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#1
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Lieber Reinhard,
vielen Dank, daß du so lieb an mich denkst. Ja, daß mit dem Aufräumen der Dinge, wie die von deiner Mama oder von meinem Mann ist so ne Sache. Ist das wirklich alles was von einem bleibt und wo kommt das alles hin?? Tut schon weh. Im Moment lebe ich von der Erinnerung seiner Stimme und von den vielen, vielen schönen Stunden, die wir miteinander verbringen durften. Du wirst lachen sogar von seiner Schrift, er hat noch Termine im Kalender stehen bis Ende des Jahres. Es ist schon komisch. Gruß Ilonka |
#2
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Liebe Ilonka,
es ist schön, daß Du mir schreibst. Ich hatte ja immer gehofft und gedacht Dein Mann würde sich nochmal erholen und nun weiß ich gar nicht, was ich dazu sagen soll. An Deiner Stelle würde ich mir mit dem Aufräumen Zeit lassen. Dich drängt ja keiner und vielleicht heilt die Zeit wirklich alle Wunden. Ich freue mich auf jeden Fall, von Dir zu lesen. LG Reinhard |
#3
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Liebe Blume,
wir haben kostenlose Abgabe inseriert. Kaum interesse.Etliches haben wir auch zu einer gemeinnützigen Einrichtung gefahren. Ich kann nichts nehmen, weil ich mich selbst von meinen Habseligkeiten (ich glaube Rosita benannte es treffend so) trennen muß. Die Vergänglichkeit wird mir dann so bewußt! Das ist nicht schön. Irgendwie erscheint mir dann das ganze eigene Leben nicht mehr so bedeutsam, wie ich es gerne hätte. Die Eitelkeit ist gekrängt! Rosita, ein Teil meiner Bücher (das mir am Wertvollsten) habe ich weg gegeben. Nun ist es leider (?) so, daß ich wesentlich länger lebe als gedacht, und manche Bücher fehlen mir schon. (Ich habe den Verdacht, manche Nachbern nehmen es mir schon übel, daß ich ihren Prophezeiungen nicht endlich nachkomme. Ich spotte ja jeder Statitik hohn) Etliches habe ich auch voreilig im Müll entsorgt und vermisse es schon. Aber, die ganze Situation so als Palliativpatient ist rundherum blöd, vor allen Dingen, wenn die anderen erwarten, man solle noch ganz normal sein. Das ist viel verlangt und gelingt wohl nicht immer. LG Reinhard |
#4
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Hallo Reinhard,
ich habe gerade Deinen Thread hier entdeckt, und möchte auch gerne etwas dazu sagen. Meine Großmutter, sie war über 80 und schon länger krank, hat mir zu Lebzeiten immer dieses oder jenes mitgeben wollen. Sie sagte dann oft:"Hier, nimm das an Dich. Das bekommst Du sowieso, wenn ich einmal nicht mehr bin." Mir tat das weh, der Gedanke an diesen Zeitpunkt, wenn sie einmal nicht mehr sein könnte ![]() ![]() Ne, stimmt. So weit wollte ich nicht denken, Oma schon. Dein Thread hat mich nachdenklich gemacht und ich wäre froh, ihr heute über die eine oder andere Sache, die ihr so am Herzen lag, sagen zu können, dass ich mich wohl damit fühle diese nun "übernommen" zu haben. Besonders schön für mich, wenngleich noch zu früh, weil es zu weh tut wenn ich es ansehe, ist ihr Poesiealbum. Meine Oma hat gerne gedichtet, hat Rezepte niedergeschrieben und sogar Wünsche für mich, meinen Papa und andere hinterlassen. Ich habe etwas, was immerfort währt ![]() Wenn ich wüßte, meine Zeit wäre begrenzt, könnte ich mir vorstellen, auch die eine oder andere, für mich wertvolle Sache, in den Besitz von jemandem zu geben, der mir wiederum wertvoll und "der Sache würdig" erscheint. Vielleicht würde es das ein klein wenig leichter machen. Es ist ein ganz schwieriges Thema ![]() Liebe Grüße Annika |
#5
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[QUOTE=annika33;95736"Hier nimm das an Dich.[/QUOTE]
Liebe Annika, es macht mich nicht zu traurig. Im Gegenteil, es entlastet darüber sprechen zu können. Was mich belastet ist, das ich nichts von meiner Mutter übernehmen kann. Meine Tage sind gezählt, ich muß selbst "Ballast abwerfen". Und es wird mir auf einmal sehr bewußt, daß die eine oder andere für mich wertvolle Sache nur sehr beschränkt anderen "der Sache würdig" erscheint. Das krängt mich! Ist abe rwohl nicht zu ändern. Weißt Du, es ist schön, wenn die Großmutter oder der Großvater sagen kann ...(siehe oben!), aber es ist scheußlich deprimierend, wenn dann der Begünstigte heimlich denkt "wo soll ich denn damit noch hin?" LG Reinhard |
#6
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Lieber Reinhard,
meine Oma wohnte nach dem Tod von Opa 97´alleine. Das funktionierte ganz gut, bis sie zunehmend Schwierigkeiten mit dem Laufen bekam und körperlich gebrechlicher wurd. Sie stürzte und kam ins KH. Dort stellte man fest, dass ein Querschnitt vorlag. Sie konnte sich quasi hüftabwärts nicht mehr bewegen. Damals überlegten wir gemeinsam, wie es weitergehen solle. Papa stand im Beruf, meine Eltern hatten sich kurz zuvor getrennt und Oma wollte so oder so, niemandem zur Last fallen. Sie zog in ein Pflegeheim. Wir lösten damals die Wohnung, bis auf die wichtigsten Habseligkeiten und ein paar wenige Möbelstücke (im Heim durfte man nicht viel an eigenem Mobiliar mitbringen), auf. Oma hing auch an vielen Dingen. U. a. ein wundervolles Sideboard. Sie bestimmte, was wohin kommen sollte und einige Dinge gingen in die Nachbarschaft. Das fiel schwer. Doch das ein oder andere, wiegesagt, das konnte sie behalten. Heute, wenn ich so zurückdenke, muss das schon ein ausgesprochen schwerer Schritt in Richtung des Loslassens gewesen sein. Dennoch behielt sie Dinge, die Bindeglieder zu ihren Eltern waren beispielsweise. Schmuckstücke, Geschriebenes usw. Ich finde Du orientierst Dich zu sehr, und das meine ich keineswegs böse, an dem, was die Krankheit neben den körperlichen Einschränkungen mit sich bringt. Sie zeigt immer wieder auf, dass die Zeit begrenzt ist. Aber wie weit da die Grenzen gesteckt sind, das können mitunter ja noch nicht einmal die Mediziner beantworten. Und dann frage ich mich, ab welcher "verbleibenden Zeit", eine Übernahme bestimmer Erinnerungsstücke an Deine Mama, "lohnenswert" für Dich wäre. Ich glaube Reinhard, man muss auch ein wenig auf sich und somit auf das Hier und Jetzt ein Augenmerk haben. Und ist eigentlich alles nur Ballast? ![]() Zitat:
Liebe Grüße Annika |
#7
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Dein Thread, lieber Reinhard, weckt Erinnerungen.
Es war keineswegs so bei uns, dass ich unbedingt viel behalten wollte, als wir diese "Aktion" damals angingen. Im Gegenteil. In und nach der Zeit der Erkankung meiner Ma wurde mir immer bewusster, dass wir nichts, gar nichts mitnehmen können, wenn wir "gehen müssen". Ich muss vielleicht erwähnen, dass dieser menschliche Verlust nicht der erste in unserer Familie war - mein Vater acht Jahre zuvor, und drei Jahre vor ihm mein Bruder. Loslassen müssen ist seither ein großes Thema bei mir - im guten, wie im traurigen Sinne. Ich dachte seinerzeit: "Was soll all das Sammeln, hinstellen, habenwollen eigentlich? Und für wen? Ok, ich freue mich an gewissen schönen Dingen, die ich anschauen kann, die ich habe - aber für welch begrenzte Zeit?!" Ich hatte Momente, da hätte ich am liebsten alles weggegeben... Es ist mir nämlich die letzten Jahre immer bewusster geworden, dass schon morgen alles anders sein kann - ob mit oder ohne Krankheit. Und dass unser Leben im Grunde genommen sehr kurz ist. Natürlich bin ich aber heute froh über die Gegenstände, die mich liebevoll an meine Mutter, oder meinen Vater erinnern. Nur - sie sind nicht das Wichtigste. Ich habe keine Kinder, denen ich etwas vererben kann. Beim Ausräumen dachte oft: und wer macht das, wenn ich mal nicht mehr bin? Wer kann Dinge wertschätzen, die ich einmal schön oder wichtig fand? Niemand. ![]() Deine Gefühle sind konkreter, weil du durch die Krankheit dazu gezwungen wirst, darüber nachzudenken. Bei mir ist es eher ein allgemeines Gefühl, das aus den bisherigen Erlebnissen entstanden ist. Auch heute, wenn ich mir mal etwas Schönes gönne, oder alte Erbstücke anschaue, habe ich diese Gedanken. Sie sind seither immer da... Wir sollten das Materielle gar nicht so hoch aufhängen, finde ich. Die Liebe, die wir hinterlassen, und das, was wir uns nahestehenden Menschen - oder unseren Kindern - an Erlebnissen und Erinnerungen mitgeben, das ist viel wichtiger, als irgendwelche Möbelstücke, Fotoalben, oder Schmuckstücke. Vielleicht kann dich das ein bischen trösten. ![]() Alles Liebe Blume Ergänzung: ein Überbleibsel aus der Zeit ist, dass ich die Todesanzeigen lese. ![]()
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit - die Quelle der Liebe. (Thich Nhat Hanh) Geändert von Blume68 (16.09.2010 um 19:30 Uhr) |
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