einmal meinte er, er müsse nicht so traurig sein, wenn ich nicht so lieb wäre. Neben meiner eigenen Traurigkeit und Angst empfand ich die seine noch viel schmerzhafter. Ich habe natürlich versucht sie abzufedern, ihn aufzufangen, aber es ist mir nicht gelungen. Ich bin da gescheitert, habe versagt, war keine Hilfe. Das tut mir sehr weh.

Verzeiht mir diesen langen Beitrag. Aber Ihr wisst wie es ist: man möchte in die Welt hinausschreien: Er ist nicht mehr, er ist nicht mehr.

Eure traurige Briele
Thema geschlossen

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:29 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55