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  #1  
Alt 17.05.2010, 15:39
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Wichtige Notiz!

Wenn Ihr Sport treiben wollt dann gebt doch bitte nicht sinnlos euer Geld für das Fitnessstudio aus sondern geht raus in die Natur. Die meisten pflegen mit der monatlichen Abbuchung sowieso nur ihr schlechtes Gewissen. Außerdem gibt es in der Natur nicht so viele Arschgucker auf einem Haufen wie in so einem Laden und die Luft ist auch viel besser.

Entschuldigt! Versuchte gerade etwas zu sagen ohne die passenden Worte zu benutzen. Der betreffende würde es verstehen.

Die BKK, Katrins Krankenkasse, hat sich bei mir gemeldet. Sie hat immer noch Anspruch auf Krankengeld. Ihre Konten sind vermutlich bereits gelöscht und wenn ich einen Erbschein beantrage und mir das Geld auszahlen lasse wird es sich die Sozialkasse holen. Ich möchte aber gerne das die Eltern das Geld bekommen. Ich hab schon meinen alten verhassten Ex-Arbeitgeber angerufen, ganz schwerer Gang, umsonst. Dachte, könnte wieder arbeiten um dann wieder mündig, geschäftsfähig und nicht abhängig von Harz 4 das Geld in voller Höhe zu beanspruchen und darüber zu bestimmen. Der Typ hat mich abblitzen lassen. War auch zuletzt nicht besonders freundlich, hat sich in all der Zeit beschissen verhalten und ich wollte nie wieder mit ihm zu tun haben. Wie konnte ich nur auf so eine dumme Idee kommen ihn anzurufen und zu bitten mich wieder zu beschäftigen. Ich muß wohl besonders leidensfähig sein. Kann schon sein das ich drastisch formuliere aber in so einer schweren Zeit kann aus einer Laus eine Plage werden. Ich kann mich noch gut an ein Telefonat mit ihm erinnern. Er sagte zu mir, als er erfuhr das wir heiraten, willst du jetzt noch schnell erben. Soviel um das Thema zu beenden und zwar für immer. Typen wie der wollen gestalten, ihre kleine Sicht jedem aufdrängen, alles zu Ende bringen und fühlen sich dabei auch noch als würden Sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Wisst Ihr an wen mich die Beschreibung noch erinnert? Wo sind Weltkriege, wenn man Sie mal braucht. Der Typ bleibt jetzt vor der Tür. Ich werde das Erbe nicht antreten, es steht mir nicht zu und ich will nicht das es für die Eltern verloren geht. Vielleicht findet sich eine Lösung oder ich eine neue Arbeit.

P.S. Kleine Denkstütze: Ich war für die Werbung eines Fitnessstudios, einer großen Multifunktionsanlage verantwortlich.

Mein Schatz war liebenswert und hatte Krebs. Ich würde die schlimmsten Tage die ich mit Ihr durchgemacht habe bis an mein Lebensende immer wieder durchmachen um bei Ihr zu sein. Ich würde ein erfülltes Leben haben. Es gibt Menschen die machen einem vor Sie wüßten worum es im Leben geht. Was bitte bedeutet eigenverantwortlich Leben, das eigene Leben zu gestalten? Ein Job, gesichertes Einkommen, den Lebenspartner so einsperren das das eigene Leben sich nicht groß verändern muß um das gemeinsame Leben zu ertragen. Immer schön voran und nie nach hinten schauen, man könnte sich ja darüber empören was für Leichen man in der brennenden Sonne hat liegen lassen.

Bin nicht wirklich in Stimmung zu schreiben. Aber wenn ich nicht schreibe ist es so als wäre Katrin noch weiter fort.

Wir saßen im Foyer des Klinikums und spielten Kniffel. Sie lehnte sich zur Seite, legte Ihren Kopf auf meine Schulter und hielt meine Hand. Ich war im Gespräch mit einem Freund während Sie mir ins Ohr flüsterte, ich hab dich lieb, Süßer. Beim kniffeln konnte ich Sie schlagen, bei Outburst hat Sie mich dafür nie gewinnen lassen.

Ein Lieblingsduft von Katrin war "Juliette Has a Gun - Lady vengeance". Als ich den Geburtstag vor ein paar Tagen mitfeierte hatte ich Ihn aufgelegt. Mich sprach einer an, meinte, sag doch mal bist du schwul. Seine unverschämte Frage störte mich nicht, im Gegenteil ich fand´s gut das sich jemand gefunden hatte, den Duft nicht nur zu bemerken sondern sich auch darüber zu äußern auch wenn es auf sehr negative Weise war.

Katrins Arbeitsvertrag sollte bereits im Dezember enden. Der Vertrag wurde trotz Ihrer schweren Erkrankung und dank Ihres sehr netten Chefs um weitere drei Monate verlängert. Ich glaube, es muß irgendwann im November gewesen sein, vielleicht aber auch schon Anfang Dezember, so genau erinnere ich mich nicht mehr, als Sie Nussecken für die schon ehemaligen Kollegen backte. Zu der Zeit arbeitete Sie schon lange nicht mehr und in den Monaten zuvor sagte Sie öfter zu mir, ich will meine Kollegen demnächst besuchen aber es kam stets wieder etwas dazwischen. Chemo und Bestrahlung waren schon ein paar Wochen vorbei und Sie nahm sich mehr Zeit für das was Ihr am Herzen lag. Schatz, deine Nussecke war ganz besonders lecker. Die Kollegen hatten mir fast nichts übriggelassen, nur ein Stück. Ich hätte so gerne das Rezept.

Zu Weihnachten bekam ich von meinem Schatz gleich drei Geschenke. Ein Computerspiel, ein Buch und eine Boxer Short.

Von dem Computerspiel hatte ich eine ältere Version und fand´s ehrlich zum einschlafen langweilig aber das konnte Sie nicht wissen. Meine Lebenszeit ist mir mittlerweile für solchen Zeitvertreib auch viel zu kostbar. Ich habe mir einen Gutschein dafür geben lassen. In München gibt es zum Glück auch einen Saturn und bin da hin und kaufte so einen digitalen Bilderrahmen mit TV-Tuner. Katrin war kurzsichtig und es war Ihr in Ihrem Zustand zu anstrengend die Linsen anzulegen. Der Fernseher im Zimmer war zu weit von Ihrem Bett, oben an der Wand, angebracht. Ich hielt den Kauf für eine gute Idee. Ich stellte es auf Ihren Schrank und hoffte Sie freut sich. Sie hat es nie genutzt. Meine Nichte hat sich vor ein paar Tagen sehr darüber gefreut.

Das Buch war von Christopher Moor, den ich gerne lese, Sie wußte nur nicht das ich eben dieses Buch schon im Mai gelesen hatte. Es lag inzwischen bei einem Freund im Regal.

Bleibt jetzt noch die Short. Die ist leider viel zu eng im Schritt und liegt noch verpackt direkt hier neben mir. Sie ist blassgelb mit kleinen grünen zähnefletschenden Piranhas drauf. Sie hat sich so viel Mühe gemacht.

Ich bekam noch nie so schöne Geschenke. Vielen Dank, mein Schatz!

Ich erinnere mich an den 05. Februar, an unsere Hochzeitsnacht im Klinikum.
Katrin wurde wie eine Privatpatientin behandelt, schon viele Tage zuvor, sie mochten Sie alle und waren stets sehr bemüht Ihr alles recht zu machen aber an dem Tag zuvor, unserem Hochzeitstag, wurde Sie ganz besonders herzlich betreut. Sie wurde von allen verwöhnt und Sie genoß es auch. Leider konnten Sie sonst nur Ihre Schmerzen lindern, das war mir immer zu wenig und erst jetzt weiß ich wie dankbar ich den lieben Helfern sein muß. Sie hatte ein großes Einzelzimmer. Ich durfte die Nacht bei Ihr verbringen. Sie stellten uns ein zweites Bett hinein und wir schoben die Betten dicht zusammen, unser Ehebett.

Ich weiß nicht ob ich das was ich euch jetzt mitteilen möchte überhaupt jemals in die richtigen Worte kleiden kann. Es fällt mir schwer aber ich will es versuchen. Sie war glücklich und es war fast so wie vor Wochen als es Ihr noch deutlich besser ging. Sie war unbeschwert, Sie lag nicht einfach im Bett, Sie strahlte den ganzen Tag und nun hatte ich Ihr Strahlen ganz für mich allein. Sie sagte zu mir, Liebling, wir haben es solange ... und wollte intim werden. Sie wollte mir eine Freude machen und Sie wollte es selbst auch aber ich war wie gelähmt, sagte das kann ich nicht und war völlig überfordert Ihr meine Gefühle dazu mitzuteilen. Ich wies Sie ab und es läßt mir keine Ruhe. Niemals werde ich die Gelegenheit haben mit Ihr darüber zu sprechen. Bis heute habe ich nicht die passenden Worte entdeckt, die ich Ihr gerne gesagt hätte um mich zu erklären, mich zu entschuldigen, mich zu verfluchen. Ich hätte es einfach zulassen sollen, ich wollte es auch und Sie war so begehrenswert, so wunderschön, aufreizend aber etwas, etwas das mächtiger war hielt mich zurück. Sie zerbrach immer mehr vor meinen Augen. Stück für Stück. Sie kam mir so verletzlich vor. Ich fühle ... ich möchte mich bei Ihr für die Kränkung entschuldigen. Das lastet so schwer. Es tut so unglaublich weh. Ich verzeihe mir vielleicht irgendwann selbst aber Sie wird mir niemals sagen können, ich verstehe und verzeihe ... liebe Dich, Dummkopf

Die Hochzeitsschminke hatte Sie noch 4 Tage später im Gesicht. Sie hatte so einen süßen Mund, der immer lächelte, jedenfalls für mich und so behalte ich Sie in Erinnerung. Sie fühlte sich wieder wie ein Mensch und das wollte Sie auch bleiben. Die Patientin war Sie erst wieder in München, abgeschminkt, bald hoffnungslos.

Ich telefonierte heute mit einer Biologin von der Poly. Ich erzählte ihr das ich und auch andere, die betroffen sind von dem schweren Verlust, das wir, nicht mehr in der Lage sind uns zu sagen was uns bedrückt, was wir empfinden. Sie sagte daraufhin zu mir, ihr steckt alle im selben Sumpf und ihr zieht euch nur mehr und mehr hinein. Es reicht auch schon mit den Freunden, Verwandten einen Tee zu trinken und einfach Zeit zu verbringen ohne darüber zu reden. Es ist einfacher bei der Gärtnerin von nebenan traurig zu sein. Ich wollte das die letzten Tage nicht akzeptieren aber Sie hat recht. Meinen Freunden habe ich deswegen Vorhaltungen gemacht und es tut mir Leid. Ich verstehe jetzt mehr. Entschuldige bitte Nina, entschuldige Krissi und entschuldige bitte Sabrina. Ihr seit alle tolle Freunde und für euch wird immer ein Platz in meinem Herzen sein. Gut das es euch gibt und das ihr da wart, als Sie euch so sehr brauchte!

Mein Status war lange nicht geklärt, jetzt bin ich offiziell der Witwer. Bin aber, so fühle ich, der Ehemann. Die Ehe sollte aufgehoben werden. Die Entscheidung wurde von Ihr getragen und es gab sicherlich vieles was mitschwang, was nicht ausgesprochen wurde. Ich will mich damit auch nicht mehr befassen. Auf der Beerdigung bin ich am Ende des vorderen Drittels geblieben um niemanden zu kompromittieren. Ich fühlte mich wie ein entflohener Leibeigener der am Karren gebunden von seinem Herren ins Dorf gezerrt und allen Bewohnern zur Schau gestellt wird. Unsere rechtskräftige Ehe wurde mit keinem Wort erwähnt. Das alles störte mich erst sehr viel später, erst Tage danach zermarterte ich mir darüber den Kopf. Vor Ort, in der kleinen Kirche wollte ich nur ein Taschentuch und einen besseren Ausblick und die Nähe zu den Eltern. Der Pfarrer hat wohl eine schöne Rede gehalten aber als er anfing hätte ich ihn am liebsten aus der Kirche geprügelt. Eben hatte ich noch gekämpft und er sagte es ist vorbei, laßt Sie ruhen, das war zuviel. Ich war nicht bereit dafür.

Nur eine einzige Trauerkarte habe ich bekommen. Meine Mutter und meine Schwester haben zusammen ein paar sehr liebe Worte gefunden und an mich geschickt. Vielen Dank, euch beiden! Ich hätte wirklich gerne mehr davon.

Ich vermute du hast meine Zeilen gelesen und weißt sicher bereits einiges über mich. Ich lade dich herzlich ein in meinen kleinen Kreis und freue mich über jede Anteilnahme. Mir schreiben mittlerweile sehr viele Leute die ähnliches durchmachen mußten oder einfach nur betroffen sind und ich frage nicht wer du bist und warum du an meine Tür klopfst, ich heiße dich einfach nur Willkommen. Freut mich sehr!

Mir war so.

Liebe Grüße,
Mark

Die Erinnerung bleibt, man kann sie Dir nicht nehmen. Die tröstenden Worte möchtest Du jetzt nicht hören, denn sie klingen wie fremde Chöre. Denn sie singen Lieder in fremden Sprachen. Dein Herz spricht im Moment eine andere Sprache. Versuche sie nicht zu verstehen, denn sie wird auch einmal wieder gehen. Es wird lange dauern bis sie vorüber aber dann wird es erträglicher sie zu leben. Nimm die Sprache Deines Herzens an, denn Du sprichst sie nicht alleine. Millionen Menschen sprechen sie irgendwann. Du bist nicht allein.

Liebe Zeilen, leider nicht von mir, aber nahe bei mir. Danke!

Eine Mitpatientin von Ihr etwas naiv aber sehr liebenswert wurde zeitgleich diagnostiziert und die beiden tauschten sich immer wieder aus. Die Frau hat uns von der spirituellen Heilskraft irgendwelcher Symbole erzählt und das man dem Krebs einfach zu sagen braucht verpiss dich. Heute geht es ihr soweit ich unterrichtet bin gut. Man muß dazu auch wissen, das durch ihr Alter, ich schätze etwa 10-12 Jahre älter als meine Süße, bei ihr die Chance auf einen positiven Ausgang deutlich größer war, vermute ich jedenfalls. Bei ihr wurde ebenfalls Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Allerdings sollte nicht wie bei Katrin erst OP, anschließend Chemo und die Bestrahlung gemacht werden sondern genau umgekehrt, erst die Behandlung dann die OP, warum auch immer. Sie lagen zu Beginn in einem Zimmer. Gott, hatte Sie gejammert und mein Schatz hat Ihre Kraft und Energie mit Ihr geteilt, ihr über die Zeit ständig Mut gemacht.

Das Leben holt mich gerade ein. Meine Eltern besuchen mich gleich. Das heißt, Kaffee trinken und erklären wie es mir geht. Meistens sag ich nur ich weiß es nicht und damit geben Sie sich dann auch zufrieden, fragen aber jedesmal wieder. Niemand nervt so lieb wie die beiden. Und mein Vater das Sensibelchen ist unglaublich dankbar, wenn ich ihn nicht aufwühle mit meinem Kummer. Als ich ihm das letzte mal von Katrin erzählte bat er mich aufzuhören und hatte sich bereits von mir weggedreht um mir nicht seine Tränen zu zeigen. Ich würde gerne mit ihm weinen. Sie haben Katrins Eltern nicht gut gekannt und waren auch eher distanziert durch die Konflikte die zum Ende aufkamen und vieles, auch Ängste nicht kommuniziert wurden. Mir fällt ein, sie haben den Eltern von Katrin, soweit ich jedenfalls weiß, keine Trauerkarte geschickt und auch nicht dort angerufen um ihr Beileid zu bekunden. Ich mache keine Vorhaltungen, Sie sind alt genug. Ich bin schlicht nicht dafür verantwortlich wie sich meine Eltern geben. Ihre Entscheidung! Wir drehten alle irgendwie durch, niemand war auf den Verlust vorbereitet und es wurde lieben Menschen Unrecht getan. Ich möchte das Gutes zurück bleibt. Kein Streit und kein Zorn, keine Worte die zwischen uns stehen. Wir liebten Sie doch alle, jeder auf seine ganz besondere Weise. Heute sehe ich vieles anders.

Nach nochmaligem lesen meines letzten Beitrags muß ich eingestehen das ich üben sollte was das "ich mache keine Vorhaltungen" betrifft. Entschuldigt, ich komme etwas ernüchtert von der kleinen Familienfeier.

Der letzte Brief, den ich von der BKK erhalten habe, wurde adressiert an Familie B. Ich konnte es kaum glauben. Da stand es tatsächlich, deutlich lesbar und auch nach nochmaligem lesen stand es da. Familie B., meine eigene kleine Familie. Ich bin sicher wir hätten zauberhafte Kinder gehabt und Katrin wäre eine gute, eine liebevolle Mutter geworden.

Ein Mensch stand mir auf ganz besondere Weise zur Seite und dem möchte ich hier danken. Vlado, vielen Dank für deine Anteilnahme und dein Einfühlungsvermögen. Ich weiß nicht wo ich Heute wäre, wenn du mich nicht in deine Arme genommen hättest.

Etwa drei Wochen nach Katrins Tod bin ich bei meiner jüngeren Schwester auf Besuch gewesen. Ihre ganze Familie, auch ihre wunderbaren Kinder haben sich um mich gekümmert. Es war schon spät, meine Schwester und die Kinder waren im Bett und Vlado, mein Schwager kam zu mir, packte mich, er umarmte mich so stark das ich mich unmöglich hätte befreien können. Er sagte nicht viel aber wohl die richtigen Worte. Ich fing an zu weinen und er presste regelrecht die Tränen aus mir heraus. Wir waren bestimmt an die zwei Stunden am Boden mehr gelegen als gesessen und ich in seiner Umarmung. Wir hatten in den letzten Jahren nicht viel zusammen erlebt, schon wegen der Entfernung. Es war nie leicht zwischen uns da ich immer irgendwie in der Mitte stand zwischen ihm und meiner Mutter. Vlado, du sollst wissen das du für mich der beste mir denkbare Mann für meine Schwester bist und Sie sich keinen besseren hätte wünschen können und das ich dich ehrlich um deine Familie beneide. Du bist ein verdienter Glückspilz.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 23:41 Uhr)
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  #2  
Alt 19.05.2010, 01:03
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Das alles war mit Dir viel erträglicher. Es kam gar nicht an. Schatz, ich fühle mich eingenommen von fremden Mächten. Ich will doch nur bei dir sein.

So geschwollen hätte ich mich in Ihrer Gegenwart nie ausgedrückt. Ich hätte von Ihr zu hören bekommen, nur Affen sagen Karaffe. Ich kann auch normal, Schatz. Für Dich nochmal! Ich fühle mich den Blicken und den Beziehungen nicht gewachsen. Ich bin ungerecht und fordernd, nichts außer meiner Trauer lasse ich zu, ich ignoriere und beschimpfe. Dir bin ich treu, sonst keinem.

Während und lange nach Chemo und Bestrahlung fürchtete Katrin Ihre Haare zu verlieren. Sie war oft vor dem Spiegel und betrachtete Ihr Haar, prüfte und fragte sich ob es schlimmer geworden ist, bereits auffällt und fand, das Ihre Haare nicht genug Fülle haben. Es kam mir so vor als ob Sie sich damit ablenken wollte, andere Gedanken nicht zulassen wollte, denn Ihre Haare waren nie schöner und es waren nur wenige ausgefallen, nicht genug für eine Strähne, wirklich nicht merkbar.

Irgendwann im Oktober hatten wir uns zerstritten. Sie war verschlossen und ich habe es als ungerechte Ablehnung empfunden. Eine Woche war davon geprägt und ich weiß inzwischen nicht mehr so richtig worum es ging. Vermutlich fühlte Sie sich nicht wahrgenommen von mir, missverstanden, vernachlässigt und alles war zuviel, auch unsere viel zu kleine Wohnung. Vielleicht war es Frustration, ich weiß es nicht. Ich spürte deutlich Ihre Wut und dachte, das Ihre Stimmung mit mir zu tun hat.

Wir stritten so heftig und waren beide sehr verletzend zueinander, das wir uns immer mehr voneinander entfernten und unsere Beziehung zu zerbrechen drohte. Ich hatte keine Ahnung worum es Ihr ging und Sie wollte es mir glaube ich auch nicht sagen sondern verstanden werden, geliebt werden. Ich Trottel diskutierte, anstatt Sie in die Arme zu nehmen. Liebling, wärst du jetzt hier würde ich Dich in die Arme nehmen.

Ich versuche mich krampfhaft zu erinnern. Keine Fragmente, nichts von unserem Streit ist übriggeblieben, alles gelöscht. Erst stritten wir uns und dann liebten wir uns um so mehr. Unsere Liebe wurde geprüft und wir blieben nicht nur zusammen sondern waren uns noch näher gekommen. Im Streit zweifelte ich an Ihrer Liebe, fragte Sie, liebst du mich wirklich. Sie war ungeheuer verletzt von meiner Frage. Wir hatten uns schon so oft unsere Liebe beteuert und ich zweifelte an Ihrer Liebe wegen eines Streits den wir auf Ersatzschlachtfeldern austrugen. Hoffentlich wird es mir gelingen, mich irgendwann wieder zu erinnern. Sie zog sich in der Woche immer wieder zurück, war verschlossen und launisch, vielleicht waren es doch Ihre Ängste. Ich wollte alles mit Ihr teilen und ich wollte wissen was los war, ich konnte mit Ihrem verschlossen Verhalten nicht umgehen und wollte diesen Zustand nicht andauern lassen noch war Sie bereit sich zu erklären. Ich bin davon überfordert. Ich muß mich erinnern und vielleicht werde ich, wenn mir das gelingt, es besser verstehen.

Sie meinte, der vorgezogene Herbst, bzw. das endgültige ausbleiben des Zyklus könnte Sie so stimmen. Sie hatte die Befürchtung Sie könnte sich durch den Eingriff im Wesen ändern. Mein süßer Schatz, du warst bis zum Schluß du selbst, der Mensch den ich für immer in meinem Herzen trage und den ich auf ewig lieben werde. Die Sorgen und Ängst waren so groß, die Behandlung öfter unterbrochen von Fieber und falschen Blutwerten. Frustration und Nebenwirkungen waren in diesen Tagen stärker präsent als meine Liebe. Es tut mir Leid, mein Liebling, es tut mir so sehr Leid, das ich nicht in der Lage war Dir mehr von Deiner Last abzunehmen.

Ich war beim Friseur. Die Haare am Hinterkopf sind zu kurz geschnitten. Sehe aus als hätte ich als Baby zuviel auf dem Rücken liegend verbracht und mir den Schädel dabei platt gelegen.

An unserem Hochzeitstag war eine Friseuse bei Ihr. Gegen 10.30 kam Sie und blieb bei Ihr bis kurz vor 12.00. Die Zeremonie begann um 14.00. Sie war davor nie beim Friseur und hatte auch nie einen Profi soweit mir bekannt ist an Ihr Haar gelassen. Zwei Tage zuvor fragte ich Sie, Frau Brehm, bist du damit einverstanden wenn ich dir eine Friseuse bestelle. Sie lehnte ab und ich fragte wenig später nochmal und dann nochmal. Irgendwann gab Sie Ihren Widerstand auf. Die beiden hatten, wie ich später erfuhr, großen Spaß und Sie sah ganz anders aus als ich Sie kannte. Sie hatte gewelltes Haar, Ihre Gesichtszüge wirkten weicher und verletzlicher als ohnehin schon. Ich war von Ihrem Anblick total überrascht und völlig überwältigt. Ich durfte Sie erst kurz vor der Zeremonie sehen. Als ich mit dem Brautstrauß Ihr Zimmer betrat stand Sie strahlend vor mir. Ich hatte einen riesenhaften Kloß im Hals. Da stand Sie, meine zukünftige Frau für die ich von nun an immer sorgen und alles mit Ihr teilen würde. Sie war zittrig auf den Beinen und jemand brachte einen Rollstuhl.

Meine Frau nahm in den letzten Tagen B17 und jede Menge andere Aufbaupräparate, die wenn Sie nicht so früh von uns gegangen wäre ein Vermögen verschlungen hätten. Von Taxol wollte Sie nichts wissen. Ich hatte mich an einen Apotheker in Hannover gewandt, der mir sehr empfohlen wurde. Herr Domhart, der Apotheker, sagte mir, nachdem er die Befunde eingesehen hatte, Sie muß sich darüber klar sein was Sie will. Es kann Ihr Leben vielleicht ein wenig verlängern aber das würde auch bedeuten das Sie mehr leidet. Es war alles schon viel zu spät. Ich rate nicht ab und rate auch niemandem zur Einnahme begleitender Mittel. Sicherlich ist es nicht verkehrt informiert zu sein und die Möglichkeiten zu nutzen, die greifbar sind, wenn Sie von den behandelnden Ärzten unterstützt werden. Jeder reagiert anders und kein Krebs ist wie der andere auch wenn er denselben Namen hat, jedenfalls wurde uns das immer wieder gesagt. Irgendetwas könnte ja doch greifen. Und wenn nichts half, muß man sich keine Vorwürfe machen, man habe dieses oder jenes unterlassen und wenn wir doch nur ...

Ihr Lieblingsfilm war Coraline von Tim Burton. Anfang Oktober waren wir zusammen im Kino und sahen uns den Film an. Sie kannte den Film bereits und war begeistert. Ich sollte mich anstecken, mich ebenfalls begeistern und das tat ich. Ich teilte so gerne mit Ihr, es fiel mir leicht, es war so einfach. Alles wofür Sie war, dafür war ich auch und nicht weil ich in Ihrem Team spielte sondern weil es mich schlicht ebenfalls begeisterte. Sie zeigte mir so viel und alles fand ich toll. Sie mußte mich nie überzeugen. In dem Film geht es um ein kleines Mädchen, eine Tür zu einer anderen Welt, Wünsche, Träume, das ewig Alte, das bedrohlich Neue, eine sprechende Katze und zwei hinreisende Schwestern. Mehr wird nicht verraten. Schaut euch den Film an, es lohnt sich!

Zitat: So sollen für Coraline Wünsche wahr werden und hinter einer geheimen Tür im Haus öffnen sich plötzlich neue Welten ...

Wer von euch hat als Kind die Serie die Waltons gesehen. "Gute Nacht, Johnboy", "Gute Nacht, Mary Sue!".

"Gute Nacht" ist wie ein sorgender liebender Mensch, der an mein Bett tritt, mich zudeckt, das Licht anläßt damit ich mich nicht fürchte, später noch mal ins Zimmer kommt, sich versichert das ich schlafe, dann das Licht ausschaltet, die Tür vorsichtig schließt aber nicht ganz, ein Spalt bleibt offen um nicht zu lärmen, denn er kommt mich gleich noch einmal besuchen um zu sehen ob es mir gut geht. Er bleibt im Zimmer nebenan, schaltet das Radio aus und lauscht in mein Schlafzimmer. Bevor auch er ins Bett geht kommt er ein letztes mal und stellt das Fenster auf Kipp. Es geht Wind und das Rauschen der Blätter von dem Baum vor dem Fenster dringt an mein Ohr und flüstert leise ich liebe dich.

Gute Nacht, Katrin! Ich halte Wache an deinem Bett.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 22:41 Uhr)
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  #3  
Alt 20.05.2010, 10:59
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ich bin mit einem Krampf in der Wade aufgewacht. Das passiert mir öfter. Mein Schatz war früher da und rieb Ihre kalten Füßchen an mir und es wurde schnell besser. Gegenschmerztherapie hat Sie von Ihrem Unipsychologen gelernt. Der traktierte Sie öfter liebevoll mit gemeiner Fußbiegemassage. Hilft angeblich gegen alles, Frustration, Wundliegen, Langeweile, etc. und zauberte immer ein Lächeln auf Ihre Lippen, kurz bevor Sie um Gnade winselte. Sie war sehr kitzlig.

Heute Nacht bin ich zur Musik von Klee eingeschlafen. Der Mediaplayer, auf Wiederholung eingestellt, lief die ganze Nacht. Ich war im Dämmerschlaf mit der Musik im Hintergrund. Gegen 6.00, endlich soweit zu schlafen, kurz auf um den Ton wegzudrehen. Wenn ich zu Musik schlafe sind meine Träume intensiver als sonst. Ich träumte von uns, von Katrin und mir. Wir waren draußen auf einer Wiese, saßen auf einer Decke und pflückten Blumen. Ich steckte Ihr ein Gänseblümchen ins Haar und Sie drückte sich zu mir, wir küssten uns und lagen, mit dem Blick zum Himmel, nebeneinander und fühlten unseren Herzschlag.

Sie war oft vor mir wach. Durch ein osteoporoseähnliches Leiden, das eine wenig angenehme Nebenwirkung der Behandlung war, das Sie plagte, konnte Sie meist nur wenige Stunden am Stück schlafen. Mitten in der Nacht lag Sie oft wach, schrieb sms, las oder saß am Laptop und surfte. Mich ließ Sie schlafen und am Morgen, wieder wach, saß Sie am Bettrand mit Ihrem Laptop, einem Cappuccino und mich liebevoll begrüßen. Ich setzte mich hinter Sie und streichelte Ihr Haar, küsste Ihre Schultern und massierte Sie. Bevor Sie im Badezimmer verschwand machte Sie mir auch einen Cappuccino, gab mir noch einen Kuss und ging sich duschen, Haare waschen, Haare färben, Nägel schneiden, traurig sein, weinen, verzweifelt sein. Sie blieb mogens mindestens zwei, drei Stunden im Bad. Nur mal eben ins Badezimmer gehen und einen Duft aus dem Spiegelschrank nehmen konnte genauso lange dauern. Das Bad war Ihr Reich und wollte dort auch nicht gestört werden. Es war Ihre Rüstung, Ihre Trutzburg.

Ich lege mich jetzt wieder ins Bett. Ich will heute nicht am Leben teilnehmen. Ich bin zu nichts imstande außer meinen Gedanken nachhängen auch schreiben ist zuviel. Ich wünschte ich hätte meine eigene kleine Trutzburg.

Hoffentlich träume ich von Dir, wenn ich schlafe. Bis gleich! Und meine lieben Freunde, die mich in meiner Trauer begleiten, ich meine euch, dich auch, ja, mir geht´s beschissen aber ich komme schon klar. Irgendwie geht´s, auch wenn es manchmal unmöglich scheint.

Bis später!

Am 24.08.09 wurde Sie für die Bestrahlung eingezeichnet. Wir kamen zu dem Termin eine halbe Stunde zu spät und sollten erstmal in der Wartezone direkt vor den Umkleidekabinen die auf der anderen Seite weiter zu den Behandlungsräumen führten Platz nehmen. Auf einem Beistelltisch stand eine angebrochene Wasserflasche und Pappbecher. Wir bedienten uns. Katrin saß vor mir. Sie setzte sich neben eine sehr nette ältere Dame, die ich später noch öfter treffen sollte. Die beiden fingen bereits eine Unterhaltung an als ich noch die Zeitschriftenauswahl durchging. Es dauerte nicht lange bis Sie aufgerufen wurde, vielleicht zehn Minuten. Die ältere Frau, die sich eben noch mit meinem Schatz unterhalten hatte, rückte zu mir auf und sprach mich an.

Sie sagte, Ihre Frau ist ein Engel, ich werde für Sie beten. Mit all meinen Hoffnungen und Träumen werde ich daran glauben ... Ich bin ja schon alt. Wissen Sie, ich habe zwei wunderbare Enkelkinder ... Sie strickte während Sie erzählte. Ich fand Sie sehr nett. Schließlich hatte Sie gesagt, Ihre Frau ... Katrin aber war von Ihr aufgewühlt und Sie war froh als wir gehen konnten.

Zu Hause wollte Sie duschen, das ging natürlich nicht mit der Zeichnung. Wir überlegten uns wie es doch möglich wäre. Ich bin in die Stadt, erst zu einem Sanitätsbedarf, dann zu noch einem, in die Apotheke und ins Kinderland. Ich war ziemlich lange aber erfolglos unterwegs gewesen. Wieder zu Hause habe ich Katrin in Folie eingewickelt und so war Sie duschen. Sie sah sehr komisch aus und ich witzelte. Das passte Ihr gar nicht und wollte auch keine Fotos. Jedenfalls am Tag danach war Ihr die Zeichnung schon piepegal und duschte ohne Folie. Es stellte sich raus das die Schwestern auch ohne die Zeichnung zurecht kamen.

Katrin wußte was mit Ihr geschieht und hat öfter in Ihrer Verzweiflung gefragt muß ich sterben. Und ich habe Ihr geantwortet, nein, du stirbst nicht, wir schaffen das. Wir haben Ihr das alle gesagt und ich komme mir damit wie der Krebs höchstpersönlich vor. Ich fühle mich wie der größte Lügner, ausgepresst und zur Schau gestellt. Sie ist nicht mehr da obwohl ich Ihr gesagt habe, Schatz, wir werden eine Zukunft haben.

Ein Arzt aus München vom Rinecker schrieb Ihr einen lieben Brief.


Sehr geehrte Frau Brehm,

in der Natur stecken wohl mehr Heilungskräfte, als wir nach der Lehrmeinung erwarten würden. Ich hoffe, dass Ihnen diese Erkenntnis gesundheitlich weiterhilft.

Viele Grüße

Wir haben alle so sehr gehofft.

Einmal kam ein Pfleger an Ihr Bett und betete mit Ihr. Er schrieb mich viele Tage später an und fragte wie es Ihr geht. Ich will ihm nicht antworten und noch mehr Hoffnung zerstören.

Ich komme mir wie die größte Heulsuse vor. Ich habe gerade einen geschlossen Thread gelesen und war beschämt. Ich will den Namen nicht nennen, Sie soll Ihren Frieden haben hier im Forum. Die Beiträge sind schon älter. Was ich dort las hat mich sehr bewegt. Ich wünschte ich hätte Ahnung und könnte einen Beitrag leisten Menschen vor solch einem Schicksal zu bewahren oder zumindest den Weg zu erleichtern und Hoffnung zu geben. Alles andere erscheint mir so sinnlos.

Wir besuchten Ihre Eltern das erstemal und ich war furchtbar nervös. Ich sollte geprüft und gewogen und für nicht gut genug befunden werden, so dachte ich jedenfalls. Wenn ich eine Tochter hätte, wäre auch keiner gut genug für sie.

Als wir im Wohnzimmer bei Ihren Eltern einen kurzen Moment für uns hatten flüsterte Sie in mein Ohr, mein Papa mag dich. Doch, doch, er mag dich wirklich, ich weiß es. Ich hatte Ihr von meinen Ängsten nicht erzählt. Sie kannte meine Bedürfnisse und es tat so gut bei Ihr zu sein. Sie war so gut zu mir.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 22:43 Uhr)
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  #4  
Alt 04.07.2010, 10:29
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ihre Lieblingsfarbe war ein blasses Babyblau. Sie mochte keine grellen Farben und auch nichts gedecktes. Sie trug sehr gerne Jeans. Durch die Wassereinlagerungen konnte Sie Ihre Hosen nicht mehr tragen. Sie war so niedergeschlagen deswegen. Wir kauften für Sie etwas weitere Hosen. Im Geschäft schien Sie zufrieden. Sie war sehr kritisch und probierte sehr viel an. Wenn Sie etwas fand das Ihrer Meinung nach zu Ihr passte, etwas worin Sie sich wohlfühlte freute ich mich mit Ihr. Für einen Moment schien es so als könnte Sie vergessen. Zuhause holte Sie eine Ihrer alten Lieblingsjeans aus dem Schrank und legte Sie neben die Neue und fing an zu weinen. Ich sagte Ihr Süße niemandem fällt das bisschen Wasser auf. Bald hast du wieder Drainage und du kannst die neue Jeans zurückgeben. Laß besser das Preisettiket dran. Hab ein bisschen Geduld. Außerdem bist du doch so unglaublich gesegnet. Du bist so wunderschön und deine Beine, schau Sie doch an, kaum eine Frau hat solche Beine. Die beneiden dich doch alle. Sie hatte wirklich wunderschöne Beine. Das brachte Sie noch mehr zum weinen. Sie war so Stolz auf Ihre makellosen Beine gewesen und machte in der Vergangenheit auch viel Sport dafür. Sie kam sich entstellt vor. Und ich schaffte es einfach nicht Sie vom Gegenteil zu überzeugen. Mit 28 hatte Sie noch eine Figur wie eine 17jährige. Wenn dein Körper innerhalb weniger Wochen eine rasante Veränderung erfährt, wie Katrin es erfahren musste ist das traumatisch. Sie litt so sehr unter den körperlichen Veränderungen. Ich empfand es nicht annähernd so dramatisch. Für mich war und ist Sie die schönste Blume im Garten.

Mir ist heute nicht nach Zweckoptimismus. Ich bin mal wieder so richtig niedergeschlagen. Wenn ich mein Gefühlsleben heute Morgen nach außen kehren würde, wäre meine Haltung geknickt, mein Lächeln verbissen, mein Verhalten verschüchtert, mein Spiegelbild fremd. Ohne dich mein Schatz bin ich mir selbst fremd. Ich jammere und klage mich durch den Tag weil du mir fehlst. Ich liebe Dich, mein Schatz.

Die mp3 Dateien von Katrins i-Pod, die Sie zuletzt gehört hat, habe ich heute auf den Rechner geladen. Darunter auch gesprochene Texte von Daniel Wilk.

Ich machte mir die Mühe eine Passage aus einem der Texte aufzuschreiben.

Eine herbe Männerstimme flüsterte meinem Schatz lieblich, abgehackt und monoton ins Ohr, "Und sie können nun ihren Körper zurücksinken lassen in seine eigene Schwere und Wärme und wenn sie so einige Zeit gegangen sind auf ihrem Weg der Ruhe können sie verweilen an einem Stein vielleicht und sich ausruhen und einmal das Moos betrachten auf diesem Stein. Und auf fast jedem größeren Stein der an seinem Platz liegt findet sich irgendwann einmal Moos, wenn die Bedingungen günstig sind. Grünes Moos, an manchen Stellen dunkelgrün, an manchen Stellen gelblich, wieder an anderer Stelle weiter oben dort wo weniger Wasser ist trocken und eher braun. Und während sie sich ausruhen, tiefe Schwere und wohlige Wärme spürend können sie vielleicht sehen wie der Wind das Moos bewegt."

Ich hoffe doch das derjenige es nicht selber angehört hat, der meinem Schatz das angetan hat. Niemand sollte sich so etwas anhören müssen. Jetzt weiß ich wozu eine Patientenverfügung gut ist. Wenigstens hatte Katrin zum Schluß nochmal was zum schmunzeln. Bei vollem Bewußtsein hätte Sie wild um sich geschlagen, wenn jemand versucht hätte Ihr so einen Mist anzutun. Ich hätte Ihr das gerne erspart.

So was löst nur kopfschütteln bei mir aus. Ich verstehe auch nicht warum Sterbenden nur flüsternd erzählt wird. Ruhe und Frieden bekommt man früh genug. Wer möchte schon sterben und warum dann vorzeitig Ruhe einkehren lassen. Ich will den Wind spüren, in Sinneseindrücken baden und die Stimmen meiner Lieben vernehmen und ein Gefühl von hier ist alles in Ordnung nichts ist Aufgeregt, Anders, Besonders, vor dem Ende aufgezwungen. Ich kann mich nicht geborgen fühlen wenn es flüstert. Außerdem, stellt euch doch mal vor da flüstert dir jemand etwas ins Ohr, du verstehst es nicht und bist nicht in der Lage nachzufragen, weil völlig entkräftet. Wer will den sagen wie die Wahrnehmung eines im sterbenliegenden Patienten ist. Ich möchte nicht so eingelullt werden während ich auf den Tod warte.

An ihrem Bett hat jeder nochmal für sich Abschied genommen. Seinen emotionalen Müll abgeladen anstatt Sie schlafen zu lassen oder Ihr nochmal ein gutes Gefühl zu vermitteln, Ihr Komplimente zu machen oder einen Witz zu reißen, eben alles andere. Jeder mußte seine Wahrheit preisgeben. Ganz speziell zwei Personen. Die beiden redeten auf Sie ein und ignorierten. Sie atmete immer schwerer und anstatt die Schwester zu bitten Ihre Medikation einzustellen plapperten sie munter weiter. Verdammte Idioten. Irgendwann bekamen sie es mit, ließen Sie allein und sagten den Wartenden ihr geht jetzt besser nicht rein sie ist erschöpft und atmet sehr schwer. Kurz darauf war die Schwester bei Ihr und stellte fest das die Medikation wohl nicht stimmt. Die haben ewig auf Sie eingeredet und Ihre Bedürfnisse völlig verkannt. Außerdem warteten draußen jede Menge Freunde und Verwandte die auch Abschied nehmen wollten.

Heute Morgen hatte ich den Termin beim Psychologen. Seit ihr schon mal von einem Psychologen gefragt worden was macht ihnen zu schaffen, was erwarten sie von mir. Auf die erste Frage antworte ich mit, das Katrin nie mehr zu mir zurückkommt und auf die zweite hätte ich gerne nachdem ich über seine Art zu fragen nachgedacht hatte am liebsten gesagt auf Wiedersehen. Ich bin da völlig falsch. Er hat mir einen Folgetermin gegeben aber den werde ich wohl absagen. Herr Eckdaten interessiert sich nur für die eigene Studie. Er hat mir einen Fragebogen mitgegeben, der für Krebspatienten gedacht ist. Er wies mich darauf hin erklärte aber nicht warum ich die Fragen beantworten soll. Vermutlich vertrauen sich ihm zu wenige Patienten für seine Studie an. Danke! Ich werde mir eine Therapeutin suchen mit der ich richtig Trauerarbeit leisten kann. Zum Schluß wiederholte er die Frage "Was erwarten sie?" und provozierte mich mit der Randnotiz sie durchleben eine normale in Anführungszeichen Trauer und schaute dabei auf seine Notizen und fand sich bestätigt in den drei Monaten die seit Katrins Tod vergangen sind.

Ich werde jetzt nach Laubenheim fahren und den Tag dort neu beginnen. Die Strecke die wir so oft gelaufen sind gehen, in Erinnerungen schwelgen. Mein Schatz kommt natürlich mit. Liebling, auf geht´s. Wenn es nach Ihr ginge würden wir erst in vier bis fünf Stunden aufbrechen. Schatz du mußt dich heute etwas beeilen. Auf geht´s.

Ich telefonierte wieder mit der Poly Ihrer Frauenklinik. Es ging um die Gewebeprobe die noch auf Eis liegt. Ich will eine Aussegnung. Auf keinen Fall möchte ich das Ihr Gewebe verklappt wird das ist unwürdig und ist weder in Ihrem Sinne noch in meinem. Wieso bilden die sich ein darüber bestimmen zu dürfen. Erst hieß es wir können das im Vertrauen regeln aber mein Kontakt ist nun im Mutterschaftssurlaub und so ein Zögling frisch von der Uni mußte nun den Professor einschalten und der zitiert die Vorschriften. Es geht nur um ein Stück Ihres linken Eierstocks, der nicht befallen ist. Für Forschungszwecke ist da glaube ich nicht viel zu gewinnen und die Biologin mit der ich im April telefonierte sagte auch nichts dergleichen. Was bitte spricht dagegen das Gewebe unter Stationsaufsicht würdevoll einzuäschern?

Dieses Stück von Ihrem Eierstock war die letzte Hoffnung auf Kinder.

Wenn Ihr Gewebe relevant für deren Forschung wäre würde ich von der Aussegnung mit anschließender Einäscherung absehen aber das sollen die mir bitte erstmal verständlich erklären.

Versuche werden zigmal wiederholt. Es werden lediglich die Studien veröffentlicht die einen Erfolg versprechen, das heißt das keiner weiß welche Fehlversuche wie oft schon wiederholt wurden. Ungeheuerlich! Fehlversuche sind auch Versuche und sollte man öffentlich zugänglich machen damit die Anderen nicht wieder die gleichen Fehler und Irrtümer begehen. Eigentlich doch selbstverständlich. Ein Freund, der in der Forschung tätig ist berichtete mir davon.

Ich wollte Ihr eine Blume pflücken aber Katrin meinte laß sie doch. Ich pflückte sie nicht. Auf unserem Rückweg kamen wir noch einmal an der Blüte vorbei, froh zu sehen das es ihr gut geht . Wir erfreuten uns beide eine Weile an ihrem Anblick und beim Abschied machte ich ein Foto.

Ich bin über die Felder in Laubenheim gelaufen. Beim laufen schossen mir immer wieder Szenen und Bilder von Katrin in den Kopf, die mich den ganzen Weg begleiteten. Auf einem langen Stück flog eine Libelle neben mir. Sie flog ein Stück voraus und drehte ihre Pirouetten als sie sich verabschiedete. Es sah sehr schön aus. Ich mußte sofort wieder an Katrin denken.

An einer anderen Stelle steht eine Wegmarkierung für Reiter. Sofort blitzten wieder Erinnerungen auf. Ich durfte einmal Heiko Ihr Pferd füttern. Das war im August an dem Geburtstag Ihres Vaters. Wir sind zu Ihrer Oma auf das Nachbargrundstück über die Wiese und kamen an seine Koppel. Katrin warnte mich vor Heiko. Sie sagte, pass bloß auf er geht auf alles los was sich bewegt und fügte noch an, armer Heiko. Wir riefen ihn mehrmals, er reagierte nicht. Wir gingen näher ran und riefen abermals, wieder keine Reaktion. Er wirkte müde. Als wir schon aufgeben wollten trabte er plötzlich schnellen Schrittes auf uns zu und schnaubte ganz gewaltig. Katrin riss mich zur Seite und sagte, ich hab dich ja gewarnt. Sie hatte selbst großen Respekt vor ihm. 28 Jahre ist für ein Pferd ein gesegnetes Alter. Katrin und Heiko waren schon von klein auf zusammen, kannten sich ein Leben lang aber Heiko hatte bedingt durch sein hohes Alter Verhaltensstörungen und man musste acht geben ihm nicht nahe zu kommen, auch Katrin. Wir warfen ihm etwas Futter zu und Katrin ging danach noch mit mir auf den Dachboden der Scheune. Für ein romantisches Tätatä war es viel zu dreckig und wir gingen wieder zurück zum Haus der Eltern.

An einer Weggabelung an der ich heute vorbeikam machten wir Rast und hielten uns für drei wundervolle Minuten in den Armen bevor wir uns ein Plätzchen zum ausruhen suchten und den Grillen beim zirpen zuhörten. Allerdings nicht für lange, wir hatten mächtig Hunger und machten uns alsbald auf den Rückweg.

Die Blume ist für Dich mein Schatz. Ich liebe Dich!

Tocotronic ist eine von Katrins Lieblingsbands. Bereits im November hatte ich deren Management angeschrieben und um Backstagepässe für ein Konzert Im März das in Offenbach stattfand gefragt. Es kam keine Antwort obwohl ich sie immer wieder anschrieb. Wer weiß ob die Nachrichten überhaupt ankamen. Ich erzählte einer guten Freundin von meinen vergeblichen Bemühungen. Sie arbeitet auf dem Lerchenberg beim ZDF und hat gute Kontakte zur Redaktion vom Heute Journal. Einer der Jungs dort arbeitet noch nebenher für eine Offenbacher Lokalzeitung und kennt zufällig den Manager von Tocotronic. Er brauchte nur einen kurzen Artikel mit einem Bild von Ihr und wir hätten Karten für das Konzert bekommen und hätten auch mit den Bandmitgliedern anschließend schwofen dürfen. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet und war so glücklich es doch noch geschafft zu haben. Als ich Ihr davon erzählte kam bei Ihr allerdings wenig Begeisterung auf. Sie ließ mich nicht ausreden und sagte mir vergiß es, ich will nicht und jetzt reden wir nicht mehr davon. Sie war so ein Sturkopf. Kein laß mich noch mal darüber nachdenken. Ich wünschte Sie hätte sich dafür entschieden. Ich bin sicher es hätte Ihr Spaß gemacht. Sie wäre abgeschirmt worden. Die hätten Ihr einen ambulanten Wagen gestellt und auch sonst für alles gesorgt. Ich war so froh das ich etwas für Sie erreicht hatte und dann nur ein kurzes nein mit dem Verbot jemals wieder darüber zu sprechen.

Musik war Ihr wahnsinnig wichtig. Wenn Ihr ein Song gefiel konnte Sie ihn direkt nach dem erstenmal hören schon mitsingen. Sie laß regelmäßig Musikzeitschriften wie Musikexpress, Rolling Stone und viele mehr. Ihr Seelenleben spiegelte sich in der Musik die Sie hörte. Sie sortierte immer wieder Ihre mp3 Dateien. Von Ihren Lieblingsbands hatte Sie die CDs und das sind nicht wenige. Sie war immer zu begeistern wenn es um Musik ging.

Ich war mit Ihr auf zwei Konzerten. In großen Menschenmengen tanzte Sie nicht. Es war Ihr peinlich. Sie tanzte lieber mit mir, wenn wir alleine waren. Sie hüpfte um mich herum und lächelte mich an, hielt inne und streichelte mich und ich umarmte Sie. Wir tanzten eng umschlungen weiter und küssten uns. Wenn ich mir Depeche Mode anhören mußte legte ich als kleine Zugabe Waterloo von Abba auf. Auch dazu tanzte Sie. Es gab keine schlechte Musik für Sie. Alles war tanzbar auch Depeche Mode.

Heute ist das Buch Für jetzt und alle Ewigkeit endlich eingetroffen. Die ersten beiden Kapitel habe ich schon gelesen. Mir ist die Geschichte etwas zu schnell vorangetrieben und die Charaktere etwas dünn gezeichnet. Naja, ich kenn mich mit dem Thema wohl auch besser aus. Es liest sich jedenfalls gut und ich werde es auf jedenfall zu Ende lesen.

Katrin und ich dachten darüber nach uns tätowieren zu lassen. Sie sprach mich irgendwann darauf an.

Wir hatten keine Vorstellung. Wir wußten nur das wir nichts von dem was wir kannten wollten. Keine pubertären Bildchen aus dem Musterkatalog. Es sollte dezent, witzig, eingängig, clever, gut gezeichnet, in schillernden Farben sein und mit uns zu tun haben. Katrin wollte Ihr Tattoo an einer Schenkelinnenseite. Mit meinem wußte ich noch nicht wohin. Wir schauten uns Tattoo-Zeitschriften an und fanden einen Artikel über eine US-Amerikanische Künstlerin die einen sehr eigenwilligen Stil pflegt. Es ist eine Mischung aus Comic-Kult, Naturalismus, 50er Jahre und Farben wie ich Sie bei Tattoos noch nie gesehen habe. Wir fanden es beide toll.

Ich bin froh das wir dazu keine Zeit hatten. Sie sah einfach umwerfend aus und ein Tattoo hätte nur gestört.

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  #5  
Alt 06.07.2010, 10:52
Benutzerbild von Rena24
Rena24 Rena24 ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,

die Sache mit den Psychologen... Vor dem Tod meines Mannes hatte ich auch einen Termin. Mein Hausarzt meinte, es würde mir helfen mit dem Schicksalschlag besser umgehen zu können. Jeder nimmt diese Hilfe anders an und auf. Für mich war es nicht der richtige Weg...

Ich bin nicht mehr hingegangen. Meine "Hilfe" nach dem Tod meines Lieblings fand ich im Hospiz, wo Andi gestorben ist. Die Gespräche dort haben mir sehr geholfen. 9 Monate nach Andis Tod habe ich zusammen mit meiner Schwiegerma dort ein Trauseminar besucht. Auch dieses Wochenende dort war sehr hilfreich.

Selbst nach 2 1/2 Jahren besuchen ich jeden ersten Donnerstag das Hospiz. Dort findet immer ein Kaffeetrinken für ehemalige Angehörige statt.

Vielleicht wäre dies auch was für dich?

Alles Liebe, Verena.
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  #6  
Alt 09.07.2010, 20:51
lilysun lilysun ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,

ich find es schön von dir daß Du das Konzert da organisieren wolltest und es auch geschafft hast. Auch wenn Katrin nicht wollte, aber sie hat es sicher zu schätzen gewusst
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  #7  
Alt 10.07.2010, 08:25
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ein Freund gestaltete uns ein hübsches Plakat und verteilte es im Krankenhaus. Alle die wir kannten und Dienst hatten waren zumindest kurz anwesend und teilten uns ihre Glückwünsche mit. Ihr Psychologe hatte an unserem Hochzeitstag frei, ließ es sich aber auch nicht nehmen vorbei zu schauen. Einer nach dem anderen drängte sich zu uns. Wir waren regelrecht belagert.

Katrin saß im Rollstuhl und ich stand neben Ihr und hielt Ihre Hand als uns die Gäste gratulierten. Am liebsten hätte ich Sie für mich alleine gehabt aber Sie genoß die Aufmerksamkeit.

Beim anschneiden der Hochzeitstorte zitterte meine Hand, mein Liebling führte mich.
Es gab sehr viel zu essen. Jede Menge Kuchen. Katrin probierte alles durch. Einige staunten nicht schlecht über Ihren Appetit. Die Aprikosencremetorte mochte Sie am liebsten.

Marco, ein Bekannter von mir und Fitnesstrainer, erzählte ich von Katrin. Ich erwähnte auch das mein Schatz nicht zum Krebssport wollte. Sie wollte keine besondere Behandlung.

Wir hatten auch immer wieder darüber gesprochen einen Behindertenausweis zu beantragen. Sie verschob es immer wieder. Die Vorstellung als behindert zu gelten war für Sie unerträglich.

Jedenfalls bot Marco sich unentgeltlich an mit Katrin regelmäßig zu trainieren. Katrin lehnte ab. Also erkundigte ich mich über Heimtrainer und fragte auch unsere lieben Anverwandten ob sie auf ihre Gerätschaft für eine Weile verzichten können. Die Ereignisse überschlugen sich wenig später und eine solche Anschaffung machte keinen Sinn mehr. Katrin lag von da an fast nur noch im Bett und war froh wenn die Lymphdrainage anschlug.

Unser gemeinsames Namensschild an der Klingel blasst immer mehr aus. Ich werde es abfotografieren, ausdrucken, nachzeichnen und erneuern.

Das Buch von Liz Nickles, Für jetzt und alle Ewigkeit, das ich euch empfohl, habe ich bis auf die beiden letzten Kapitel gelesen und werde sie auch nicht lesen. Ich mag kein trauriges Ende. Ich denke mir mein eigenes Ende. Nicki wird wieder gesund, sie und Michael werden gemeinsam alt, haben entzückende Kinder und lieben sich wie am ersten Tag.

Ich habe so viel Zeit verschwendet mit Recherche. Ich hätte lieber noch ein paar Stunden mehr an Katrins Seite sein sollen, Sie lieb haben und ihr ein gutes Gefühl vermitteln sollen. Dazu gehört auch ihr Vertrauen in die Ärzte und Behandlung zu stärken; das wäre der richtige Weg gewesen. Das weiß ich heute. Ich habe öfter vor Ihr meinen Unmut über die Behandlung und über die Informationspolitik zum Ausdruck gebracht. Es blieb Ihr nichts anderes, als Vertrauen und wenn das zerstört wird geht auch die Hoffnung.

Ich bin dankbar für die Zeit die wir zusammen verbrachten und traurig das wir nicht mehr Zeit hatten. Meine Gefühle, Empfindungen, mein Schmerz sind ein Teil von mir und dagegen kämpfe ich nicht. Ich lasse sie zu und nehme dadurch am Leben teil. Irgendwann wird es nicht mehr so weh tun aber im Moment ist es die Hölle.

Gestern erst hat mir eine Bekannte von einem Freund erzählt der jetzt auch Krebs hat. Ich bekam sofort am ganzen Körper Gänsehaut. Dieser Scheiß läßt einen nicht los. Man wünscht sich immer wieder könnte ich nur was tun. Letztlich ist man völlig machtlos und kann nur da sein. Aber das ist schon sehr viel.
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  #8  
Alt 14.07.2010, 20:22
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ich war heute schwimmen. Um mich herum auch viele hübsche, wirklich schöne Frauen. Die meisten sind so unleidlich, tragen eine Schlappe bis unters Kinn oder wirken verkrampft, unfreundlich, die reinsten Eiszapfen. Wenn die Mimik, der Ausdruck nicht stimmt und die Person nicht offen und herzlich sein kann ist Aussehen nichts Wert.

Wo ich auch hinsah keine Katrin. Ich war so unglaublich gesegnet mit Ihr. Ich hatte so ein Glück Sie zu finden und an Ihrem Leben teilhaben zu dürfen. So ein Mensch, so eine Frau wird mir mein ganzes Leben nicht mehr begegnen. Ganz gleich wie es Ihr selbst ging Sie begegnete allen Menschen unvoreingenommen. Sie war neugierig und herzlich. Alle liebten Sie dafür. Du fehlst mir mein Schatz. Ich liebe Dich!

Katrin war einfühlsam und feinfühlig, das wußte ich sehr zu schätzen.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 23:26 Uhr)
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  #9  
Alt 14.07.2010, 23:31
lilysun lilysun ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark, schön daß Du schwimmen warst.
und daß Du überall Katrin gesucht hast..das kann ich verstehen.
Man versucht etwas zu finden.

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  #10  
Alt 21.05.2010, 12:23
Antara-01 Antara-01 ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Du bist keine Heulsuse. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Und großes Leid von Mitmenschen verringert dennoch nicht das eigene Leid. Du hast ein Recht auf deine Trauer und deine Gefühle.

Deinen Wunsch, einen Beitrag zu leisten, kenne ich selbst gut. Ich bin sicher, du findest eine Möglichkeit. Wenn man selbst nicht helfen kann, kann man vielleicht Leuten helfen, die es können. Das ist nur ein Beispiel. Es gibt viele Möglichkeiten, sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten einzubringen.

Ich wünsche dir von Herzen ganz viel Kraft auf deinem Weg!
__________________
Mama 21.11.1941-09.08.2009 (Zungenkrebs)
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  #11  
Alt 21.05.2010, 22:25
Schmitti2603 Schmitti2603 ist offline
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Unglücklich AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,

ich kann dich so gut verstehen, wie es dir geht. Ich habe auch meinen Mann verloren, er war 36 Jahre und ist erst am 24.04.10 verstorben. Für mich und meine Kinder ist jeder Tag die Hölle. Ich vermisse ihn und er war auch mein absoluter Traummann. Ich hab ihm in Internet kennengelernt vor 6 Jahren. Wir haben uns getroffen und ich wußte er gehört zu mir. Gut 1 Jahr später war ich schwanger...Ich war so glücklich...Unser Sohn Leon kam zur Welt, es war alles einfach wunderschön....Doch irgendwann ging dann in meinem Leben alles schief... Im Januar 08 starb meine Mama mit 54 Jahren ganz plötzlich an Nierenversagen über Nacht. Im Oktober starb mein Papa mit 56 Jahren an Krebs. 1 Monat zuvor wurde bei meinem Mann durch einen Bluttest Speiseröhrenkrebs mit Metas festgestellt und ich war gerade wieder schwanger mit unserer Tochter.
Hab mich damals schon gefragt, warum ich? Und jetzt ist auch mein Matthias gestorben und ich frag mich, gibt es dort oben wirklich jemanden? Ich bin 30 Jahre und hab keine Eltern mehr, bin Witwe, meine Kinder Halbwaisen...wo ist hier noch Gerechtigkeit?
Ich frag mich auch, musste das sein? Jeder sagt, naja Gott sei Dank Matthias hat jetzt keine Schmerzen mehr, aber ich wünschte mir genauso wie Du, warum musste er überhaupt welche bekommen, warum musste er Krebs bekommen, warum hat sich der Krebs so komisch in seinem Körper ausgebreitet? Ich könnte noch viel mehr schreiben, aber es ist dein Thema...ich wünsch Dir viel Kraft, obwohl das wünschen nicht sehr viel bringt, durch diese Verletzung musst du alleine durch, du musst versuchen dein Leben wieder einigermaßen in Griff zu bekommen, aber glaub mir ich muss da genauso durch und ich hab noch einen 4jährigen Sohn, der den lieben Gott haßt!
Liebe Grüße

Birgit
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  #12  
Alt 22.05.2010, 09:02
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Am 20.01. wurde die Urinableitung aus der Niere mittels Katheter durch die Haut vorgenommen. Der Eingriff war nicht allzu groß und Sie erholte sich relativ schnell. Wenige Tage später waren Ihre Darmschlingen verknotet. Sie wurde am 29.01. operiert, wieder mal. Gegen 21.00 traf ich Ihre OP-Ärztin. Wir trafen uns im Flur. Sie wollte etwas sagen zögerte aber, also schoss ich raus, ist es wirklich so schlimm. Sie hatte Tränen in den Augen. Wir setzten uns und sie erzählte mir das der Tumor nun schon kindskopfgroß sei. Ich wollte wissen wie lange Sie noch hat. Sie bewahrte Ihre Professionalität und schwieg, doch ich war hartnäckig und fragte, Tage, Wochen, Monate, wieviele. An Ihrer Mimik auf meine Fragen sah ich wieviel Zeit blieb, ich erstarrte und Sie nahm mich tröstend in die Arme. Ihre Umarmung war distanziert, ihr Mitgefühl echt. Ich war in dem Augenblick so allein. Wir verabschiedeten uns und ich wollte so schnell wie möglich zu meinem Schatz aber nicht mit Tränen im Gesicht. Ich lief den Flur rauf und runter und wischte mir die Tränen weg.

Oft erzähle ich wildfremden Menschen oder nur mäßig Bekannten von Katrin und habe jedesmal einen riesen Kloß im Hals. Ich entschuldige mich bei dem betreffenden mitten in der Erzählung, sage, ich dränge mich auf, sie haben sicher besseres zu tun. Es läuft jedesmal auf die selbe Weise. Ich bin dankbar, wenn die Person etwas sagt, wie, hören sie, ich finde, sie sollten sich bald eine neue Freundin suchen. Ich kann dann ohne schlechtes Gewissen und mit Wut im Bauch, eine Wut, die mich noch näher bei Katrin sein läßt, mir das nächste Opfer suchen. Manchmal gibt es aber Menschen die hören einfach interessiert zu, tun nicht bewegt, weil meist überrumpelt und völlig überfordert sondern lassen sich darauf ein und bereichern sich durch meine Erzählung, weil Sie sich selbst sind, ich kann es im Moment nicht richtig ausdrücken, und etwas, was auch immer von dem das ich erzähle ihr Herz öffnet und Sie zum nachdenken über ihr eigenes Leben bewegt. Ich fühle vor sochen Menschen große Scham und mir sind die ersten eigentlich lieber. Wenn ich mehr als nur Randnotizen erzählen kann komme ich immer wieder an den Punkt wo ich stumm werde, meine Gedanken und Gefühle nicht mehr äußern kann und ich glaube auch nicht will.

Ich liebe Dich, mein Schatz. Heute ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint und ich weiß du würdest gerne mit mir diesen Tag verbringen. Ich denke an Dich, gleich wo ich bin.

Ich kann mir nicht vorstellen je wieder eine Partnerschaft, eine Beziehung einzugehen. Meine Gefühle für Katrin sind so groß und der Verlust begleitet mich ständig, das ich der Frau die nach Ihr kommen würde großes Unrecht zufügen würde. Ich wäre mit meinem Herzen bei Katrin. Frauen erregen meine Aufmerksamkeit, wenn Sie ähnliche Attribute wie meine Süße aufweisen. Ich ertappe mich immer wieder dabei wie ich Frauen hinterher schaue die das Haar ähnlich tragen, die Figur ähnlich ist, ein Lächeln wie Sie haben, die Stimme sanft ist, das Haar zum Pferdeschwanz gebunden oder das Haar offen, lang und hintenrum gefällig geschnitten und nicht abgehackt aussieht.
Ich suche Sie in den Straßen, Geschäften, Cafes, auf Festen und überall wo ich Menschen begegne. Ich finde immer nur Fragmente, Bruchstücke. Da blond, dort ein Lächeln, um die nächste Ecke Ihr Kleid.

Sie hatte eine raffinierte Methode Ihr Haar zu schneiden. Sie nahm es nach vorn und schnitt es gezwierbelt über Ihrer Stirn. Es war einfach aber genial. Ich glaube, Sie hatte es sich aus der Zeitschrift Brigitte abgeguckt.

Ich versuche mich jeden Tag etwas mehr an unsere gemeinsame Zeit zu erinnern und oft ist es so, das die schlimmen Vorfälle wie OPs, Konflikte, etc. versuchen die Oberhand zu gewinnen. Ich lese meine Einträge und finde die Bestätigung dafür. Dieser verdammte Krebs will mir auch noch meine lieben Erinnerungen streitig machen.

Katrin hatte geraucht. Nicht stark, vielleicht fünf, sechs Zigaretten am Tag, eher weniger. Als Sie die Diagnose erhielt hörte Sie auf damit. Sie war sehr willensstark. Ich selbst rauche nicht aber ich habe schon sehr viele Raucher erlebt die aufhören wollten und immer wieder scheiterten. Es gab auch auf der Krebsstation Patienten die nicht davon lassen konnten. Es lag noch ein offenes Päckchen in unserer Küche und ich fand es war Zeit das Päckchen zu entsorgen. Sie konnte sich nur schweren Herzens davon trennen. Das Fenster stand offen und ich nahm eine Zigarette aus der Verpackung und warf Sie zum Fenster heraus. Sie fand es sei eine ungeheure Verschwendung und ich zeigte auf den Penner direkt unterhalb von uns der sich vor unserem Hauseingang lümmelte und die eben nach unten geworfene Zigarette aufhob. Ich ließ Sie mit den restlichen Zigaretten machen was Sie wollte. Sie war erwachsen und ich vertraute Ihr. Ich weiß nicht was Sie mit dem Päckchen gemacht hat. Ich habe Sie dann noch einmal im Oktober rauchen sehen. Sie nahm sich von einer Freundin eine und zog zweimal und dann nie wieder. Sie wollte es nur noch einmal schmecken und sich erinnern. Ich war sauer. Wenn ich jetzt zurückblicke, denke ich mir, gut gemacht, meine Süße, nimm dir noch eine, am besten zwei auf einmal, lebe und laß dir nichts verbieten.

Das soll keine Anleitung für andere sein. Bitte hört auf mit dem Scheiß!

Werde jetzt eine Weile nicht mehr schreiben. Ich besuche einen Freund und werde wandern gehen. Keine Ahnung wann ich wieder zurück bin. Bis in ein paar Wochen.

Liebe Grüße,
Mark

Ich fühle mich furchtbar. Ich mußte in die Stadt, einige Vorbereitungen treffen und Liegengebliebenes erledigen, das keinen langen Aufschub mehr duldete. Auf meinem Weg fing ich unvermittelt an zu weinen. Es fällt mir so schwer das alles zurück zu lassen. Es ist fast so als kehrte ich Katrin den Rücken. Vor ein paar Wochen verbrachte ich zwei Tage bei meiner Schwester, das war etwas anderes. Ich wußte ich bin bald wieder zurück. Jetzt werde ich für mindestens 14 Tage fortbleiben. Ich will eigentlich nicht verreisen aber ich zwinge mich dazu.

Wo waren die offenen Worte wenn man Sie brauchte. Die Worte waren im Büro vom Psychologen. Niemand von euch wollte sich mit uns zusammensetzten und reden. Hättet Ihr euch doch mit euren Ängsten an uns gewandt, vielleicht wäre vieles leichter geworden. Ich gebe mir selbst auch Schuld, keiner war fähig mit dem anderen zu reden. Soviel Misstrauen und Unvermögen verdient ein Studium der Psychologie. Hallo es klopft die Wut an eure Tür. Zur Kenntnisnahme: ich habe an Katrins Seite acht Monate unablässig gekämpft, habe in Ihrem Sinne, nie ohne Ihr Einverständnis ohne Ihren ausdrücklichen Wunsch, alles mir Mögliche unternommen. Ich war für Sie da von Anfang an, bin mit Ihr durch diese Scheiße gewatet. Wir standen einem Ungeheuer gegenüber, völlig Machtlos und scheinbar allein. Mein ganzes Leben war auf Sie ausgerichtet. Ich war wohl in der Lage mit der Situation umzugehen und habe nie auch nur für eine Sekunde den Kopf verloren, geschweige denn kopflos gehandelt. Ich würde alles, alles, immer wieder genauso machen. Und wir haben uns geliebt. Ich wünschte Ihr hättet in den Monaten davor mehr Zeit miteinander verbringen können. Und ich habe Sie in all den Monaten nicht von euch fern gehalten. Es war Ihre und auch eure Entscheidung. Ich habe nicht verstanden warum Ihr nicht mehr Zeit miteinander verbracht habt und hätte es gerne anders gehabt, für Sie und für mich. Vielleicht wäre die gefühlte Eifersucht, das jetzt gehört Sie nur uns anders etwas weniger dramatisch ausgefallen. Sie wollte mit niemand anderem zusammen sein bis die Saat gesät war und ich völlig überrumpelt und nicht fähig Sie zu verstehen, das war eben nicht Sie, ich nichts anderes konnte als ertragen und Sie in den letzten Wochen hin und wieder anzurufen und Sie ab und an zu besuchen, wenn Sie dazu bereit war und niemand da war auf den ich kompromittierend gewirkt und Spannungen ausgelöst hätte. Ich wollte keinen Streit und keinen Kampf, weder zwischen uns, Sie sollte friedlich gehen, noch zwischen mir und anderen im Kreis. Die letzten fünf Wochen werden ein Leben andauern. Und das Wasser mit Geschmack das zuletzt an Ihrem Bett stand hatte Sie sich ausdrücklich gewünscht und spöttische Bemerkungen waren in anbetracht der Situation sowieso fehl am Platz. Mehr als diesen einen Satz räume ich dir hier nicht ein. Die betreffende Person wird wissen, das sie gemeint ist.

Da sind noch viele, so unglaublich, wahnsinnig viele Dinge die ich nur zu gerne rausprusten möchte. Ich kann nicht alles mitteilen was war ohne Menschen zu verletzen die mir etwas bedeuten und möchte auch nicht allein meine Sicht den Ereignissen aufdrängen. Es gab für mich heute Abend keine andere Möglichkeit als mir das von der Seele zu schreiben, auch wenn ich Menschen damit verletze. Ich lese meinen Text und finde zwischen den Zeilen noch so viel unsagbares und ich fühle mich davon bedroht.

Mein Zorn und meine Wut haben das Recht wahrgenommen zu werden. Und ich warte nicht damit bis ich alt, grau und gereift genug bin um reflektiert ins Grab zu steigen.

Ich will keine Verantwortung, keinen Job, keine Beziehung. Ich will kein Geld. Ich würde mein Geld nur für krebserregenden Müll aus Asien hergeben und meine Gesundheit auf´s Spiel setzen.

Ich will nicht. Eine endlose Aneinanderreihung von "ICH WILL NICHT OHNE KATRIN". Zorn und Wut sind auch kein Ersatz. Ich fühle mich mal wieder so richtig niedergeschlagen.

Am Donnerstag breche ich auf und ich fürchte, wenn ich neue Erlebnisse, Erfahrungen, Menschen, was auch immer, letzlich Erinnerungen zu lasse, sind die Erinnerungen, meine gemeinsame Zeit mit Katrin, nach denen ich so bemüht suche noch weiter weg. Sie werden verdrängt von neuem. Ich hasse Berlin jetzt schon. Mir hat eine Freundin gesagt vielleicht wirst du dich erst erinnern, wenn du bereit bist dich zu entfernen, nicht nur räumlich. Du wirst Neues erleben und das bringt dich wie eine Brücke von einem zum anderen Ufer, zu deinen dir so sehnlich erhofften Erinnerungen, an Momente des Unbeschwertseins fern vom Krebs, an die schönen Tage. Das wünscht Sie mir bestimmt und hofft es für mich. Ich aber fürchte mich vorm Scheitern und fühle mich hier mit meinen Erinnerungen sicherer. Trotzdem werde ich fahren, warum, weiß ich nicht.

Habt Ihr schon mal einen Partner an Zuckerwasser verloren und an einen gescheiterten Traum in München, der von vornherein unvernünftig war. München würde ich jederzeit wieder träumen allerdings dort nicht mehr von Ihrer Seite weichen, so das wir Gelegenheit hätten, und zwar alle, zu beraten was am Besten wäre und nicht messerwetzende Stationsärzte über Ihren von Drogen benommenen Körper herfallen zu lassen. Ich habe dort nie etwas unterschrieben. Sie war auf dem Weg nach München nochmal voller Hoffnung und Zuversicht aber der Preis war zu hoch. Es gibt da noch die Variante: Sie wollte mir den Abschied leicht machen oder wie wäre es mit zurück zum Anfang wo das Licht noch hell brannte, behütet und beschützt, und kein dunkler Tunnel, nur Dunkelheit ohne Ausweg ... Alles habe ich schon gehört und nichts davon macht es mir leichter oder sollte es mir leichter machen. Die Intentionen sind auch sehr unterschiedlich, je nachdem an wen man sich wendet. Die Einzige die darüber Aufschluß geben hätte können ist nicht mehr unter uns. Und ich bezweifele das Ihr Motiv klar war.

Ich habe Katrin, auch in der Zeit als es schon lange sinnlos und oberflächlich betrachtet dumm war, gesagt, bitte halte dich mit Zucker zurück. Ich habe Ihr keine Vorschriften gemacht und es war auch nicht als lebensrettende Maßnahme als nichts mehr übrig blieb gedacht. Ich war mir jederzeit darüber klar wie sinnlos in anbetracht von Glucose-Lösungen und >>andere zugeführten Nahrungsmittel können nicht vor Ausscheidung umgewandelt werden<< die Bitte war. Es ging immer um etwas anderes. Es war Verzweiflung und der Wunsch Katrin etwas zu geben das Sie mitgestalten konnte, etwas woran Sie sich und auch ich mich klammern konnte. Ich kannte Sie gut, Sie war nicht bereit und wollte nicht gehen. Eine Woche vor Ihrem Wunsch sich von mir zu trennen hatte ich längst eingesehen das ich Ihr damit nicht helfe aber es wurde von einem Menschen bis kurz vor Ihr Totenbett getragen. Es war zwischen Katrin und mir nur eine sehr kurze Episode. Wenn ich die Zeit in der wir über Zucker sprachen zusammenraffe war es ein Dialog von höchstens 15 Minuten. Überspitzt kommt es mir so vor als ob Sie sich für das volle Bauchgefühl und gegen mich entschieden hat. Ich finde keine Erklärung. Nichts der letzten fünf Wochen ergibt für mich einen Sinn.

Hätte ich die Wahl zwischen einer nachträglichen HPV-Impfung mit anschließender Aluminiumvergiftung trotz Nobelpreisgarantie, einer unerprobten Chemikalie aus den USA über falsch deklariertem Direktimport, das gelassene pflegen und Beste hoffen und dem drängen auf Zuckerverzicht mit B17 würde ich mich immer wieder für Viertens entscheiden. Es gab viel Gerede und Aktionismus und niemand wollte Sie aufgeben. Ich bin unseren Weg gegangen und stand am Ende alleine da. Die Trauergemeinde stand schon Schlange als ich noch lange nicht bereit war einzusehen das alle Hoffnung vergebens war.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 22:50 Uhr)
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  #13  
Alt 25.05.2010, 14:17
Benutzerbild von Petra_S
Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,

seit du hier über euch schreibst, schaue ich immer mal wieder rein wie es dir geht. Nicht aus Voyeurslust an deinem Leid, sondern weil ich viele seelische Parallelen lese und mir selbst aus vielen ersten Monaten des Alleinseins das Erinnerungsvermögen fehlt, WIE ich es überlebt habe. Ich habe dir bisher nichts geschrieben, weil ich nun 5 Jahre von dem körperlichen "Abschied" entfernt bin, weiter gehen musste, es mühsam widerwillig getan habe und sich einige Dinge ereignet haben, so dass ich schlecht aus dieser Distanz reden möchte. Zu gut verstehe ich, kann ich mich noch an die "gut gemeinten" und "wissenden RatSCHLÄGE" erinnern...

Es schmerzt richtig, wenn ich bemerke, dass wenig Zeit zwischen deinen Einträgen vergeht, du wahrscheinlich wie ein Tiger einsam in deinem Käfig im Kreis läufst... Sooo jung, soooo kurze Zeit - das ist einfach nicht fassbar. Kaum Träume geträumt, schon brutal den Boden unter den Füßen weggesprengt bekommen...

Warum schreibe ich also jetzt? Zwei Gedanken: "zwinge mich weg zu fahren" - ich denke: WARUM will er das tun? Gut, vielleicht aus Angst nicht mehr aus dem Loch heraus zu kommen... Doch es ist erst so wenig Zeit vergangen, verlang nicht zu viel von dir, du bist sooo standhaft. Vielleicht kannst du ja auch vereinbaren, du fährst wieder heim, wenn du willst - nicht erst nach zwei Wochen, so wäre der Druck nicht so groß sooo lange weg zu bleiben. Ich verstehe das gut, mit dem "Gefühl den Rücken zu kehren", mir ging es so, als ich in eine andere Wohnung ziehen musste. Vielleicht kannst du Katrin aber auch "mit nehmen", in einem persönlich gestaltetem Tagebuch, welches du auch mit zu deinen Wanderungen nehmen kannst und immer wenn du mit ihr "reden" musst, hast du euer Buch dabei...

Egal was du machst, sei dein eigener Maßstab, hör auf deine inneren Stimmen, nicht auf die dir raten "Mensch Mark du musst doch..." - NEIN nichts musst du, du hast eine schlimme, wenn nicht deine bisher schlimmste seelische Katastrophe durchlebt, einen Seelentsunami und versuchst noch zu überleben. Niemand hat dein Leben gelebt, niemend wird es je können.

Ich wünsch dir viel Kraft und Durchhaltevermögen, Stunde um Stunde undTag für Tag...

Gruß Petra
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