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  #1  
Alt 31.01.2011, 21:35
Olli-Minden Olli-Minden ist offline
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Standard Stark sein - aber wie?

Hallo,

die Diagnose Krebs betrifft immer nur andere, aber nie einen selbst oder die eigene Familie. Bis gestern habe auch ich noch so oder so ähnlich gedacht und mich höchstens theoretisch mit dieser Materie auseinander gesetzt. Dann habe ich allerdings erfahren, dass meine Mutter (73) beiderseits an Brustkrebs erkrankt ist und dieser bereits die Lymphknoten erreicht hat. Am schockierendsten war für mich dabei die Tatsache, dass mein Vater (75) und meine Mutter schon ca. ein Jahr lang zumindest geahnt haben, was vor sich geht und dennoch keinen Arzt aufgesucht haben. Ich versuche dieses Verhalten zu verstehen und zu begründen, aber das kann ich einfach nicht. Am naheliegendsten scheint mir zu sein, dass sie einfach Angst vor der Wahrheit hatten und versucht haben, das Unaussprechliche so lange wie möglich zu ignorieren. Dennoch weiß ich nicht, wie ich als ihr Sohn (38) damit umgehen soll, ein Jahr lang nicht informiert worden zu sein. Erst gestern und quasi zwischen Tür und Angel habe ich von dem im Raum stehenden Verdacht erfahren und sofort darauf gedrängt, endlich einen Arzt aufzusuchen. Seit heute steht fest, dass es tatsächlich Krebs ist. Für mich ist damit eine Welt zusammengebrochen und ich habe ständig das Gefühl, etwas tun zu müssen, doch ich weiß nicht, was genau ich unternehmen soll. Tausend Fragen schiessen mir durch den Kopf, doch die eine, ultimative Antwort darauf scheint es nicht zu geben. Es beschäftigt mich z.B. der Gedanke, wieviel unnötigen Schaden die verlorene Zeit bereits verursacht hat. Wie weit ist die Krankheit bereits fortgeschritten und wie sehen die Prognosen aus? Seit gestern verbringe ich quasi jede freie Minute im Internet und versuche so viele Informationen wie möglich zu bekommen. Ehrlich gesagt habe ich eine Scheißangst, meine Mutter zu verlieren! Von Hoffnung bis Panik habe ich quasi das gesamt Gefühlsspektrum durch. Das ganze wiederholt sich, wie eine Endlosschleife. Ich möchte stark sein, meiner Mutter beistehen und ihr Kraft geben aber das ist so unendlich schwer. Sie hingegen nimmt das Ganze erstaunlich gelassen. Sie tut beinahe so, als ginge es sie nichts an und als wäre das, was vor ihr liegt, nicht mehr, als ein unangenehmer Zahnarztbesuch. Entweder hat sie die Situation noch nicht realisiert, sich mit ihrem Schicksal bereits abgefunden oder aber tausendmal mehr Kraft und Mut als ich.
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  #2  
Alt 31.01.2011, 22:39
irmchen irmchen ist offline
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Beiträge: 54
Standard AW: Stark sein - aber wie?

stark sein ist verdammt schwierig. am anfang [vor 14 tagen] konnte ich mir nach der diagnose bei meinem vater das nicht in ansätzen vorstellen, man ist gelähmt, geschockt, kann nicht schlafen, beliest sich, hat angst, ist ohnmächtig und weint und weint. du musst für sie stark sein, denke immer daran, es geht jetzt nur um sie, nicht um dich, auch wenn ich ganz genau weiss was du jetzt fühlst. gib dir ein bißchen zeit,es wird sich ein weg zeigen, glaub mir. lg irmchen
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  #3  
Alt 01.02.2011, 00:37
Olli-Minden Olli-Minden ist offline
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Beiträge: 75
Standard AW: Stark sein - aber wie?

Hallo Irmchen,

vielen Dank für Deine Antwort, die mir beweist, dass alles, was ich zur Zeit denke und fühle normal für eine derartige Situation zu sein scheint.
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  #4  
Alt 01.02.2011, 07:32
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Stark sein - aber wie?

hallo olli
was du gerade empfindest, ist total normal. am anfang zieht es einem regelrecht den boden unter den füßen weg. aber glaub mir, man lernt tatsächlich damit zu leben. es gehört irgendwann zum alltag dazu.
ich wünsch dir viel kraft beim wieder-landen.
lg tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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  #5  
Alt 01.02.2011, 09:04
Olli-Minden Olli-Minden ist offline
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Beiträge: 75
Standard AW: Stark sein - aber wie?

Hallo Tine,

vielen Dank für Deine Antwort und die guten Wünsche. Zur Zeit sauge ich wirklich jedes ermunternde Wort auf, wie ein ausgetrockneter Schwamm. Es bewegt mich, dass Menschen, die ich nicht kenne, die mich nicht kennen und die ihre eigenen Sorgen und Nöte haben, trotzdem die Zeit finden, andere aufzubauen. Ich hätte nie gedacht, dass ein solches Forum so hilfreich sein kann. In diesem Sinne alles Gute zurück.

Gruß
Oliver
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  #6  
Alt 01.02.2011, 09:05
Benutzerbild von mascha2600
mascha2600 mascha2600 ist offline
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Beiträge: 250
Standard AW: Stark sein - aber wie?

Hallo Olli,
möchte Dir als Betroffene (BK) ein paar kurze Worte da lassen:

Diese "Gelassenheit" die Du beschreibst, kommt einfach daher, dass es Wochen braucht, bis eine solche Diagnose zu Dir durchdringt. Auch ich hatte - aufgrund meiner familiären Vorbelastung - immer befürchtet, dass bei mir irgendwann diese Diagnose gestellt werden würde. Und tatsächlich war es dann 2007 soweit: Als ich eines Tages den berühmten "Knoten" in der Brust ertastet hab, wusste ich sofort, dass es ein Tumor war.2 Tage später hatte ich es dann "amtlich". Als mein Gyn mir die Diagnose mitteilte, konnte ich weder weinen oder sonstwas. Ich war wie versteinert. Erst als ich erfuhr, dass ich eine Chemotherapie, Bestrahlung usw. brauchte wurde mir klar, wie krank ich eigentlich war. Und erst im Lauf der Zeit drang diese Erkenntnis zu mir durch.

Eigentlich ist das durch die menschl. Psyche gut geregelt: Sie läßt diese Hiobs-Botschaften nur bröckchenweise durch u. ich vermute so wird es auch bei Deiner Mutter sein. Was Dein Internet-Surfen anbelangt kann ich Dir nur raten, dies erst Mal sein zu lassen. Du findest im WWW soviele Informationen, die Du als Laie nicht richtig interpretieren kannst, insofern ist das WWW Fluch und Segen zugleich (wie man so schön sagt).
Ich würde Dir nur ein gutes Sachbuch empfehlen, in welchem die Krankheit, die Behandlungen u. "Prognosen" (sofern man bei dieser Krankheit überhaupt welche abgeben kann) erklärt sind. Wenn Du den Namen wissen willst, schick mir einfach ne PN.

Zurückblickend würde ich Dir empfehlen, einfach für Deine Mutter da zu sein. Du wirst sehen, irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie Dich wirklich braucht. Und dann wird sie es dir aber auch sagen.

Alles Gute für Deine Mutter u. Dich.

LG Chris
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  #7  
Alt 01.02.2011, 09:31
Ayesha Ayesha ist offline
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Beiträge: 66
Standard AW: Stark sein - aber wie?

Hallo Olli,

ich kann mich Mascha nur anschließen: als ich im Oktober letzten Jahres meine Diagnose (BK) bekam, war ich wie versteinert. Mein Mann, meine Mutter, selbst meine beste Freundin konnten weinen - ich nicht. Das dauert, bis das durchgesackt ist, erst einmal ist alles wie durch Watte.

Sei für Deine Mama da, aber bedräng sie nicht, vor allem nicht mit Ratschlägen aus dem www. Damit wird man als Betroffener schier erschlagen (Nimm dies, nimm das, spritze jenes, warst Du schon dort? und warum tust du dies nicht? sind alle gut gemeint, aber völlig kontraproduktiv. Mich hat´s tierisch genervt, so dass ich mir solche Sprüche irgendwann verbeten hab).

Alles Gute für Dich und Deine Familie, denk auch daran, dass es Dir gut gehen muss, damit Du Deine Mum unterstützen kannst!

Liebe Grüße,

ayesha
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