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  #1  
Alt 02.07.2010, 19:41
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Sonnenblümchen Sonnenblümchen ist offline
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Standard AW: Myriam

Hallo Helmut und ihr lieben anderen,

ich habe mich einfach heute im Hinterbliebenen-Forum bei dir eingeklickt Helmut, warum, ich weiß es nicht wirklich.
Bin immer schon mal bei Heike_Mike im Thema "Brauche Hilfe" gewesen. Ihr Thread war damals der erste, den ich in diesem Forum verfolgt habe, das Schicksal von Mike und die zunächst immer positiven Ergebnisse haben mich immer wieder motiviert und aufgerichtet.
Aber auch mein Schatz hat nach 17 Monaten den Kampf gegen seinen Feind vor 3 Wochen für immer verloren.

Auch wir waren 36 Jahre vereint. Vereint im wahrsten Sinne des Wortes....man sagte uns schon nach, dass wir wie siamesische Zwillinge waren. Wir haben unser ganzes Leben den Beruf und auch das Privatleben geteilt. Nicht einmal zur Reha wollte mein Schatz, weil er da ohne mich gewesen wäre.

Obwohl ich gehofft hatte, dass die Trauer von Tag zu Tag abnimmt, wird es täglich schlimmer.
Der letzte Beitrag von Heike am 30.6.10 ist so identisch mit meinen Gefühlen, dass ich schreien könnte,einfach nur weglaufen will und mit dem Leben auf Erden am liebsten abschließen möchte. Es macht einfach keinen Sinn so alleine weiter zukämpfen mit allen Zukunfts-Ängsten Sorgen und dem Gefühl des Verlassen-Worden-Seins.
Nichts macht mehr Sinn, nichts macht mehr Spass. Und mein Engel ist nicht mehr an meiner Seite. Ich kann ihn nicht in meine Arme nehmen, auf meine vielen Fragen kommen keine Antworten mehr. Da ist niemand mehr, der seine positive Energie an mich weiter gibt.
Unser einziger Sohn ist 650 km entfernt und wenn er am Wochenende in meiner Nähe ist, dann möchte er dieses mit seiner Freundin verbringen.
Wenn es irgendwann aufhört, so unendlich weh zu tun, muss ich einen Job finden. Mit 52 nicht einfach, weil wir beiden auch noch unser ganzes Leben selbstständig waren und durch die Krankheit ( und Wirtschaftskrise) alles verloren haben. Aber dafür hatten wir uns.... bis uns der sch.....ß Krebs auseinandergerissen hat. Noch dazu auf so eine grausame Art und Weise. Ich hab darüber im Thema "Bauchfellkrebs" berichtet, jedoch das Ende und die Erfahrung, die wir in diesem Krankenhaus machen mußten, noch nicht weiter ausgeführt, da mir die Kraft dazu fehlt.
Auch hatte Fred genau wie Myriam 2 Pleuraergüsse, wodurch wir schon einmal Abschied nehmen wollten. er stand kurz vor dem Erstickungstod, doch auch da ist er noch nicht bereit gewesen zu gehen. Auch die gleichzeitige Lungenentzündung hat er noch überstanden und war bereits einen Tag später wieder auf Normalstation, aber dann setzte sich dieser Höllentripp fort und ich glaube, dass ich deshalb nicht zur Ruhe kommen kann.
Habe bereits versucht, psychologische Hilfe zu bekommen, doch das ist genauso schwer, wie in Thüringen, wo mein Engel operiert wurde, einen Priester oder Pfarrer für die letzte Krankensalbung zu bekommen.
Trauergruppen gibt es 2 mal im Jahr ( Frühjahr und Herbst), selbst die Wartezeit in eine psychologische Tagesklinik dauert mindestens 6 Wochen und obwohl ich bereits sämtliche Überweisungen bekommen habe, arbeiten die meisten Psychologen nur auf Privatrezept, Termine frühestens in 6 Monaten.
Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht, dass es weder im Kirchenkreis noch sonstwie Unterstützung gibt?
Das kann es doch nicht sein.
Bin nur froh, dass ich den Weg ins Forum gefunden habe, wenn auch jetzt dort, wo ich nie hin wollte.....nämlich ins Hinterbliebenenforum.

Würde mich freuen, wenn ihr mir möglichst bald schreiben könntet.

ein einsames, trauriges Sonnenblümchen
__________________
Er hat nie aufgehört, daran zu glauben, wieder gesund zu werden.....
Aus dem Glauben wurde Hoffnung, doch die Krankheit hat der Hoffnung keine Chance gelassen.



*28. Mai 1949 + 9. Juni 2010 in Bad Frankenhausen
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  #2  
Alt 03.07.2010, 00:58
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Myriam

Liebes trauriges, einsames Sonnenblümchen,

ich habe kein Problem damit, dass du dich hier einklinkst. Hier darf jeder schreiben. Ich habe diesen Thread zwar eröffnet, doch es ist nicht "mein" Thread. Wenn dir danach ist, dann schreibe!

Zunächst mal ein stilles, umso herzlicheres, Willkommen. Der Anlass ist traurig und liegt schwer auf deiner Seele. Du wirst immer offene Ohren finden und vor allem Verständniss. Wir alle haben ähnliches wie du durchgemacht und können deine Trauer, deine Ängste, deine Sorgen nachvollziehen. Viele stehen, wie du, am Anfang, viele sind schon ein Stückchen weiter.

Zu deinen Fragen: bei uns hier gibt es sogar eine Trauergruppe, welche sich wöchentlich trifft. Sie beruht auf der Initiative einer Klinik mit Paliativstation. Ich selbst habe sie nie besucht und auch nie die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch genommen. Obwohl es mir mehrfach angeboten wurde. Ich weiss jedoch um die Probleme, dort einen Termin zu bekommen. Ich denke, das ist nicht nur bei euch so.

Ist der Patient erst mal verstorben, so ist für das System erst mal alles abgehakt. Genauso wenig, wie man sich vorher um die Angehörigen gekümmert hat (wenn, dann war es Eigeninitiative von Ärzten), so wenig kümmert man sich hinterher um die Hinterbliebenen. Eine Gesellschaft die alles in Euro und Cent umrechnet, was soll man da erwarten?

Ganz so schlimm ist es dann, Gott sei Dank, doch nicht. Es hängt allerdings auch vieles vom Engagement der Ärzte ab. Hast du einen guten Hausarzt? Sprich mal mit ihm über deine Probleme. Ein Tipp: lass dir den allerletzten Termin eines Tages geben. Dann hat er vielleicht mehr Zeit. So haben wir das immer gemacht, auf seinen Vorschlag hin. Mache ich auch heute noch so, wenn es was wirklich wichtiges zu bereden gibt. Aber nur dann! Vielleicht kann er dir zu einer Reha verhelfen? Einer Reha, wo du die richtigen Ansprechpartner findest, weil sie genau darauf abgestimmt ist. Dort könntest du nicht nur über deine Probleme reden und Hilfe bekommen, sondern auch Abstand gewinnen. Abstand von zu Hause, wo dich alles um dich herum an deinen Mann erinnert, und ein bisschen von deinen Sorgen.

Was den Kirchenkreis betrifft, kann ich auch nichts berichten. Wie gesagt, ich habe mich nie darum bemüht. Für meine Trauer habe ich hier in diesem Teil des Forums eine Heimat gefunden und ich bin in der glücklichen Lage, Freunde zu haben. Vor allem welche von hier. Vielleicht findest du auch welche? Nicht nur virtuell sondern dann auch in der realen Welt? Ich wünsche es dir.

Du bist fertig, am Boden, deine Kraftreserven sind aufgebraucht durch den langen Kampf und dessen Ende. Der Schmerz und dein Verlust verlangen das letzte von dir. Doch das stimmt nicht so ganz. Ich habe das selbst erlebt und schon so oft gelesen und es ist immer noch genug Kraft da, um aus diesem Tal herauszukommen. Auch wenn du das im Moment nicht glauben magst.


Alles Liebe

Helmut
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  #3  
Alt 04.07.2010, 04:23
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Myriam

Liebe mollie,

es ist manchmal was ganz banales, was die Erinnerung hochkochen lässt. Niemand sonst sieht die Parallelen. Kaum jemand will sie überhaupt verstehen.

So, wie bei mir auch, gestern Abend. Ich war zum Babysitten bei meinen Enkeln. Da ja inzwischen Ferien sind und morgen Sonntag, haben wir uns noch spät vor dem Zubettgehen eine DVD von Bibi Blocksberg angeschaut. Gemütlich sassen wir auf dem Sofa, die Beiden bereits fertig für die Heia. Eine rechts, eine Links an mich gekuschelt, die Augen bereits auf 1/2 10. Doch Bibi war immer noch stärker als das Sandmännchen. Es war schön und ich habs genossen.

Doch dann musste ich raus. Warum? Die Erinnerung. Wie oft sassen Myriam und ich genau so auf dem Sofa vor dem Fernseher! Vielleicht hab ich deswegen keinen Fernseher mehr? Es macht mir einfach keinen Spass, alleine Fernsehen zu schauen. Ich möchte mal wieder die vertraute Schwere eines Menschen spüren, eine Hand, einfach so. Vertrautheit, stillschweigende Gemeinsamkeit, ein Lächeln, banale (nicht abwertend) Gespräche, Kommentare zum Film, was ist heute so gewesen, was haben wir morgen vor, den Abschluss des Tages. Das Schimpfen: "Warum machst du mich erst jetzt wach? Jetzt hab ich den Schluss nicht gesehen!" Ich hab es immer genossen, wenn sie in meinen Armen eingeschlafen ist und ich wusste, dass sie hinterher mit mir schimpfen wird, obwohl ich sie immer mal wieder wach gemacht habe . "Ich habe doch garnicht geschlafen!" war jedesmal ihre entrüstete Antwort.

So weit, so gut. Ich war auf der Terrasse, rauchte eine Zigarette. Klar, irgendwo wünsche ich mir Myriam zurück. "Vergiss es, geht nicht!" Mein Kopf, der weiss das. "Also," sagt er, "was ist die Folgerung? Such dir eine Neue." Als wenn das so einfach wäre! Doch dann schiebt er sogleich eine Frage hinterher, die mir eine Freundin stellte: "Warum möchtest du eine neue Partnerin?" Genau das ist es, was mir Angst macht.

OK, eine neue Partnerin zu finden, dürfte nicht das Problem sein. Viele Menschen in meinem Alter sind aus den verschiedensten Gründen einsam und suchen selbst. Doch das ist nicht der springende Punkt. Einsamkeit und die Angst davor alleine reichen nicht. Dieses WARUM ziehlt auf etwas ganz anderes ab. Nämlich darauf: ist dieses Suchen egoistisch? Jain, möchte ich sagen. Einerseits hätte ich gerne eine Partnerin, weil sich meine Probleme dadurch verkleinern würden. Weil ich gerne wieder diese Vertrautheit, Gemeinsamkeit, Zärtlichkeit spüren möchte. Andererseits sollte und möchte ich jedoch auch die Erwartungen, Wünsche und Gefühle der neuen Partnerin erfüllen können.

Genau das ist der springende Punkt. Kann ich das? Bin ich bereit dazu? Beispiele, wie sich Menschen finden und erneut binden gibt es genug im Forum. Wie gehen die damit um? Mit dieser Angst. Schliesslich möchte ich niemandem weh tun.


nichtschlafende Grüsse

Helmut
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  #4  
Alt 04.07.2010, 07:45
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mascha2600 mascha2600 ist offline
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Standard AW: Myriam

Hallo Helmut,
wir kennen uns ja aus dem BK-Forum, doch ab und an, guck ich auch ins Forum für Hinterbliebene.
Grade hab ich Deinen Beitrag gelesen und fühle mich sehr an meine Eltern erinnert:
Meine Mutter starb mit 52 J. an BK, mein Vater war bei ihrem Tod 55 J., also "viel zu jung", um alleine zu bleiben (wenn beim "Alleinsein" das Alter überhaupt eine Rolle spielt !??!). 2 Jahre nach Mutters Tod lernte er seine zweite Frau kennen und hatte die gleichen Ängste wie Du, die sich Gott sei Dank aber nicht bestätigt haben.
Will sagen, dass die neue Partnerin akzeptieren konnte, dass er z.B. neben ihrem Ehering, auch den Ring meiner Mutter trug und meine Mutter immer (wie soll ich es ausdrücken), "anwesend war".
Nun soll man die Situation nicht so verstehen, als hätte die "neue" Frau ständig gegen meine verstorbene Mutter kämpfen müssen ! So war es nicht. Meine Mutter war und ist eben ein Teil unseres Lebens und gehört(e) einfach dazu. Wir haben auch oft über meine Mutter geredet, haben uns mit ihr über die positiven, als auch die negativen, Eigenheiten meiner Mum unterhalten. Da auch die zweite Frau Vaters Witwe gewesen war, hatten wir natürlich auch oft über das Leben, die Krankheit und den Tod ihres "ersten" Mannes gesprochen.

Mein Vater hat mir mal erzählt, dass seine 2. Frau meine Mutter auf gar keinen Fall "ersetzen" könne. Trotzdem hat er beide Frauen - eben auf unterschiedliche "Weise" - geliebt. Auch er hatte - wie Du - am Anfang des Kennenlernens die Bedenken, seiner neuen Partnerin nicht gerecht werden zu können, doch es hat geklappt.
Ich glaube daher, dass es auch in Deiner Situation möglich ist, einer neuen Partnerin das zu geben, was eine Beziehung "eben" so ausmacht. Ich glaube außerdem, dass das Wichtigste in einer neuen Partnerschaft absolute Ehrlichkeit ist. Warum sollte man eine "neue Frau" nicht tief und innig lieben können, auch wenn man(n) im Herzen noch immer die verstorbene Partnerin liebt und vermißt ? Mein Vater brachte auch nach der 2. Hochzeit zum Hochzeitstag meiner verstorbenen Mutter Blumen aufs Grab. Manchmal war R. (die "neue" Frau) sogar dabei.
Wieso auch nicht ? Meine Mutter war ein Teil seines Lebens (bzw. seiner Vergangenheit) und blieb es auch bis zu seinem Tod.

Was ich mit der obigen Geschichte sagen will ist, dass es meiner Meinung sehr wohl möglich ist, mit einem neuen Partner [U]und[U] und dem/der Verstorbenen "zusammenzuleben".
Viele LG Chris

Geändert von mascha2600 (04.07.2010 um 07:48 Uhr)
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