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Alt 18.02.2003, 21:14
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Mein schwerster Gang für diese Krankheit

Hallo Gerd,

danke für Deine Reaktion auf meine Geschichte, oder besser: die meiner Mutter und mir. Es zeigt mir, daß ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe, meine Erfahrungen, seien sie auch sehr persönlich oder gefühlvoll, hier zu veröffentlichen. Das haben mir auch andere inwischen bestätigt.

Nach einiger Zeit ist mir aufgefallen, daß ich, was Chemo, Tumormarker und sonstige fachliche Kenntnisse betrifft, gar nicht mitreden kann.

Ich weiß leider erst heute, obwohl ich die Ärzte wirklich manchmal bis zur Weißglut getrieben haben, daß ich trotz alledem viel zu wenig gefragt habe. Ich habe, und das war vielleicht mein Fehler, geglaubt, was die Ärzte erzählt haben.

Ich bin aber auch davon überzeugt, daß meine Mama wahrscheinlich wirklich keine Chemo mehr vertragen hätte. Wie gesagt, es ging damals alles so schnell, daß mein Daddy und ich wie gelähmt waren. Wir selbst konnten ja auch nicht viel tun, außer meiner Mutter zu zeigen, egal wann, egal wie spät, wir sind für sie da. Und obwohl ich in diesen sieben Wochen kaum eine Sekunde geschlafen habe, denke ich immer noch, es war zu wenig Zeit, die ich mit ihr verbracht habe.

Glücklicherweise hatte ich, nachdem sie bereits zwei Wochen im
Krankenhaus war, 3 Wochen Urlaub, hatte einen Flug schon gebucht und bezahlt, viel geplant, organisiert. Es sollte DER Urlaub werden und meine Mum hatte mich gebeten, trotzdem zu fahren. Ich habe nicht auf sie gehört und heute weiß ich auch, warum. Ich hätte sie nicht mehr gesehen, wenn ich gefahren wäre.

So langsam kommt immer mehr Erinnerung an die Krankenhauszeit. Je mehr ich hier lese, desto mehr Fragen stelle ich mir, ob mein Daddy und ich alles richtig gemacht haben.

Ich lese die Beiträge und mir laufen die Tränen. Es gibt Tage, da geht es gut und ich fühle zwar mit, aber es trifft mich nicht so. An anderen Tagen frage ich mich, was für eine wahnsinnige Krankheit das ist, die es uns allen hier so schwer macht.

Ich kann es heute noch nicht glauben, daß mein Daddy alleine ist. Wir beiden halten uns aneinander fest und es tut gut, wir beide haben die Zeit im Krankenhaus so intensiv erlebt, es läßt sich schwer mit jemandem reden, der nicht dabei war.

Diese ganzen Gefühle, dieses Elend, dieses Leiden, die Verwirrtheit, die trotz aller Schwere doch fröhlichen Stunden... es ist schwer zu ertragen.

Meine Eltern hatten 10 Tage vor dem Tod meiner Mutter ihren 26. Hochzeitstag und ich vor meinem Daddy bei ihr, das hatten er und ich so heimlich abgesprochen, damit ich sie noch ein wenig schminken konnte, nur ein wenig. Sie hat es sonst nie gemacht, aber es war, als wären wir zwei junge Mädchen, die ganz aufgeregt die erste Verabredung planen. Wir waren verschworene und als mein Daddy ins Zimmer kam und sie ansah, da strahlte sie über das ganze Gesicht und war so schön.

Das sind diese Momente, die uns allen das Herz zerrissen haben, schon einen Tag später war sie wieder kaum ansprechbar.

Ich mache Schluß für heute, wollte gar nicht so viel schreiben, aber so ist es nunmal. Es kommt immer wieder hoch und ich werde sicher noch viel schreiben, weil es mir hilft, gut tut und weil ich hoffe, trotz alledem doch auch Euch allen hier viel Kraft mit auf den Weg geben möchte.

Liebe Grüße für heute Abend
Hope
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